Negatives Image
Die Einleitung bzw. Teile des Artikels rücken die Altenwohn- und Pflegeheime teilweise in ein schlechtes Licht. Man könnte meinen, dass Bewohner auf Grund von Personalengpässen und/oder Strukturmängeln in ihrer Freiheit beraubt oder eingeschränkt werden. Es müssen aber vorher alle zur Vermeidung einer Freiheitsbeschränkung möglichen Maßnahmen ergriffen werden (§ 4 Heimaufenthaltsgesetz, 2005)!
Die angeführten Beispiele reichen in keinster Weise aus, um den komplexen Bereich zulässiger oder unzulässiger Freiheitsbeschränkungen zu beschreiben. Im Tiroler Heimgesetz wird nicht von „Heiminsassen oder Patienten“ gesprochen. Der Begriff Insasse bezieht sich umgangssprachlich auf ein Gefängnis und kann dem Leser unterschwellig schon einen systematischen Freiheitsentzug suggerieren.
Urban Wille
Vorstandsmitglied der ARGE des leitenden diplomierten Pflegepersonals der Alten- und Pflegeheime Tirols
Hall (aus KONSUMENT 11/2014)
In unserem Artikel sprechen wir das sensible und komplexe Thema Freiheitsbeschränkung mit dem Verweis auf die ausführliche Behandlung im Buch „“ an. Mehr zum Thema Netzbetten-Verbot (ab 1.7.2015) finden Sie auf“ veröffentlicht. Auch in diesem Buch sind die Patientenrechte ein Thema.
Die Redaktion
Gelindere Mittel
Zum angeführten Beispiel für eine zulässige Freiheitsbeschränkung ist festzuhalten, dass es eindeutig den gesetzlichen Voraussetzungen widerspricht, eine/n demente/n PatientIn, die/der wegen Desorientierung mehrmals „herumirrt“, mit Seitenteilen im Bett „einzusperren“. Dies wäre eine unverhältnismäßige und überschießende Maßnahme. Darüberhinaus würden Seitenteile das Verletzungsrisiko erhöhen, weil die PatientIn mit hoher Wahrscheinlichkeit versuchen wird, die Seitenteile zu übersteigen.
Es gibt zahlreiche gelindere Mittel, die uns in der Bewohnervertretung immer wieder begegnen. Zum Beispiel: Einbindung der PatientIn in den Stationsalltag, begleitete Spaziergänge, Licht anlassen, individuelle Beschäftigung, Biographiearbeit, Sitzwache, Sensorbalken oder Körperdrucksensormatte im Bett (um nachts alarmiert zu werden, wenn PatientIn das Bett verlässt), Babyphon, Niederflurbetten, Teilnahme am sozialen Leben (Besuchscafé, Kulturveranstaltungen), gemeinsame Aktivitäten etc.
Mag. Susanne Jaquemar
Fachbereichsleiterin VertretungsNetz – Bewohnervertretung
Wien
(aus KONSUMENT 10/2014)
Gitterbetten ein Auslaufmodell
Einen Menschen „ins Gitterbett zu sperren“ und gleichzeitig festzustellen, dass dies auch dem Interesse des Patienten dienen würde, ist eine besonders zynische Auffassung von Patientenrecht. Die Volksanwaltschaft, der Menschenrechtsbeirat und andere wichtige Institutionen fordern zu Recht seit langem die generelle Abschaffung von Netzbetten in Österreich.
Einen dementen Heimbewohner im Bett mit Seitenteilen zu beschränken – wie in ihrem Artikel als zulässig beschrieben – war vielleicht vor Inkrafttreten des Heimaufenthaltsgesetzes 2005 noch usus, mittlerweile haben sich viele Alternativen und gelindere Mittel etabliert, sodass von einer zulässigen Freiheitsbeschränkung in diesem Zusammenhang keinesfalls gesprochen werden kann! Wir würden jedenfalls eine gerichtliche Überprüfung veranlassen.
Mag. Christian Berger
Geschäftsführer des Hilfswerks Salzburg, Sachwalterschaft/Bewohnervertretung
St. Johann im Pongau
(aus KONSUMENT 10/2014)