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Prämiengeförderte Zukunftsvorsorge - Interview mit Manfred Lappe

Die vielgepriesene prämiengeförderte Zukunftsvorsorge hat vielen Konsumenten enorme Verluste beschert. Änderungen sind dringend  nötig. Konsument.at sprach mit dem Experten Dkfm. Manfred Lappe, der ein neues Modell zur Diskussion stellt. Es bewahrt Konsumenten vor Verlusten und spart dem Staat Geld.

Manfred Lappe (Bild: privat) 
Dkfm. Manfred
Lappe

Die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge ist stark in die Kritik geraten. Immer mehr Verbraucherschützer verlangen starke Änderungen am Modell, um die Ansparer vor weiteren Verlusten zu schützen.

Der Wiener Betriebswirt Dkfm. Manfred Lappe hat konkrete Vorschläge für ein neues Produkt der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge entwickelt. Manfred Lappe ist „Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger“ für die Bereiche Wertpapiere und Fonds. Mit der Pensionsvorsorge und Ansparmöglichkeiten hat er sich unter anderem als Autor der KONSUMENT-Bücher „Private Pensionsvorsorge“ und „Kapital & Zinsen“ beschäftigt.

Lesen Sie auch unseren KONSUMENT-Test "Prämiengeförderte Zukunftsvorsorge" (6/2011) 

Konsument.at: Was ist der Hintergrund Ihrer Überlegungen für ein neues Vorsorgeprodukt?
Manfred Lappe: Die bisher vom Staat geförderten Vorsorgeprodukte wie Lebensversicherung und staatlich geförderte Zukunftsvorsorge sind stark in die Kritik geraten – und zwar zu Recht. Lebensversicherungen erbringen im Garantiefall im Idealfall kaum mehr als die Einzahlungen der Sparer. Viele Produkte der Zukunftsvorsorge werden auch nur die Sparbeträge und die Prämien wieder auszahlen können. Durch die nicht abgedeckte Inflation kommt es zu realen Kaufkraftverlusten bei den Sparbeträgen.

Konsument.at: Was, glauben Sie, befähigt Sie dazu, ein neues Vorsorgeprodukt zu konzipieren?
Lappe: Als gerichtlicher Sachverständiger kann ich Ihnen erklären, wie die heutigen Produkte in welcher Situation reagieren. Hieraus entstand die Idee, mehrere Produkte in ihre Einzelbestandteile zu zerlegen und zu einem neuen Produkt wieder zusammenzufügen.

Konsument.at: Was ist Ihre Vorstellung für eine notwendige Rendite?
Manfred Lappe: Der Sparer sollte nach Steuern und Kosten eine Rendite auf Basis der mittel- bis langfristigen Inflationsrate erzielen. Dies sind in Europa rund 2 Prozent, da die Europäische Zentralbank (EZB) ein Inflationsziel von „unter, aber nahe bei 2 Prozent“ hat. Die Sparer erhalten sich so ihre Kaufkraft auf die geleisteten Sparbeiträge: bei 2 Prozent Inflation sind 102 Euro im Folgejahr meine Kaufkraft von 100 Euro heute.
Wesentlich ist, dass diese Rendite von 2 Prozent nach Steuern und nach Kosten erzielt wird. Die bisher vom Staat geförderten Vorsorgeprodukte schaffen hier in der Regel nur den nominalen Kapitalerhalt, d.h. es kommt kein Ausgleich für den Kaufkraftverlust zustande.

Lebensversicherung: 20 - 30% Kosten

Konsument.at: Was waren und sind jetzt Ihre konkreten Überlegungen zu dem neuen Produkt?
Manfred Lappe: Am Anfang stand die Überlegung, was die wesentlichen Aspekte von heute angebotenen Vorsorgeprodukten sind:

Steuerfreiheit der Erträge
Allen staatlich geförderten privaten Pensionsvorsorgeprodukten ist gemein, dass der Staat unter bestimmten Bedingungen (Laufzeit, …) auf eine Versteuerung der Erträge verzichtet. Der Sparer profitiert also von einem Verzicht auf 25 Prozent Kapitalertragssteuer sowie einem Zinseszinseffekt auf den unterbliebenen Steuerabzug.

Staatlicher Zuschuss
Bei der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge erhält der Sparer auf seine jährliche Einzahlung eine Prämie in Höhe von 8,5 bis 13,5 Prozent des Einzahlungsbetrages, wobei die Prämie allerdings nach oben hin gedeckelt ist. Bei  einer zum einfachen Rechnen angenommenen Prämie von konstant 10 Prozent erhält der Sparer über die Vertragslaufzeit 10 Prozent seiner Einzahlungen. Vereinfacht gerechnet entspricht dies bei einem 10jährigen Vertrag einer Renditeverbesserung durch den Staat von 1 Prozent pro Jahr (10 Prozent/10 Jahre), bei einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren von rund 0,5 Prozent Renditeverbesserung pro Jahr.

Mindestlaufzeit
Die staatliche Begünstigung von Vorsorgeprodukten ist regelmäßig an eine Mindestlaufzeit gebunden. Dies macht unter dem Primat der Pensionsvorsorge auch Sinn: Hier sollte das angesparte Kapital zu Pensionsbeginn für eine Schließung der Vorsorgelücke zur Verfügung stehen.

Verrentung bei Pensionsbeginn
Die Bevorzugung einer Verrentung bei Pensionsbeginn, d.h. nach Ende der Ansparphase, liegt der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge zugrunde. Unter dem Aspekt des Risikos der Langlebigkeit ist dies für die Sparer sinnvoll. Das Risiko eines Ablebens vor der Durchschnittslebensdauer bei chronisch Kranken führt jedoch bei diesen zu keinen höheren Pensionszahlungen. Eine Wahlfreiheit für die vorsorgenden Bürger sollte daher immer möglich sein.

Vorgaben zur Veranlagungspolitik
Bei der Lebens- und Rentenversicherung zielen die gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Vorgaben auf eine möglichst sichere Veranlagungspolitik mit deutlichen Schwerpunkten bei Anleihen, Festgelder und geldmarktnahen Produkten. Eine Mindestquote für den Aktienanteil ist hier nicht gegeben.
Bei der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge wurde zuerst ein Mindestanteil von 40 Prozent Aktien und ab 2011 von noch 30 Prozent vorgesehen. Auch wurde die Veranlagungspolitik auf Börseplätze einzelner Länder eingeschränkt.

Kapitalgarantie für Einzahlungen und Prämien
Der hohe vorgegebene Aktienanteil bei der staatlich geförderen Zukunftsvorsorge und das häufige  Auftreten von Börsecrashs führten bei diesem Produkt zur Einführung einer Kapitalgarantie auf Einzahlungen von Sparern und Staat (in Form von Prämien).  In der Praxis führte dies zu hohen Absicherungskosten und im Extremfall hierdurch zum ‚Ausstoppen’ der Produkte.

Beteiligte Parteien
Allen bisherigen Produkten ist gemein, dass nicht nur der Sparer als Pensionsvorsorger und der Staat als Anreizgeber beteiligt waren, sondern auch Banken und Versicherungen als Produktanbieter und der Vertrieb. Letztere müssen für Ihre Arbeit entlohnt werden, was sich negativ bei der erzielbaren Rendite für die Anleger bemerkbar macht. Bei typischen Lebensversicherungen geht man von Erfahrungswerten von 20 bis 30 Prozent Kostenanteil aus. Eine Rendite auf den Sparanteil (70-80 % der Einzahlungen) von 4,0 Prozent führt hier zu einer Rendite auf die Einzahlung von 1-1,5 Prozent.

Höhere Rendite, weniger Risiko

Konsument.at: Die Rezepte der bisherigen Produkte sind damit klar. Aber wie machen Sie aus diesen Zutaten jetzt ein neues sinnvolleres Produkt?
Manfred Lappe: Zusätzlich zu der bereits besprochenen Anforderung einer Mindestrendite von 2 Prozent nach Steuern und Kosten führe ich noch zwei Rahmenbedingungen ein:

Aufkommensneutral für den Staat
Es geht bei der ‚neuen Zukunftsvorsorge’ nicht um eine weitere Belastung des hochverschuldeten Staates (was wir ja  selbst sind), sondern um eine gleichgute, jedoch im Ergebnis effizientere Förderung.

Renditesteigerung durch Kostensenkung
Die Rendite im Sinne einer Netto-Rendite nach Steuern und Kosten lässt sich alternativ dadurch steigern, dass eine höhere Risikoklasse mit höherer Rendite gewählt wird oder die Steuern und Kosten reduziert werden. Im Sinne von sicheren Vorsorgeprodukten wird hier der Ansatz einer Kostenreduktion präferiert.

Konsument.at: Ersteres wird unsere Finanzministerin sehr freuen. Und mit dem zweiten Punkt legen Sie die Latte für das neue Produkt sehr hoch: Im Kern sagen Sie ja damit, dass Sie die hohe Rendite des neuen Vorsorgeproduktes mit Veranlagungen in weniger riskante Kapitalmarktprodukte erreichen wollen.

Manfred Lappe: Ja, das ist genau richtig: Das inzwischen verbotene Konzept des endfälligen Kredits mit Aktienfonds als Tilgungsträger geht davon aus, dass der Fonds am Aktienmarkt jährlich zumindest 4,5 Prozent Rendite erwirtschaftet. Dieses Konzept ist nicht aufgegangen; die Schwankungen an den Börsen sind zu hoch! Und diese Risiken für die Anleger mit Absicherungen gegen Kursverluste zu begrenzen – bedeutet die Kosten zu erhöhen. So wird eine (mögliche, aber nie sichere) höhere Rentabilität am Aktienmarkt durch die Kosten wieder zunichte gemacht.  Von daher meine Überlegung, die Risiken bei der Veranlagung zu reduzieren und damit unter anderem die Absicherungskosten einzusparen. Hierfür brauchen wir jetzt natürlich ein Veranlagungsprodukt mit hoher Sicherheit.

Konsument.at: Und jetzt lassen Sie endlich die Katze aus dem Sack?
Manfred Lappe: Das Schatzamt der Republik Österreich verfügt bereits heute über ein Sparprodukt, welches sich über das Internet (www.bundesschatz.at) an alle Bürger wendet. Es zeichnet sich aus durch flexible Laufzeiten von 1 Monat bis 10 Jahre, keine Gebühren oder Kosten (Depotgebühr, Kauf- oder Verkaufsspesen) und flexible Ein- und Auszahlungsmöglichkeiten für die Sparer.
Schuldner der Bundesschätze ist die Republik Österreich, die heute über das höchste Rating ‚AAA’ verfügt. Die Zinssätze der Veranlagungsformen orientieren sich an den Marktrenditen für hochsichere Veranlagungen. Im Juni 2011 liegt die Rendite für 10jährige Veranlagungen bei rund 3,5 Prozent.

Steuerfreiheit

Konsument.at: Ihr neues Vorsorgeprodukt soll also nur in sehr sichere Bundesschätze investieren. Wodurch zeichnet sich das Produkt weiterhin aus?
Manfred Lappe: Die hier zu besprechenden „Pensions-Schätze“ orientieren sich am Konzept der "Bundesschätze" mit Ausnahme einiger Details. Insbesondere nutzen sie aber die bestehende Infrastruktur (Homepage, Werbung, Vertriebswege, Hotline, Mitarbeiter…) und begrenzen so die einmaligen Investitionskosten. Zur Differenzierung werden jedoch andere Produktnamen verwendet:

Steuerfreiheit
Die Republik Österreich verzichtet bei den "Pensions-Schätzen" auf die Besteuerung, wenn bestimmte Mindesthaltedauern eingehalten werden. Der Sparer erhält so - Stand Juni 2011 - eine Rendite nach Steuern und Kosten von rund 3,5 Prozent. Dies ist deutlich mehr als bei den bestehenden Vorsorgeprodukten und mit wesentlich geringerem Risiko (Risiko der Republik Österreich) verbunden.

Prämien für Zukunftsvorsorge
Wie bei der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge zahlt der Staat eine Prämie von 8,5 bis 13,5 Prozent auf die Jahreseinzahlungen, jedoch maximal einen festgelegten Betrag. Umschichtungen zwischen den Laufzeiten oder Neuanlagen bestehender Spargelder zählen nicht als Jahreseinzahlungen. Die Prämien werden am Jahresanfang für das Vorjahr ausgezahlt. Zur Vereinfachung wird empfohlen, einen fixen Prämiensatz zu verwenden.

Durch die staatliche Prämie steigt die jährliche Rendite je nach Gesamtlaufzeit weiter leicht an und liegt deutlich über der Inflationsrate. Der Kaufkraftverlust wird ausgeglichen und es kommt zu echter neuer Kapitalbildung.
Laufzeiten der "Pensions-Schätze“ werden in den gleichen Laufzeiten wie Bundesschätze angeboten. Nach Laufzeitende erfolgt eine automatische Verlängerung, der Sparer kann jedoch auch die Laufzeit ändern oder eine Auszahlung vornehmen.

Eine Rendite von aktuell 3,5 Prozent gibt es nur bei den langen Laufzeiten. Der Halb-Profi unter den Vorsorge-Sparern kann durch die Wahl von (vorerst) kürzeren Laufzeiten die Zeit bis zu höheren Zinssätzen über 3,5 Prozent überbrücken.

Flexibilität der Einzahlungen
Der Sparer kann, muss jedoch nicht jährlich Einzahlungen vornehmen. Hiermit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es z.B. während der Hausfinanzierung sinnvoller sein kann zuerst die Kredite (selbstgenutztes Wohneigentum) zurückzuzahlen und erst dann wieder Kapital für eine Zusatzpension anzusparen. Ein Prämienanspruch wird hierdurch für das Jahr der Nichteinzahlung verwirkt, eine Übertragung auf spätere Jahre findet nicht statt.

Handhabung von Auszahlungen
Auszahlungen z.B. in Notfällen wie Arbeitslosigkeit, etc. sollen möglich sein. Jedoch geht hierdurch zumindest teilweise der Anspruch auf Prämien und Steuerfreiheit nachträglich verloren. Die Regelungen sind für den Staat so einfach wie möglich zu konzipieren, eine Überregulierung mit hohen Kosten ist zu vermeiden: Auszahlungen von Einzahlungen oberhalb der jährlichen Prämienförderung sind ohne Rückzahlung von Prämien möglich Bei Auszahlungen von prämienbegünstigten Einzahlungen wird die gezahlte Prämie von der Auszahlung abgezogen. Bei Auszahlungen aus laufenden Veranlagungen erfolgt ein Zins-Malus analog zu den Bundesschätzen. Bei Auszahlungen wird die bisherige Steuerfreiheit insofern zurückgeführt, als dass der letzte Zinsertrag auf diesen Auszahlungsbetrag nachversteuert wird (je nach Laufzeit für 1 Monat bis 10 Jahre).

Verrentung bei Pensionsbeginn
Diese wird vom Gesetzgeber präferiert, jedoch nicht zwingend vorgeschrieben.

Kapitalgarantie
Eine Garantie ist immer nur so gut wie der Garantiegeber. Der Republik Österreich als Schuldner hat die höchste Bonität "Triple-A“. Dies ist mehr als die meisten Anbieter der bisherigen staatlich geförderten Zukunftsvorsorge. Eine Kapitalgarantie durch die Republik Österreich ist durch sie als Schuldner also quasi indirekt gegeben. Und zwar nicht nur für Sparbeiträge und Prämien sondern auch für bisherige Zinserträge.

Nur Sparer und Staat

Konsument.at: Verstehen wir dies richtig, dass Ihr Konzept als Beteiligte nur den Sparer und den Staat vorsieht?
Manfred Lappe: Ja, das ist richtig: Das vorgestellte Konzept zielt darauf ab, mit bestehenden finanziellen Mitteln des  Staates dem Normalbürger eine sichere und akzeptabel rentierliche Pensionsvorsorge zu ermöglichen. Dies auch als Ausgleich für die Einschnitte im staatlichen Pensionsmodell. - Dieses Ziel wurde hier durch konsequente Nutzung von bereits vorhandenen Möglichkeiten sowie durch Reduktion möglichst vieler Kostenfaktoren erreicht.

Konsument.at: Wird nicht auch Beratung und Werbung für dieses Produkt benötigt?
Manfred Lappe: Hier kann auf die bestehenden Möglichkeiten der "Bundesschätze" zurückgegriffen werden – auch diese funktionieren ohne externen Vertrieb und ohne Kosten für den Sparer. Aber natürlich kann der Staat zur Vermarktung auch neuartige kostengünstige Möglichkeiten beschreiten: ein Werbebanner auf jedem Steuerbescheid, etc.

Konsument.at: Wie flexibel ist Ihr Konzept auf Änderungswünsche?
Manfred Lappe: Sehr flexibel. Mein Ziel ist es, dass es für den Staat und den Normalbürger eine sinnvolle und ausreichend rentierliche Möglichkeit der privaten Pensionsvorsorge gibt. Und dies natürlich möglichst bald: Sparen für die Pension sollte immer möglichst früh begonnen werden. Für Diskussionen, etc. stehe ich gerne zur Verfügung. Und auf eventuelle Rechte aus der Produktidee verzichte ich gerne zugunsten von Staat und Bürgern.

Konsument.at: Danke für das Gespräch. Wir erwarten eine rege Diskussion zu dem Thema.

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