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Schlafstörungen: Nacht im Schlaflabor - Wieder gut schlafen

Quer durch alle Altersgruppen schlafen immer mehr Menschen schlecht. Die Ursachen können vielfältig sein. Eine Nacht im Schlaflabor kann hilfreiche Informationen liefern.

Schlaflosigkeit - eine Frau sitzt in der Nacht wach im Bett (Foto:

Aktuelle Umfragen zeigen, dass bereits mehr als 80 Prozent der Berufstätigen in Europa unter schlechtem Schlaf leiden. Die Pandemie hat diesen Trend weiter verschärft, denn Angst, Unsicherheit oder Krankheit sind keine guten Voraussetzungen für gesunden Schlaf. Schlechter oder fehlender Schlaf über einen längeren Zeitraum führt zu vermindertem Wohlbefinden. Manchmal gibt es eine einzelne Ursache; sehr oft ist es aber eine Mischung aus verschiedenen Gründen, die zu einem schlechteren Schlaf führt – und das macht es schwierig, rasch die passende Lösung zu finden.

Schicht­arbeit, zu viel Lärm

Ob Stress, Ärger, Angst, Schicht­arbeit, zu viel Lärm oder spätes Essen die Ursache sind – ändert man an einer Stelle etwas, so kann es im besten Fall sein, dass sich die Schlafqualität sofort bessert. Manche Veränderung – wie etwa eine frühere Schlafenszeit – kann mit ein wenig Übung einfach in den Alltag integriert werden, ­andere Maßnahmen erfordern einiges an Vorbereitung.

Besuch im Schlaflabor

In manchen Fällen ist der Besuch bei einem Arzt und in weiterer Folge das Aufsuchen eines Schlaflabors allerdings unumgänglich.

Hinweise auf Schlafstörungen

Subjektiv gesehen haben wir "gut geschlafen“, wenn wir rasch einschlafen, selten wach werden und uns am Morgen ausgeruht fühlen. Wirklich schlechten Schlaf erkennt man häufig erst, nachdem er sich schon über einige Zeit eingeschlichen hat. Die Anzeichen reichen von schlechter ­Laune und Reizbarkeit bis zur Tatsache, dass man tagsüber weniger konzentriert ist und es schwerfällt, den Alltag in gewohnter Weise zu bewältigen. Wer sich zudem am Tag häufig müde fühlt, sollte der Sache auf den Grund gehen und mit einem Arzt über die Beschwerden sprechen.

Schlafstörungen: Insomnien

Schlafstörungen – im Fachbegriff Insomnien – zeigen sich als Ein- oder Durchschlafstörungen sowie durch das frühzeitige Erwachen und eine gestörte Befindlichkeit untertags. „Umfragedaten aus Österreich belegen, dass zwischen 10 und 18 Prozent der Bevölkerung darunter leiden. Das deckt sich auch relativ gut mit internationalen Daten. Weitere Schlafstörungen sind zum Beispiel Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen, Narkolepsie oder das Restless-Legs-Syndrom. Manche davon treten sehr selten auf, daher sind sie wenig bekannt und werden oft nicht oder sehr spät erkannt“, erklärt Priv.Doz. Dr. Stefan Seidel, Facharzt für Neurologie und Leiter der Ambulanz für Schlafstörungen und schlafassoziierte ­Störungen am AKH Wien.

Eingeschränkte Lebens­qualität

Die Medizin spricht erst ab einer Dauer von drei Monaten von einer „chronischen Insomnie“. Vorher kann es aber auch immer wieder für kurze Zeitspannen zu Schlafstörungen kommen, der sogenannten „Kurzzeitinsom­nie“. Ein zusätzlicher wichtiger Faktor der Unterscheidung ist die eingeschränkte Lebens­qualität tagsüber: Zur Dauer muss also auch noch dazukommen, dass man sich tagsüber sehr müde fühlt, abgeschlagen ist und an abgeflachten Gemütsregungen leidet. Man kann sich nicht freuen, ist gestresst und hat zusätzlich vegetative Symptome. Dazu zählt zum Beispiel ein ­höherer Puls, man hört in den Ohren das Blut rauschen oder man schwitzt und ist kribbelig.

Informationen sammeln

„Die Diagnose von Schlafstörungen ist auf den ersten Blick nicht einfach zu stellen. Daher gilt es, in einem ausführlichen Arzt- Patienten-Gespräch die Probleme genau und umfassend zu hinterfragen und der ­Sache auf den Grund zu gehen. Depressionen, Burnout oder auch die Wechseljahre bei Frauen gehen meist mit Schlafstörungen einher. Frauen sind häufig in Zeiten von Hormonumstellungen von schlechterer Schlafqualität betroffen. Oft ist das nur ein Schwitzen, der leichte und unterbrochene Schlaf ist nur vorübergehend, es kann aber auch zu einer chronischen Schlafstörung werden“, beschreibt Seidel.

Schlaftagebuch

Das macht bereits deutlich: Der Schlaf ist ein herausforderndes Feld. Erster Ansprechpartner ist bei den meisten Betroffenen der Hausarzt, der eine genaue Erhebung der Krankengeschichte vornimmt und eventuell das Führen eines Schlaftagebuches anordnet. Führt in der Folge eine Verhaltensänderung zu keinem erwünschten Effekt, kann die Überweisung in ein Schlaflabor erfolgen. „Ich bin sehr streng mit der Überweisung, denn zuerst ist es wichtig, viel Zeit mit der Erhebung der Krankengeschichte und dem individuellen Verhalten zu verbringen. Erst wenn ich klare Hinweise auf bestimmte ­Erkrankungen habe und dazu eine Aussage über das Schlafmuster benötige, dann ist ein Schlaflabor erforderlich. So etwa bei Schlafwandlern oder dem Verdacht auf Narko­lepsie, das sind Schlafattacken aufgrund ­einer neurologischen Erkrankung,“ fasst Seidel zusammen.

Lange Wartezeiten im Schlaflabor

Derzeit wird das Schlaflabor im stationären Umfeld wie zum Beispiel einem Krankenhaus von der Sozialversicherung über­nommen. Die mobile Schlaflabor-Unter­suchung, die man auch zu Hause durchführen kann, wird nicht bezahlt. Aktuell sind in Österreich nicht genug Kapazitäten für Schlaflaboruntersuchungen vorhanden, sodass lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen.

Was passiert im Schlaflabor?

Was genau passiert im Schlaflabor?

Ist aufgrund der Krankengeschichte und der Symptome die Überweisung in ein Schlaflabor erfolgt, werden hier der Schlaf und mögliche krankhafte Veränderungen objektiv aufgezeichnet und ausgewertet. Viele Erkrankungen, die sich durch ein Schlaftagebuch, Fragebögen oder körper­liche Untersuchungen nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen lassen, können im Schlaflabor entdeckt und weiter untersucht werden.

Viele Geräte

Ein Schlaflabor ist ein speziell ausgestattetes Krankenzimmer, das über eine Vielzahl an Geräten verfügt, die bestimmte Körperfunktionen messen und aufzeichnen können. So zum Beispiel die Gehirnaktivität (mit Elektroenzephalogramm – EEG), die Bewegungen der Augen (mit Elektrookulogramm – EOG), die Aktivität der Muskeln (mit Elektromyogramm – EMG), den Herzrhythmus (mit Elektrokardiogramm – EKG), die Bewegungen der Beine, die Lage des Körpers, Geräusche beim Atmen oder die Atemströmung sowie die Sauerstoffsättigung im Blut. Um diese Untersuchungen durchzuführen, ist es erforderlich, ein bis drei Tage stationär in einem Schlaflabor aufgenommen zu werden.

Elektroden und Nasenkanüle

Etwa eine Stunde vor dem Einschlafen werden dem Patienten an bestimmten Körperstellen Elektroden aufgeklebt. Zur Abklärung von Schnarchen oder schlafbezogenen Atmungsstörungen werden eine Nasen­kanüle, ein Atemsensor und ein Schnarch­mikrophon verwendet. Über Brust und Bauch werden Atemgurte befestigt, die die Atembewegungen aufzeichnen. Puls und Sauerstoffsättigung werden über ein Pulsoxymeter gemessen, das am Finger befestigt ist.

Keinen Kaffee, schwarzen Tee, Alkohol

Auch im eigenen Bett schläft man nicht ­jede Nacht gleich gut, und die zusätzlich ungewohnte Situation im Labor kann die gewonnenen Erkenntnisse verzerren. Daher kann es vorkommen, dass der Aufenthalt im Schlaflabor wiederholt werden muss und mehrere Nächte dauert. Zur Vorbereitung aufs Labor empfiehlt es sich, tagsüber kein Nickerchen zu machen und auf Kaffee, schwarzen Tee sowie Alkohol zu verzichten. Am Ende der Untersuchung steht den Ärzten eine Reihe von Daten zur Verfügung, die ausgewertet werden müssen. Daher wird meist ein Folgetermin zur Nachbesprechung vereinbart.

Aktigrafie, Polysomnographie (PSG), Polygraphie: kleines Lexikon

  • Aktigraphie: Die Aufzeichnung von Aktivitäts- und Ruhephasen über ein Messgerät an Hand- oder Fußgelenken. Die Aufzeichnung erfolgt über mehrere Tage, für jeweils 24 Stunden. Die Daten werden am Computer ausgewertet.
  • Polysomnographie (PSG): Die Bezeichnung für verschiedene Messungen von Körper­funktionen, die während der Untersuchung in einem Schlaflabor durchgeführt werden. Die zahlreichen Messdaten, die über verschiedene Untersuchungen erfasst werden – EEG, EOG, EMG, Herzrhythmus, Bewegungen, Körperlage, Atemgeräusche etc. – erlauben es, ein Schlaf­profil für diese Person zu erstellen. Daraus können geschulte Schlafmediziner ableiten, ob die untersuchte Person an einer Schlafstörung leidet und an welcher.
  • Polygraphie: Die "kleine Form“ der Polysomnographie. Der Patient erhält von seinem Arzt ein tragbares Gerät und kann damit eine Reihe von Aufzeichnungen während des Schlafens zu ­Hause durchführen. Zu diesen Messungen gehören eine Aufzeichnung des Herzschlags, die ­Sauerstoffsättigung im Blut und Atembewegungen. Die Daten werden durch einen geschulten Arzt ausgewertet und interpretiert. Vorteil der Messung zu Hause ist, dass das Schlafumfeld für den Patienten vertrauter ist und die Messung dadurch weniger Störungen aufweist.

Liste von Schlaflaboren

Eine Österreich-Liste finden Sie unter

Buchtipp: Schlafen - Die beste Medizin

Buchcover von Schlafen die beste Medizin (Bild: VKI)Gesunder Schlaf bedeutet Lebensqualität – Schlafprobleme dagegen beeinträchtigten das Wohlbefinden und können massive Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Das Buch zeigt, wie man den Teufelskreis zwischen schlechtem Schlaf und chronischer Müdigkeit durchbrechen kann. Ist Schlafmangel nur ein vorübergehendes Phänomen oder Beginn einer echten Schlafstörung? Was sind die Folgen und Risikofaktoren? Was kann man dagegen tun? Was passiert in einem Schlaflabor? Außerdem: Ein eigenes Kapitel zum Thema Schnarchen und Schlafapnoe sowie Tipps und Tricks für gesunden Schlaf, Infos über Hausmittel, Medikamente und die Einflüsse von Ernährung und Stress.

ISBN 978-3-99013-101-5
192 Seiten, Flexcover
19,90 Euro, exklusive Versand

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