Fast alle Kamerahersteller haben ethische Grundsätze in ihre Unternehmenspolitik integriert. Doch eine Vor-Ort-Untersuchung entzaubert viele Papiertiger.
Der Markt für Digitalkameras boomt. Kaum jemand will mehr mit einer analogen Kamera fotografieren, die Hersteller liefern sich einen erbitterten Wettbewerb um Marktanteile, bei dem viele renommierte Marken auf der Strecke bleiben bzw. zu Kooperationen gezwungen sind. Die Ausstattung wird immer mehr aufgemotzt, die Preise aber müssen weiter sinken, damit die Verkaufszahlen steigen.
Einsteigermodelle gab es zwar auch schon vor fünf Jahren um rund 100 Euro, allerdings kamen sie damals mit einer fixen Brennweite und 3 Megapixel (MP) Auflösung daher, während sie heute einen Dreifachzoom bieten und kaum unter 10 MP aufweisen.
Öffentlicher Druck fehlt
Die Qualität der Kameras ist ziemlich ausgeglichen, kein Hersteller kann sich einen Flop leisten. Das zeigt sich auch in unseren Produkttests, in denen die Urteile zwischen gut und durchschnittlich schwanken. Doch kann die Qualität in sozialer und umweltmäßiger Hinsicht mithalten? Im Gegensatz zu anderen Segmenten der Elektronikindustrie (Computer, Mobiltelefone) sind die Digitalkameras nie so stark im Rampenlicht gestanden, der öffentliche Druck betreffend ein angemessenes Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen (CSR) ist weitgehend ausgeblieben.
Die soziale Brisanz in der Produktion erscheint auf den ersten Blick gering. Der Automatisierungsgrad gilt als hoch, die – meist männlichen – Arbeitskräfte sind in aller Regel gut ausgebildet. Allerdings trifft dies eher nur für die Herstellung der Komponenten der Kameras (Objektive, Displays) zu. In der Endfertigung (Montage) dominieren weibliche Arbeitskräfte mit einfacher Schulbildung.
Firmeneigene Werke dominieren
Zu einem großen Teil erfolgt die Produktion in unternehmenseigenen Werken: Von den elf Fabriken, die im Rahmen dieses Ethiktests besucht wurden, gehören nur drei nicht zum betreffenden Markenkonzern, sondern sind selbstständige Zulieferfirmen.
Dieser strukturelle Vorteil für die Kontrollmöglichkeiten der Konzernzentrale findet in den Ergebnissen des Ethiktests jedoch keinen Niederschlag, im Gegenteil: Gerade Unternehmen, die Zulieferbetriebe beschäftigen (Nikon und Casio), gewährleisten die Einhaltung sozialer und ökologischer Kriterien in der Produktion in höherem Maß als jene, die in der Vor-Ort-Untersuchung ausschließlich mit eigenen Werken vertreten waren.
Auch die Vorstellung, dass die Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern der Markenhersteller (zumeist Japan, im Falle Samsungs Korea) besser seien als in den Niedriglohnländern (China, Indonesien, Malaysia), konnte nicht untermauert werden. Da wie dort gibt es keine Überprüfung der sozialen Verhältnisse, doch bei den Werksbesichtigungen erwiesen sich Unternehmen in Niedriglohnländern sogar als informationsfreudiger und die Verhältnisse als transparenter.