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ÖBB: Fahrkartenautomaten - Automatisch Ärger

  • Etwa jeder zehnte Automat war defekt
  • Fehlende Erklärungen erschweren die Benützung

Seit dem Jahr 2001 werden ÖBB-Bahnhöfe mit neuen „Touch-Screen-Automaten“ ausgestattet. An ihnen kann sich der Bahnkunde selbst seine Fahrkarte zu einem beliebigen Bahnhof in Österreich ziehen. Mittlerweile sind alle geplanten Automaten aufgestellt: rund 600, verteilt auf etwa 350 Bahnhöfe und Haltestellen in ganz Österreich, bis Jahresende sollen sie sukzessive in Betrieb gesetzt sein. 105 Automaten in Triebwagen auf Regionalbahnen werden noch folgen.

Frust mit Selbstbucherbonus

Dabei ist den ÖBB das Kunststück gelungen, sich mit dieser neuen Automatengeneration bereits vor der Aufstellung jede Menge Ärger einzuhandeln. Denn die ÖBB lieben es, Neuerungen mit der Abschaffung alter, vielfach lieb gewonnener Angebote zu verknüpfen. So wurde im Jahr 2001 die generelle 50-Prozent-Ermäßigung für Besitzer einer ÖBB-Vorteilscard auf 45 Prozent reduziert. Nur „Selbstbucher“, die den ÖBB Arbeit ersparen und ihre Fahrkarte am Automaten oder übers Internet selber ausdrucken, erhielten weiterhin den alten 50-Prozent-Rabatt. Jedoch: Noch monatelang nach Einführung dieser Regelung gab es diese Automaten bloß an wenigen Bahnhöfen. Viele preisbewusste Bahnkunden sahen sich um den „Selbstbucher-Bonus“ geprellt und ärgerten sich über die neuen Automaten, noch bevor sie überhaupt einen zu Gesicht bekommen hatten. Und dann sorgten „Kinderkrankheiten“ für verärgerte Kunden und böses Medienecho.

In 27 Bahnhöfen insgesamt 72 Automaten überprüft

Grund genug für uns, zu überprüfen, wie sich die neuen Automaten im Alltag tatsächlich schlagen. Im Oktober 2002 waren die „Konsument“-Tester unterwegs und überprüften in 27 Bahnhöfen in Wien und Niederösterreich die Funktionsfähigkeit der insgesamt 72 dort aufgestellten Automaten. Dabei wurde stets eine Einzelfahrkarte für ein Ziel im Inland ausgewählt und der Name des Zielbahnhofs über das Tastatur-Display eingegeben. Gemessen wurde die Reaktionszeit des Systems und der Eingabesensoren, also wie lange der Automat zur Erledigung des Auftrags brauchte. Auch die Verfügbarkeit der verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten wurde überprüft.

Technische Defekte bei zirka 11 Prozent

Vorweg: Bei 8 von 72 Automaten (zirka 11 Prozent) wurden technische Defekte festgestellt, die in vier Fällen den gewünschten Fahrkartenkauf komplett unmöglich und in vier weiteren Fällen nur mit Einschränkungen möglich machten. Bei 2 Automaten war ein Totalausfall zu verzeichnen, bei 3 reagierten die angetippten Sensorfelder nicht oder nicht richtig, und bei den restlichen 3 war keine bargeldlose Zahlung möglich. In 7 der 8 Defektfälle war das Ausweichen auf einen anderen, funktionstüchtigen Automaten am selben Bahnhof möglich. Die Anzahl der Defekte bewegte sich somit im bei Automaten üblichen Rahmen.

Defekte kosten Nerven und Geld

Doch die Folgen dieser Ausfallsquote sind für Konsumenten ungleich ärgerlicher als etwa bei Kaugummi-, Getränke- oder Zigarettenautomaten, kann doch bei einem ÖBB-Fahrscheinautomaten ein Nichtfunktionieren den Kunden teuer zu stehen kommen. Denn er fällt um die speziellen Automaten-Vergünstigungen um: einerseits, wenn er eine Vorteilscard hat, um den 5-prozentigen „Selbstbucherbonus“; andererseits, wenn die bargeldlose Zahlung nicht funktioniert, um die Benützung des neuen Bonus-Programms für Vorteilscard-Inhaber. Und wenn kein geöffneter Fahrkartenschalter vorhanden ist, muss der Kunde die Karte im Zug kaufen und, wenn der Schaffner den Defekt nicht glaubt, einen Preisaufschlag bezahlen.

Ohne Grundkenntnisse kaum beherrschbar

Auch einwandfrei funktionierende ÖBB-Fahrscheinautomaten verlangen vom Fahrgast mehr als bloße Fingerfertigkeit, um zum gewünschten Fahrschein zu kommen. Mit Grundkenntnissen des Tarifsystems des lokalen Verkehrsverbundes steigen die Chancen, dem Automaten den gewünschten Fahrschein zum richtigen Preis zu entlocken, deutlich. Auch Vertrautheit im Umgang mit Computern (z.B. richtige Deutung der farblichen Unterscheidung aktivierter von deaktivierten Bedienungsfeldern) erleichtert das Zurechtfinden sehr. Beides setzen die ÖBB offenbar voraus, denn erklärende Hilfstexte, die Unwissenden auf die Sprünge helfen könnten, fehlen. Selbst bei Fehleingaben bzw. ungültigen Eingaben sind die Rückmeldungen des Automaten sehr mangelhaft.

Fehlendes Wechselgeld

Die störende Langsamkeit – sie war immer wieder Anlass für Beschwerden – ist offensichtlich behoben: Bei den funktionierenden Automaten haben unsere Tester durchwegs kurze Reaktionszeiten festgestellt. Das System reagiert im Grunde sofort (zirka 1 Sekunde) auf Eingaben, nur bei vereinzelten Funktionen (z.B. „Neustart“) war eine etwas längere Bearbeitungszeit erkennbar. Auch bei der Rückgeld- und Fahrkartenausgabe arbeitete das System durchwegs effizient, warf Geld und Karte nach maximal 6 Sekunden aus. Bei entsprechender Geübtheit dauert der ganze Vorgang weniger als eine Minute.

Zum einwandfreien Betrieb gehört auch, dass ein Automat ausreichend mit Wechselgeld bestückt ist. Das war bei etwa jedem zehnten Automaten ein Problem, noch dazu an so stark frequentierten Stationen wie den Wiener Bahnhöfen West, Süd und Meidling sowie in St. Pölten und Leobersdorf. Wer in so einer Situation den Betrag nicht genau dabeihat, muss sich auf die oft mühsame Suche nach Wechselmöglichkeiten machen.

Übrigens: Warum 20-Cent-Münzen in den Automaten nicht verwendet werden können, ist unverständlich.

Fahrpreis-Berechnung: Grundsätzlich berechnet der Automat den Fahrpreis gemäß dem Tarif des Verkehrsverbundes seines „Heimatbahnhofs“, wenn der Fahrgast ein Ziel innerhalb dieses Verkehrsverbundes auswählt. Liegt der Zielbahnhof außerhalb des Verbundgebietes, wird gemäß ÖBB-Tarif berechnet. Wer eine ÖBB-Vorteilscard besitzt, kann dies über den Button „Ermäßigungen” dem Automaten mitteilen. Auch Wochen- und Monatskarten können am Automaten gekauft werden. Reisen mehrere Personen gemeinsam, errechnet der Automat bei Eingabe der Personenanzahl automatisch die zutreffende Gruppenermäßigung.

„Ab Stadtgrenze“: Die Option „Ab Stadtgrenze” – für den Fall, dass man für das Stadtgebiet bereits eine gültige Fahrkarte hat – setzt einiges an Wissen voraus. So muss man etwa in Wien „seine” richtige Stadtgrenze aus zehn möglichen auswählen. Bei Fahrten in die Großstädte hinein gibt es eine derartige Option nicht – man muss den Stadtgrenze-Bahnhof wissen und eingeben.

„+ Stadtverkehr”: Bei Städten, die einen in den lokalen Verkehrsverbund integrierten öffentlichen Verkehr haben, bietet der Automat, solange man sich innerhalb des lokalen Verkehrsverbundes bewegt, Fahrkarten „+ Stadtverkehr”, die eine einfache Fahrkarte für die Weiterfahrt am Zielort einschließen.

Nicht nur Bahnhöfe als Ziele: Es können alle Bahnhöfe in Österreich als Ziel ausgewählt werden. Zusätzlich sind je nach Standort des Automaten meist auch Fahrkarten zu Zielen an den Buslinien des örtlichen Verkehrsverbundes erhältlich. (Noch) nicht jedoch im Verkehrsverbund Ostregion (VOR) und den Verkehrsverbünden in Oberösterreich und Kärnten.

Groteske Streckenvorschläge als Falle: Gelegentlich schlägt der Automat groteske Strecken vor, die unaufmerksame Kunden einiges Geld kosten können. Zum Beispiel bei Krems an der Donau–St. Pölten: Die Automaten im VOR-Bereich „kennen” die direkte Bahnverbindung nicht und geben einen Preis von 12 Euro an, was einer Streckenführung über Wien(!) entspricht. Der richtige „direkte Weg” kostet nur 4,50 Euro – der Kundige kann ihn über das Auswahlfeld „Über” auswählen.

 

So ist Kundenärger vorprogrammiert: überraschende Fahrpreis- und Automatentücken.

Die Funktionstaste „ÜBER“ am Bildschirm zeigt allfällige auswählbare Alternativrouten zum Ziel an. Und oft auch Tarifvarianten, nämlich neben dem lokalen Verbundtarif auch den ÖBB-Tarif. Der bei Fahrten innerhalb eines Verkehrsverbundgebietes – automatisch – angezeigte Verbundpreis ist nicht immer auch der günstigste Fahrpreis. Beispiel Amstetten–St. Valentin: Der Automat gibt einen Preis von 5,80 Euro bekannt (Tarif des VVNB, Verkehrsverbund Niederösterreich/Burgenland). Der ÖBB-Tarif kostet bloß 5,60 Euro.

Es gilt der Verbundtarif. Aber, belehren die ÖBB, alles Tarifvergleichen ist graue Theorie, denn in jedem Verkehrsverbund gilt die Tarifhoheit des Verbundes, also ist nur eine Fahrkarte gemäß Verbundtarif gültig. Doch woher soll der preisbewusste Kunde, der alle Angebote des Automaten durchprobiert und die günstigste Fahrkartenvariante auswählt, das wissen, wenn ihn der Automat nicht warnt?

Das stehe doch in den Tarifbestimmungen der ÖBB, die jeder Fahrgast mit dem Erwerb einer Fahrkarte anerkennt, so die Auskunft aus der ÖBB-Zentrale. Doch dieses umfangreiche Regelwerk ist in der Praxis für den Kunden kaum zugänglich.

So kann das Auswahlfeld „ÜBER“ also den preisbewussten Bahnkunden ordentlich aufs Glatteis führen: wenn er sich nämlich für den ÖBB-Tarif statt des Verbundtarifs entscheidet und so nach dem Buchstaben der ÖBB-Tarifbestimmungen eine ungültige Fahrkarte ausdruckt! Zwar ist uns noch kein solcher Fall bekannt geworden, aber der Schaffner im Zug könnte einen solchen Fahrschein nach dem Buchstaben des (ÖBB-)Gesetzes für ungültig erklären.

Wo 50 Prozent weniger als 50 Prozent sind. Kein Unsinn, der nicht begründbar wäre: So nennen die ÖBB als Grund für das Aufscheinen des ÖBB-Tarifs als wählbare, aber nicht erlaubte Alternative die 50-Prozent-Ermäßigung, die beim Besitz einer der diversen Vorteilscards gewährt wird! Denn diese 50-Prozent-Ermäßigung gewähren bei mehreren Vorteilscard-Varianten nur die ÖBB auf ihren Haustarif – die 50 Prozent werden dann vom ÖBB-Tarif berechnet. Ausnahmen: Die Vorteilscards Senioren und Spezial werden von den meisten Verkehrsverbünden anerkannt – nicht vom Verkehrsverbund Ostregion VOR –, sie gewähren die 50-prozentige Ermäßigung auf ihren Verkehrsverbundtarif.

Verärgerung von Stammkunden. Damit ist die Verwirrung wohl endgültig und die Verärgerung ausgerechnet der Stammkunden mit allen anderen Varianten der Vorteilscard (etwa Classic oder Familie) im wahrsten Sinn des Wortes „vorprogrammiert“. Denn für diese berechnet der Automat (durchaus korrekt) die 50-Prozent-Ermäßigung vom ÖBB-Tarif und nicht vom zuvor angezeigten und für den Kunden ersichtlichen (Verkehrsverbund-)Vollpreis.

Kuriose Rechnung. So kann also beispielsweise Folgendes passieren: Am Automat wird für eine Strecke ein Preis von 12 Euro ausgewiesen. Der Kunde gibt sich dem Automaten nun als Besitzer einer Vorteilscard Classic zu erkennen, um in den Genuss seiner 50-Prozent-Ermäßigung zu kommen. Und der Automat rechnet ihm einen Preis von 6,60 statt der erwarteten 6 Euro vor. Logisch, dass sich der Kunde über den vermeintlich um 60 Cent zu hohen Preis ärgert. Die Lösung liegt darin, dass die gewählte Strecke in einem Verbundgebiet liegt und daher zuerst einmal der Verkehrsverbund-Vollpreis von 12 Euro angezeigt wird. Die (gerundete) 50-Prozent-Ermäßigung für eine Vorteilscard, die im Verbund nicht anerkannt wird, berechnet der Automat aber völlig richtig – ohne allerdings den Kunden aufzuklären – automatisch vom Vollpreis des ÖBB-Tarifs in der Höhe von 13,30 Euro. Worauf der mitrechnende Kunde – auch völlig richtig – zu dem Schluss kommen muss: Die spinnen, die Automaten!

 

Nehmen Sie sich Zeit. Probieren Sie einmal ohne Zeitdruck alle möglichen Optionen aus, um den „Blechschaffner“ kennen zu lernen. Kalkulieren Sie einen gewissen Zeitbedarf für das Kartenlösen ein – auch am Automaten kommt es vor, dass Sie sich (vor allem in Hauptverkehrszeiten) anstellen oder wegen eines Eingabefehlers die Prozedur wiederholen müssen.

Nützen Sie die bargeldlose Zahlung. So vermeiden Sie das Risiko, vor Ort plötzlich mangels passender Banknoten und Münzen Wechselgeld auftreiben zu müssen.

Rückerstattung bei Störung. Bei Ausfall oder Störung des Automaten müssen Sie die Fahrkarte (am Schalter oder beim Schaffner) zum teureren Preis kaufen. Die Differenz zum günstigeren Preis können Sie sich mit dem Formular „Erstattungsantrag“ zurückzahlen lassen. Achtung: Dazu benötigen Sie die Nummer des gestörten Automaten, Datum und Uhrzeit der Transaktion. Den Erstattungsantrag füllen Sie am besten gleich am Fahrkartenschalter des Zielbahnhofes aus. Sie können den Erstattungsantrag mit der Originalfahrkarte auch direkt an folgende Adresse schicken: ÖBB, „Fahrpreisrückerstattung“, Praterstern 3, 1020 Wien.

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