ÖBB - Die Nachteilscard
Neue Vorteile als Trostpflaster
Die Bahn jedoch verweist auf neue Zuckerln. Auf Vergünstigungen für Unter-26-Jährige (sie zahlen läppische 250 Schilling für die Vorteilscard) sowie auf die kostenlose Zahlfunktion (für den Kartenkauf am Bahnschalter und im Internet). Viele andere ÖBB-Dienstleistungen (zum Beispiel Radverleih oder Gepäcktransport) sind ebenfalls ermäßigt. Partner wie Carsharing oder Reiseversicherung gewähren Rabatte (Übersicht unter: www.vorteilsclub.at). Sogar eine eigene Hotline wurde eingerichtet: (01) 930 00-36457. Vermutlich, weil es kompliziert wird, wenn man weiterhin 50 Prozent Ermäßigung bei den Tickets haben will.
Nicht jeder hat Internet
Eine Möglichkeit ist das Internet. Dabei wird die Fahrkarte per Post zugeschickt oder am hauseigenen PC ausgedruckt (so man über Kreditkarte oder Bezahlfunktion verfügt). Senioren und Menschen mit geringem Einkommen werden diskriminiert. Sie gehören nicht zu den typischen Internet-Usern, sind aber oft auf die Bahn angewiesen. Nachteil Nummer zwei: Anders als Schalterkarten, die bis zu zwei Monate gültig sind, gelten Internet-Bahnkarten nur am angegebenen Tag.
Zudem muss man für die Sitzplatzreservierung erst wieder zum Bahnschalter. Die Buchungszentrale in Frankfurt ist nicht mit dem System vernetzt. Weiterer Schönheitsfehler: Mit der „vorläufigen Vorteilscard“ funktioniert der Internet-Kauf nicht. Die erhält, wer erstmalig eine Vorteilscard bestellt, weil das Ausstellen ein paar Wochen dauert. Somit kann man die Vorteile nicht sofort voll nützen, wie uns ein erboster Leser schrieb. Ein anderer vermisste Flexibilität durch den Zwang zum Vorab-Kauf: „Da muss ich vorher schon wissen, wo ich bei einer Radtour wieder in den Zug einsteige.“
Automaten fehlen noch
Auch der Verweis auf den Erwerb an Automaten treibt die Kunden auf die Palme. Da soll es weiterhin 50 Prozent Preisnachlass geben, aber die Automaten stehen noch nicht. Wegen Softwareproblemen, so die Auskunft der ÖBB-Pressestelle. Die neuen Geräte sollen den Kartenkauf kinderleicht machen; man tippt einfach auf den Bildschirm – wenn sie erst da sind. Der Tipp der Bahn zum Besänftigen des Unmuts: Bei schon vorhandenen Nahverkehrs-Automaten eine Teilstrecke lösen und den Rest beim Zugschaffner aufzahlen. Auch so lukriert man die 50 Prozent. Aber nicht den Tarif eines Verkehrsverbundes wählen! Zudem muss man an einen Schaffner geraten, der sich auskennt. Nicht wie Frau K., die trotz Automaten-Karte nur 45 Prozent Ermäßigung für die restliche Fahrstrecke bekam und zusätzlich 30 Schilling Ausgabezuschlag berappen musste. Wer genauso einfährt, muss reklamieren.
Handyticket mit Hindernissen
Noch trickreicher ist der Kauf über Handy. Das funktioniert als SMS nur über A1, nicht bei den drei anderen Netzbetreibern. Die Eingabe ist kompliziert und ein Handy-Display ist winzig. Man muss scrollen, um den elektronischen Fahrschein vorzuzeigen. Dabei könnte dieser unversehens verloren gehen. Für Kurzstrecken ist das Handyticket unbrauchbar, weil mindestens 71 km berechnet werden. Alles keine Voraussetzungen für einen rauschenden Erfolg. Die Nachfrage ist entsprechend gering.
Nach wie vor gibt es bei Tickets mit Vorteilscard keine Fahrpreiserstattung, falls die Karte nicht benützt wurde. Besonders ärgerlich ist das bei Internet-Tickets, die nur einen Tag lang gelten. Hat man sich etwa beim Datum geirrt, lässt sich die Buchung nicht mehr rückgängig machen. Nicht einmal, wenn man den Irrtum sofort bemerkt. Etwas Kulanz wäre hier gefragt. Sonst wird auch die Internet-Buchung wohl nur ein Schattendasein führen.