Zum Inhalt

Nachbarn: Laub, Lärm, Katzen - Reden statt streiten

Nachbarschaftsrecht: Laub, Regenwasser, Trennmauern, Katzen und krähende Hähne, Tennis- und Fußbälle  ...  - all das kann Zank und Hader unter Nachbarn hervorrufen. Was ist zumutbar und was nicht?

§ 364 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB)

Diesen Paragrafen sollte sich jeder merken, der Nachbarn hat: den § 364 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). Er besagt: Der Eigentümer eines Grundstücks kann seinem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, ­Erschütterung und Ähnliches dann unter­sagen, wenn sie das jeweils ortsübliche Ausmaß überschreiten und die Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen.

Äste, die weit ins Grundstück ragen

Wenn Wasser, Erde oder anderes zwangsläufig auf das Nachbargrundstück gelangt oder absichtlich dort deponiert wird, sprechen ­Juristen von unmittelbarer Zuleitung. Wenn etwa das Regenabflussrohr ­direkt aufs Nachbargrundstück führt, muss das nicht geduldet werden. Ebenso sehen Gerichte den Bewuchs von Gebäudeteilen durch Kletterpflanzen oder Äste, die meterweit in das Grundstück hineinragen und gefährlich werden könnten, als unmittelbare Zuleitung.

Natürlich abfließendes Regenwasser ist zu dulden

Aber nicht immer, wenn Wasser vom Nachbarn aufs Grundstück rinnt, handelt es sich um eine unmittelbare Zuleitung. Fließt das Regenwasser vom oberhalb gelegenen Nachbarn herunter und nimmt es dabei den natürlichen Lauf, ist das zu dulden. Asphaltiert der obere Nachbar aber seine Hauszufahrt so, dass bei starken Regenfällen größere Wassermassen bergab rauschen, ist das eine unmittelbare Zuleitung, die man sich nicht gefallen lassen muss. Dabei genügt es, wenn die baulichen Veränderungen zumindest zum Teil schuld an diesem „Wasserfall“ sind.

Elementargewalten

Was ist ein unabwendbares ­Elementarereignis?

Wenn es sich um das Wüten der Natur ohne menschliches Zutun handelt, kann niemand zur (finanziellen) Verantwortung gezogen werden. Das ist aber stets eine Frage des Einzelfalls. Gewittrige Regenschauer, die alle zwei Jahre oder auch drei Mal in zehn Jahren zu erwarten sind, gelten keineswegs als außergewöhnliche Ereignisse. Um beim Beispiel mit der Hauszufahrt zu bleiben: Wenn nach jedem Gewitterregen ein Sturzbach zum unteren Nachbarn rauscht, kann man nicht von einem unabwendbaren ­Elementarereignis sprechen.

Herab­fallendes Gestein, Erdreich und größere Äste

Wer hingegen ein Grundstück kauft, das an einen natürlich gewachsenen Konglomeratfels grenzt, kann nicht vom Nachbarn verlangen, dass er Vorkehrungen gegen Schäden durch herab­fallendes Gestein, Erdreich und größere Äste trifft. Deshalb sind solche Grundstücke oft auch ziemlich günstig zu haben.

Wird die Benutzung wesentlich beeinträchtigt?

An der Grundstücks­grenze schützten Bäume und Sträucher vor dem Wind. Doch die wurden wegen einer ­neuen Straße gerodet. Jetzt ärgert sich der Nachbar über Windschäden. Auch hier handelt es sich um eine Immission im Sinn des § 364 ABGB. Daher besteht Ersatzpflicht. Voraus­gesetzt, die Rodung erfolgte in einer Weise, die das Normalmaß im Ort überschreitet, und die ortsübliche Benutzung eines Nachbargrundstückes wird dadurch wesentlich beeinträchtigt. Das müssen die Gerichte klären.

Wenn das Grundstück abzurutschen droht

Auf die Größe kommt es an

Gegen Laub, das im Herbst von den Bäumen fällt, kann sich der Nachbar nicht wehren, sehr wohl aber gegen das Eindringen fester Körper „größeren Umfanges“. Zwar wäre ein absolutes Verbot, dass Bälle vom Tennisplatz auf das Nachbargrundstück fliegen, Schikane. Allerdings kann der Anrainer ­eines Tennis- oder Fußballplatzes fordern, das Eindringen von Bällen auf ein zumutbares Maß zu reduzieren (etwa durch Anbringen eines Netzes). Das durch übliche Fehlschläge hervorgerufene Eindringen muss jedenfalls verhindert werden. Und: Wenn von einem Fußball, der in einen bewohnten Garten fällt, ein nicht unbeträchtliches Gefahrenpotenzial ausgeht, handelt der Nachbar, der einen Ballschutz verlangt, nicht schikanös.

Nachbars Mauer

"Jetzt reicht‘s! Ständig fliegt der Fußball von den Nachbarsbuben zu mir“, sagt Herr M. Er lässt eine Mauer errichten. Und hat den Vater der beiden Nachwuchs-Messis am Hals: Der verlangt, dass die Mauer wegmuss. Njet, sagt das Gericht: Ein „Neidbau“ – also ein Bau, der aus bloßer Schädigungsabsicht ausgeführt wird – liegt nicht vor, wenn ein Grundstückseigentümer eine Mauer errichtet, um beläs­tigende Einwirkungen vom Nachbargrundstück fernzuhalten.

Zurückversetzen in den vorigen Stand

Was das ABGB aber verbietet, das sind Baumaßnahmen im Bereich des eigenen Grundstücks oder unter der Erdoberfläche, die dem Nachbargrund die Stütze entziehen. Daraus resultiert ein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch gegen den Nachbarn. Der Schaden ist in erster Linie durch Zurückversetzen in den vorigen Stand, also durch Naturalrestitution, auszugleichen.

Wenn das Grundstück abzurutschen droht

Wer jedoch vom Nachbarn die Entfernung einer bestehenden Mauer an der Grundstücksgrenze verlangt, kann einen daraus resultierenden nachteiligen Zustand für das eigene Grundstück nicht mittels Ausgleichsanspruchs durch den Nachbarn beheben lassen. Selbst wenn das Grundstück an der Grenze zu erodieren und abzurutschen droht, kann der Nachbar dann nicht mehr verpflichtet werden, die Mauer wieder aufzustellen.

Krähen, summen, läuten

Krähen, summen, läuten

Durch Bienen, Katzen oder andere Tiere verursachte Geräusche und Gerüche gelten in der Rechtsprechung als Immissionen. Im dörflichen Gebiet sind die Geräusche von artgerecht gehaltenen Hühnern und einem Hahn als „ortsüblich“ hinzunehmen. Daran ändert sich auch nichts, wenn das kein Bauernhof ist und die Gegend als „Bauland-Wohngebiet“ gewidmet ist. Andererseits kann es für Anrainer unzumutbar sein, das nächtliche Läuten von Kuhglocken zu ertragen, speziell, wenn diese unnötig sind, weil die Tiere auf einer eingezäunten Weide grasen. Der Hinweis, dass Kuhglocken eine alte Tradition im ländlichen Raum sind, wird das Gericht nicht überzeugen.

Schafe, Ziegen, Hühner muss man nicht tolerieren

Für das Eindringen größerer Tiere gilt der § 364 ABGB (Immissionsschutz) nicht. Dazu zählen jedenfalls Schafe, Ziegen und ausschwärmende Hühner. Deren Eindringen aufs Grundstück muss man sich aber nicht gefallen lassen. Dabei kommt es nicht auf das Ausmaß der Störung an, also darauf, ob das Tier ortsüblich oder sein Eindringen wesentlich ist. Auch eine große Zahl von Katzen muss nicht toleriert werden: 15 sind jedenfalls zu viele, hat ein Gericht entschieden.

Einzelne Katzen muss man akzeptieren, 15 nicht

Katzen genießen – zumindest juristisch – ­einen Sonderstatus: Die Grenzüberschreitung einer Katze mit freiem Auslauf kann aufgrund ihrer Wesensart mit zumutbaren Maßnahmen nicht verhindert werden. Es besteht auch kein gesetzliches Gebot, Katzen ausschließlich ­innerhalb von Wohnräumlichkeiten zu halten. Daher kann man sich gegen das Eindringen von Katzen auf sein Grundstück nur dann ­(juristisch) wehren, wenn dieses nicht den örtlichen Gepflogenheiten entspricht und es sich um einen wesentlichen Eingriff handelt, wie die erwähnten 15 Katzen, die alle in Nachbars Blumenbeet ihr Geschäft verrichten. ­Gewöhnliche Belästigungen durch einzelne Katzen muss sich der Nachbar gefallen lassen. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an. ­Generell gilt: Mitunter hilft schon ein Gespräch am Gartenzaun.

Zusammenfassung

  • Einwirkungen vom Nachbarn. Lärm, Rauch, Gestank, Wasser, Wärme, Gase, Erschütterung usw. dürfen das ortsübliche Maß nicht überschreiten und keinen wesentlichen Eingriff darstellen.
  • Schwer abzugrenzen. Natürlicher Wasserabfluss ist zu tolerieren, ebenso hin und wieder eine Katze, nicht aber Fußbälle, die regelmäßig über den Gartenzaun fliegen, oder Kletterpflanzen vom Nachbarn am eigenen Haus.
  • Gericht muss entscheiden. Was zulässig ist, entscheidet das Gericht im Einzelfall. Besser: vorher mit dem Nachbarn sprechen.

Buchtipp: "Wenn Nachbarn nerven"

Nachbarschaftskonflikte können die Lebensqualität erheblich einschränken. Ob Musik, Kinderlärm, Grillgerüche oder Tierhaltung: Was ist zumutbar – was nicht? Unser Buch erläutert anhand von zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung, wogegen Sie sich wehren können und gibt Tipps für den Streitfall.

www.konsument.at/nachbarn

Aus dem Inhalt

  • Lärm: Feiern, Musik, Kinder, Baulärm
  • Geruch: Grillrauch, Abfall, Gewerbebetriebe
  • Garten: Licht, Bäume, Zäune
  • Tierhaltung: Haustiere, Nutztiere, Wildtiere
  • Streitfall: Rechtsweg und Schlichtung

196 Seiten, 16,90 € + Versand

 Wenn Nachbarn nerven

 

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

premium

Nachbarschaftsärger - Hilfe, es stinkt!

Üble Gerüche sind nach Lärmbelästigung der häufigste Grund für Konflikte. Im konkreten Fall kommt es immer auf die näheren Umstände an.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang