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Rotwein - Fest für den Gaumen?

  • Österreichische Weine sind Importprodukten ebenbürtig
  • Dicht, alkoholreich und fruchtig ist gefragt
  • Schlechte Korkqualität vermindert Haltbarkeit

Rund 30 Liter Wein werden pro Kopf und Jahr in Österreich konsumiert, wobei seit einiger Zeit immer häufiger zum roten Rebensaft gegriffen wird. Rotwein ist derzeit eben modern, nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern.

Österreich ein Weißweinland

Ein beträchtlicher Anteil des bei uns getrunkenen Roten muss freilich importiert werden. Denn Österreich ist traditionell ein Weißweinland. Das Anbauverhältnis zwischen weißen und roten Rebsorten beträgt derzeit zirka 75 zu 25. Im EU-Raum ist etwas mehr als die Hälfte des erzeugten Weines rot, weltweit sind es Schätzungen zufolge rund sechzig Prozent. Der weltgrößte Weinexporteur ist übrigens Italien, gefolgt von Frankreich und Spanien. Seit einigen Jahren exportieren auch die USA, Chile, Südafrika und Australien verstärkt Wein. Dichte, alkoholreiche, fruchtige und farbintensive Rotweine sind derzeit bei Konsumenten besonders begehrt, Weine mit Holznote sind weniger gefragt.

Traditionelle vs. industrielle Erzeugung

In Europa wird Wein nach wie vor vorwiegend nach traditionellen Methoden erzeugt. Hier haben mehrere Komponenten (Rebsorte, Standort und Bodenbeschaffenheit, Klima, Know-how des Winzers) Einfluss auf die Weinqualität. In Übersee ist die Weinproduktion weitgehend industriell ausgerichtet, die Bedeutung von Herkunft und Sorte der Trauben geht damit verloren.

„Neue Welt“ als Vorbild

Die Zeiten, in denen Produzenten aus Überseeländern Wein nach europäischem Vorbild gekeltert haben, sind vorbei. Jetzt ist es eher umgekehrt: Viele europäische Weinfachleute studieren in den Ländern der „Neuen Welt“ die Verfahrensweisen oder lassen sich beraten. Denn die auf diese Art hergestellten Weine sind den europäischen qualitativ durchaus gleichzusetzen, und sie stoßen bei Konsumenten auf Anklang. Aufgrund unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen können jedoch nicht alle Verfahren problemlos übernommen werden.

Labor- und Geschmackstests

Für unseren Test wählten wir aus Selbstbedienungsregalen von Supermärkten und Weinhandlungen Rotwein (Qualitätswein oder soweit vergleichbar) der mittleren Preisklasse aus Österreich, Italien, Spanien, Frankreich, Kalifornien, Chile, Australien und Südafrika aus. Die Proben wurden einerseits im Labor analysiert, andererseits von Profi-Kostern sensorisch bewertet.

Die wichtigsten Ergebnisse vorab:

Die getesteten Weine entsprachen dem derzeit am meisten verlangten Weintypus und waren großteils von guter bis mittelmäßiger Qualität. Österreichische Produkte erwiesen sich den ausländischen durchaus als ebenbürtig. Weinfehler wurden nur bei drei Proben (Bordeaux von Rothschild, Merlot von Gallo und Beaujolais von Mentgelas, dieser hatte einen deutlichen Korkgeschmack) festgestellt. Für eine längere Lagerung eignen sich allerdings nicht alle Rotweine: Damit Wein hält, muss er völlig dicht verschlossen sein. Doch etliche Flaschen waren mit qualitativ schlechten Stoppeln versehen. Dass unter diesen Voraussetzungen nur eine einzige Probe Korkgeschmack hatte, ist fast ein Wunder. Einige Verschlüsse saßen darüber hinaus relativ lose und waren somit zu wenig dicht.

Herkunft verschwiegen

An mehreren Weinen waren Geschmackskorrekturen vorgenommen worden. Durch Zusatz von Traubensaft oder -konzentrat kann Wein nach der Gärung eine Restsüße verliehen werden, die man als solche zwar nicht schmeckt, die jedoch einen Mangel an Vollmundigkeit durchaus zu kaschieren vermag. Solche Korrekturen sind zulässig, vermindern aber die Lagerfähigkeit. Bei einigen Proben war weiters der biologische Säureabbau nicht vollständig durchgeführt. Auch das reduziert die Haltbarkeit von Wein.

Hygiensch OK

Positiv: Bis auf eine Ausnahme (Zweigelt von Juris) waren alle Weine hygienisch und kellereitechnisch sachgerecht erzeugt worden. Schwefeldioxid dient bei der Weinerzeugung als technischer Hilfsstoff, unter anderem zur Konservierung, Antioxidation und Stabilisierung. Zu viel davon kann allerdings Kopfschmerzen und Reizungen des Magen-Darm-Traktes verursachen. Die meisten Weine unseres Tests waren aber nur wenig geschwefelt.  

Mangel an Kennzeichnung

Anlass zur Kritik gab es bei der Kennzeichnung: Die Losnummer ist ein wesentliches Element zur Herkunftskontrolle von Produkten. Bei etlichen ausländischen Weinen fehlte sie, bei anderen war sie nur nach langwieriger Suche ausfindig zu machen. Das kann schon Misstrauen schüren. Auch bei österreichischen Weinen wurden vereinzelt unrichtige beziehungsweise unvollständige Angaben zur Herkunft der Trauben oder des Weines gefunden. Falsch gekennzeichnete Weine haben wir jedenfalls um eine Stufe abgewertet, etwa auch den Penfolds, der einzige Wein, der bei der Profiverkostung „sehr gut“ abschnitt. Sein Gesamturteil war letztlich nur „durchschnittlich“, auch wegen  schlechter Korkqualität.

Teuer bürgt nicht für Qualität

Einen Zusammenhang zwischen Preis und Qualität konnten wir nicht feststellen: Die besten Weine unseres Tests sind bereits um rund 3,5 bis 5 Euro zu haben. Doch zu dieser Preisklasse zählen auch etliche „weniger zufriedenstellende“ Produkte. Desgleichen gibt es teurere Weine in guter bis hin zu unterdurchschnittlicher Qualität.

Temperatur und Glasform

Je einfacher ein Rotwein, desto kühler (14 bis 16 Grad) sollte er übrigens serviert werden. Kräftige, hochwertige Rote schmecken auf 16 bis 18 Grad temperiert am besten, ausgereifte Spitzenprodukte vertragen noch ein bis zwei Grad mehr. Ob ein Wein bei Tisch zur Geltung kommt, hängt nicht zuletzt vom Glas ab: Gute Weingläser sind tulpenförmig (um die Aromen „einzufangen“), dünnwandig, farblos und haben einen Stiel.

Blauer Zweigelt (Zweigelt, Rotburger): 1922 von Professor Fritz Zweigelt an der Klosterneuburger Weinbauschule gezüchtet, Kreuzung zwischen Sankt Laurent und Blaufränkisch. In Österreich am häufigsten angebaute rote Rebsorte, liefert fruchtbetonte Weine.

Blaufränkisch: Nummer zwei unter den roten Rebsorten Österreichs, vor allem im Mittelburgenland angebaut. Bukett erinnert an Brombeeren.

Sankt Laurent: Bei uns vor allem in Niederösterreich und im Burgenland angebaut. Weichsel-Bukett.

Cabernet Sauvignon: An sich klassische Bordeauxsorte, liefert außerhalb Europas noch in Kalifornien, Chile, Australien und Südafrika hochwertige Weine. Bukett: schwarze Johannisbeeren.

Cabernet Franc: Eignet sich besser zum Anbau in kühleren Gegenden als Cabernet Sauvignon, wurde früher vorwiegend zu leichten Weinen verarbeitet.

Merlot: Ergibt einen leichten Alltagswein, kann aber in guten Jahrgängen hohes Qualitätsniveau erreichen. Wird oft – meistens mit Cabernet – verschnitten.

Shiraz (Shira): Aus dem Gebiet der nördlichen Rhone, mittlerweile weltweit kultiviert. Shiraz wird in größerem Umfang unter anderem in Australien und Kalifornien angebaut. Aroma nach Veilchen, schwarzer Kirsche, Wildkräutern.

Pinot Noir (Blauer Burgunder, Blauburgunder): Heikle Traubensorte, bringt aber bei idealem Standort und sorgfältiger Vinifikation hochwertige, lang lagerfähige Weine; Aroma nach Bittermandeln.

Sangiovese: Eine der am meisten angebauten und auch besten Rebsorten Italiens. Findet sich unter anderem in Chianti und Brunello.

Montepulciano: Italienische Rebsorte, vor allem in den Abruzzen angebaut, vermag süffige und runde Weine zu liefern. Kann leicht mit toskanischen Weinen aus dem Gebiet von Montepulciano (etwa „Rosso di Montepulciano“) verwechselt werden. Diese werden aus anderen Rebsorten, in erster Linie aus Sangiovese, gekeltert.

Corvina/Rondinella/Molinara: Valpolicella – Rotwein aus Venetien – wird vor allem aus diesen drei Rebsorten gekeltert.

Tempranillo: Hochwertige spanische Rebsorte, unter anderem auch als Tinto del Pais oder Tinto Fino bekannt. Basis für Rioja.

Zinfandel: Ident mit der apulischen Rebsorte Primitivo, in Süditalien von geringerer Bedeutung. Liefert in den USA (vor allem Kalifornien) fruchtig-üppige Weine.

Pinotage: Kreuzung aus Pinot Noir und einer weiteren Rebensorte (Cinsault); eine der am meisten angebauten Rotweinsorten Südafrikas. In geringem Umfang auch in Neuseeland gezogen.

Zur Herstellung von Rotwein gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Verfahren mit entsprechenden Zusatzstoffen zur Gärförderung, Klärung, Stabilisierung, Konservierung, Aromatisierung etc.

Am Beginn steht nach wie vor das Rebeln und Quetschen der Beeren. Lesegut mit zu geringem Zuckergehalt kann mit Zucker oder konzentriertem Most bis zu gesetzlich vorgegebenen Werten angereichert werden, was den Alkoholgehalt erhöht. Rotwein wird hauptsächlich mitsamt Beerenschalen vergoren. Dabei gelangen Farb-, Gerb- und weitere Inhaltstoffe der Schalen in den Most. Nach der Gärung und dem Pressen erfolgt ein biologischer Säureabbau. Dabei wird entweder durch weineigene Bakterien oder durch Beimpfen mit entsprechenden Bakterienstämmen die im Wein enthaltene Apfelsäure in Milchsäure umgewandelt. Milchsäure schmeckt milder als Apfelsäure und ist stabiler – der Wein wird haltbarer. Bis zur Flaschenreife wird Rotwein bei uns üblicherweise im Fass gelagert. Hochwertige Weine baut man auch in kleinen Eichenfässern (Barriques) aus. Sie erhalten dadurch eine spezielle Holznote (Vanille-, Butter-, Röstaromen). In einigen Ländern – zum Beispiel den USA oder Australien – ist es zulässig, einen Barrique-Ausbau durch Lagerung in Stahltanks mit Holzauskleidungen oder mit Eichenspänen beschickt, zu simulieren.

Gut bis passabel. Die getesteten Produkte entsprechen dem modernen Rotweintypus und sind großteils von guter bis mittelmäßiger Qualität. 

Schlechter Kork. Etliche Flaschen waren mit qualitativ minderwertigen Korken verschlossen. Wein mit Korkgeschmack umtauschen!

Preiswerte Testsieger. Die besten Weine kosten rund 3,5 bis 5 Euro.

Im Test: 40 Rotweine aus Supermärkten oder Weinhandlungen in der Preisklasse bis etwa 10 Euro.

Gegenstand der chemischen Untersuchungen waren: relative Dichte, Alkohol (destillativ), Trockenextrakt (berechnet), direkt reduzierende Zucker (als Invertzucker) gravimetrisch, zuckerfreier Extrakt (berechnet), titrierbare Säure (als Weinsäure) potentiometrisch, flüchtige Säure (als Essigsäure) titrimetrisch, freie schwefelige Säure (als SO2) acidimetrisch, gesamte schwefelige Säure (als SO2) acidimetrisch, freie L-Apfelsäure (enzymatisch), bei Nicht-EU-Weinen zusätzlich D-Apfelsäure (enzymatisch), freie D-, L-Milchsäure (enzymatisch), Citronensäure (enzymatisch), roter Hybridenfarbstoff (Malvidin), künstliche Fremdfarbstoffe (Wollfadenmethode).

Die sensorischen Untersuchungen wurden von 7 Kostsachverständigen ausgeführt und dabei eine Rangordnungsprüfung sowie eine beschreibende Prüfung mit Skala vorgenommen.

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