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Corona und Wirtschaft - Zeit für Neues

Die aktuelle Krise wird uns noch auf Jahre beschäftigen. Neben allen negativen Folgen bietet sie die Chance, Altgewohntes zu überdenken und neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Wege einzuschlagen.

Wie viel Wachstum wird die Weltwirtschaft in Zukunft noch bewerkstelligen? Wird sich das Globalisierungskarussell immer schneller drehen? Und wie lange wird die Umwelt und werden wir alle bei diesem immer rasanteren Tempo mithalten können? Das sind Fragen, die sich in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen in aller Welt stellten. Antworten und Taten blieben aus, denn weder Politik noch Bürger waren bisher bereit, Alternativen ernsthaft anzugehen.

Stillstand und neue Helden

Und dann hat sich binnen nicht einmal 100 Tagen praktisch wie aus heiterem Himmel alles verändert. Die Wirtschaft wurde in weiten Teilen der Welt mit glühenden Bremsen auf ein Mindestmaß heruntergefahren, viele Bereiche des Handels, Dienstleistungen, Tourismus standen still. Und plötzlich waren Pfleger und Erntehelfer, Lebensmittelverkäufer und Paketzusteller die neuen Heldinnen und Helden. Tatsache ist, dass die Krise uns nicht nur die Wichtigkeit dieser Berufsgruppen vor Augen geführt hat. Auch vieles andere wird sich noch ändern (müssen).

Beispielloser Abschwung

Die Volkswirtschaften weltweit befinden sich mitten in einem beispiellosen Abschwung, ähnlich gravierend wie vielleicht in der Weltwirtschaftskrise der 1920er-Jahre, und die Aussichten auf eine V-förmige Rezession – ein jäher Absturz mit ebenso flotter Erholung der Wirtschaft – sind laut den verfügbaren Daten gering. Prognosen zeichnen eine langsame, ungleichmäßige Erholung, denn: Ein Wiederaufflammen der Infektionen ist nicht ausgeschlossen. Dementsprechend vorsichtig sind Regierungen, Verbraucher und Unternehmen.

Tief greifende Veränderungen

Hohe Arbeitslosigkeit und Unsicherheit lassen eher verhaltenen Konsum erwarten, und auch beim Reisen wird es dauern, bis sich viele sicher genug fühlen, um wieder ins Ausland zu fahren. Dazu sind tief greifende Veränderungen in der Arbeitswelt möglich, etwa noch mehr kurzfristige, prekäre Beschäftigungsverhältnisse oder Corona: Homeoffice von der Steuer absetzen? - Arbeitszimmer, Handy, Computer.

Schwächen des globalisierten Turbokapitalismus

Neben den dunklen Wolken im Corona-Zeitalter gibt es aber auch Hoffnungsschimmer. Denn die Krise hat für viele Menschen überdeutlich die Schwächen der globalisierten Wirtschaft und des turbokapitalistischen Systems aufgezeigt. Plötzlich hieß es bei [Asset Included(Id:318918344436;Type:MagazinArtikel)], Testgeräten und Medikamenten: Wer den höchsten Preis bezahlt, bekommt diese dringend benötigten Güter. Und man musste sich im Ausland darum bemühen, denn die vormals inländischen Produktionsstätten wurden schon vor Jahren nach Asien verlagert. Auch die hohe Sterblichkeitsrate auch jüngerer Coronavirus-Erkrankter in Italien, Spanien oder Großbritannien führte drastisch vor Augen, wohin etwa das Aushungern des Gesundheitssystems führen kann.

Wege aus der Krise

Auf zu neuen Ufern

In einer Zeit, in der unverrückbare Gewissheiten hinweggefegt werden und alles zur Debatte steht, eröffnet sich die Chance, über ein anderes Wirtschaften, über mehr Nachhaltigkeit und Solidarität nachzudenken. So war beispielsweise (nicht nur) in der heimischen Politik plötzlich zu hören, dass relevante Produktionsstätten wieder vermehrt im Inland bzw. in Europa angesiedelt werden sollen, um Abhängigkeiten zu verringern.

Regionale Initiativen, unkonventionelle Lösungen

Viele regionale Initiativen wie etwa der „Rosinenbomber“ (Gemüse- und Obstkisterl aus der Region werden zugestellt) entstanden, unkonventionelle Lösungen blühten auf. Verstummt sind während der Krise plötzlich auch jene, die sich immer wieder lauthals für ein „Gesundschrumpfen“ des Gesundheits- und Sozialsystems, für Einsparungen bei Pflege und Versorgungssicherheit und überhaupt für weniger Staat und mehr privat stark gemacht hatten.

Wer soll das bezahlen?

Apropos Staat: Die Schulden praktisch aller Volkswirtschaften weltweit werden durch die Corona-Krise in die Höhe schnellen – einerseits durch die wirtschaftlichen Ausfälle; andererseits gibt es in vielen Ländern umfangreiche Hilfspakete, um akute Notfälle abzufedern und die Wirtschaft rasch wieder in Gang zu bringen. Auch die EU ist hier gefordert und bietet über den Euro-Rettungsschirm (ESM) Not leidenden Mitgliedstaaten Unterstützung an. Diese ist aber an sehr restriktive Auflagen und drastische Sparzwänge geknüpft, wie sie etwa die griechische Bevölkerung in den vergangenen Jahren durchleiden musste.

Eurobonds, Vermögenssteuern und Solidarabgaben

Wie schon zur Euro-Krise 2008 sind daher auch wieder Eurobonds im Gespräch, die allerdings von Deutschland, Österreich, Finnland und den Niederlanden strikt abgelehnt werden. Auf staatlicher Ebene wurden bisher zur Finanzierung der Milliardenpakete etwa eine Solidarabgabe auf hohe Privatvermögen oder Vermögenssteuern ins Spiel gebracht. Was davon kommen wird, ist derzeit noch völlig offen. Es liegt jedoch an jedem Einzelnen von uns, darauf zu drängen, dass die Politik und auch die Wirtschaft die richtigen strukturellen Schlüsse aus der Krise zieht.

Corona-Bonds gegen Staatsschulden

Bonds sind Wertpapiere mit festem Zinssatz. Mit sogenannten Eurobonds (oder auch Corona-Bonds) könnten die EU-Staaten gemeinsam Geld an den Finanzmärkten aufnehmen und durch die Risikoteilung insgesamt niedrigere Zinsen erzielen als mit jeweils einzelnen Staatsanleihen.

Pro und Contra

  • Kritiker meinen, dass die Eurobonds daher in erster Linie stark verschuldeten EU-Staaten (wie Italien oder Spanien) helfen und Länder wie Deutschland oder Österreich somit etwa für italienische Staatsschulden haften würden.
  • Befürworter von Corona-Bonds halten das für kurzsichtig, denn eine gemeinsame Anleihe bedeute: Europa leiht sich Geld für ein gemeinsames Budget. Dieses wird dafür verwendet, die Krise zu überwinden, indem Mittel für Investitionen bereitgestellt werden – zweckgebunden zur Bewältigung der Krise und zu fairen Konditionen für alle. Denn höher verschuldete Staaten müssten für sich allein auf den Finanzmärkten weitaus höhere Zinsen zahlen als mit gemeinsamen Anleihen. Das führe so weit, dass die südlichen Länder nur mehr eingeschränkt am europäischen Wirtschaftsleben teilnehmen könnten, auch zum großen Nachteil von Österreich oder Deutschland. Die Staatsschulden dieser Länder würden noch weiter ansteigen – letztlich mit dem Risiko eines Zerfalls der gesamten Euro-Zone.

Solidarität bei Kreditraten und Prämien

Was können Kreditnehmer und Versicherte, die aufgrund der Krise in finanzielle Engpässe geraten, vom Finanzsektor erwarten?

Angebracht ist mindestens ein ähnliches Maß an Solidarität, wie sie die heimischen Steuerzahler in der Finanzkrise 2008 mit dem Bankensektor gezeigt haben. Kredite fällig zu stellen oder das Mahnwesen im Bereich der Versicherungsprämien wie gehabt weiterzuführen, wäre derzeit für beide Seiten kontraproduktiv.

Zurückhaltung und erste positive Signale

Bei den Banken zeichnen sich – etwa durch Schutz bei Mieten, Krediten und Zahlungsverzug - Neue Maßnahmen wegen Coronavirus – erste positive Signale in diese Richtung ab. In der Versicherungsbranche dominiert noch der Blick auf die eigenen Wunden: etwa durch steigende Kosten, z.B. im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung, oder die Kapitalmarktverwerfungen in der fondsgebundenen Lebensversicherung.

Dem steht allerdings entgegen:

  • Sämtliche Statistiken zeigen als krisenbedingte Folge von Stillstand und Entschleunigung ein deutlich geringeres Schadensaufkommen, z.B. bei Verkehrs-/Freizeitunfällen, Krankenhauskosten, Einbrüchen. Zeit, etwas vom Kuchen abzugeben, etwa durch Prämienreduzierungen und -rückgewähr.
  • Auf gebundenes Kapital in Lebensversicherungen sollte jetzt ohne zusätzliche Kosten zugegriffen werden können.
  • Versicherungsprämien sollten in Notsituationen unbürokratisch gestundet werden.
  • Versicherungswirtschaft, Politik und Konsumentenschutz sollten gemeinsam rasch eine faire Reparatur von mehr als einer Million Verträgen zur Prämiengeförderte Zukunftsvorsorge - Geplatzte Träume angehen.

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