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Rechtsschutzversicherungen - Ein Baustein mit Lücken

  • Der Vertrags-Rechtsschutz ist ein wichtiger Bestandteil von Rechtsschutzversicherungen
  • Nicht alle Streitfälle sind jedoch abgesichert. Altverträge sind oft noch großzügiger angelegt
  • Spezielle Beratung dringend zu empfehlen

Mit der Krise kam der Ärger, und für manche gleich doppelt: Als vor knapp zwei ­Jahren die Finanzmärkte kollabierten, mussten viele Anleger zunächst einmal feststellen, dass die von Beratern als sicher verkauften Anlagen nicht das hielten, was versprochen worden war.

Und manche wurden, als sie ihre Rechtsschutzversicherung hervorkramten, um die Berater zur Verantwortung zu ziehen, ein weiteres Mal enttäuscht: Streitigkeiten aus Finanzveranlagungen sind immer öfter vom Versicherungsschutz ausgeschlossen! Eine schöne Bescherung, denn welcher Spar-David traut sich schon, allein auf weiter Flur gegen einen Finanz-Goliath anzustürmen?

Vertrags-Rechtschutz unter die Lupe genommen

Zum Glück für etliche Anleger gab und gibt es in dieser Causa Sammelklagen durch ­Organisationen wie etwa den VKI. Der ­Anlassfall regt aber dazu an, sich wieder einmal genauer anzusehen, was denn in der Rechtsschutzversicherung gedeckt ist.

Denn wie Praxisfälle zeigen, wird nicht nur bei Finanzdienstleistern weiträumig abgewunken; auch in vielen anderen Bereichen verweigern Rechtsschutzversicherer mit unterschiedlichsten Begründungen die Deckung.

Da es sich bei dieser Versicherung um ein bisweilen recht umfangreiches und oft auch kostspieliges Produkt handelt, das sich je nach Bedarf aus unterschied­lichen Elementen zusammensetzt, haben wir einen Baustein herausgezogen, der für viele Versicherte einer der wichtigsten ist: den Vertrags-Rechtsschutz.

Ausschlüsse beachten

Juristische Hilfe bei Rechtsstreitigkeiten

Im Auftrag der Arbeiterkammer Wien haben wir bei allen Anbietern die Grunddaten eingeholt und nach konkreten Ausschlüssen gefragt. Kärntner, Niederösterreichische, Tiroler und Vorarlberger Versicherung sowie Merkur haben nicht teilgenommen, Muki bietet Produkte von Roland an und ist deshalb nicht extra angeführt.

Finanzielles Risiko abfedern

Die Idee hinter der Rechtsschutzversicherung ist klar: Der Weg zum Recht kann mit enormen Kosten für Anwalt und Gericht gepflastert sein. Um dieses Risiko abzu­federn, schließt man eine Versicherung ab und kann sich im Fall von Rechtsstreitig­keiten an seinen Versicherer wenden.

Der kümmert sich um die Wahrung rechtlicher Interessen, das heißt, er stellt juristische Hilfe zur Verfügung, unterstützt bei Rechtsproblemen und übernimmt die Verfah­renskosten bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme. Angehörige sind mitversichert, außer bei speziellen Single-Polizzen, die dann auch ein wenig güns­tiger ausfallen.

Besonders zu beachten: Ausschlüsse

Als alleiniger Baustein ist der Allgemeine Vertrags-Rechtsschutz üblicherweise nicht abzuschließen: Er wird entweder im Rahmen eines fertigen Basispakets angeboten oder mit zumindest zwei weiteren Bau­steinen.

So weit, so einheitlich. Ab da wird es schon komplizierter, denn der Geltungsbereich dieser Versicherungsvariante erstreckt sich je nach Anbieter entweder nur auf Österreich oder auf Europa oder auf einzelne Länder/Kontinente.

Spitzfindigkeiten

Überblick bewahren

Richtig spannend wird es beim Versicherungsschutz für einzelne Teilbereiche: Was ist bei welchem Anbieter inkludiert, was ausgeschlossen? Manches, etwa Streitigkeiten rund um den Haus- oder Wohnungsbau, ist generell nicht inkludiert; anderes schon, etwa rechtliche Auseinandersetzungen bei Einkäufen im Internet; und wieder andere Bereiche sind beim einen Ver­sicherer gedeckt, beim anderen nicht (siehe "Überblick: Gedeckt, nicht gedeckt?").

Harte Nüsse für spitzfindige Juristen

 

Wer hier den Durchblick bewahren will, muss rechtlich schon einigermaßen auf Zack sein, denn einfach zu durchschauen sind die in den Versicherungsbedingungen formulierten Ausschlüsse nicht!

 

Dass es bis jetzt trotzdem noch nicht wirklich anspruchsvoll war, zeigt sich, wenn man weiter ins Detail geht, etwa bei den ­erwähnten Streitigkeiten wegen Finanz­veranlagungen: Hier ist zum Beispiel zwischen den beiden Bausteinen „Schaden­ersatz-Rechtsschutz“ und „Vertrags-Rechtsschutz“ zu unterscheiden.

 

"Schadenersatz-Rechtsschutz" oder "Vertrags-Rechtschutz"

 

Streitigkeiten mit einem Vermittler fallen in den Bereich des Vertrags-Rechtsschutzes, da sie sich auf den Vermittlungsvertrag beziehen. Streitigkeiten mit Aufsichtsbehörden oder zumeist auch mit Wirtschaftsprüfern hingegen werden dem Bereich Schadenersatz-Rechtsschutz zugeordnet, weil zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Betroffenen kein Vertragsverhältnis besteht.

 

Weiters gibt es noch Streitigkeiten, die überhaupt nicht eindeutig zuordenbar sind, und dasselbe Spielchen wie beim Schadenersatz- und Vertrags-Rechtsschutz gibt es auch im ­Hinblick auf den richtigen Zeitpunkt, weil unterschiedlich definiert ist, wann der Versicherungsfall als eingetreten gilt.

Versicherungsbedingungen analysieren

Tarifwechsel nicht ohne genaue Prüfung

Langer Rede kurzer Sinn: In Rechtsschutzversicherungen finden sich viele Kurven und Umwege, auf denen sich in der Judikatur Ungeübte verirren können. Daher raten wir auch dringend dazu, sich vor dem Abschluss einer Rechtsschutzversicherung Rat bei Experten zu holen (siehe "Neuabschluss gut planen"), etwa bei ­unabhängigen Maklern oder auf Rechtsschutzversicherungen spezialisierten Vermittlern mehrerer Anbieter.

Versicherungebedingungen analysieren

Dasselbe gilt übrigens auch bei bereits bestehenden Polizzen, insbesondere wenn ein Schreiben vom Versicherer ins Haus flattert, in dem zum Wechsel auf einen vermeintlich besseren Tarif eingeladen wird.

Als „Köder“ wird hier gern eine höhere Versicherungssumme angeführt. Ob das gut oder schlecht ist, zeigt nur eine Analyse der Versicherungsbedingungen, vor allem etwaiger Ausschlüsse.

Verschlechterungen gegenüber dem Vorvertrag würden uns nicht überraschen, denn gerade beim Baustein „Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz“ sind immer weniger Versicherer bereit, das Risiko von Streitereien aus Finanz- oder Vermögensveranlagungen zu übernehmen, sie schließen diesen Bereich daher weitgehend aus.

Vergleiche schwierig

Der persönliche Bedarf zählt

Vor allem bei Neuabschlüssen zu beachten ist weiters, dass die Prämienhöhe wenig über den Umfang des Rechtsschutzes aussagt. Billig ist nicht unbedingt schlecht.

Vergleiche sind aber schwierig; selbst fertig geschnürte Komplettpakete unterscheiden sich vom Angebot her beträchtlich. Hier hilft nur, sich ausschließlich nach dem ­eigenen Bedarf zu richten und vor allem auf Leistungsumfang, Versicherungssummen, Zusatzleistungen und Ausschlüsse zu achten.

Bei individuell zusammengestellten Versicherungen sollten nur die Bausteine enthalten sein, die Ihnen nötig erscheinen; und davon auch nur jene, die nicht bereits durch eine andere Versicherung (im Rahmen von Mieterschutz, Gewerkschaft oder Ähnlichem) gedeckt sind. Achtung: Wenn Sie viele Bausteine benö­tigen, kann ein vom Versicherer angebo­tenes Komplettpaket günstiger kommen!

Mit der Materie auseinandersetzen

Rechtsschutzversicherungen beziehen sich auf komplexe Materien, wo sich bekanntlich sogar Fachleute jahrelange Rechtsstreitigkeiten liefern können, und sind daher entsprechend anspruchsvoll aufgesetzt. Damit sie im Bedarfsfall etwas bringen, muss man sich damit auseinandergesetzt haben – sonst ist es schad’ ums Geld.

Tabelle: Vertrags-Rechtsschutz

Reihenfolge alphabetisch

Was gilt (fast) überall?

  • Alle Versicherer bieten den Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz an.
  • Streitigkeiten wegen eines Rechtschutzversicherungsvertrags sind immer ausgeschlossen.
  • Streitigkeiten mit dem eigenen Versicherer sind ausgeschlossen bei HDI, Helvetia und VAV.
  • Bauvorhaben. Keine Deckung besteht für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung, Veränderung von Gebäuden und Gebäudeteilen im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers bzw. für einen Haus- oder Grundstückskauf sowie dessen Planung und Finanzierung.

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Was gilt (fast) überall?

  • Alle Versicherer bieten den Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz an.
  • Streitigkeiten wegen eines Rechtschutzversicherungsvertrags sind immer ausgeschlossen.
  • Streitigkeiten mit dem eigenen Versicherer sind ausgeschlossen bei HDI, Helvetia und VAV.
  • Bauvorhaben. Keine Deckung besteht für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung, Veränderung von Gebäuden und Gebäudeteilen im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers bzw. für einen Haus- oder Grundstückskauf sowie dessen Planung und Finanzierung.

Zusammenfassung

  • Alte Verträge oft besser. Achtung bei Vertragsänderungen oder Neuabschlüssen: Während z.B. Streitigkeiten aus Finanzveranlagungen in bestehenden Verträgen oft noch versichert sind, werden sie in neueren Verträgen zunehmend ­ausgeschlossen.
  • Nach Eigenbedarf wählen. Angebotsumfang, Ausschlüsse und Prämien sind höchst unterschied­lich. Entscheidend sind neben dem Leistungs­umfang die Versicherungssumme, Zusatzleistungen und Ausschlüsse. Wenn Sie mehrere Bausteine brauchen, kommen Kombipakete meist günstiger.
  • Komplexe Rechtsfragen. Holen Sie vor Vertragsänderungen, Umstiegen oder Neuabschlüssen unbedingt Informationen ein, wenn möglich von jemandem, der auf diesen Bereich spezialisiert ist!

Überblick: Gedeckt, nicht gedeckt?

Gedeckt

Der Vertrags-Rechtsschutz unterstützt im Rahmen der privaten Rechtsschutzversicherung bei Rechtsproblemen in verschiedenen Lebensbereichen und übernimmt dabei entstehende Verfahrenskosten, z.B. bei folgenden Streitigkeiten:

  • Ansprüche aus einem Möbelkauf; etwa: Ein Kunde lässt für sein Wohnzimmer Maßmöbel anfertigen. Bei der Lieferung stellt sich heraus, dass die Maße nicht stimmen. Ein Anwalt vertritt in der Auseinandersetzung seine Interessen.
  • Ansprüche aus einer Kühlschrankreparatur
  • Streitigkeiten mit dem Handyprovider wegen der Rechnung
  • Käufe übers Internet
  • Raten wurden pünktlich und vollständig bezahlt, dennoch wird vom Versandhaus ein Restbetrag eingeklagt

Nicht gedeckt

Die Vertrags-Rechtsschutzversicherung ersetzt nicht den entstandenen Schaden und sie schließt bestimmte Bereiche oft von vornherein von der Deckung aus, z.B.:

  • Streitigkeiten aus der Errichtung, Planung und Finanzierung von Bauvorhaben
  • Streitigkeiten aus Spiel- oder Wettverträgen, Gewinnzusagen oder vergleichbaren Mitteilungen, Termin- und Spekulationsgeschäften
  • Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen (ist bei der Mehrheit der Anbieter noch inkludiert, siehe Tabelle)
  • Streitigkeiten aus Verträgen über Timesharing, Teilnutzung, Superädifikate (wie etwa Markthütten oder Gartenhäuschen); Wiederkaufs-, Rückverkaufs- und Vorkaufsrechte an unbeweglichen Sachen
  • Streitigkeiten wegen Finanzveranlagungen (sind bei manchen Versicherern komplett ausgeschlossen, bei anderen inkludiert bis zu einem bestimmten Betrag oder nur, wenn es sich um „sichere“ Anlageformen von Anbietern aus dem EU-Raum handelt)
  • Streitigkeiten aus dem Verkehrsbereich sind im hier erhobenen Baustein Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz ebenfalls nicht inkludiert, können aber durch die Bausteine „Fahrzeug-Rechtsschutz“ und „Lenker-Rechtsschutz“ versichert werden
  • Streitigkeiten mit Sozialversicherungen sind ebenfalls ausgeschlossen und müssen eigens versichert werden

Neuabschluss gut planen

Rechtsschutzpolizzen sind vor allem dann sinnvoll, wenn sie wirklich für den eigenen Bedarf konzipiert werden. Am besten gelingt das mit professioneller Hilfe, etwa durch einen unabhängigen Makler mit Erfahrung im Rechtsschutzbereich. Manches können und sollten Sie schon im Vorfeld überdenken:

  • Welche Bausteine benötigen Sie, welche Gefahren wollen Sie abdecken?
  • In welchen Lebensbereichen besteht überhaupt ein erhöhtes Risiko, dass es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt?
  • Vor welchen Prozessrisiken wollen Sie sich schützen?
  • Gibt es für gewisse Bereiche bereits andere Deckungen, etwa durch Mieterschutz, Gewerkschaft, Betriebsrat?
  • Gibt es für diese Risiken überhaupt einen Versicherungsschutz?

Leserreaktionen

Gekündigt

Ich schloss Mitte 2005 ein Komplettpaket mit einer Versicherungssumme von knapp 50.000 € ab. Ende 2009 nahm ich die Versicherung erstmals im Rahmen des Vertrags-Rechtsschutzes in Anspruch. Der vom Versicherer vorgeschlagene Anwalt führte mit mir ein einstündiges Rechtsberatungsgespräch und intervenierte bei einer Installateur-Firma.

Dabei sichtete er Unterlagen und forderte zur Mängelbehebung auf. Leider hatte er keinen Erfolg, sodass ich den Anwalt 2010 nochmals kontaktieren musste und er wiederum intervenierte. Nun teilte mir der Versicherer die Kündigung meines Vertrages mit Anfang Juli mit. Laut Versicherungsbedingungen kann der Versicherer den Vertrag kündigen, wenn er eine Leistung erbracht hat.

Solche Bedingungen sind alles andere als konsumentenfreundlich. Besonders stört mich, dass eine Kündigung auch innerhalb eines noch nicht abgeschlossenen Falles möglich ist, da man dann ja die weiteren Kosten selbst zu tragen hat.

Richard Egger
Ostermiething
(aus Konsument 8/2010)

Enttäuschung

Ihrem kritischen Beitrag zu Rechtsschutzversicherungen kann ich nur zustimmen. Der Annahme, durch unseren seit vielen Jahren bestehenden Rechtsschutzvertrag für alle Lebenslagen gut gerüstet zu sein, folgte nun eine herbe Enttäuschung.

Sowohl in einer Baurechts- als auch in einer Mietrechtsfrage stellte sich heraus, dass keine Leistung erbracht wird. Im einen Fall ist eine Versicherung des Risikos überhaupt nicht möglich und im anderen Fall muss das Risiko zusätzlich in der Polizze enthalten sein. Ich werde daher diesen Vertrag zum frühestmöglichen Zeitpunkt auflösen.

Otto Schuster
E-Mail
(aus Konsument 8/2010)

 

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