Zum Inhalt

Orthomolekulare Medizin - Behandeln mit Vitamin €

, aktualisiert am

Die orthomolekulare Medizin will Krankheiten mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen heilen. Wir haben fünf Ärzte in Wien getestet und die Wirksamkeit der Orthomolekularen Medizin überprüft.

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind lebenswichtig, der Organismus kann sie allerdings nicht in der benötigten Menge selbst produzieren. Um Mangelerscheinungen und Erkrankungen vorzubeugen, müssen wir sie deshalb mit der täglichen Nahrung zu uns nehmen.

Bedarf gedeckt

Zwar ist es bei vernünftiger Ernährung in Österreich von wenigen Ausnahmefällen abgesehen – etwa Folsäure bei Kinderwunsch – problemlos möglich, den täglichen Bedarf zu decken. Somit besteht kaum Notwendigkeit, auf Nahrungsergänzungsmittel oder künstlich angereicherte Lebensmittel zurückzugreifen.

Vitamingläubigkeit ...

Dennoch hält sich hartnäckig der Glaube, dass die regelmäßige Einnahme von Vitaminpräparaten vorteilhaft sei, weil sie uns ­gesünder und leistungsfähiger mache. Die Vorstellung geht auf die 1930er-Jahre zurück, als mit der industriellen Produktion von Vitamin C begonnen wurde. Die National­sozialisten propagierten die Vitaminein­nahme zur Stärkung des "Volkskörpers". Mit dem Untergang des "Tausendjährigen Reiches" war es dann zunächst mit der Vitamingläubigkeit vorbei.

... erlebt Renaissance

Sie erlebte erst in den 1970er-Jahren ihre Renaissance, durch den zwei­fachen Nobelpreisträger Linus Pauling (1901 – 1994). Pauling empfahl die Einnahme hoher Vitamin-C-Dosen zur Vorbeugung ­gegen Krebs und Herzinfarkt. Wie überzeugt der Wissenschaftler war, spiegelt sich in seiner Bezeichnung "orthomolekulare Medizin" für diese neue Heilmethode wider. Der Begriff "ortho" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "richtig" und "gut".

Krankheit durch Mangel

Die orthomolekulare Medizin (OM) führt chronische Krankheiten auf eine Unter­versorgung mit Nährstoffen (Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen) zurück. Bereits ein geringfügiger Mangel soll – hält er längere Zeit an – den Körper schädigen. Als Anzeichen werden unspe­zifische Symptome wie eine Anfälligkeit für Erkäl­tungen, Leistungsminderung und Konzen­trationsschwäche gewertet. Eine langjährige, auch nur minimale Unterversorgung kann im Konzept der Orthomolekularen Medizin sogar zu Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen führen.

Oxidativer Stress

Die Gabe hoher Vitamindosen, kombiniert mit Mineralstoffen und Spurenelementen, soll derartigen Erkrankungen vorbeugen. Als Gefahr für die Gesundheit wird auch "oxidativer Stress" angesehen. Damit ist gemeint, dass im Organismus aggressive Formen von Sauerstoff wirken – sogenannte Sauerstoffradikale, die aus der Umwelt in den Körper gelangen, vom Körper aber auch selbst gebildet werden. Dieser Gefahr soll der Körper mit Schutzsystemen begegnen, an denen Subs­tanzen wie Vitamin C, E und Beta-Carotin beteiligt sind.

Keine aussagekräftigen Studien

Vor einer OM-Behandlung wird zunächst ermittelt, wie es um die Versorgung des Patienten mit Vitaminen und anderen Substanzen bestellt ist. Dazu dienen ver­schiedene Diagnosemethoden (meist Laboruntersuchungen von Blut). Aufgrund der ­Ergebnisse wird dann die Substanzmischung bestimmt, die eingenommen werden soll.

Keine aussagekräftigen Studien

Zu den Einzelstoffen, die im Rahmen der ­orthomolekularen Medizin verwendet werden, gibt es eine Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen mit auf den ersten Blick vielversprechenden Resultaten. Diese Ergebnisse werden von den Vertretern der OM als Beleg für die Wirksamkeit der Methode inter­pretiert.

Therapeu­tische Wirksamkeit nicht bewiesen

Allerdings wird fast allen diesen Daten auch wissenschaftlich widersprochen: Die Subs­tanzen wurden in diesen Studien nicht so hoch dosiert, wie dies bei der OM der Fall ist. Außerdem wurde in diesen Studien keine der in der OM gebräuchlichen Substanz­kombinationen geprüft. Aussagekräftige Studien zur orthomoleku­laren Medizin fehlen bisher. Ihre therapeu­tische Wirksamkeit ist daher nicht ausreichend nachgewiesen.

Überdosierungen nicht ungefährlich

Erwiesen ist hingegen, dass die Überdosierung von Vitaminen, ­Spurenelementen und Mineralstoffen keineswegs ungefährlich ist. Dies belegt auch eine aktuelle Studie des Forschungsnetzwerks Cochrane Collaboration. Demnach können zu hohe Dosen von antioxidativen Nahrungsergänzungsmitteln das Erkrankungsrisiko erhöhen. Vor allem die Vitamine A, E und Beta-Carotin erwiesen sich hierbei als besonders gefährlich. Einen Beleg dafür, dass antioxidative Nahrungsergänzungs­mittel vor Krebs und anderen lebensbedrohlichen Erkrankungen schützen, fanden die Wissenschaftler hingegen nicht.

Verschiedenste Wirkstoffe verschrieben

Kosten sind privat zu tragen

Die Österreichische Ärztekammer vergibt seit 2007 ein Diplom für orthomolekulare Medizin. Die Krankenkassen erstatten die Kosten für Behandlung und verordnete ­Präparate jedoch nicht. Durch die üblicherweise längere Therapiedauer können hohe Ausgaben entstehen, die privat zu tragen sind.

Fünf Ärzte besucht

Wir wollten genauer wissen, wie eine OM-Behandlung vor sich geht, und haben eine Testperson zu fünf zufällig ausgewählten Wiener Ärzten, die mit OM praktizieren, geschickt. Die Testperson klagte über Schlafstörungen, Überlastung und Erschöpfung. Da sie aber angab, sich gesund zu ernähren (viel Obst, Gemüse, Milchprodukte), war ­davon auszugehen, dass die erforderlichen Mengen an Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen bereits über die Nahrung aufgenommen werden. Die Testperson hatte zudem die Ergebnisse einer bereits vom Hausarzt veranlassten Blutuntersuchung ­dabei und verlangte eine OM-Behandlung.

Verschiedenste Mittel bzw. Medikamente empfohlen

Bei der Diagnosestellung erkannten die Ärzte auf einen mehr oder weniger stark aus­geprägten Erschöpfungszustand. Eine Ärztin diagnostizierte zudem Schlafstörungen. Bei der Behandlung mit Nahrungsergänzungsmitteln bzw. Medikamenten waren sich die Mediziner dann allerdings nicht mehr ganz so einig. Unserer Testperson wurden zwischen drei und fünf Mittel mit teilweise unterschiedlicher Zusammensetzung bzw. verschiedensten Wirkstoffen verordnet.

Unspezifische Wirkung, Gefahr der Überdosierung

Unspezifische Wirkungen

Verblüffend ist dabei, dass die von den ­Herstellern der Präparate angegebenen ­Beschwerden zum Teil gar nicht diagnostiziert worden waren. So wird "Zink forte" zur unterstützenden Behandlung bei oxidativem Stress, Verletzungen, Sehschwäche, Übersäuerungszuständen, Altersdiabetes, regelmäßigem Alkoholkonsum sowie mangelnder Funktion des Immunsystems empfohlen.

Zudem sind die angegebenen Indikationen teilweise äußerst unspezifisch. Das Mittel "Pure 365 Anti-Stress" etwa soll die Leis­tungsfähigkeit verbessern, Konzentrations­fähigkeit und Wohlbefinden steigern, das ­Immunsystem stärken und Schutz vor freien Radikalen bieten.

Gefahren der Überdosierung

Die von den Ärzten empfohlene Dosierung der Mittel hätte in einigen Fällen vor allem zu einer massiven Überversorgung mit Vita­min D geführt. Vitamin D reguliert unter ­anderem den Kalziumhaushalt des Körpers. Eine Überdosierung kann Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Erbrechen, Verstopfung, Bauchkrämpfe, Bluthochdruck, Psychosen, Muskel- und Sehnenschmerzen oder Kopfschmerzen zur Folge haben.

In schweren Fällen kann es zu Nierenschäden bis hin zum Nierenversagen kommen. Blutgefäße, Herz, Lunge, Muskeln oder Sehnen können von Kalziumeinlagerungen beeinträchtigt sein, eine weitere mögliche Folgeerkrankung ist Osteoporose.

Gesalzene Preise: 230 und 492 Euro

Gesalzene Preise: 230 und 492 Euro

Unabhängig davon, inwieweit eine extreme Substitution mit Vitaminen/Spurenelementen gesundheitlich vertretbar und medizinisch sinnvoll ist, stellt sich für den Patienten auch die Kostenfrage. Hätte unsere Testperson die ausgestellten Rezepte eingelöst, so hätte sie inklusive Laboruntersuchungen und Ordinationsgebühren zwischen 230 und 492 Euro hinblättern müssen. Kein Pappenstiel! Zudem handelt es sich lediglich um die "Einstiegs­kosten" für die Therapie. Bei der jeweils ­prognostizierten mehrmonatigen Behandlungsdauer würden sich diese Beträge noch deutlich erhöhen.

Nicht geeignet

Fazit: Die therapeutische Wirksamkeit der orthomolekularen Medizin ist nicht aus­reichend nachgewiesen; die Risiken einer Behandlung können jedoch erheblich sein. Aus diesem Grund fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung für diese Heilmethode negativ aus. Die orthomolekulare Medizin hat sich in unserem Test als ungeeignet zur Behandlung von Krankheiten und Störungen erwiesen.

- Dr. Birgit Brandner

Gersthofer Straße 162, 1180 Wien, 01 908 12 04

Termin: Wartezeit 11 Minuten, Beratungsdauer 41 Minuten

Ordinationsgebühr: 90 Euro

Befunderhebung: Ärztin erkundigt sich nach Medikamenteneinnahme und vorliegenden Beschwerden bzw. Erkrankungen. Fragt, ob bereits Eisenpräparate eingenommen wurden, da bei vielen Frauen durch die monatliche ­Blutung ein Eisenmangel auftrete. Gibt Empfehlung zu Eisenpräparaten. Überweisung in ein Labor, da weitere Untersuchungen notwendig sind (Serotonin, DHEA-S, Vit. B12, Folsäure, Vit. B1, B2, hs-CRP).

Diagnose: Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS), Mineralstoffdysbalance; Behandlungsdauer mehrere Monate

Verordnete Medikamente:

  • Selen forte 60 Kapseln
  • Reines Mag-Citrat Pulver 200 g
  • Ca-Ascorbat Pulver 200 g
  • Oleovit D3 Tropfen
  • Ferro Gradumet Filmtabletten 30 Stück

Überdosierungen: Beim Einhalten der von der Ärztin empfohlenen Dosierung käme es zu einer extrem hohen Ergänzung mit Vitamin D3 (doppelt so hoch wie empfohlen).

Kosten:

  • Ordinationsgebühr 90 Euro
  • Medikamente 98,30 Euro
  • Laborkosten gesamt 304,05 Euro (Hausarzt 99,47 Euro + Laborkosten Dr. Brandner 204,58 Euro)
  • monatliche Therapiekosten 67,30 Euro

- Dr. Waltraud Feigl

Enkplatz 1/1/1, 1110 Wien, 01 749 53 66

Termin: Wartezeit 1 Minute, Beratungsdauer 12 Minuten

Ordinationsgebühr: 110 Euro

Befunderhebung: Ärztin erkundigt sich nach vorliegenden Beschwerden bzw. ­Erkrankungen und testet die Versuchsperson kinesiologisch aus

Diagnose: geringe Belastbarkeit

Verordnete Medikamente:

  • Pyridoxin plus 120 Stück
  • Zink Forte 90 Stück
  • Beta Carotin 60 Stück

Überdosierungen: beim Einhalten der von der Ärztin empfohlenen Dosierung extrem hohe Ergänzung mit Vitamin B6 und Zink (beide deutlich über der empfohlenen Menge)

Kosten:

  • Ordinationsgebühr 110 Euro
  • Medikamente 69,60 Euro
  • Laborkosten 99,47 Euro (Hausarzt)
  • monatliche Therapiekosten 21,53 Euro (zuzüglich Portokosten 5,90 Euro)

- Dr. Susanne Feistauer

Rohrbacherstraße 8, 1130 Wien, 0664 639 44 32

Termin: keine Wartezeit, Beratungsdauer 45 Minuten

Ordinationsgebühr: 60 Euro

Befunderhebung: Ärztin erkundigt sich nach vorliegenden Beschwerden und Erkrankungen sowie nach Medikamenteneinnahme

Diagnose: Burn-out/Überlastung

Verordnete Medikamente:

  • Ubiquinol-QH 50 mg 60 Stück
  • pure365 Antistress-Formel 60 Stück
  • pure365 All in One 120 Stück
  • Aminoplus Essentiell 60 Stück
  • Oleovit D3 Tropfen

Überdosierungen: beim Einhalten der von der Ärztin empfohlenen Dosierung keine Überdosierungen

Kosten:

  • Ordinationsgebühr 60 Euro
  • Medikamente 153,15 Euro
  • Laborkosten 99,47 Euro (Hausarzt)
  • monatliche Therapiekosten 92,92 Euro

- Dr. Karin Odpadlik

Jörgerstraße 52/13, 1170 Wien, 01 408 86 63

Termin: Wartezeit 1 Minute, Beratungsdauer 65 Minuten

Ordinationsgebühr: 50 Euro

Befunderhebung: Ärztin erkundigt sich nach vorliegenden Beschwerden und Erkrankungen sowie nach Medikamenteneinnahme und ­untersucht die Testperson. Überweisung in ein Labor, da weitere Untersuchungen notwendig (Serotonin, DHEA-S).

Diagnose: geringe Belastbarkeit, Symptome, die auf eine Depression hindeuten

Verordnete Medikamente:

  • Oleovit D3 Tropfen
  • Passionsblumen Präparat
  • Melatonin 3 mg 60 Kapseln
  • Multispektrum 24/7 60 Kapseln

Überdosierungen: beim Einhalten der von der Ärztin empfohlenen Dosierung keine Überdosierungen

Kosten:

  • Ordinationsgebühr 50 Euro
  • Medikamente 63,30 Euro
  • Laborkosten gesamt 173,02 Euro (Hausarzt 99,47 Euro + Laborkosten Dr. Odpadlik 73,55 Euro)
  • monatliche Therapiekosten 53,94 Euro (zuzüglich Portokosten 6,20 Euro)

- Dr. Ilse Stracker-Jandl

Beethovengasse 1/1/8, 1090 Wien, 01 407 93 33

Termin: 70 Minuten Wartezeit, Beratungsdauer 11 Minuten

Ordinationsgebühr: 50 Euro

Befunderhebung: Ärztin erkundigt sich nach vorliegenden Beschwerden

Diagnose: Schlafstörungen

Verordnete Medikamente:

  • Oleovit D3 Tropfen
  • Melatonin 5 mg 60 Kapseln
  • Selamin 90 Tabletten
  • Mo Ferrin 21 60 Kapseln

Überdosierungen: beim Einhalten der von der Ärztin empfohlenen Dosierung extrem hohe Ergänzung mit Vitamin D3 (deutlich höher als empfohlen)

Kosten:

  • Ordinationsgebühr 50 Euro
  • Medikamente 80,65 Euro
  • Laborkosten 99,47 Euro (Hausarzt)
  • monatliche Therapiekosten 49,63 Euro

Biogena, Orthotherapia, Promedico: Geschäft mit den Präparaten

Die in der orthomolekularen Medizin verwendeten Präparate werden teilweise von Ärzten direkt verkauft. Wir haben uns bei einigen ­Herstellerfirmen der in unserem Test verschriebenen Präparate anonym nach den Bedingungen beim Verkauf durch einen Arzt erkundigt.

Biogena. Der Arzt hat die Möglichkeit, sich die Produkte auf Lager zu legen und sie an ­seine Patienten zu verkaufen; er erhält dabei 30 Prozent Preisnachlass. Wenn der Patient selber bei Biogena bestellt, wird nach dem Verordner gefragt – in diesem Fall bekommt der Arzt 15 Prozent des Produktpreises als Provision. Der Name des Arztes wird beim Patienten vermerkt und bei jeder Nachbestellung erfolgt automatisch die Gutschrift auf das „Konto“ des Arztes. Einmal monatlich kommt es zur Überweisung. Für diese Art der Kooperation muss der Arzt einen Kooperationsvertrag unterschreiben.

Orthotherapia. Je nach Warengruppe werden dem Arzt 20 bis 25 Prozent Preisnachlass offeriert. Dieser wird ihm einmal monatlich als "Studienbeitrag“ überwiesen. Auf die Frage, um was für eine Studie es sich handle, be­kamen wir die Auskunft, dass dies nur aus steuerlichen Gründen so bezeichnet werde.

Promedico. Bei Direktverkauf kann der Arzt 40 Prozent des Verkaufspreises einbehalten. Dem Arzt werden zudem Sonderkonditionen eingeräumt – kauft er sortenrein ein (also mehr von einem bestimmten Produkt), kommen Rabatte zur Anwendung: 5 + 1 gratis bzw. 19 + 5 gratis. Erfolgt eine Bestellung direkt durch die Patienten, werden keine Provisionszahlungen an die Ärzte geleistet, da diese laut Promedico problematisch sind.

Klage gegen Dr. Rath gewonnen

Besondere Popularität erreichte die ortho­molekulare Medizin durch den deutschen Arzt Dr. Matthias Rath. Der umstrittene Mediziner behauptete trotz fehlender wissenschaftlicher Beweise, dass er mit seiner "Zellular-Medizin-Formula" schwerste Krankheiten wie Krebs heilen könne. Der Verein für Konsumenten­information klagte bereits im Jahr 2007 gegen diese Be­hauptung und bekam vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) recht.

Das Urteil im Volltex finden Sie auf www.verbraucherrecht.at, der Website der VKI-Rechtsabteilung.

Zusammenfassung

  • Therapeutische Wirksamkeit: Die orthomolekulare Medizin hat sich in unserem Test als ungeeignet zur Behandlung von Krankheiten und Störungen erwiesen.
  • Vitamine & Co: Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente werden mit der Nahrung aufgenommen. Bei halbwegs gesunder Ernährung ist die Versorgung in Österreich (bis auf wenige Ausnahmen, z.B. Folsäure) gedeckt, eine Ergänzung mit Vitaminpräparaten ist unnötig.
  • Keine Kostenerstattung: Die Kosten für eine OM-Behandlung werden nicht von den Krankenkassen übernommen, sie sind privat zu tragen. Für eine mehrmonatige Behandlung ist mit einigen Hundert Euro für Medikamente, Labor­untersuchungen und Ordinationsgebühren zu rechnen.

Testkriterien

Eine Testperson besuchte fünf Wiener Ärzte, die orthomolekulare Medizin anwenden. Die Auswahl der zu testenden Ärzte erfolgte per Zufallsgenerator.

Die Testperson gab an, unter Schlafstörungen und Überlastung sowie allgemeiner Lustlosigkeit zu leiden und leicht reizbar zu sein. Sie gab an, bei ihrem Hausarzt gewesen zu sein, dort sei eine Blutuntersuchung veranlasst worden (die Laborwerte liegen vor), die bereits Werte enthält, die für eine orthomolekulare Behandlung relevant sind. Außerdem erklärte sie, sich gesund zu ernähren (gesunde Mischkost, viel Obst, Gemüse, Milchprodukte), Nichtraucher zu sein und nur selten Alkohol zu trinken.

Dokumentation: Unmittelbar nach jedem Ordinationsbesuch erfolgte eine handschriftliche Dokumentation anhand eines Fragebogens, die empfohlenen Präparate wurden eingekauft (wenn ein Direktkauf möglich war).

Leserreaktionen

Sehr wohl Verbesserungen

Die gewählte Testmethode widerspricht jeglicher sachlichen und seriösen Informationsrecherche. Es werden Testpatienten zu Ärzten geschickt, und diese subjektiven Informationen der Testpatienten werden ohne jegliche Rücksprache und ohne Möglichkeit einer Stellungnahme der betroffenen Ärzte veröffentlicht.

Besonders bedauerlich finden wir aber, dass ohne je auf den Sinn und Zweck einer komplementären und alternativen Medizin einzugehen, eine komplementärmedizinische Methode als unbrauchbar abgeurteilt wird. Mit diesen Methoden können sehr wohl bei einzelnen Patienten Verbesserungen erzielt werden, da es sich um Behandlungsmethoden handelt, die sich als Alternative oder Ergänzung zu schulmedizinischen Methoden verstehen.

Dr. Johannes Steinhart
Vizepräsident Ärztekammer für Wien
(aus KONSUMENT 10/2012)

Patientennahe Medizin

Sie berichten im Artikel „Behandeln mit Vitamin €“ über Orthomolekulare Medizin (OM). Darin gemachte Ausführungen sind zum Teil unrichtig. Unrichtig ist, dass die OM, in Österreich führend, von der Österreichischen Gesellschaft für OM (ÖGOM) vertreten, behauptet, dass eine minimale Unterversorgung mit Nährstoffen zu Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen führe. Objektiv unrichtig ist, dass oxidativer Stress von der OM als Gefahr für die Gesundheit angesehen wird. Studien mit unterschiedlichen Aussagen sind in der Wissenschaft nicht ungewöhnlich.

Die Feststellung dass keine in der OM gebrauchten Substanzkombinationen geprüft wurden, ist sonderbar, denn solche gibt es auch in der Schulmedizin nicht. Unrichtig und irreführend unvollständig ist der Kommentar zu „massiver Überdosierung mit Vitamin D“. Es ist in der Medizin durchaus Praxis, hohe Vitamin D Dosen als Einmaldosen z.B. 20.000 bis 30.000 IE/Woche zu geben. Klinik- und Laborkontrollen geben Sicherheit, dass die von Ihnen angeführten Symptome nicht auftreten.

Die OM beschäftigt sich u.a. mit Omega-3- Fettsäuren, Vitamin A, B3, B6, B12, D, C, E, K, Folsäure, Jod, Eisen, Selen, Calcium, Magnesium, Zink, Folsäure und vielen anderen Nährstoffen. Substanzen, die in der Schulmedizin täglich angewendet werden. Deren therapeutische Wirksamkeit ist ausreichend nachgewiesen. Die Nutzen-Risiko-Abwägung fällt positiv aus. Ihre Testergebnisse lassen nicht den Schluss zu, die gesamte OM als zur Behandlung von Krankheiten und Störungen ungeeignet zu beurteilen.

Die OM ist eine patientennahe Medizin. Ihre Anwendung erfordert ein fundiertes Wissen in Biochemie und Pharmakologie. OM ist eine große Chance für Patienten und Ärzte, die sorgfältig und respektvoll damit umgehen.

Dr. med. Rainer Schroth
Obmann der ÖGOM
E-Mail
(aus KONSUMENT 9/2012)

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Medikamente: Paracetamol Ratiopharm premium

Medikamente: Paracetamol Ratiopharm

Wie gut eignen sich rezeptfreie Medikamente? Wir überprüfen dazu regelmäßig Arzneimittel. Diesmal im Test: Paracetamol Ratiopharm Filmtabletten.

premium

Warzenmittel - Rezeptfreie Präparate

Warzen sind oft harmlos, doch manchmal ist eine Behandlung beim Arzt notwendig. In bestimmten Fällen helfen auch rezeptfreie Mittel aus der Apotheke.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang