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Nahrungs-Ergänzungsmittel mit pflanzlichen Bestand-Teilen - Natürlich mit Nebenwirkung

Pflanzliche Bestandteile werden gerne in Nahrungsergänzungsmitteln verarbeitet. Der Gesundheit ist dies nicht immer zuträglich, wie unsere Analyse zeigt.

Die Nahrungsergänzungsmittelindustrie entdeckt zunehmend exotische Früchte und Pflanzen für ihre Zwecke. Zum Einsatz kommen vor allem Pflanzen oder Bestandteile aus Pflanzen, die im Medizinbereich eine Rolle spielen oder denen bestimmte gesundheitsfördernde Wirkungen zugesprochen werden. Übersehen wird dabei nicht selten, dass Beweise für die postulierte Wirkung fehlen.

Kein behördliches Zulassungsverfahren durch­laufen

Teilweise sind die vermeintlichen Wunderpflanzen der Gesundheit sogar alles andere als förderlich. Im Gegensatz zu ­Medikamenten müssen Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel (NEM) kein ­behördliches Zulassungsverfahren durch­laufen, in dem die gesundheitliche Unbedenklichkeit nachgewiesen werden muss.

Zehn gebräuchliche Pflanzen unter der Lupe

Wir haben zehn gebräuchliche Pflanzen, die in Nahrungsergänzungsmittel ver­arbeitet werden, unter die Lupe genommen:

  • Meerträubel-Arten (Ephedra-Kraut)
  • Fingerhut-Arten
  • Schlafbeere
  • Kudzu-Wurzel
  • Gojibeere
  • Aloe Vera
  • Acai-Beere
  • Mangostane
  • Maqui-Beere
  • Granatapfel


Lesen Sie auch unseren Test: Nahrungsergänzungsmittel 2/2013 (Direktvertrieb von Amway, FitLine, Herbalife und Juice Plus).

Fingerhut, Meerträubel-Arten (Ephedra-Kraut)


Meerträubel-Arten (Ephedra spp.): Mormonentee, Brigham-Tee, Mexikanischer Tee, Meeresträubel, Ma-Huang; englisch: mormon-tea; Ephedra sinica, Epitonin, ­herbal ecstasy, Mahuang, Muzei, Popptillo


Meerträubel-Arten (Ephedra spp.) (Bild: Waldhäusl)
Meerträubel-Arten

Ephedra-Kraut in Kombination mit Koffein wird oft im Internet als Schlankheitsmittel beworben. In der Bodybuilderszene gilt es als sogenannter "Fatburner", der die Fettverbrennung anregt. Darüber hinaus wird Ephedra-Kraut auch als Aufputschmittel beziehungsweise pflanzlicher Ecstasy-Ersatz angeboten. Die Einnahme führt zu einer Verengung der Gefäße, Stimulierung des Kreislaufs, Steigerung des Blutdrucks und Dämpfung des Appetits.

Die unkontrollierte Einnahme kann zu Herzrhythmusstörungen, erhöhtem Blutdruck und bei hoher Dosierung zu Krampfanfällen und psychischen Veränderungen führen. In den USA ist die Verwendung von Meerträubel in NEM verboten. Auch die Europäische Kommission beurteilt ephedrinhaltige Nahrungsergänzungsmittel oder andere Lebensmittel mit Ephedra als nicht verkehrsfähig.


Fingerhut-Arten (Digitalis spp.): Fingerhut (wolliger, großblütiger, gelber, roter), englisch: foxgloves
Fingerhut (Bild: Sternstunden/Shutterstock.com)
 Fingerhut

Fingerhut hat eine starke toxische Wirkung. Bereits geringe Mengen des Pflanzenmaterials können zu Vergiftungen in verschiedenen Organsystemen führen. Im Fingerhut ent­haltene Wirkstoffe (Digitoxin und Digoxin) ­werden pharmakologisch zur Behandlung ­verschiedener Herzerkrankungen eingesetzt.

Aufgrund der ausgeprägten toxischen Wirkung, die über mehrere Tage bis Wochen anhalten kann, ist eine Verwendung in Lebensmitteln oder NEM in jedem Fall abzulehnen.

Schlafbeere, Kudzu-Wurzel


Schlafbeere (Withania somnifera): Winterkirsche, Pferdewurzel, Ashwagandha oder Ashvagandha, Indischer Ginseng, englisch: winter cherry
Schlafbeere (Bild: Waldhäusl)
Schlafbeere

Die Schlafbeere wird in der ayurvedischen Medizin seit über 3000 Jahren angewendet. Mögliche unerwünschte Wirkungen wurden bisher nicht systematisch erfasst. Umfas­sende toxikologische Untersuchungen liegen nicht vor. Hinsichtlich einer Beeinflussung der Schilddrüsenfunktion bestehen Sicherheitsbedenken. Withania somnifera wird in Tee­getränken und NEM eingesetzt. Im Internet sind getrocknetes und gemahlenes Pflanzenmaterial beziehungsweise Wurzeln sowie standardisierte Extrakte in Tabletten- oder Kapselform erhältlich.

Der Konsum der Schlafbeere ist nicht frei von Risiken. Eine Verwendung in Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln sollte beschränkt werden.


Kudzu-Wurzel (Pueraria lobata [Willdenow] Ohwi): Kopoubohne, Kudzu, Kudzubohne
Kudzu-Wurzel (Bild: Rob-Hainer/Shutterstock.com)
Kudzu-Wurzel

Die Kudzu-Wurzel findet in der traditionellen chinesischen Medizin Verwendung und wird in NEM und Sportlernahrung verarbeitet. Unter anderem soll die Pflanze bei der Nikotin­entwöhnung hilfreich sein. Wesentliche Inhaltstoffe sind sogenannte Isoflavone.

Diese werden in der Alternativmedizin für die Wechseljahre sowie allgemein gegen Altersbeschwerden empfohlen. Isoflavone sollen auch hormon­abhängigen Krebserkrankungen wie Brust- und Prostatakrebs vorbeugen.

Da die Wirksamkeit bisher jedoch nicht bewiesen werden konnte, sind Isoflavon-Präparate in Österreich nicht als Arzneimittel, sondern lediglich als NEM auf dem Markt. Ebenso existieren keine Studien, die Isoflavon-Präparaten gesundheitliche ­Unbedenklichkeit attestieren. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung schließt nicht aus, dass sie Krebs verursachen können.

Auf Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Daten sind gesundheitliche Risiken insbesondere bei längerfristigem Verzehr von Kudzu-Wurzeln und deren Zubereitungen nicht auszuschließen.

Goji-Beeren, Aloe Vera


Gojibeere (Lycium barbarum L.): Gemeiner Bocksdorn, Teufelszwirn, Bocksdornbeeren, Bocksdornfrüchte, Bocksdornkrautfrüchte; englisch: barbary wolfberry fruit; Gou Qi Zi, Kei Tze


Goji-Beeren (Bild: grafvision/Shutterstock.com) 
Goji-Beeren

Die Gojibeere kommt sowohl in der chine­sischen Küche als auch in der traditionellen chinesischen Medizin zur Anwendung. Die getrockneten Beeren werden als Gesundheits- und Anti-Aging-Wundermittel angepriesen. Sie sollen Energie spenden oder Schäden durch freie Radikale neutralisieren und vor frühem Altern durch Stress und ­Umwelteinflüsse schützen. Wissenschaftliche Studien beschäftigen sich hauptsächlich mit dem hohen antioxidativen Potenzial der ­Beeren. Im Internet ist von einem sehr hohen Vitamin-C-Gehalt die Rede. Verlässliche Quellen, die das belegen, gibt es jedoch nicht. Der angenommene Vitamin-C-Gehalt ist vergleichbar mit jenem von frischen ­Orangen, Erdbeeren oder schwarzen Ribiseln.

Zwar liegen zu Gojibeeren keine toxikolo­gischen Untersuchungen vor, Experten sehen dennoch keinen Grund für Verzehrsbeschränkungen. Das gilt allerdings nur für rückstandskontrollierte Ware. Gojibeeren können hohe Pestizidbelastungen aufweisen, wie Unter­suchungen aus Deutschland und der Schweiz zeigten. Angaben wie "bio" oder "wilde Gojibeeren" bieten keine Gewähr. In Österreich verkaufte Gojibeeren stammen in der Regel aus China, sie können jedoch auch hierzulande angebaut und geerntet werden. Die frost­resistenten Sträucher wurden früher gerne als Heckenpflanze eingesetzt. Bei Goji-Säften sollte vor allem auf den tatsächlichen Fruchtanteil geachtet werden, der häufig gering ist.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und ­Medizinprodukte hat vor Kurzem eine Warnung zu gefährlichen Wechselwirkungen mit bestimmten "blutverdünnenden" (gerinnungs­hemmenden) Medikamenten veröffentlicht. Goji-Beeren scheinen den Abbau dieser Medikamente im Körper zu blockieren, sodass es zu einer gefährlichen Wirkstoffanreicherung und verstärkter Blutungsneigung kommt. Personen, die derartige Medikamente einnehmen, sollten unbedingt auf den Konsum von Goji-Beeren in jeglicher Form verzichten.


Aloe Vera: Wüstenlilie
Aloe Vera (Bild: skynetphoto/Shutterstock.com) 
Aloe Vera

Anwendung findet Aloe Vera vor allem in Kosmetikprodukten sowie als Abführmittel. Aloe-Vera-Säfte und -Gele werden allerdings auch immer wieder mit gesundheitsbezogenen Aussagen in Zusammenhang gebracht. So soll die Pflanze etwa gegen Akne, Aids und Asthma bis hin zur Bekämpfung von Krebs wirksam sein. Wissenschaftliche ­Belege für derartige Behauptungen sucht man allerdings vergeblich, in der Werbung sind solche Aussagen deshalb verboten.

Verzehrwarnungen liegen nicht vor. Bei der Verarbeitung von Aloe-Vera-Pflanzen müssen bittere und abführende Stoffe (Anthrachinone) sorgfältig abgetrennt werden. Nach dem Konsum verunreinigter Produkte können Magen-Darm-Beschwerden oder ­allergische Reaktionen auftreten. Frisch ­gepresster Saft ist empfindlich gegenüber Sauerstoff, er muss daher stabilisiert werden. Das geschieht meist mithilfe von Vitamin C (Ascorbinsäure) sowie Zitronensäure. Teilweise werden auch die Konservierungsstoffe Natrium-Benzoat (Benzoesäure, E211) oder Kaliumsorbat (E202) zugesetzt. Diese können bei empfindlichen Personen Unverträglichkeitsreaktionen hervorrufen.

Acai-Beere, Mangostane


Acai-Beere: Kohlpalme (Euterpe oleracea), Jucara-, ­Assai-Palme
Acai-Beeren (Bild: JBK/Shutterstock.com)
Acai-Beeren

Werden die gut einen Zentimeter großen Früchte der am Amazonas beheimateten ­Palmenart bei Vollreife geerntet, weisen sie eine purpurrote bis schwarze Färbung auf. Der Erntezeitpunkt ist wichtig, da der Gehalt an Antioxidantien in der Frucht dann am höchsten ist. Aufgrund der großen Nachfrage werden die Beeren allerdings zunehmend unreif gepflückt. Die Acai-Beere wird gerne als Quelle von Kraft und Vitalität ­beworben und soll auch lebenswichtige ­Fettsäuren enthalten.

Acai-Produkten wird eine positive Wirkung bei Erschöpfungs­zuständen sowie zahlreichen Krankheiten wie Herzproblemen, Krebs und degenera­tiven Erkrankungen nachgesagt. Tatsächlich enthält Acai reichlich Mineralstoffe (Cal­cium), Anthocyane (dunkelrote Pflanzenfarbstoffe) sowie Fett. Eine antioxidative Wirkung wurde bislang allerdings nur unter Laborbedingungen festgestellt. Klinische Studien, die die oben genannten Wirkungen belegen, gibt es nicht.

Wunder sind von der Acai-Beere keine zu ­erwarten, schaden wird der Genuss jedoch nicht. Allerdings sind allergische Reaktionen nicht auszuschließen.


Mangostane: Mangostane (Garcinia mangostana), Mangostin, Mangosteen

Mangostane (Bild: panda3800/Shutterstock.com)
Mangostane

Mangostanesaft werden diverse positive Eigenschaften zugesprochen. Neben einer starken antioxidativen Wirkung soll er etwa die Verdauung fördern, das Immun­system ­unterstützen, freie Radikale neutralisieren, Knorpel und Bindegewebe kräftigen, bei Heuschnupfen helfen oder die Cholesterinwerte in Balance halten.

Bisher gibt es allerdings keine wissenschaftlichen Studien am Menschen, die einen besonderen gesundheitsförderlichen oder gar heilenden Effekt belegen würden. Experten vergleichen die Mangostane mit ­Tomaten oder Karotten. In der Schale sind sogenannte Xanthone enthalten, die früher als Färbemittel verwendet wurden. Die tomatengroßen Früchte mit der rotbraunen bis vio­letten Färbung enthalten lange, flache Samen, die ebenfalls verzehrt werden können.

Die hohen Preise für Mangostane-Saft sind nicht nachvollziehbar. Unbedingt abzuraten ist vom Konsum von Xanthone-Isolaten aus Mangostane; dazu liegen weder Erfahrungen noch Humanstudien vor.

Maqui-Beere, Granatapfel


Maqui-Beere
Maqui-Beere (Bild: wikimedia)
Maqui-Beeren

Die Früchte des Maqui-Baums können roh verzehrt werden. Den Beeren wird eine Stärkungsfunktion für das Immunsystem sowie eine "Entgiftungsfunktion" für den Körper zugesprochen. Sie weisen besonders viele Anthocyane auf. Deshalb wird auf den Verpackungen gern mit dem hohen ORAC-Wert gelockt. Der ORAC-Wert gibt an, wie viele freie Radikale pro Gramm Substanz neutralisiert werden können. Doch dabei handelt es sich um reine Laborwerte.

Wer Anthocyane zu sich nehmen möchte, der ist auch mit heimischen Früchten und Gemüsen gut bedient. Der Stoff ist in größeren Mengen in dunklen Beeren (Brombeeren, Holunderbeeren, Heidelbeeren), Kirschen, roten Weintrauben sowie Rotkohl enthalten. Da es bisher keine Empfehlungen gibt, wie viel an Anthocyanen man zu sich nehmen soll, raten wir, den Bedarf durch heimische Quellen zu decken.

Von der Einnahme von Pillen mit Maqui- und vergleichbaren Aus­zügen raten Experten ab. Über die dafür verwendeten Extrakte, die Bioverfügbarkeit und die Langzeitsicherheit ist nichts bekannt. ­Unklar ist zudem, ob Wechselwirkungen mit Medikamenten auftreten könnten.


Granatapfel: Grenadine, Punica (Punica granatum)

Granatapfel (Bild: Valentyn Volkov/Shutterstock.com)
Granatapfel

Für den Konsum sind lediglich die fleischig ummantelten Samen (Kerne) der Frucht geeignet. Granatapfel soll das Wachstum von Prostata- und Brustkrebs bremsen, Herz-Kreislauf-Beschwerden lindern, den Blutdruck senken und prinzipiell anti-entzündlich wirken. Außerdem soll er die Entstehung von Thrombose, Lungenembolie, Schlaganfall und Herzinfarkt verhindern und Infekte ­abwehren.

Geworben wird häufig mit dem hohen antioxidativen Potenzial der Frucht. In wissenschaftlichen Studien konnte allerdings bislang keine der genannten Wirkungen bewiesen werden. Einige Studien deuten darauf hin, dass sich ein regelmäßiger Konsum von Granatapfelsaft blutdrucksenkend auswirkt, ein ähnlicher Effekt konnte allerdings für Orangensaft bereits gezeigt werden.

Der Verzehr des Granatapfels als Frucht und Saft gilt als sicher, allerdings sind auch keine besonderen Vorteile gegenüber anderen Obstsorten bekannt. Bislang nicht untersucht worden ist, ob dies bei dauerhaftem Verzehr auch auf isolierte Granatapfel-Inhaltstoffe zutrifft. Zwischen Granatapfelsaft und vielen Medikamenten sind ähnliche Wechselwirkungen bekannt wie bei Grapefruitsaft.

Zusammenfassung

  • Exotische Früchte. In Nahrungsergänzungsmitteln werden viele exotische Früchte verarbeitet. Nicht wenige davon sind für die Gesundheit allerdings eher schädlich als nützlich.
  • Werbeversprechen. Im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln getätigte Werbeaussagen sind prinzipiell kritisch zu hinterfragen. Häufig ist die behauptete positive Wirkung wissenschaftlich nicht bewiesen.
  • Meist unnötig. Wer sich ausgewogen ernährt, ist in der Regel nicht auf Nahrungsergänzungsmittel angewiesen. Der Bedarf an Vitaminen und Spurenelementen lässt sich problemlos und dazu wesentlich günstiger aus heimischen Früchten decken.

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