Die internationale Clean Clothes Campaign entstand vor einem Jahrzehnt in den
Niederlanden als eine Initiative, um durch den Einsatz der Macht der
KonsumentInnen die Arbeitsbedingungen in der Textil- und
Sportbekleidungsindustrie weltweit – vor allem in Hinblick auf die
„Weltmarktfabriken“ in der so genannten Dritten Welt und in Osteuropa – zu
verbessern. Sie ist heute in mehr als zehn europäischen Ländern vertreten,
darunter auch in Österreich.
Konsumenten sehr interessiert
Die österreichische Clean Clothes-Kampagne (CCK) ist sehr erfreut über die
Tatsache, dass mit dem vorliegenden Jeans-Test nun erstmals ein populäres
Produkt der Textilbranche nach sozialen und ethischen Kriterien untersucht
wurde. Unserer Erfahrung nach sind die Konsumentinnen und Konsumenten sehr
interessiert an dieser Thematik. Untersuchungen wie die vorliegende helfen auch,
das Bewusstsein der Bevölkerung in noch größerem Ausmaß auf soziale Kriterien
auszuweiten.
Unabhängige Experten
Als positiv vermerken wir auch die Tatsache, dass das IMUG-Institut aus
Deutschland, das unter Federführung des VKI den Test durchführte, bei der
Untersuchung auch unabhängige Experten, u.a. MitarbeiterInnen der CCC,
konsultiert hat. Wir erblicken darin, und auch in dem Dialog von VKI und CCK,
eine neue und zukunftsorientierte Ebene der Zusammenarbeit von
Konsumentenschutz- und Nichtregierungs-Organisationen.
Schwachstellen in der Durchführung
Der VKI hat mit dem vorliegenden Test zweifellos eine Pioniertat gesetzt, mit
der völliges Neuland betreten wurde. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn er –
unserer Meinung nach – in einigen Punkten der Untersuchungsmethodik und der
praktischen Durchführung auch Schwachstellen aufweist. Wobei wir uns der
Schwierigkeiten bei der Realisierung eines Produktetests nach sozialen und
ethischen Kriterien sehr wohl bewusst sind.
Bemühungen statt Druchführung
gemessen
Ein Problem ist wohl die Tatsache, dass die Untersuchung v.a. auf Basis von
firmeneigenen Informationen durchgeführt wurde. Er bezieht sich also viel mehr
auf die Bemühungen der Unternehmen, Sozialstandards in ihrer Produktkette zu
implementieren, als auf den tatsächlichen Grad der Durchsetzung.
Wie das IMUG selbst eingesteht, wurde aus „Zeit- und Kapazitätsgründen“ bei
der Untersuchung nicht bis zu den Endgliedern der Produktionskette vorgestoßen.
Eine Untersuchung vor Ort ist angesichts des weitverzweigten Systems von
Zulieferern und Subkontrahenten natürlich äußerst schwierig und aufwendig,
erscheint uns aber dennoch unumgänglich. Hier könnten die CCC und ähnliche
Initiativen mit ihren Kontakten zu gewerkschaftsähnlichen Organisationen und
Frauen- oder Menschenrechtsgruppen im Süden eine hilfreiche Brücke
darstellen.
Unabhängige Kontrolle ist ganz
wichtig
Als ein Manko erscheint uns auch die Tatsache, dass bei der Untersuchung der
Frage der unabhängigen Verifizierung der Sozialstandards zu wenig Beachtung
geschenkt wurde. Wie eine Vertreterin der deutschen CCC bemerkte, verkommt jeder
Versuch, eine Verbesserung der Produktionsbedingungen zu erreichen, ohne ein
institutionalisiertes System unabhängiger Kontrolle zu reiner Makulatur.
Firmenranking ist problematisch
Wir sind uns bewusst, dass das Erstellen eines Rankings bei einem Produkttest
ein fundamentales Prinzip von Konsumentenschutzorganisationen ist. Dennoch
sollte man bei der Präsentation von Ethik-Tests auf die besonderen
Schwierigkeiten und auch Unzulänglichkeiten eines Firmenrankings, ja eines
Ethik-Tests überhaupt hinweisen.
Käufer sensibel machen
Als eine wichtige Aufgabe eines solchen Tests erscheint uns die
Sensibilisierung der KonsumentInnen in Sachen soziale und ethische Kriterien,
und die wird mit dem vorliegenden Jeans-Test zweifellos erreicht. Wir hoffen
aber, dass dadurch nicht nur der kritische Blick der Käuferinnen und Käufer
geschärft wird, sondern dass auch die Unternehmen durch diesen Pioniertest einen
Lernprozess erfahren, in dem Sinn, dass sie bei künftigen Untersuchungen dieser
Art sich informationsfreudiger zeigen und sich bemüßigt fühlen, sich mit dem
Thema Sozialstandards in konstruktiver Weise auseinander zu setzen. Wenn dieser
Jeans-Test diese Reaktion fördert, wären auch wir unserem Kampagnenziel – der
Durchsetzung fairer Arbeitsbedingungen weltweit – ein wichtiges Stück näher.
Die österreichische Clean Clothes-Kampagne
Wien, am 22. Jänner 2002