So ist Kundenärger vorprogrammiert: überraschende Fahrpreis- und
Automatentücken.
Die Funktionstaste „ÜBER“ am Bildschirm zeigt allfällige auswählbare
Alternativrouten zum Ziel an. Und oft auch Tarifvarianten, nämlich neben dem
lokalen Verbundtarif auch den ÖBB-Tarif. Der bei Fahrten innerhalb eines
Verkehrsverbundgebietes – automatisch – angezeigte Verbundpreis ist nicht immer
auch der günstigste Fahrpreis. Beispiel Amstetten–St. Valentin: Der Automat gibt
einen Preis von 5,80 Euro bekannt (Tarif des VVNB, Verkehrsverbund
Niederösterreich/Burgenland). Der ÖBB-Tarif kostet bloß 5,60 Euro.
Es gilt der Verbundtarif. Aber, belehren die ÖBB, alles
Tarifvergleichen ist graue Theorie, denn in jedem Verkehrsverbund gilt die
Tarifhoheit des Verbundes, also ist nur eine Fahrkarte gemäß Verbundtarif
gültig. Doch woher soll der preisbewusste Kunde, der alle Angebote des Automaten
durchprobiert und die günstigste Fahrkartenvariante auswählt, das wissen, wenn
ihn der Automat nicht warnt?
Das stehe doch in den Tarifbestimmungen der ÖBB, die jeder Fahrgast mit dem
Erwerb einer Fahrkarte anerkennt, so die Auskunft aus der ÖBB-Zentrale. Doch
dieses umfangreiche Regelwerk ist in der Praxis für den Kunden kaum
zugänglich.
So kann das Auswahlfeld „ÜBER“ also den preisbewussten Bahnkunden ordentlich
aufs Glatteis führen: wenn er sich nämlich für den ÖBB-Tarif statt des
Verbundtarifs entscheidet und so nach dem Buchstaben der ÖBB-Tarifbestimmungen
eine ungültige Fahrkarte ausdruckt! Zwar ist uns noch kein solcher Fall bekannt
geworden, aber der Schaffner im Zug könnte einen solchen Fahrschein nach dem
Buchstaben des (ÖBB-)Gesetzes für ungültig erklären.
Wo 50 Prozent weniger als 50 Prozent sind. Kein Unsinn, der nicht
begründbar wäre: So nennen die ÖBB als Grund für das Aufscheinen des ÖBB-Tarifs
als wählbare, aber nicht erlaubte Alternative die 50-Prozent-Ermäßigung, die
beim Besitz einer der diversen Vorteilscards gewährt wird! Denn diese
50-Prozent-Ermäßigung gewähren bei mehreren Vorteilscard-Varianten nur die ÖBB
auf ihren Haustarif – die 50 Prozent werden dann vom ÖBB-Tarif berechnet.
Ausnahmen: Die Vorteilscards Senioren und Spezial werden von den meisten
Verkehrsverbünden anerkannt – nicht vom Verkehrsverbund Ostregion VOR –, sie
gewähren die 50-prozentige Ermäßigung auf ihren Verkehrsverbundtarif.
Verärgerung von Stammkunden. Damit ist die Verwirrung wohl endgültig
und die Verärgerung ausgerechnet der Stammkunden mit allen anderen Varianten der
Vorteilscard (etwa Classic oder Familie) im wahrsten Sinn des Wortes
„vorprogrammiert“. Denn für diese berechnet der Automat (durchaus korrekt) die
50-Prozent-Ermäßigung vom ÖBB-Tarif und nicht vom zuvor angezeigten und für den
Kunden ersichtlichen (Verkehrsverbund-)Vollpreis.
Kuriose Rechnung. So kann also beispielsweise Folgendes passieren: Am
Automat wird für eine Strecke ein Preis von 12 Euro ausgewiesen. Der Kunde gibt
sich dem Automaten nun als Besitzer einer Vorteilscard Classic zu erkennen, um
in den Genuss seiner 50-Prozent-Ermäßigung zu kommen. Und der Automat rechnet
ihm einen Preis von 6,60 statt der erwarteten 6 Euro vor. Logisch, dass sich der
Kunde über den vermeintlich um 60 Cent zu hohen Preis ärgert. Die Lösung liegt
darin, dass die gewählte Strecke in einem Verbundgebiet liegt und daher zuerst
einmal der Verkehrsverbund-Vollpreis von 12 Euro angezeigt wird. Die (gerundete)
50-Prozent-Ermäßigung für eine Vorteilscard, die im Verbund nicht anerkannt
wird, berechnet der Automat aber völlig richtig – ohne allerdings den Kunden
aufzuklären – automatisch vom Vollpreis des ÖBB-Tarifs in der Höhe von 13,30
Euro. Worauf der mitrechnende Kunde – auch völlig richtig – zu dem Schluss
kommen muss: Die spinnen, die Automaten!