Trends kommen und gehen. Ich vertraue auf meinen eigenen Geschmack. - Eine Kolumne von Michael Hufnagl.
Und plötzlich haben sie gesagt, dass man unbedingt enge Männeranzüge tragen müsse. Weil, so lautete die Begründung, das sei bitteschön ein Trend. Woher auch immer der kommen mag, wer auch immer ihn zu einem solchen erklärt hat. Und weshalb auch immer er so bedeutungsschwanger durch die Welt getragen wird. So wie Elektrofahrradfahren ein Trend ist. Oder Aperoltrinken. Oder Regierungensprengen.
"Geh, jetzt sei nicht so fad"
Und wehe, man will beim allgemeinen Dabeisein nicht dabei sein. Dann tönt es: "Geh, jetzt sei nicht so fad." Und nur deshalb habe ich mich von der Freundeschar überreden lassen, im Eissalon unseres Vertrauens meine Trampelpfade zu verlassen. Denn seit ich des Eisessens mächtig bin, ist meine Sorten-Traumkombination eine nicht zu diskutierende Sommergröße. Ich will in meinem Becher Banane, Schokolade, Erdbeere und Stracciatella. Das ist mein geschmackliches Kleeblatt, das mir höchstes Genussglück garantiert. Und mein Gefühl sagt mir, dass ganz sicher die meisten Menschen im Sinne der Zuverlässigkeit auf ihre Lieblingssorten vertrauen. Aber das haben die Trend-Gläubigen gar nicht gern.
Zwangsoriginalität und Altbewährtes
Denn es kann ja kein Zufall sein, dass Jahr für Jahr neue zwangsoriginelle Eis-Ideen geboren und in happy-medialer Dauerschleife zum Must-Lutsch der Saison erklärt werden. Und schon lassen sich die Neugierigen in bunten Exzessen Basilikum-Wacholder und Gurke-Zwiebel, Champagner-Kiwi und Weißbier-Kokos, Chai Latte, Cuba Libre und Viagra in die Stanitzel drücken. Kein Schmäh, das gibt es alles wirklich.
Widerstand ist wichtig
Und so stand ich dann vor der Vitrine, umgeben von der Aura des experimentellen Furors und schwankte zwischen Wassermelone, Buttermilch, Preiselbeere und Heidehonig und bestellte mir … Banane, Schokolade, Erdbeere und Stracciatella. Tja, Widerstand ist wichtig. Ich behaupte sogar, mehr denn je.