Citizen Science. „Bürgerwissenschaftler“ produzieren mit ihren Beobachtungen eine Datenmenge, die die „echte“ Wissenschaft alleine nie bereitstellen könnte. Einige Beispiele aus der Praxis.
Als Carl H. an der Gartenmauer eine etwa 50 Zentimeter lange Schlange entdeckte, war das aufregend – und durchaus etwas unheimlich. Denn in seinem Garten hatte er noch nie eine Schlange gesichtet. Welche Art ist das, ist sie giftig? Diese Frage, ins Internet gestellt, führte auf die Website Amphibien und Reptilien Österreichs, die einlädt, Sichtungen von Amphibien und Reptilien in Österreich zu melden, am besten mit Foto.
Basis für wissenschaftliche Publikationen
Die von Herpetofauna gesammelten und ausgewerteten Daten werden an die herpetofaunistische Datenbank des Naturhistorischen Museums in Wien weitergeleitet. Sie stellen eine Grundlage zur Kenntnis über die Verbreitung von Amphibien und Reptilien in Österreich dar. Die Fundmeldungen dienen als Basis für wissenschaftliche Publikationen, Gutachten, Diplomarbeiten und Dissertationen sowie die bildliche Darstellung in Form von Verbreitungskarten. Binnen weniger Stunden bekam Herr H. Antwort; die gesichtete Schlange war eine harmlose, ungiftige junge Äskulapnatter. Und Herr H. war mit seiner Sichtungsmeldung unvermittelt zum Citizen Scientist, zum Bürgerforscher, geworden.
Wissen von Laien
Citzen Science (Bürgerwissenschaft) macht sich das Interesse und Wissen von wissenschaftlichen Laien zunutze. Sie generiert aus Einzelbeobachtungen einen Mehrwert, indem diese systematisiert an die Wissenschaft weitergeleitet und zu einem größeren Ganzen zusammenfügt werden. So wird die Verbreitung von Tieren und Pflanzen, werden Wetter- und Klimaereignisse dokumentiert, um damit Natur, Artenvielfalt und Klimaentwicklungen besser verstehen und wissenschaftliche Erkenntnisse und Maßnahmen daraus ableiten zu können.
Die Kombination aus Citizen Science, Web 2.0 und der Open-Access-Bewegung hat das Zusammenwirken vieler Menschen in einem Projekt stark erleichtert und dieser Form der Wissenssammlung, -nutzung und -verbreitung in den vergangenen Jahren enormen Auftrieb verliehen. Wikipedia ist wohl eines der bekanntesten Beispiele für ein solches Zusammenwirken. Die Ahnenforschung mit GenTeam (GenTeam - Die genealogische Datenbank) und die Geschichtsforschung mit dem nach Gemeinden geordneten Zugänglichmachen alter Fotos und Unterlagen im Projekt Topothek (Topothek - Unsere Erinnerung) sind weitere anschauliche Beispiele. Naturbeobachtungen unterschiedlichster Art sind aber das Feld, in dem wohl die meisten Citizen-Science- Projekte angesiedelt sind.