Hunderte Werbebotschaften prasseln täglich auf uns ein. Belanglose, nervende, witzige, kreative. Oft sind sie auch provokativ, aggressiv, irreführend oder sexistisch. - Was sagt der Werberat? - Ein "Aufgespießt" von KONSUMENT-Chefredakteur Gerhard Früholz.
Chefredakteur Gerhard Früholz |
Wer Grenzen überschritten sieht, kann sich an den Werberat wenden. Verblüffend: Nur 278 Beschwerden gingen im vergangenen Jahr insgesamt beim Selbstkontrollgremium der Werbewirtschaft ein. In knapp der Hälfte der Fälle lautete dessen Spruch: „Kein Grund zum Einschreiten.“ In gerade einmal zehn Fällen wurde ein Stopp der beanstandeten Werbung empfohlen. Lesen Sie dazu auch unseren Artikel "Werbung: Österreichischer Werberat - Selbstkontrolle auf Zuruf ".
So wenig Anlass zu Beschwerden?
Gibt es denn so wenig Anlass zu Beschwerden? Was ist mit den abstrusen Versprechungen für Schlankheitsmittel? Was mit den zahllosen Übertreibungen der Lebensmittelindustrie, die fragwürdige Produkte als besonders gesund auslobt? Was mit dem manipulativen Schönheitsideal der Mode- und Kosmetikindustrie?
Alles ärgerlich, aber erst dann ein Fall für den Werberat, wenn es darüber Beschwerden gibt. So sind eben dessen Spielregeln. Das erinnert ein wenig an Fußballschiedsrichter, die nur auf Zuruf zur Pfeife greifen.
Werbung für Maturareisen, ausgerechnet mit der Aussicht auf unlimitierten Alkoholkonsum? Fast schon branchenübliche Irreführung bei Handy- und Internettarifen durch Verbannung von Zusatzkosten in das Kleingedruckte? Die direkt an Kinder gerichtete Stickermania-Aktion von SPAR? Fehlanzeige. Alles kein Fall für den Werberat.
"Wir werden keinen Richter brauchen
"Wir werden keinen Richter brauchen“ – das ist das Leitbild der Selbstkontrolle. Übrigens könnte auch jedes der 165 Mitglieder des Gremiums selbst über ein einfaches Formular auf www.werberat.at ein Beschwerdeverfahren einleiten.
Um Werbeauswüchse wirklich zu stoppen, sind unsere von Konsumentenschutzministerium und Arbeiterkammern beauftragten Klagen (siehe die Website unserer Rechtsabteilung www.verbraucherrecht.at) also immer noch das beste Mittel.