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Nachbarschaftsärger - Jetzt reicht´s!

  • Es gibt nur wenige allgemein gültige Regeln
  • Am besten ist immer eine Einigung im Guten
  • Klagen als letztes Mittel

Sie toben, lärmen, stinken

Sie toben, lärmen, stinken, sie bringen einen um Schlaf, Erholung, Geruhsamkeit. Kurz: Nachbarn können ganz schön nerven. Wobei naturgemäß jeder auch selbst Nachbar ist. Der böse Nachbar ist aber immer der andere. Polizei und Gerichte können davon ein Lied singen  – wenngleich weder Innen- noch Justizministerium über konkrete Zahlen darüber verfügen, wie oft etwa die Exekutive wegen Nachbarschaftsstreitigkeiten ausrücken muss, beziehungsweise zu wie vielen Prozessen das schwierige Nebeneinander nun tatsächlich führt.

Ein Viertel klagt

Lediglich die „Statistik Austria“ erhob – zuletzt im Rahmen des Mikrozensus 1998 – die Beeinträchtigung des Wohnens durch Lärm- und Geruchsbelästigung: Demnach klagt mehr als jeder vierte Österreicher (28,8 Prozent) über „geringfügige“ bis „sehr starke“ Beeinträchtigung durch Lärm, immerhin noch fast jeder fünfte (19,1 Prozent) über entsprechende Beeinträchtigung durch Gestank. Freilich sind hier alle Quellen berücksichtigt, also nicht nur die bösen Wohn- oder Gartennachbarn, sondern auch Gewerbe- und Industriebetriebe sowie der Verkehr.

Wer ist eigentlich Nachbar?

Kaum ein Wohnhaus, das nicht zumindest ein lärmendes „schwarzes Schaf“ hat, kaum eine Gartenanlage, in der es nicht zumindest gelegentlich zu Diskussionen über die von Nachbars Grillparty oder Komposthaufen ausgehenden Gerüche kommt. Aber: Gegen wen kann man gegebenenfalls überhaupt etwas unternehmen?

Zwei Häuser weiter

Nachbar ist nicht nur, wer unmittelbar neben, über oder unter einem wohnt, nicht nur, wessen Garten unmittelbar an den eigenen grenzt. Vielmehr gilt durchaus auch der Krawallmacher zwei Häuser weiter, der immer bei geöffnetem Fenster die Stereoanlage auf volle Lautstärke dreht, als Nachbar. Ebenso wie der Gartenbesitzer, der sein Fleckchen Grün zehn Gärten weiter hat und dort Holz verbrennt, dessen Rauch- und Rußschwaden zu einem herüberwehen. Allerdings sind die gesetzlichen Regelungen hier nicht eindeutig und starr, häufig entscheiden erst die Gerichte darüber, wer nun wirklich als Nachbar gilt und wer nicht.

Richter und Paragrafen

Damit ist auch schon eine grundlegende Problematik in Sachen Nachbarschaftsstreit angedeutet: Von vornherein ist der Ausgang einer gerichtlichen Auseinandersetzung alles andere als klar. Das hat zwei Gründe: Nur gerade einmal eine Hand voll Paragrafen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) bezieht sich auf das Nachbarrecht. Diese sind sehr allgemein gehalten. Wie sie konkret anzuwenden sind, muss also der Richter im jeweiligen Fall entscheiden – und diese Entscheidung kann selbst bei (vermeintlich) gleich gelagerten Fällen durchaus unterschiedlich ausfallen (siehe dazu auch: „Wie hätten Sie entschieden?“).

Was ist "ortsüblich"?

Dies nicht zuletzt deshalb, weil – und das ist der zweite Unsicherheitsfaktor – regelmäßig ein kleines Wörtchen für die richterliche Entscheidung enormes Gewicht hat. Es heißt „ortsüblich“. Was also zum Beispiel an einem Ort als „ungebührliche Lärmerregung“ beurteilt wird, kann an einem anderen – weil dort „ortsüblich“ – durchaus gestattet sein.

… und was darf er, der Nachbar?

Im Prinzip alles, aber „nur“, so lange er „nicht gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen eigentlich verlangt wird.“ Das aber ist der springende Punkt. Denn wann zum Beispiel wild darauf losgehämmert werden, wann gesägt, Holz zerkleinert oder der Rasen gemäht werden darf, das kann durchaus von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich geregelt sein (im Zweifelsfall können Sie beim zuständigen Gemeindeamt nachfragen).

Zu Mittag hört sich der Spaß auf

In der Regel gilt aber, dass solche Tätigkeiten in der Zeit zwischen 12 und 15 Uhr zu unterlassen sind. Und natürlich in der allgemeinen Ruhezeit zwischen 22 und 6 Uhr, am Samstag ab 17 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen. Das gilt für die „eigenen vier Wände“ ebenso wie für den Garten, bei dem es – neben möglicher Lärmbelästigung – erfahrungsgemäß noch eine Vielzahl anderer Streitpunkte gibt.

Äste überwinden Grenzen

 Denn heimischen Hobbygärtnern sind (noch) – im wahrsten Wortsinn – keine Grenzen gesetzt: Sie dürfen Sträucher und Bäume setzen, wohin sie wollen. Auch direkt an die Grundstücksgrenze. Dass der Nachbar dann vielleicht den Schatten hat, ist allein sein Problem. Das ist nicht einklagbar (eine entsprechende Gesetzesänderung ist in Vorbereitung). Auch wenn Äste oder Wurzeln über die Grundstücksgrenze wuchern, interessiert das die Gerichte nicht. Sie können – und dürfen – in diesem Fall jedoch zur Selbsthilfe greifen, die Äste des Nachbarbaumes, die in Ihren Garten hängen, abschneiden, die Wurzeln, die in Ihrem Boden wuchern, ausreißen und Früchte auf Ihrer Seite pflücken oder auflesen.

Ein derartiges Recht auf Selbsthilfe besteht in einem anderen Bereich, in dem es sich mancher, gerade jetzt zur warmen Jahreszeit, wohl sehnlichst wünschen würde, jedoch nicht:

„Sperrstund‘ is…“ - Lärm durch Gastgärten

Während es Nachtschwärmer in den Städten oft nicht mehr erwarten können, bis Gastwirte wieder Stühle, Bänke und Tische ins Freie stellen, stellt es lärmgeplagten Anrainern oft schon Wochen vor der Schanigärten-Saison die Haare auf. Denn das „Sperrstund‘ is“ wird zu vorgerückter Stunde von so manchem Gast nicht mehr gehört, geschweige denn beachtet. Müssen sich Anrainer mit dem Lärm, der von Lokalen herrührt, abfinden? Oder können sie sich dagegen wehren? Eine allgemein gültige Antwort gibt es nicht. Es kommt auf den Einzelfall an.

Lachen erlaubt bis 22 oder 23 Uhr

Wenn ein Anrainer etwa durch den Lärm, der aus einem Schanigarten kommt, nicht (ein)schlafen kann, dann kann er – sofern noch nicht Sperrstunde ist – nichts dagegen unternehmen. In Gastgärten auf öffentlichen Flächen darf von 8 bis 22 Uhr ausgeschenkt und somit auch geplaudert und gelacht werden. Für die so genannte Freiluftzeit von 15. Juni bis einschließlich 15. September gilt sogar eine Stunde länger, also bis 23 Uhr. Ob das dem „braven“ Anrainer, der frühmorgens in die Arbeit gehen und deshalb zeitig zu Bett gehen muss, nun gefällt oder nicht.

Etwas leichter mit etwaigen Beschwerden haben es Anrainer, bevor ein (vermutlich Lärm produzierender) Betrieb, wie etwa eine Disko, behördlich genehmigt wird. Wenn sie rechtzeitig vor behördlicher Genehmigung des Betriebes Einwendungen erheben, könnten sie sich erfolgreich gegen eine spätere Lärmquelle wehren.

Konfliktlösung ohne Kadi

Nervt Sie ein Nachbar – womit auch immer – sollten Sie auf alle Fälle vorerst eine außergerichtliche Einigung anstreben:

  • Nur mit Diplomatie: Entdecken Sie den Psychologen in sich. Hämmern Sie nicht wie wild an die Nachbarstür, wenn Sie sich durch dessen Partylärm gestört fühlen. Schon gar nicht mit Lockenwicklern im Haar und im Pyjama. Damit ernten Sie in einer solchen Situation nur Gelächter. Bitten Sie lieber – zum Beispiel bei regelmäßiger Belästigung durch zu laute Musik – den Nachbarn in Ruhe zu sich herüber, damit er sich selbst ein Bild von der durch ihn provozierten Störung machen kann. Vielleicht ist ihm diese ja gar nicht bewusst!
  • Nach oben gehen: Nehmen Sie Vermieter oder Hausverwaltung in die Pflicht. Zu deren Aufgaben gehört es durchaus, sich mit Störenfrieden in Ihrer Nachbarschaft, sofern er im selben Haus wohnt, auseinander zu setzen. Tun sie es nicht, können Sie in Folge zum Beispiel auf Mietzinsreduktion klagen.
  • Suchen Sie Verbündete. Etwa dadurch, dass Sie eine Mieterversammlung anregen, in deren Rahmen dem „schwarzen Schaf“ deutlich gemacht werden kann, dass Sie nicht der Einzige sind, der sich gestört fühlt. Je lockerer und offener Sie eine solche „nachbarschaftliche Kopfwäsche“ gestalten – wie wäre es mit einer Mieterparty oder einem nachmittäglichen Kaffeekränzchen? – umso größer ist die Chance auf Einsicht des Störenfrieds. Positiver sozialer Druck kann selbst in hartnäckigen Fällen Wunder bewirken.

Wenn alles nichts nützt

Lärm kann nur so weit verboten werden, als er das ortsübliche Ausmaß überschreitet und zugleich die ortsübliche Benutzung eines Grundstückes oder einer Wohnung wesentlich beeinträchtigt. Ob dies der Fall ist, beurteilen die Polizei- beziehungsweise Gendarmeriebeamten „vor Ort“.

Anzeigen sind nicht zu stoppen

Kommt es zu einer Anzeige, wird damit automatisch ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Und das hat es so an sich, dass Sie es nicht mehr stoppen können – selbst wenn Sie dem nervenden Nachbarn mittlerweile verziehen haben sollten, da dieser glaubhaft Besserung gelobte. Erfolgt eine Verurteilung, ist das Urteil brauchbare Basis für einen Zivilprozess, in dessen Rahmen Sie auf Unterlassung klagen können. Erleichtert wird für Sie als Kläger die Beweisführung darüber hinaus durch eine

  • Liste , in der Sie die Störfälle notiert haben;
  • Zeugen für die Störhandlungen; und die
  • Polizeiprotokolle , also die Anzeigen, die Sie erstattet haben.

Eine Menge Arbeit für den Gestörten also. Und ein nicht unerhebliches Prozesskostenrisiko.

Prozesskosten schwer abzuschätzen

Wie viel Sie ein Prozess kostet, hängt vom Streitwert ab, mit dem Sie vor Gericht ziehen. Der „Streitwert“ ist eine fiktiv angesetzte Summe, die letztlich Basis für Berechnung der Verfahrenskosten ist. Ein Beispiel, um Größenordnungen aufzuzeigen: Setzen Sie den Streitwert etwa mit 7267,28 Euro an, werden bei Klagseinbringung 233,28 Euro an Gerichtsgebühren fällig. Dazu kommen Kosten des Rechtsanwalts, der zwar nicht zwingend vorgeschrieben ist – Sie können die Klage auch mündlich beim Bezirksgericht zu Protokoll geben – dessen Dienste aber in den meisten Fällen empfehlenswert sind. Die Rechtsanwaltskosten hängen von vielen Faktoren ab, etwa wo die Verhandlung stattfindet, wie viele Schriftsätze er anfertigen muss, wie viele Verhandlungen stattfinden etc.

Der Streitwert zählt

Beim genannten Streitwert zum Beispiel kassiert Ihr Rechtsvertreter für die erste Tagsatzung 166,74 Euro; danach kann er bei jeder weiteren Verhandlung für die erste angebrochene halbe Stunde 333,06 Euro verlangen, selbst wenn die Verhandlung nur fünf Minuten dauert. Für jede weitere angebrochene Stunde kommt die Hälfte des Betrags der ersten Stunde hinzu. Es läppert sich also schnell ein Sümmchen zusammen – vor allem wenn der Prozess durch die Instanzen geht und Sie  diesen auch noch verlieren sollten. In diesem Fall tragen Sie ja auch die gegnerischen Kosten.

Man sieht: Eine gütliche Einigung wäre wohl in jedem Falle besser und – billiger…

Gerichte beschäftigen sich sehr häufig mit Nachbarschaftskonflikten.

Baden : „In seinen eigenen vier Wänden kann man baden, wann immer man will.“
Richtig? Nein. Der Verwaltungsgerichtshof kam zu dem Spruch, dass die Verrichtung der mit dem normalen Gebrauch der Wohnung verbundenen Dinge nicht zu einer Zeit geschehen darf, in der die Mitbewohner des Hauses Anspruch auf Ruhe haben .

Musik : „Eine Musikstudentin übt regelmäßig zwischen 15 und 19 Uhr auf dem Klavier. Auch am Samstag und Sonntag. Das nervt die Nachbarn, die immer wieder die selben Passagen hören müssen. Das muss abgestellt werden.“
Richtig? Nein. Der Oberste Gerichtshof entschied, täglich vier Stunden Klaviermusik seien den anderen Hausbewohnern zumutbar.

„Eine andere Pianistin übt gleichfalls regelmäßig und – wie es sich gehört – ausschließlich außerhalb der Ruhezeiten. Das darf sie.“
Richtig? Nein, befand ein Wiener Bezirksrichter und beschränkte die Zeit für das Üben auf maximal zwei Stunden täglich – bei Zimmerlautstärke.

Kinder : „Kinder sind halt einmal laut. Man kann sie nicht festbinden. Und wenn sie einmal – im konkreten Fall an einem schulfreien Tag zwischen 9 und 9.30 Uhr – etwas zu sehr poltern, dann ist das von den Nachbarn zu tolerieren.“
Richtig? Nein. Die Höchstrichter des Verwaltungsgerichtshofes befanden, es komme einzig und allein darauf an, ob der Lärm geeignet ist, das „Wohlbefinden normal empfindender Menschen“ zu stören. Und dies sei in diesem Fall gegeben.

Einige Grundregeln für das Zusammenleben an einer Grundstücksgrenze.

  • Es steht Ihnen frei, ob überhaupt und wie Sie Ihr Grundstück gegen einen benachbarten Grund absperren.
  • Wenn eingefriedet wird, müssen Sie als Grundeigentümer auf der rechten Seite von Ihrem Haupteingang gesehen für die nötige Abschließung sorgen.
  • Errichten Sie als Grundstückseigentümer einen Zaun auf Ihrem Grund, so steht er in Ihrem Eigentum.
  • Bei einer gemeinschaftlichen Mauer ist jeder der Nachbarn Miteigentümer. Die Kosten der Erhaltung sind gemeinsam zu tragen.
  • Bäume und Sträucher dürfen Sie setzen, wohin Sie wollen, auch direkt an die Grundstücksgrenze (landwirtschaftlich genutzte Flächen ausgenommen).
  • Sie sind nicht verpflichtet, die Wurzeln und Äste Ihrer Bäume und Sträucher stets so rechtzeitig zu stutzen, dass sie nicht mehr über den Zaun wachsen können, selbst dann nicht, wenn diese den Zaun beschädigen.
  • Aber als betroffener Nachbar können Sie zur Selbsthilfe greifen: Sie können die Äste des Nachbarbaumes, die in Ihren Garten hängen, abschneiden, die Wurzeln, die in Ihrem Boden wuchern, ausreißen und das Obst, das in Ihrer Wiese liegt oder über den Zaun hängt, essen.

In den meisten Fällen sind Sie wohl auch selbst Nachbar. Konflikte lassen sich durch ein wenig Rücksichtnahme mitunter leicht vermeiden.

  • Auch wenn die neue Heimkinoanlage samt DVD-Player noch so sehr dazu verführen mag: Bleiben Sie auf Zimmerlautstärke oder verwenden Sie Kopfhörer.
  • Warnen Sie vor, wenn Sie selbst ein Fest machen. Sei es die Geburtstagsfeier in der Wohnung oder die Grillparty im Garten. Auf der sicheren Seite sind Sie, wenn Sie die Nachbarn einladen, das kostet allenfalls eine Kiste Bier mehr, erspart aber viel „böses Blut“.
  • Müssen Sie abends um neun noch die Waschmaschine anwerfen oder hat das Zeit bis morgen Früh?
  • Kann das Aufstellen der Regalwand nicht schon am Freitag erfolgen, wenn Sie Frühschluss haben, oder muss es wirklich der Sonntag sein?
  • Die Holzschlapfen, in denen es sich so gut geht – können die den Nachbarn unter Ihnen vielleicht ebenso stören wie von Kästen springende vierbeinige Hausgenossen seinen Luster zum Schwingen bringen?
  • In hellhörigen Neubauten vermag sogar das auf volle Lautstärke gestellte Handy den Nachbarn zu nerven.
  • Wer morgens um sieben sein Umweltbewusstsein durch das Entsorgen von Altglas lautstark unter Beweis stellt, wird vielleicht den Schichtarbeiter von nebenan nicht mehr lange zum freundlich grüßenden Nachbarn haben.

Im Sommer ein heißes Thema: Grillen.

Entscheidungen des Höchstgerichtes gibt es in Österreich noch nicht. Eine Unterlassungsklage hat allerdings nur Chancen, wenn die Belästigungen das ortsübliche Maß überschreiten und eine normale Benutzung des eigenen Grundstückes oder der Wohnung wesentlich beeinträchtigen.

Besonders, wenn die Atmosphäre mit den Nachbarn schon gespannt ist: Stellen Sie den Grill weit weg vom Zaun oder Balkon des Nachbarn, vermeiden Sie das Grillen ab 22 Uhr, achten Sie auf die Windrichtung. Kündigen Sie dem Nachbarn Ihre Grillerei an, vielleicht ist auch die Anschaffung eines Elektro- oder Gasgrillers die Lösung?

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