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Neue Zukunftsvorsorge - Torschlusspanik unbegründet

, aktualisiert am

  • Staatliche Prämie für Neue Zukunftsvorsorge sinkt
  • Jahrezehntelange Bindung will gut überlegt sein
  • Nicht zur alleinigen Vorsorge

Abschluss vor Silvester?

Der gelernte Österreicher weiß: Spätestens im Dezember sollte man einen Bausparvertrag abschließen, um die staatliche Prämie für das vergangene Jahr zu kassieren. Nun kommt noch etwas dazu, das im vorweihnachtlichen Stress rasch entschieden werden soll: die Neue Zukunftsvorsorge (NZV).

Auch hier kann die Gutschrift von Vater Staat noch für das gesamte abgelaufene Jahr lukriert werden, sofern vor Jahreswechsel unterzeichnet und eingezahlt wird – übrigens zusätzlich zur Bausparprämie. Als Tempomacher bei den Abschlüssen kommt heuer dazu, dass die Prämie ab nächstem Jahr von 9,5 auf 9 Prozent gesenkt wird. Also um jeden Preis zugreifen, solange es noch geht?

Lange Bindung und  Auszahlung als Rente

Nein, denn erstens binden Sie sich mit der NZV deutlich länger als mit dem Bausparen. Zehn Jahre sind die gesetzliche Mindestbindefrist. Im Gegensatz zu anderen Verträgen, wo das Geld zwar mit Verlusten, aber doch vor Vertragsende behoben werden kann, haben Sie bei der NZV auf Ihr Kapital bis zum Ablauf dieser Mindestbindefrist (meist zehn Jahre) absolut keinen Zugriff.

In kleinen Portionen

Und was noch dazukommt: Selbst nach Ablauf erhalten Sie Ihr Angespartes ohne Einbußen nur portiönchenweise, in Form von monatlichen Renten ausgezahlt. Daran ist zwar grundsätzlich nichts auszusetzen, da es dem eigentlichen Zweck dieses neuen Produkts entspricht. Aber man muss sich dessen bewusst sein, wenn man einen derartigen Vertrag abschließt. Denn wenn man dann nach Ablauf der Mindestbindefrist dringend das gesamte Kapital auf einmal braucht, also nicht „widmungsgemäß“ als Rente verwendet, muss die Hälfte der Prämien zurückerstattet werden. Und es kommt zu einer Nachversteuerung der Kapitalerträge mit 25 Prozent. Außerdem fällt dann bei vielen Anbietern die gesetzliche Kapitalgarantie weg.

Möglichst mit Kapitalgarantie

Das heißt: Wenn die Anlage, die ja zu 40 Prozent auf Aktien basiert, nicht einen anständigen Profit eingefahren hat, erhalten Sie bei anhaltend schlechter Börsenlage unter Umständen weniger zurück, als Sie eingezahlt haben. Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie Ihr Kapital in 10, 20 Jahren nicht doch auf einmal brauchen, sollten Sie einen Anbieter wählen, der Ihnen die Kapitalgarantie auch bei nicht-widmungsgemäßer Verwendung gewährt.

Noch nicht ganz ausgegoren

Gegen übermäßige Hast spricht zweitens, dass die Auswirkungen durch die Prämiensenkung relativ gering sind. Bei einer Einzahlung der maximal geförderten Summe von 1.851 Euro liegt der Unterschied zwischen 9,5 und 9 Prozent Prämie  bei 9 Euro – sicher kein Betrag, um auf die Schnelle einen auf Jahrzehnte bindenden Vertrag zu unterschreiben.

Schon gar nicht bei einer Anlageform, bei der weitere Änderungen nicht ausgeschlossen sind. Seit ihrer Einführung im Herbst 2002 wurde die Neue Zukunftsvorsorge bereits mehrmals überarbeitet (etwa der Aktienanteil von 60 auf 40 Prozent gesenkt und das Vertragsalter von 62 auf 65 Jahre angehoben). Nun ist neuerlich eine Reduktion des Aktienanteils in Diskussion, eventuell auch eine schrittweise Senkung von 40 auf 20 Prozent während der Laufzeit.

Vorsorge immer streuen

Als Zukunftsvorsorger, der einschließlich der Rentenauszahlungszeit an die 30, 40 Jahre an dieses Produkt gebunden sein wird, sollten Sie sich darauf einstellen, dass hier noch die eine oder andere Umbauarbeit vorgenommen werden könnte. Damit Sie nicht nach einigen Jahrzehnten feststellen müssen, dass Sie auf das falsche Pferd gesetzt haben, sollten Sie daher Ihre Vorsorge unbedingt streuen. Besser mehrere Anlageprodukte mit unterschiedlichen Laufzeiten als alles auf eine Karte!

Eine Frage, die sich außerdem bei derart langen Laufzeiten fast automatisch stellt, ist: Was passiert, wenn derjenige, auf den der Vertrag läuft, plötzlich stirbt? Hat der Partner, haben die Kinder dann Anspruch auf das bisher Eingezahlte oder auf eine Rente?

Damit das Kapital nicht „heimfällt“

In der Ansparphase gilt das, was im Testament steht, oder das normale Erbrecht – die Neue Zukunftsvorsorge fällt in den Nachlass. Das Produkt ist auf jeden Fall von der Erbschaftssteuer befreit. Der Erbe hat dann drei Möglichkeiten:

  • Er kann die Zukunftsvorsorge übernehmen und weiter ansparen;
  • er kann den Vertrag ruhen lassen (um vielleicht später weiter einzuzahlen) oder
  • er kann sich das Kapital – ungeachtet der Mindestbindefrist – auszahlen lassen, allerdings mit den weiter oben beschriebenen Folgen: Nachversteuerung, Rückerstattung der halben Prämie und eventuell Wegfall der Kapitalgarantie.

Die Auszahlung ist also die ungünstigste Variante und sollte gleich von vornherein möglichst ausgeschlossen werden, indem Sie darauf achten, dass Ihre Hinterbliebenen im Todesfall zunächst auf andere Weise finanziell versorgt sind.

Bezieher tot, Geld weg

Stirbt der Vertragsnehmer in der Verrentungsphase, also wenn die Rente aus der Zukunftsvorsorge bereits ausgezahlt wird, dann verfällt das restliche angesparte Kapital (in der Fachsprache ein wenig irreführend „Kapitalheimfall“ genannt) – es sei denn, es wurde bei Rentenantritt ein Bezugsrecht vereinbart. Achtung! Dieses ist nur möglich für Ehegatten, Lebensgefährten oder versorgungsberechtigte Kinder bis 27 Jahre. Wenn Sie kein Bezugsrecht vereinbart haben, ist Ihr Erspartes im Todesfall futsch. Das ist zwar für Sie nicht mehr von Belang, aber für Ihre Familie möglicherweise umso schmerzlicher. Allerdings schmälert dieses Bezugsrecht Ihre Zusatzrente.

Für wen eignet sich die Neue Zukunftsvorsorge (weniger)?

Weniger geeignet:

  • Für Babys, Kleinkinder, Jugendliche: Die NZV als Taufgeschenk ist gut gemeint, aber nicht sinnvoll. Braucht der junge Mensch später einmal Startkapital für Studium oder Existenzgründung, kann er nur mit Verlusten an sein Geld. Zwar darf das Kapital nach Ablauf der Mindestbindefrist (meist zehn Jahre) ausbezahlt werden, aber nur mit beträchtlichen Nachteilen: Verlust der halben Prämie, 25-prozentige Nachversteuerung und möglicher Verlust der Kapitalgarantie. Auch nach dem 40. Lebensjahr lässt sich der „Notgroschen“ von Oma und Opa nicht ohne Verlust auf einen Schlag in ein Auto oder eine Wohnung stecken, sondern kann ausschließlich als monatliche Rente lukriert werden.
  • Für Männer und Frauen über 55, weil prämienbegünstigte Einzahlungen nur bis 65 Jahren möglich sind.
  • Für alle Altersklassen bei enger Finanzlage, denn die NZV lässt sich nicht vorzeitig auflösen. Es gibt also mindestens 10 Jahre lang (je nach Vertrag auch länger) keinen Zugriff auf das angesparte Kapital. Bei dringendem Geldbedarf (Zahnsanierung, neue Waschmaschine usw.) muss dann ein Kredit aufgenommen werden, der ziemlich sicher mehr kostet, als die NZV einbringt.

Geeignet:

  • Für jüngere Leute dann, wenn daneben in den nächsten 30, 40 Jahren immer ausreichend Geld für größere Ausgabeposten wie Wohnraumschaffung, Ausbildungsfinanzierung, Familiengründung usw. vorhanden sein wird.
  • Für alle bis 55 bei vorhandener Grundabsicherung. Das heißt, Sie haben einen Notgroschen (etwa in dreifacher Höhe Ihres Gehalts) für unvorhergesehene Ausgaben und Sparbuch/Anleihe oder Ähnliches für längerfristiges Ansparen.
  • Für Alleinverdiener dann, wenn die Familie im Todesfall finanziell anderweitig abgesichert ist, etwa durch eine klassische Lebensversicherung oder durch andere Anlagen, die sich rasch und ohne Verluste in bares Geld umwandeln lassen.

Zum Test in der August-Ausgabe 2003 erreichten uns folgende Stellungnahmen

Reaktion der Wiener Städtischen

Zu "Flexible (Prämien-) Einzahlung möglich":

"Flexible Prämienzahlung ist grundsätzlich möglich, der Kunde kann jederzeit eine Erhöhung oder Reduktion der Prämie beantragen; eine Änderung der Zahlungsweise, z. B. von monatlich auf jährlich kann erst ab dem 2. Versicherungsjahr durchgeführt werden."

Zu "Jährliche Zuzahlung kostenlos möglich":

"Eine einmalige Zuzahlung, um die maximale staatliche Förderung in diesem Kalenderjahr lukrieren zu können, ist kostenlos möglich (ursprünglich nicht explizit gefragt)"

Zu "Flexibilität Laufzeit":

"Nach Einhaltung der Mindestbindefrist ist eine flexible Vertragsverlängerung um mindestens ein Jahr möglich"

VKI: ... allerdings beträgt die Mindestbindefrist 15 Jahre, daher erfolgte unsere Bewertung mit "o"

Zu "Flexibilität Einzahlungen":

Zu "Flexibilität Einzahlungen":

"Eine Erhöhung oder Reduktion der Prämie bzw. eine Prämienfreistellung des Vertrages ist auch innerhalb des Versicherungsjahres möglich."

Reaktion der Donau-Versicherung:

Neben einigen allgemeinen Anmerkungen folgende Punkte zum Produkt:

"Die Laufzeiten unterliegen keinem 10-Jahres-Zyklus: Wir haben keine 10-Jahres-Perioden in unserem Produkt BonusPension - unser Kunde kann sich jederzeit nach 10 bzw.15 Jahren die Pension oder das Kapital auszahlen lassen. Damit ist auch eine flexible Laufzeit (nach Ablauf der Mindestlaufzeit) gegeben. Auch die Prämienzahlungen können flexibel gestaltet werden, da jederzeit eine Anpassung der laufenden Zahlungen, Prämienfreistellungen und einmalige Zuzahlungen möglich sind.

In Ihrem Artikel werden die - zu langen - Laufzeiten kritisiert. Ich möchte dazu ergänzen, dass wir Offerte zwar zum Pensionsalter berechnen - die BonusPension inkludiert jedoch eine flexible Abrufphase, d.h. unser Kunde kann nach 10 Jahren jederzeit die Rente konsumieren. "

Standpunkt des VKI:

 ...allerdings ist nach den Versicherungsbedingungen für die BonusPension eine Kündigung frühestens auf den Schluss des 15. Versicherungsjahres möglich und der "Auflösungswert" entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien sondern dem Geldwert der Deckungsrückstellung abzüglich eines Abschlages von 2%.

Generell ist uns aufgefallen:  Für uns maßgeblich sind und waren neben den Anbieterangaben vor allem die konkreten Vertragsbedingungen, weil diese die Vertragsgrundlage darstellen. Nach Durchsicht der Vertragsbedingungen mussten wir deutliche Mängel feststellen. Vor allem zu wichtigen Punkten wie Kosten oder Kosten bei vorzeitiger Vertragsauflösung gibt es kaum Angaben.

Die Aussage, dass jederzeit im 10-Jahres-Rhythmus gekündigt werden kann, geht am Wesentlichen vorbei. Denn in manchen Fällen muss der Konsument dafür Pönale zahlen oder der Versicherer reduziert den Mehrertrag aus der Veranlagung.

Kompetent mit Konsument

  • Kein übereilter Abschluss. Dafür ist die Bindung zu lange und der Vorteil aus der heuer noch höheren Prämie zu gering.
  • Nicht als alleinige Vorsorge. Besser ist eine Streuung auf mehrere unterschiedliche Produkte. Bei unvorhergesehenem Kapitalbedarf kann man dann jenes Produkt auflösen, das dabei die geringsten Verluste bringt.
  • Nicht stressen lassen. Vor allem jüngere Leute sollten zuerst ihre Grundbedürfnisse decken, bevor sie sich jahrzehntelang binden und dann für dringend notwendige Ausgaben Kredite aufnehmen. „Schuldenfrei ins Alter“ hat oberste Priorität bei der Vorsorge.
  • Für den Todesfall vorsorgen. Sowohl in der Anspar- als auch in der Rentenphase eine/n Begünstigte/n festlegen.

Mehr im August-Heft

Einen Test verschiedener Produkte zur Pensionsvorsorge (neue Zukunftsvorsorge) finden Sie in der Konsument-Ausgabe 8/2003 .

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