Die Welt steht wirklich nimmer mehr lang. Dieses Gefühl beschlich den Kunden König, als er bemerkte, dass plötzlich sogar harte Kapitalanbeter das Wort "Solidarität" in den Mund nahmen. - "Kunde König", ein satirischer Kommentar von Alois Grasböck.
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| Alois Grasböck |
Solidarität?! Ob sie damit meinten, man solle die Schulden des verarmten Nachbarn zahlen, damit die Moneymaker weiterhin fette Prämien kriegen? Kunde König wusste es nicht genau, doch war ihm klar, dass es ohne Sparen nicht mehr gehen würde.
"... zur Sanierung beitragen"
Er berief den Familienrat ein und sprach, großen Vorbildern nacheifernd, das geflügelte Wort: "Wir alle haben über unsere Verhältnisse gelebt, also müssen wir auch alle zur Sanierung beitragen!" Die Folge war ein empörter Protest von Frau König, die darauf hinwies, dass sie sich seit fünf Jahren keinen neuen Wintermantel gegönnt habe und auch sonst für einen geordneten Haushalt sorge. Außerdem könne sie sich nicht erinnern, Millionen und Abermillionen für sinnlose Lärmschutzwände und dubiose Beratungen verjuxt zu haben.
Strategien gegen Finanzkrise entwickeln
Nichts wünschte sich Kunde König weniger als eine Schieflage des Haussegens. Also gründete er mit seiner Frau eine Kommission, die Strategien für eine Finanzkrise entwickeln sollte. Bald einigte man sich auf ein Expertenpapier mit drei Eckpunkten.
- Erstens: Ab sofort wird jeder Euro mehrmals umgedreht, wobei bei jedem Umdrehen die Frage "Brauchen wir den Krempel wirklich?“ zu stellen ist. Als Nebenwirkung erwartet die Kommission eine Verringerung des Wohlstandsmülls.
- Zweitens: Der Zustand "Zahlen wie ein König und sich an der Kasse anstellen wie ein Bettler“ wird nicht mehr demütig hingenommen. Supermärkte, die beispielsweise für ein Kilo Äpfel 2,99 Euro verlangen, können ihr Zeug künftig an den Geldadel verkaufen, aber nicht an die Königs.
- Drittens: Allfälliges Gejammer, der private Konsum müsse die Konjunktur retten, wird mit einem hämischen "Ihr habt ja gesagt, wir alle müssen sparen!" zurückgewiesen. Als Ausnahme zieht Familie König den Erwerb eines neuen Wintermantels in Erwägung.
