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Wirtschaftsbegriffe: Inflation - Unterschiedliche Auswirkungen

, aktualisiert am

Teuerung, Geldentwertung, Kaufkraftverlust – die Inflation gilt seit jeher als Schreckgespenst. De facto ist die Inflationsrate lediglich ein statistisches Messmittel mit unterschiedlichen Auswirkungen auf jeden Einzelnen.

Inflation und Inflationsrate zählen zu den Fixgrößen jeder Volkswirtschaft. Zu verstehen ist darunter das Ansteigen des allgemeinen Preisniveaus und damit einhergehend für den Verbraucher der Verlust an Kaufkraft, der innerhalb einer festgelegten Zeitspanne eintritt. Die Höhe der Inflation wird in Prozent ausgedrückt. Zwei Prozent Inflation bedeuten zum Beispiel, dass sich die Preise im Vergleich zum Vormonat oder zum Vorjahr um diesen Prozentsatz erhöht haben.

Auswirkungen im Supermarkt ...

Was in den Wirtschaftsnachrichten meist trocken daherkommt, wirkt sich im tatsächlichen Leben in vielfältiger Weise auf jeden Einzelnen aus. Höhere Preise für den Einkauf im Supermarkt, bei anderen alltäglichen Ausgaben oder beim Ausgehen sind dabei nur ein Teilbereich.

... und bei Lohnverhandlungen

So spielt die Inflationsrate etwa bei den alljährlich stattfindenden Lohn- und Gehaltsverhandlungen eine wichtige Rolle: Wird der Kaufkraftverlust gerade so abgedeckt oder kommt es zu Reallohnsteigerungen, also zu Lohnerhöhungen, bei denen nach Abzug der Inflation tatsächlich etwas mehr in der Brieftasche bleibt?

Wertanpassungsklauseln

Auch die sogenannten Preis- oder Zinsgleitklauseln sind oft an die Inflationsrate gekoppelt. Sie sollen sicherstellen, dass sich Mieten, Gebührensätze und Ähnliches im Ausmaß der allgemeinen Preissteigerungen erhöhen. Versicherte kennen die Inflationsautomatik auch aus ihren Polizzen: Durch Wertanpassungsklauseln steigt die jährliche Prämie automatisch in Höhe der Inflationsrate und gewährleistet dem Zeitwert entsprechende Auszahlungsbeträge.

Rutsch in höhere Steuerklasse

Indirekt wirkt sich die Inflationsrate auch auf unsere Steuerlast aus: Bei starren Einkommenssteuersätzen rutschen durch die jährlichen Lohnanpassungen immer mehr Steuerpflichtige mit Teilen ihres Entgelts in eine höhere Steuerklasse.

Rendite und Inflation

Auch Anleger und Sparer müssen die Inflationsrate bei ihren Investitionsentscheidungen im Auge behalten: Die Rendite sollte so hoch sein, dass nach Abzug der Kapitalertragsteuer und (gedanklichem) Abzug der Inflationsrate noch ein Gewinn übrig bleibt, sonst dient die Geldanlage nur dem Werterhalt des Kapitals, sorgt aber für keinen Wertzuwachs. Auch die Investoren in Sachwerte wie Immobilien und Gold müssen darauf achten, dass ihre Vermögenswerte mindestens im Ausmaß der Inflation an Wert zulegen, sonst droht ein realer Verlust.

Durchschnittswerte

Verbraucherpreisindex für Österreich und die EU

Die Inflationsrate wird anhand des Verbraucherpreisindex ermittelt. Oft werden in den Medien unterschiedliche Kürzel oder Teilbereiche zitiert. Die beiden maßgeblichen Indizes zur Berechnung der Inflationsrate sind der VerbraucherPreisIndex (VPI), der die Inflation in Österreich widerspiegelt, und der Harmonisierte VerbraucherPreisIndex (HVPI) als Inflationswert für die gesamte Euro-Zone.

Beide Indizes setzen sich aus mehreren Waren- und Ausgabegruppen zusammen, in die jeweils tausende Preise einfließen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie statistisch gesehen das durchschnittliche Konsumverhalten der Haushalte abbilden. Daraus ergeben sich Mittelwerte, die sich natürlich nicht für jeden gleich auswirken.

Unterschiedliches Konsumverhalten

In der Inflationsrate sind zum Beispiel Treibstoffe und Energie enthalten. Nutzt man allerdings kein Auto, weil man nur mit den Öffis oder dem Rad zur Arbeit und zum Einkaufen fährt, und wohnt man in einem Passiv- bzw. Niedrigenergiehaus oder heizt mit eigenen Solarmodulen, fallen große Teile der Energie weg, die in der Inflationsrate stecken.

Andererseits: Braucht man sein ganzes Einkommen, um Grundbedürfnisse wie Nahrung und Kleidung zu decken, hilft es nichts, wenn die Inflationsrate durch immer günstiger werdende Elektronik oder Flugreisen statistisch klein gehalten wird.

Zielgruppenspezifische Inflationsraten

Deshalb wurden und werden für jene Stellen, die politische oder wirtschaftliche Konsequenzen aus der gemessenen Inflationsrate ziehen müssen, von Expertenteams zielgruppenspezifische Inflationsraten zusammengestellt (siehe Kapitel "Indizes zur Inflationsberechnung").

Wie Inflation entsteht

Wie Inflation entsteht

Preise entstehen einfach gesagt durch Angebot und Nachfrage. Ist die Nachfrage größer als das Angebot, werden Verbraucher bereit sein, mehr zu bezahlen, um ein Gut zu erhalten, und damit ziehen die Preise an – die Inflation setzt ein. Allerdings gibt es darüber hinaus weitere Faktoren, die die Inflation beeinflussen.

Gebühren, Geld- und Kreditmenge

So zum Beispiel Gebühren mit Monopolcharakter (öffentliche Abgaben und dergleichen), aber auch die Geldmenge, die durch Nationalbank und Banken zur Verfügung gestellt wird. Stellt das Banksystem hohe Geldsummen zur Verfügung, um die Kreditvergabe anzukurbeln, kommt damit auch mehr Geld in den Umlauf und das würde die Inflation verstärken (der Konsument könnte höhere Preise verkraften). Umgekehrt kann ein Verknappen der Geldmenge einer Inflation gegensteuern.

Inflationsziel von 2 Prozent angesteuert

Für die Euro-Zone wurde eine Inflationsrate von rund 2 Prozent als Zielmarke festgelegt. Bis zu dieser Marke gelten die Preise als stabil. Um diese Preisstabilität zu gewährleisten, setzen die Notenbanken – allen voran die Europäische Zentralbank – Steuerungsmaßnahmen wie etwa die Festlegung von Leitzinssätzen zur Refinanzierung der Banken oder Erleichterungen bei der Refinanzierung wie aktuell mit Anleiheankaufprogrammen.

Für weitere Details sieheStatistik Austria > Wirtschaft > Preise > Verbraucherpreisindex

Zusammensetzung des VPI

Grob lässt sich der VPI in folgende Kategorien mit der jeweiligen prozentuellen Gewichtung gliedern:

Wohnung, Wasser, Energie 18,39
Verkehr 13,18
Nahrungsmittel
und alkoholfreie Getränke
11,69
Freizeit und Kultur 11,43
Restaurants und Hotels 10,27
Hausrat und Instandhaltung 7,48
Bekleidung und Schuhe 5,74
Gesundheitspflege 4,89
Alkoholische Getränke und Tabak 3,81
Post und Telefon 2,21
Erziehung und Unterricht 1,28
Verschiedenes 9,64

Dieser Durchschnitts-Warenkorb ist natürlich nicht unproblematisch. Für viele Österreicher mag es unvorstellbar erscheinen, dass sie über 10 % ihrer Ausgaben für Freizeit und Kultur aufwenden oder in Restaurants/Hotels ausgeben.

Mikrowarenkorb

Indexposition %-Anteil im
Mikrowarenkorb
Spezialbrot 5,8748
Gebäck 6,8333
Pizza, tiefgekühlt 1,7701
Topfengolatsche 2,9049
Putenbrustfleisch 3,6502
Schinken vom Schwein 6,8010
Milch 7,1579
Fruchtjoghurt 2,4388
Gouda 4,2606
Butter 3,3884
Äpfel 3,3173
Tomaten 2,6042
Kartoffeln 2,3079
Vollmilchschokolade 3,0950
Mineral-, Tafelwasser 3,6317
Orangensaft 3,8533
Flaschenbier 6,4918
Belegtes Gebäck 5,4653
Tageszeitungen
(10 Positionen)
11,1053
Melange im Kaffeehaus 13,0482
Gesamt 100

 

Indizes zur Inflationsberechnung

VPI = Verbraucherpreisindex Österreichs, die nationale Berechnung der Kaufkraftentwertung

HVPI = harmonisierter VPI; der für die einheitliche Messung in der Euro-Zone festgelegte Index

Daneben gibt es eine Reihe von kleineren Warenkörben, die zeigen, wie sich die Inflation auf bestimmte Güter, Lebensbereiche oder Personengruppen beschränkt entwickelt hat.

Beispiele:

  • Mikrowarenkorb = Index für den kleinen täglichen Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Getränken, Zeitungen und zum Beispiel einer Melange im Kaffeehaus
  • Miniwarenkorb = Index des täglichen Bedarfs, der neben Grundnahrungsmitteln, Getränken im Restaurant und Hygieneartikeln auch Treibstoff, Zigaretten und Lotto enthält
  • Gebührenwarenkorb = enthält öffentliche Gebühren wie Wassergebühren, Müllabfuhr, Parkgebühren, Rezept- und Arztgebühren, Porto, GIS, Kinderkrippe und Tagesmutter
  • Pkw-Index = enthält Treibstoffe, Reifen, Batterien, Frostschutzmittel, Wagenwäsche, Versicherung, Parkgebühren und ähnliche Positionen
  • Warenkorb Pensionisten = ein Warenkorb, der auf den Bedarf von Pensionistenhaushalten zugeschnitten ist

Weiters gibt es eine Reihe von Indizes, die vor allem auf die Wirtschaftstreibenden zugeschnitten sind, etwa Großhandelspreisindex, Erzeugerpreisindex, Baukostenindex oder Agrarpreisindex.

Schleichend oder im Galopp

Es gibt verschiedene Arten von Inflation, zum Beispiel eine:

  • Nachfrageinflation (auch: Konsuminflation): Die Preise steigen, weil die Nachfrage deutlich höher ist als das Angebot an bestimmten Waren; oder eine
  • importierte Inflation, die durch höhere Preise importierter Güter entsteht.

Möglich ist auch eine Unterscheidung nach Höhe und Tempo der Geldentwertung:

  • Bei der schleichenden Inflation steigen die Preise und Gehälter Jahr für Jahr – fast schon erwartungsgemäß – im gewohnten Ausmaß) deshalb auch erwartete Inflation genannt);
  • bei einer mäßigen Inflation liegt die Inflationsrate bei wenigen Prozentpunkten, die Preissteigerungen sind von den Konsumenten kaum oder nur vereinzelt wahrzunehmen;
  • bei der trabenden Inflation (ca. 5 bis 10 Prozent) flüchten die Anleger vermehrt in Sachwerte wie Grundstücke, Häuser, Schmuck oder Edelmetall;
  • eine galoppierende Inflation (10 bis 100 Prozent) sorgt bereits für ernsthafte Verwerfungen der Wirtschaft;
  • zu einer Hyperinflation (über 100 Prozent) kommt es meist während oder nach Kriegen, zum Beispiel 1992 im ehemaligen Jugoslawien, wo die Inflationsrate zeitweilig um 1 Prozent pro Stunde anstieg.

Leserreaktionen

Körberlgeld für den Finanzminister

Mit Interesse habe ich Ihren Beitrag über das „Statistische Schreckgespenst“, der Inflation gelesen. Unter anderem ist im Beitrag zu lesen: „Bei starren Einkommenssteuersätzen rutschen durch Lohnanpassungen immer mehr Steuerpflichtige mit Teilen ihres Einkommens in höhere Steuerklassen“ und sprechen damit das Phänomen der kalten Progression an. Diese Darstellung könnte jedoch missverstanden werden.

Tatsächlich entsteht kalte Progression auch bei inflationsbedingten Lohnanpassungen INNERHALB einer Steuerstufe. Dies macht in Österreich sogar den Löwenanteil aus und bringt dem Finanzminister ein Körberlgeld, das in die Milliarden gehen kann. Ein Reinrutschen in die nächsthöhere Steuerstufe ist für kalte Progression nicht notwendig.

Dieser Unterschied bedeutet, dass alle Österreicherinnen und Österreicher von kalter Progression betroffen sind – und nicht nur jene (wenigen), die in eine höhere Steuerstufe rutschen.

Dr. Stefan D. Haigner
Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung
Innsbruck
(aus KONSUMENT 7/2016)

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