Gespräch mit OA Dr. Peter Berger, der die seit 1992 bestehende Panikattackenambulanz an der Universitätsklinik für Psychiatrie im Wiener AKH leitet.
Typische Patienten
"Konsument": Herr Dr. Berger, gibt es den nach Beruf oder Geschlecht typischen Patienten, der in Ihre Panikattackenambulanz kommt?
Dr. Peter Berger, Leiter der Panikattacken-Ambulanz an der Universitätsklinik für Psychiatrie im Wiener AKH |
Berger: Nein, den gibt es nicht. Zwar sind Frauen häufiger von Panikattacken betroffen als Männer, aber es kommen auch Männer in unsere Ambulanz. Bemerkenswert ist, dass die Patienten in einem jüngeren Alter sind, etwa zwischen 20 und 30. Viele von ihnen haben, da die körperlichen Symptome einer Panikattacke wie Herzrasen oder Atemnot so sehr im Vordergrund stehen, oft zunächst eine Interne Abteilung oder eine Notfallaufnahme aufgesucht, bevor sie zu uns weiterüberwiesen wurden.
Auskünfte der Patienten
"Konsument": Um eine Diagnose zu stellen, sind Sie vor allem auf die Auskünfte der Patienten angewiesen. Oder gibt es schon eine objektiv messbare Nachweismethode?
Nein, es gibt noch nicht so etwas wie einen Laborparameter, der spezifisch auf eine Panikattacke hinweisen würde. In unserer Ambulanz machen wir zunächst eine genaue Anamnese, klären also die Vorgeschichte der Krankheit.
Ein Begriff, verschiedene Beschwerden
"Konsument": Wie viel Zeit benötigen Sie für diese erste Erhebung?
Berger: Oft ist es schon nach einer Sitzung, das heißt einer Stunde, möglich, die Störung eindeutig zuzuordnen. Gelegentlich stellt sich das Problem, dass der Begriff Panikattacke heute gerne für verschiedene Beschwerden verwendet wird, die im weiteren Sinne mit Angst zu tun haben. Beispielsweise kann eine andere Angststörung vorliegen, wie etwa eine Soziale Phobie; jemand bekommt gerade in sozialen Situationen immer wieder Angstzustände.
Oder es kann sein, dass jemand an einer anderen psychiatrischen Erkrankung leidet, beispielsweise einer Psychose. Er fühlt sich verfolgt und bekommt daher Angst, die in für ihn bedrohlichen Situationen auch anfallsartig sein kann. Hier besteht also auch Angst, doch der Inhalt ist ganz anders.
Daher ist immer eine genaue Anamnese wichtig. Wir müssen klären: Liegt überhaupt eine Panikstörung im engeren Sinn vor? Danach richtet sich das weitere Vorgehen.
Aufklärung ist wichtig
"Konsument": Welche Hilfe können Sie Menschen mit Panikstörung bieten?
Berger: Ein wichtiger Punkt ist die Aufklärung. Wir erklären dem Patienten, wie es zu Panikattacken überhaupt kommen kann und wie sie ablaufen und dass der eigentliche Grund für die körperlichen Beschwerden eben in der Angst liegt. Der Patient lernt so, sein Problem besser zu verstehen. Endlich hat sein Leiden einen Namen. Schon das wirkt vielfach sehr entlastend. Patienten mit schweren und komplizierten Krankheitsverläufen behandeln wir in der Klinik, doch der Normalfall ist die ambulante Behandlung.
Zur Behandlung der Panikstörung haben sich Medikamente aus der Gruppe der Antidepressiva sehr bewährt, die mit einer Psychotherapie, im Speziellen einer Verhaltenstherapie, kombiniert werden können.
Gegen Medikamente
"Konsument": Wie behandeln Sie Patienten, die sich grundsätzlich gegen Medikamente aussprechen?
Berger: Da ist zunächst zu klären, wieso Vorbehalte überhaupt bestehen. Psychopharmaka haben in der Tat nicht den besten Ruf. Oft äußern Patienten die Angst, sie könnten von den Medikamenten abhängig werden – doch das ist bei den Antidepressiva gerade nicht der Fall. Oder ihre Persönlichkeit könnte völlig verändert werden – auch da wird die Wirkmacht der Medikamente überschätzt.
Wichtig ist, die Vorbehalte offen zu besprechen – und unter Umständen können die dann auch aufgelöst werden. Ist das nicht der Fall, ist es sinnvoll, ganz auf Verhaltenstherapie zu setzen.
Halbes bis ganzes Jahr
"Konsument": Über welchen Zeitraum zieht sich die Behandlung?
Berger: Den meisten Patienten geht es schon nach etwa ein, zwei Monaten deutlich besser, aber die Behandlung sollte im Sinne einer Stabilisierung ein halbes oder ganzes Jahr weitergeführt werden.