Unser neuer Autor sucht einen Titel für diese Kolumne ... und findet ihn im Supermarkt. - "Da schau her", ein satirischer Kommentar von Michael Hufnagl.
In den Supermarkt gehen ist das eine. Aber dann gepufften Biodinkel finden (weil sich die Einkaufslistenschreiberin das einbildet) ist das andere. Ähnlich verhält es sich mit einer Kolumne. Einen Text schreiben ist das eine. Ihm aber einen Titel mit Haltbarkeitsgarantie geben ist eine besondere Herausforderung. Also habe ich nachgedacht. Vor dem Einschlafen, nach dem Aufwachen. Unter der Dusche, im Auto. Immer, wenn der Arbeitsalltag mir geistige Ausflugszeit geschenkt hat. Genützt hat es nix.
An der Kassa: links, Mitte oder rechts?
Bis ich unlängst zur Supermarkt-Kasse kam (der gepuffte Biodinkel wurde selbstverständlich ohne Verkäufersuche und Wegbeschreibungen durch die Regalwildnis erobert). Dort offenbarte sich mir jenes Bild, das wir so gut kennen wie die Kinderpassfotos in den Geldbörserln. Drei Kassen, an denen je vier Menschen mit gut gefüllten Wagerln standen. Jetzt musste es schnell gehen: links, Mitte oder rechts. Ein kurzer Blick auf die Leute (zur Einschätzung des zu erwartenden Abwicklungstempos), ein kurzer Blick auf die Waren (zur Einschätzung der zu erwartenden Förderbandbelegung), ein kurzes Hineinhorchen in sich selbst (zur Entwicklung eines Bauchgefühls), und schon stand ich … … in der falschen Schlange. Eh klar.
In der falschen Schlange. Eh klar
Ich schiele hier hin, ich schiele da hin, ich erkenne, dass dort drüben jemand zahlt, der lange nach mir erschienen ist, und ich weiß: Das passiert immer nur mir! Die Niederlage als Selbstverständnis. Meine Frau sagt: "Jetzt stell Dich nicht so an!“ Und schon stelle ich mich an. Dann ruft jemand "Kann man noch eine Kassa aufsperren?“, und mir wird bewusst, wie lächerlich dieser Kampf um die wenigen Minuten im großen Kreis des Lebens ist. "Ich hab’s eilig“, sagt ein Mann.
"Da schau her!“, sagt eine Frau.
"Ich hab ihn“, sage ich. Und zwar einen Kolumnentitel.