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Triclosan - Mit Kanonen auf Spatzen

Was seit Jahrzehnten im Krankenhaus ganz im Sinne der Gesundheit eingesetzt wird, müsste sich doch auch im Alltag bewähren – sollte man denken, es ist aber nicht so.

Bedenkliche Chemikalie

Was haben Socken, Haushaltsreiniger und Zahncremen gemeinsam? Sie alle können Triclosan enthalten, eine chemische Verbindung mit antibakterieller und konservierender Eigenschaft. Dieses sogenannte Biozid ist nicht neu. Seit ungefähr 50 Jahren wird es erfolgreich in Spitälern als Desinfektionsmittel eingesetzt. Und was sich dort bewährt, müsste doch auch im Alltag nutzbringend zu verwenden sein. In der Tat verwenden einige Hersteller die Chemikalie in Textilien, um Schweißgeruch zu verhindern, in Reinigungsmitteln, um für blitzblanke, keimfreie Küchen zu sorgen, und in Zahnpflegemitteln, um die Plaquebildung zu unterbinden. Doch was auf den ersten Blick nach einem wunderbaren Universalmittel aussieht, erweist sich bei genauerer Betrachtungsweise als ernstes Problem.

Gefahr von Resistenzen

Im Krankenhaus kommt Triclosan in hohen Konzentrationen zum Einsatz, und das garantiert, dass auch tatsächlich alle Bakterien abgetötet werden. In manchen Produkten für den Alltag ist die Konzentration des chlorierten Diphenylethers dagegen niedriger, und zwar so niedrig, dass manche Bakterien vernichtet werden,

    Hygiene in der Küche (Foto: Miele)
Alles blitzblank – eine übertriebene Hygiene im Haushalt mit antimikrobiell wirksamen Produkten kann die Resistenzbildung von Bakterien fördern.
andere aber nicht. Diese sind nun in der Lage, Resistenzen gegen den Bakterienkiller zu entwickeln. Und das bedeutet wiederum, dass sie im Ernstfall, nämlich im Spital, nicht mehr so leicht abgetötet werden können. Eine Gefahr, die mit der gefürchteten Antibiotikaresistenz zu vergleichen ist – der unsachgemäße, und das heißt vor allem maßlose und unreflektierte Antibiotikaeinsatz bei jedem Wehwehchen führt dazu, dass Bakterien sich etwa durch Mutation so verändern können, dass sie gegen Angriffe unempfindlich werden. Aus diesem Grund hat Triclosan im Haushalt nichts verloren, vor allem auch, weil es völlig überflüssig ist.

Deklarationspflicht mit Lücken

Für die Inhaltstoffe von Kosmetika und Reinigungsmitteln besteht seit 1997 in der EU eine Deklarationspflicht. Bei diesen Produkten muss also auch Triclosan in der Liste der Zusatzstoffe angegeben werden. Anders bei Gebrauchsgegenständen oder Textilien – hier ist eine Kennzeichnung nicht vorgeschrieben. Dem Konsumenten fehlt somit eine wichtige Information. Er kann sich höchstens an Angaben wie „verhindert Schweißgeruch“ oder „enthält antibakterielle Mittel“ orientieren. Die freiwilligen Angaben der Firmen, gedacht, um ein vermeintliches Qualitätsmerkmal hervorzuheben, sollten eher als Warnhinweis gelesen werden. Viele dieser Textilien wie Radlerhosen oder Joggingsocken enthalten nämlich Triclosan als Desinfektionsmittel, das auch hier, um es vorsichtig auszudrücken, als nicht unbedenklich anzusehen ist. Im Interesse der Konsumenten wäre daher eine Deklarationspflicht für alle antibakteriell wirksamen Substanzen in Textilien und Gebrauchsgegenständen wünschenswert.

Großangriff auf Bakterien

Der Bakterienkiller steht im Verdacht, unseren natürlichen Schutzmantel, die Hautflora, aus dem Gleichgewicht zu bringen, tötet er doch nicht nur krank machende Keime ab, sondern auch nützliche. Dieses Problem stellt sich genauso bei Triclosan-haltigen Zahnpasten, da sich ihr Großangriff gegen die gesamte Mundflora richtet und sie keinen Unterschied zwischen Freund und Feind machen.

Triclosan wird über Haut und Schleimhäute aufgenommen und konnte bereits in der Muttermilch nachgewiesen werden. Das lässt erkennen, dass wir es mit einer schwer abbaubaren Substanz zu tun haben. Welche konkreten Gesundheitsrisiken damit verbunden sind, kann dagegen nicht so einfach gesagt werden.

Chemikalien sind äußerst komplex

Würde das Triclosan-haltige Sporthemd zu Hautausschlägen führen, wäre die Sache klar. Und das Biozid längst verboten. Derart einfache Wenn-dann-Kausalbeziehungen können bei Chemikalien allerdings vielfach nicht hergestellt werden. Denn erstens muss immer die Dosis berücksichtigt werden. Zweitens kann eine

  Haushaltsreiniger (Foto: Archiv)
Antibakterielle Haushaltsreinigungsmittel sind unserer Meinung nach entbehrlich.
Ausgangssubstanz völlig harmlos sein, aber in Verbindung mit einer anderen toxisch. So hat man bei Triclosan herausgefunden, dass sich unter Sonneneinstrahlung beim Abbau der Chemikalie hochgiftige chlorierte Dioxine bilden können.

Und drittens kann die Reaktion ganz unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, um ein Kind oder eine ältere Person. Zurzeit sind in der EU 102.000 chemische Substanzen registriert und zugelassen und kein Mensch vermag zu sagen, wie jede einzelne in allen möglichen Verbindungen wirkt. Aus diesem Grund wollen wir hier auch diese Einschränkung machen: Wenn wir uns gegen Triclosan aussprechen, so wollen wir damit nicht ausschließen, dass es andere zugelassene chemische Verbindungen geben mag, die vielleicht noch bedenklicher und nur noch nicht als Gefahrenträger erkannt worden sind.

Schwerwiegende Argumente

Warum ist die zuständige EU-Behörde noch nicht gegen Triclosan eingeschritten? Damit eine erteilte Zulassung wieder entzogen wird, müssen schon sehr gewichtige Argumente vorgebracht werden. Zuletzt war das beispielsweise bei MDGN (Methyldibromo Glutaronitril) der Fall, einem Konservierungsstoff, dem nachgewiesen wurde, dass er Kontaktdermatitis auslösen kann. Nun darf er nicht mehr in Handcremen verwendet werden (wohl aber noch in Haarshampoos).

Einstweilen zugelassen

Triclosan steht immerhin in Diskussion. Das maßgebliche wissenschaftliche EU-Beratungsgremium hat im Oktober 2006 darauf hingewiesen, dass für eine endgültige Bewertung noch weitere Daten notwendig seien. Einstweilen ist Triclosan laut Kosmetikverordnung als Konservierungsmittel mit einem Anteil bis zu 0,3 % zugelassen. „Der Einsatz in höherer Konzentration für alternative Verwendung in kosmetischen Mitteln wurde mit den Stimmen Österreichs 2007 verboten“, teilt die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH [ AGES ] mit.

Wir meinen, dass das Vorsorgeprinzip zu berücksichtigen ist. Gerade die drohende Resistenzbildung ist in unseren Augen ein ernsthaftes Problem, freilich eines, das der Öffentlichkeit nur schwer vermittelbar ist, da sich die Folgen nicht schon hier und jetzt zeigen, sondern vielleicht erst in einigen Jahren. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt deshalb in einer Stellungnahme, „den Einsatz von Triclosan auf das unbedingt notwendige Maß im ärztlichen Bereich zu beschränken“.

Die erfreuliche Nachricht: Manche Firmen wie beispielsweise Henkel verzichten inzwischen freiwillig auf Triclosan. Die Aufklärungsarbeit von Konsumenten- und Umweltschützern scheint langsam doch Früchte zu tragen.

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