Lisa Muhr ist Co-Geschäftsführerin des nachhaltigen Modelabels Göttin des Glücks. Im Interview erzählt sie über das Modebusiness und über die Herausforderungen des nachhaltigen Wirtschaftens.
Lisa Muhr |
KONSUMENT: Wofür steht die Göttin des Glücks?
Die Baumwolle für unsere Kleidungsstücke ist Bio- und Fairtrade-zertifiziert, darüber hinaus haben unsere Produkte das GOTS-Gütesiegel. Das garantiert Nachhaltigkeit in der gesamten Produktionskette. Wir veröffentlichen jährlich einen Gemeinwohl-Bericht. Das bedeutet aber auch, dass unsere Produkte teurer sind als herkömmlich produzierte.
Wie können Sie sich gegen die vielen Billiganbieter am Markt behaupten?
Nur sehr schwer, die Modebranche ist ein irres Business. Die Konkurrenten wechseln alle drei Wochen die Kollektionen, Sales beginnen immer früher. Ich weiß nicht, wie diese Firmen ihr Geschäft machen – das kann nur mit billigster Massenware funktionieren, auf Kosten von Arbeitskräften in den Billiglohnländern. Da können und wollen wir nicht mithalten. Und es geht nicht nur uns so – viele nachhaltige Modeunternehmen kämpfen ums Überleben. Die Kernfrage, die sich uns stellt, lautet: Wie schaffen wir es, den Massenmarkt zu erreichen?
Wo genau liegen die Probleme?
Wir haben gerade eine schwierige Zwischengröße – wir sind kein ganz kleines Unternehmen mehr, aber auch nicht groß genug, um viel Gewinn zu machen. Die Registrierkassenpflicht etwa hat für uns einen riesigen Aufwand bedeutet. Wir verfügen auch über kein Marketingbudget und machen vieles über Events oder Kooperationen. Dazu kommt, dass es immer mehr Alternativen zu fairer und Bio-Kleidung gibt: Upcycling, Cradle to Cradle, tauschen oder auch der Verzicht auf Konsum. Was natürlich prinzipiell eine positive Entwicklung ist, aber unserem Geschäft in der nachhaltigen Nische, die nur ganz langsam wächst, zusätzlich schadet.
Das heißt, es wäre wichtig, weiterhin fair produzierte Mode zu kaufen?
Es gibt nicht den einen richtigen Weg, jede Variante hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil unserer Arbeit ist, dass wir Arbeiter in den Herstellerländern unterstützen und ihnen ein besseres Leben ermöglichen.
Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Wir haben die ganze Produktionskette für unsere Kleidungsstücke bereist und mit eigenen Augen gesehen, was wir mit unserer Arbeit bewirken. Wir waren am Baumwollfeld in Indien, haben den Bauern ein Kleidungsstück mitgebracht. Wir konnten uns davon überzeugen, wie Fairtrade wirkt, haben uns eine Schule angeschaut, die mit der Fairtrade-Prämie finanziert wurde. Die Spinnerei entsprach europäischen Standards, in der Färberei gab es diesen beißenden Geruch, der immer auf giftige Inhaltsstoffe hinweist, nicht. In Kalkutta haben wir einen Produktionsbetrieb besucht: der Unternehmer holt Menschen der untersten Kasten von der Straße und gibt ihnen Arbeit.
Bei Craft Aid, dem Produktionsbetrieb auf Mauritius, werden die Modeartikel zugeschnitten und genäht. |