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Sprachassistenten - Unheimlich genial

Die TV-Fernbedienung war jahrzehntelang Grundausstattung aller Couch-Potatoes. Nicht einmal die hätten sich träumen lassen, dass sie eines Tages noch übertroffen würde. Die intelligenten Helfer haben allerdings auch deutliche Schwächen und Schattenseiten.

Sprachassistenten wie Alexa (Amazon), Google Assistant, Cortana (Microsoft) oder Siri (Apple) haben sich nicht nur auf unseren Computern und Smartphones eingenistet. Vorerst zwei von ihnen (Alexa und Google Assistant) finden sich als Wegbereiter des Internets der Dinge auch in unseren Wohnungen wieder, die dank ihnen zu „Smart Homes“ mutieren.

Persönliche Assistenz für zu Hause

Dort führen sie in Gestalt intelligenter Lautsprecher unsere Anordnungen aus, indem sie unsere Lieblingsmusik abspielen, einen Nachrichtenüberblick bringen, das Licht einschalten, die Heizung regeln, den Wetterbericht liefern, eine Internetsuche durchführen, eine Einkaufsliste erstellen, den Kalender verwalten und auf Wunsch Witze erzählen. Bei Amazon ist sogar der Online- Einkauf mittels Sprachbefehlen möglich. Für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen können Sprachassistenten ein Segen sein. Wie sich zeigt, gibt es unter den Nutzern mittlerweile auch etliche ältere Semester, die sich davor den neuen Medien verschlossen hatten, nun aber in dieser Form die Vorteile für sich entdeckt haben. Dass ein Sprachassistent im Haushalt allerdings Voraussetzung ist, um das Familienglück perfekt zu machen, wie die Fernsehwerbung suggeriert, darf bezweifelt werden – auch wenn man in der Praxis fast automatisch dazu neigt, ihn ähnlich wie ein Haustier in den Familienverband mit aufzunehmen.

Stiefkind Datenschutz

Über all den positiven Aspekten schwebt nämlich als Damoklesschwert des digitalen Zeitalters die Datenschutzfrage. Eine der Bedingungen für die Nutzung und das erwartungsgemäße Funktionieren eines Sprachassistenten ist ein Konto bei einem der oben genannten Anbieter. Dazu kommt die Notwendigkeit, dass die gesprochenen Anfragen zwecks Verarbeitung online weitergeleitet werden (WLAN-Anbindung ist Pflicht!) – auf jeden Fall zum Anbieter selbst und bei Bedarf auch an einen mit ihm kooperierenden Dritten. Weder Amazon noch Google haben zum Beispiel einen eigenen Wetterdienst oder Radiosender; sie lassen die benötigten Informationen von einem Partnerunternehmen liefern.

Frage der Daten

Die gesamte Kommunikation mit dem Assistenten wird protokolliert, um den Nutzer (als Person und als potenziellen Werbekunden) immer besser kennenzulernen. Darüber hinaus wird sie sprachlich analysiert, um die Spracherkennung weiter zu verfeinern. Dies kann auch unbeteiligte Dritte treffen, die sich im Hintergrund unterhalten.

Daten aus unterschiedlichen Quellen

Was im ersten Moment unbedenklich erscheint, bereitet doch ein wenig Kopfzerbrechen, wenn man weiß, dass sich etwa Google das Recht einräumen lässt, Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen. Das Identifizieren von im Raum anwesenden Personen rückt so zumindest in den Bereich des Möglichen. Informationen wie die IP-Adresse, der Standort oder die verwendete Hard- und Software werden übrigens nebenbei „mitgenommen“. Angesichts dessen ist es eigentlich fast nicht relevant, ob die Assistenten tatsächlich ständig mitlauschen oder nicht – was wahrscheinlicher ist.

Kein Datenstrom im Ruhezustand

Auf jeden Fall wird dieses Thema selbst bei den Fans der smarten Helfer heiß diskutiert. Fest steht: Das Mikrofon muss ständig empfangsbereit sein, damit die Systeme ihr jeweiliges Aktivierungswort (z.B. Okay, Google!; Hey, Siri!) nicht verpassen. Im Ruhezustand lässt sich aber – wie u.a. die Stiftung Warentest festgestellt hat – kein Datenstrom nachweisen. Die Verbindung zum Anbieterserver wird erst aufgebaut, wenn man den Sprachassistenten durch Zuruf aufweckt. Was man nicht verhindern kann, sind allfällige irrtümliche Aktivierungen durch ähnlich klingende Wörter.

Lückenhafte Informationen

Wesentlich beunruhigender ist, dass sich nicht genau klären lässt, was mit all den Nutzerdaten sonst noch geschieht, wer sie in die Hände bekommt, wann und ob sie wieder gelöscht werden. Die Datenschutzerklärungen sind diesbezüglich wenig aufschlussreich, zum Testzeitpunkt oft nicht an die europäische Gesetzgebung angepasst, und die meist in den USA beheimateten Unternehmen selbst geben sich zugeknöpft. Eine konkrete Anfrage der Stiftung Warentest beantwortete Amazon am ausführlichsten – und das war schon alles andere als erschöpfend. Immerhin wurde aber angegeben, dass die Sprachaufzeichnungen auf Servern im EU-Raum gespeichert werden und von den Nutzern selbst online gelöscht werden können. Noch größer waren die Lücken bei Microsoft, während die übrigen Anbieter erst gar nicht reagierten.

Rahmenbedingungen für das Internet der Dinge?

Gesetzliche Rahmenbedingungen fehlen

Was (nicht nur hierzulande) bisher fehlt, sind spezifische gesetzliche Rahmenbedingungen für das Internet der Dinge. Schließlich bringen neue technische Möglichkeiten neue Risiken mit sich (man denke nur an die selbstfahrenden Autos). Das beinhaltet auch Fragen der Haftung und des Schadenersatzes bei Fehlfunktionen (z.B.: ein elektronisches Türschloss sperrt den Nutzer dauerhaft aus, sodass es aufgebrochen werden muss, oder der Heizungsthermostat dreht während des Urlaubs selbstständig auf und treibt die Energierechnung in die Höhe).

Vernetzung im Alltag: Rechtssicherheit schaffen

Auf bestehende allgemeine Regelungen zurückzugreifen, wird im Einzelfall vermutlich zu wenig sein, um für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen – und wir stehen erst am Beginn der Vernetzung unseres Alltags. In diesem Zusammenhang wirkt die Nachricht, dass es US-amerikanischen und chinesischen Forschern unter Laborbedingungen gelungen ist, über unhörbare Signale die Steuerung von intelligenten Lautsprechern zu übernehmen, auch nicht gerade beruhigend. Das könnte Hackern Tür und Tor öffnen, und das im wahrsten Sinn des Wortes. Hat man erst einmal die Steuerungszentrale übernommen, ist jedes smarte Türschloss leicht zu knacken.

Was die smarten Helfer leisten

Wir haben uns (so wie auch unsere Kollegen von der Stiftung Warentest) die aktuell verfügbaren Sprachassistenten hinsichtlich ihrer Alltagstauglichkeit angeschaut. Die Ergebnisse beider Praxistests mit den Vor- und Nachteilen der einzelnen Assistenten finden Sie in den Kästen beschrieben. Ausgeklammert haben wir nur Bixby von Samsung, weil dieser lediglich auf den Top- Smartphones des Herstellers ab Galaxy S8 und S8+ verfügbar ist und bisher nur Englisch und Koreanisch beherrscht.

Google Assistant

Googles Sprachassistent ist seit 2012 auf Android-Smartphones vorinstalliert (damals noch unter dem Namen Google Now) und arbeitet dort sehr überzeugend (Tätigen von Anrufen, Verfassen von Nachrichten, Internetsuche etc.). Der Einstieg ins Geschäft mit den intelligenten Lautsprechern erfolgte allerdings mit Verzögerung. Nun hechelt man mit dem Google Home (mehrere Modelle, ab 45 Euro) dem Konkurrenten Amazon hinterher, ohne dass man bisher marktanteilsmäßig aufschließen hätte können. Für die Einrichtung des Google Home ist ein Smartphone oder Tablet notwendig.

+ Kann (anders als Alexa) verschiedene Nutzer anhand ihrer Stimmen unterscheiden

+ Kann Fragen beantworten, die an eine vorangegangene anknüpfen

+ Ist bei der Beantwortung von Wissensfragen der Champion, orts- und kontextbezogene Informationen inklusive

+/Bietet an Kommunikationsmöglichkeiten auf dem Smartphone mehr, aber auf dem Lautsprecher weniger als Alexa

Die Sprachausgabe ist weniger natürlich als bei Alexa(Bild: Zapp2Photo/shutterstock.com)

Wirkt mitunter arrogant und humorlos

Verwaltet lediglich den Google-eigenen Kalender

Der Lautsprecher des Standardmodells klingt eher dumpf, der Klang des Modells Home Mini lässt    überhaupt zu wünschen übrig

 

 

Amazon Alexa

Online-Händler Amazon hat mit der Markteinführung seines Lautsprechers Amazon Echo samt dazugehöriger Assistentin Alexa im Jahr 2015 einen großen Erfolg gelandet. So groß, dass in den USA mittlerweile kaum noch jemand Alexa als Vornamen für sein Kind wählt. Das System ist zwar (mit Ausnahme der Prime-Music-App sowie der konzerneigenen Kindle Fire-Tablets) auf den stationären Betrieb ausgelegt. Es stellt aber nicht zuletzt für zahlende „Prime“- Kunden des Anbieters eine vielseitige Ergänzung dar, die sich gut in die Amazon-Welt einfügt. Mittlerweile stehen mehrere Echo-Modelle (ab 60 Euro) zur Auswahl, darunter auch der Echo Show mit Display und Kamera, was die Möglichkeiten um Videotelefonie und die Wiedergabe von Videos erweitert. Achtung! Mit Ausnahme des Echo Show ist für das Einrichten der Lautsprecher und das Installieren von Zusatzsoftware ein Smartphone oder Tablet notwendig. 

+ Reagiert sehr zuverlässig auf das Signalwort „Alexa“ 

+ Kommt gut mit unterschiedlichen Dialekten und Aussprachen zurecht 

+ Hat im direkten Vergleich die am natürlichsten klingende Stimme 

+ Hat Humor und wirkt sehr menschlich 

+ Ist mittels downloadbarer „Skills“ um Drittanbieter-Dienste erweiterbar 

+ Die Modelle Echo und Echo Show haben einen akzeptablen Klang bei der Musikwiedergabe 

+ Die Kalender von Apple, Google und Microsoft sind integrierbar 

+/ Der Passwortschutz gegen unerwünschte Einkäufe ist begrüßenswert, allerdings kann jeder, der das Passwort kennt, Bestellungen aufgeben 

+/(Video-)Telefonie ist möglich, aber nur von Echo-Gerät zu Echo-Gerät bzw. zur Alexa-App auf

(Bild: Amazon Newsroom)Smartphone oder Tablet 

Im Gegensatz zum Google Assistant ist Alexa beschränkt konversationsfähig, zusammenhängende Fragen werden nur bedingt erkannt 

Das Einkaufen mittels reiner Sprachbefehle auf Echo-Geräten ohne Display ist unübersichtlich 

Anders als die Echo-Lautsprecher sind die Kindle-Tablets bisher nicht zur Steuerung vernetzter Geräte oder zum Telefonieren geeignet

 

 

Apple Siri

Siri auf dem iPhone gibt es bereits seit 2011. Der erste intelligente Lautsprecher namens HomePod kam allerdings erst 2018 heraus, ist mit rund 300 Euro ziemlich hochpreisig und bisher nur in Australien, Großbritannien, den USA und seit Juni in Deutschland verfügbar. In der Zwischenzeit wurde die Weiterentwicklung der Sprachassistentin (der man wahlweise auch eine männliche Stimme verpassen kann) offenbar verschlafen, denn die Spracherkennung ist deutlich schlechter als bei Alexa und Google Assistant. Mangels Verfügbarkeit des HomePod haben wir Siri nur auf einem iPhone 8 getestet.

+ Hat eine angenehme, natürliche Stimme(Screenshot von Sprachassistentin Siri)

+ Personalisierte Ansprache des Nutzers

+/ Interagiert aufgrund des geschlossenen Systems einwandfrei mit den iOS-Apps auf dem iPhone; zugleich sind Drittanbieter-Apps aber weitgehend ausgeschlossen

Der Sprecher darf weder zu weit entfernt sein noch in eine andere Richtung sprechen

Hat große Wissenslücken

Wirkt humorlos

Mangelndes Fremdsprachenverständnis

Ortsbezogene Informationen könnten besser sein

 

Microsoft Cortana

Als Bestandteil des Betriebssystems Windows 10 ist Cortana auf vielen Desktop-PCs, Laptops und Tablets vorinstalliert. Offiziell ist der Sprachassistent in Österreich jedoch noch gar nicht verfügbar. Möchten Sie ihn nutzen, müssen Sie unter >>Einstellungen/Zeit und Sprache/Region und Sprache<< das Land auf Deutschland ändern sowie das Sprachpaket „Deutsch (Deutschland)“ installieren und als Standardsprache festlegen. Der Nachteil: Suchanfragen und Nachrichtenüberblicke sind dann Deutschland-lastig und vor einem Einkauf im Microsoft Store müssen Sie die Ländereinstellung wieder auf Österreich ändern. Grundsätzlich muss man sagen, dass Cortana im direkten Vergleich mit der Konkurrenz am wenigsten überzeugt.

+ Die Übersetzungsdienste funktionieren überraschend gut (Screenshot der Sprachassistenz Cortana)

+ Gut zum Starten von Apps/Programmen geeignet

Unnatürliche, oft roboterhafte Stimme

Kommt am schlechtesten mit unterschiedlichen Aussprachen und Betonungen zurecht

Stößt bei vielen Fragen an ihre Grenzen und antwortet häufig in Form von Suchmaschinen-Anfragen (Bing) im Edge-Browser

Geringer Funktionsumfang (Verfassen von E-Mails umständlich,
Streaming-Dienste oder Smart-Home-Geräte werden nicht unterstützt)

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