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Nachbarschaft - (Kein) Ärger mit nebenan

FAQ Nachbarschaftsrecht: Laute Musik, rauchende Griller, überhängende Sträucher, umsturzgefährdete Bäume: Konflikte mit Nachbarn gibt es viele. Nicht alles, was einen stört, muss man hinnehmen. Wir beantworten Ihre Fragen.

KONSUMENT-Cartoon: Robert Scheifler           KONSUMENT-Cartoon: Klaus Pitter 

Frage: In meinem Nachbargarten wird fast ­täglich gegrillt. Außerdem läuft ständig laute ­Musik. Kann ich dagegen etwas ­unternehmen?

Weder eine "Lärmschutzverordnung" noch das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) verbieten konkret, dass im Garten gefeiert oder musiziert wird. Es gilt allerdings das Gebot der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme: Auf keinen Fall darf man daher so laut, so oft und so lange feiern wie man will. Und es gilt weiters das Verbot der ungebührlichen Lärmerregung.

Ob und wie häufig etwas im Garten gemacht werden darf, lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Da es keine gesetzlichen Regeln gibt, beurteilen die Gerichte das Feiern, Grillen und Musizieren entsprechend den örtlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich. Die Tendenz der Rechtsprechung geht beim Grillen etwa dahin, dass das Anheizen eines Grills eine übliche Freizeitbeschäftigung ist, die nicht komplett verboten werden kann, außer es liegen besondere Umstände vor.

Ungebührliche Lärmerregung

Wegen ungebührlicher Lärmerregung gab es in Österreich schon Verwaltungsstrafen wegen lauten Radiospielens um 6 Uhr morgens oder einem über einen längeren Zeitraum allein gelassenen bellenden Hund in einer Wohnung. Auch ein Nachbar, der im Sommer regelmäßig spät heimkam und anschließend mit einem Bauchfleck in seinen Pool sprang, wurde bereits verurteilt. Egal, worum genau es sich handelt -

Eine unzulässige Einwirkung wird immer durch zwei Kriterien bestimmt:

1. Die Störung ist nicht (mehr) ortsüblich und
2. sie beeinträchtigt die ortsübliche Benützung des Grundstücks wesentlich.

Wehren können Sie sich nur, wenn beides gleichzeitig vorliegt. In der Praxis bedeutet das, dass Sie selbst über­mäßige Störungen dulden müssen, wenn sie die ortsübliche Nutzung des Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigen. Umgekehrt müssen Sie auch aushalten, dass Störungen die ortsübliche Nutzung Ihres Grundstücks wesentlich beeinträchtigen, wenn sie das ortsübliche Maß nicht überschreiten.

Regeln zur Einzäunung

Frage: Rund um mein Einfamilienhaus gibt es ­keinen Zaun. Jetzt habe ich gehört, dass zumindest auf einer Seite Einfriedungspflicht besteht. Stimmt das?

Einem Grundbesitzer steht es grundsätzlich frei, ob er seinen Grund einfriedet oder nicht. Im Interesse der Nachbarschaft sieht aber § 858 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) eine gesetzliche Beschränkung vor: Demnach hat jeder Grundeigentümer auf der rechten Seite seines Haupteingangs für die nötige Abschließung seines Grundes zu sorgen.

Daneben finden sich auch in den Bauordnungen der einzelnen Bundesländer relevante Vorschriften für Einfriedungen. Sie legen z.B. fest, ab welcher Höhe für die Errichtung von Grenzmauern eine Baubewilligung erforderlich ist. Teilweise ist auch vorgesehen, dass Vorgärten, die an öffentliche Straßen grenzen, nicht durch Mauern oder undurchsichtige Zäune eingefriedet werden dürfen.

Egal wie die Bestimmungen bei Ihnen vor Ort aussehen: Rechts von Ihrem Haupt­eingang müssen Sie für eine Abschließung sorgen.

Frage: Mein Grundstück ist mit einem Maschendrahtzaun eingezäunt. Vor Kurzem haben die neuen Nachbarn – ohne zu fragen – darauf einen Sichtschutz montiert. Ist das zulässig?

Hier kommt es darauf an, ob der Zaun im gemeinsamen Eigentum steht. Das ist der Fall, wenn die Einfriedung direkt auf der Grenze errichtet wurde. Das ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) sieht dann vor, dass jeder seinen Teil beliebig nutzen darf. Unter diesem Umstand ist auch ein Sichtschutz möglich, vorausgesetzt, er nimmt dem Nachbarn kein Licht weg.

Kippt er um? Gefahr durch umstürzende alte Bäume

Frage: Auf meinem Nachbargrund stehen viele alte Bäume. Bei jedem Sturm habe ich Angst, dass einer der Riesen auf meine Terrasse kracht. Kann ich vom Nachbarn verlangen, dass er die Bäume entfernt?

Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) regelt die Haftung für Bauwerke. Der Besitzer eines Gebäudes ist zum Ersatz verpflichtet, wenn durch Einsturz oder Ablösen von Teilen desselben jemand verletzt wird oder sonst ein Schaden verursacht wird und er nicht beweist, dass er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet hat.

Zur Gefahrenabwehr verpflichtet

Bäume sind zwar keine Bauwerke, trotzdem wird diese Bestimmung des ABGB auch auf sie angewendet. Der Oberste Gerichtshof (OGH) begründet das damit, dass auch der Besitzer eines Baumes einen mangelhaften Zustand früher erkennen und Abhilfe schaffen kann, um Schäden zu vermeiden. Ihr Nachbar ist daher zur Gefahrenabwehr verpflichtet.

Eine Haftung nach § 1319 ABGB setzt voraus, dass das Umstürzen des Baumes oder das Herabfallen von Ästen auf dessen mangelhaften Zustand zurückzuführen ist. Wird ein gesunder Baum durch einen orkanartigen Sturm ausgerissen, besteht dagegen wegen höherer Gewalt keine Haftung.

Auch gesunde Bäume können brechen

Nicht jeder Schaden durch einen Baum ist auf einen Mangel zurückzuführen, weil auch ein gesunder Baum brechen kann, ohne dass dies vorher erkennbar war. Mangelhafte Beschaffenheit liegt daher nur dann vor, wenn durch den Zustand eines Baumes von diesem eine besondere Gefahr ausgeht. Sie kann infolge mechanischer Verletzungen des Baumes oder einer Krankheit bestehen, unter Umständen aber auch bei einem abnormen Wuchs.

Beweispflicht und ...

Sollten Sie Schaden erleiden, so haben Sie den Schaden, dessen Verursachung durch Ablösen von Teilen oder Umstürzen des Baumes, dessen mangelhafte Beschaffenheit als Schadensursache und die Besitzereigenschaft des Nachbarn zu beweisen. Gelingen diese Beweise, kann sich der Besitzer des Baumes nur dadurch entlasten, dass er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt aufgewendet hat.

... Entlastungsbeweis

Dieser Entlastungsbeweis ist erbracht, wenn der Halter Vorkehrungen getroffen hat, die vernünftigerweise erwartet werden konnten. Das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen einen Schadenseintritt richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.

Pflanzen an der Grundstücksgrenze

Frage: Mein Nachbar hat direkt an meine Grundstücksgrenze einen Liguster gepflanzt, der wächst und wächst. Kann ich die ­Hecke auf meiner Seite einfach abschneiden?

Für über die Grundstücksgrenze wachsende Äste oder Wurzeln gilt der Grundsatz, dass der Grundstückseigentümer die in den Grund eindringenden Wurzeln eines Baumes oder einer anderen Pflanze des Nachbarn aus dem Boden entfernen und die über dem Luftraum hängenden Äste abschneiden oder sonst auch benützen darf. Er hat dabei aber fachgerecht vorzugehen und die Pflanze möglichst zu schonen.

Die Pflanze darf nicht absterben

Gefährdet das Abschneiden sämtlicher ­Wurzeln unmittelbar an der Grundstücksgrenze das Überleben der Pflanze (oder die Statik eines Baumes), dürfen nur jene Wurzeln oder Wurzelteile entfernt werden, die die Pflanze gefahrlos "entbehren" kann. Erforderlichenfalls ist ein Fachmann zu Rate zu ziehen.

Obwohl Sie beeinträchtigt sind, dürfen Sie nicht ohne das Einverständnis Ihres Nachbarn den fremden Grund betreten. Genau genommen dürfen Sie ohne Einwilligung nicht einmal eine Leiter an seinen Baum lehnen. Auch das Schnittgut müssen Sie selbst entsorgen, Sie dürfen es nicht über die Grundgrenze werfen, egal wie sehr der Überhang Sie ärgert.

Kosten durch Schäden von Ästen oder Wurzeln

Fallen beim Rückschnitt oder beim Entfernen von Wurzeln Kosten an, geht das zu Ihren Lasten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn durch Äste oder Wurzeln ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Dann muss Ihnen der Eigentümer der Pflanze die Hälfte der notwendigen Kosten ersetzen. Das ist etwa dann der Fall, wenn durch die Wurzeln eines Baumes Wasser-, Kanal- oder andere Leitungen zerstört oder verstopft oder Platten eines ­Weges gehoben werden. Dasselbe gilt für Schäden an Fassaden oder Dächern, z.B. durch eine Kletterpflanze.

Fotos als "Gedächtnisstütze"

Frage: Ich habe oft bis spät in die Nacht auf ­meiner Terrasse Besuch. Nun macht mein Nachbar regelmäßig Fotos von mir, ­angeblich als "Gedächtnisstütze". Ist das zulässig?

Eine zielgerichtete Aufnahme, die eine deutliche Identifizierung des Abgebildeten ermöglicht, ist nur mit dessen Einverständnis zulässig. Ohne ein derartiges Einverständnis liegt ein Eingriff in das allgemeine Per­sönlichkeitsrecht des Abgebildeten vor. Ihr Nachbar darf also weder Sie noch Ihre Gäste ohne Ihre Einwilligung fotografieren.

Auch wenn Ihr Nachbar die Fotos als Gedächtnisstütze braucht, etwa für eine Klage gegen Sie wegen Lärmbelästigung, muss er Sie vor der Aufnahme um Ihre Erlaubnis ­fragen. Anders ist das natürlich bei Urlaubs­fotos, auf denen im Hintergrund andere Menschen zu sehen sind.

Buchtipp: "Wenn Nachbarn nerven"

Nachbarschaftskonflikte können die Lebensqualität erheblich einschränken. Ob Musik, Kinderlärm, Grillgerüche oder Tierhaltung: Was ist zumutbar – was nicht? Unser Buch erläutert anhand von zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung, wogegen Sie sich wehren können und gibt Tipps für den Streitfall.

www.konsument.at/nachbarn

Aus dem Inhalt

  • Lärm: Feiern, Musik, Kinder, Baulärm
  • Geruch: Grillrauch, Abfall, Gewerbebetriebe
  • Garten: Licht, Bäume, Zäune
  • Tierhaltung: Haustiere, Nutztiere, Wildtiere
  • Streitfall: Rechtsweg und Schlichtung

196 Seiten, 16,90 € + Versand

 Wenn Nachbarn nerven

 

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