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Potenzmittel - Damit’s wieder klappt

  • Ab 35 werden Erektionsstörungen häufiger
  • Später werden sie bei jedem zweiten Mann zum Problem
  • Doch nur zehn Prozent davon sind in Behandlung

Das große Schweigen

Die Scheu, darüber zu reden, ist groß: Drei Viertel der Männer mit Erektionsproblemen haben laut einer Umfrage noch mit niemandem darüber gesprochen, und auch die meisten Ärzte haben Hemmungen, bei ihren Patienten Potenzprobleme anzusprechen.

Sex kann eine wunderbare Quelle von Lebensfreude sein – auch ohne Geschlechtsverkehr –, und es gibt Menschen, die trotz organischer Widrigkeiten ein erfülltes Sexualleben haben. Unrealistische Vorstellungen und Mythen über die Männlichkeit aber können die Freude am Sex erheblich einschränken.

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann? Nur wenn sein Penis groß und allzeit bereit ist? Wenn ihm ausschließlich Geschlechtsverkehr als „richtiger“ Sex gilt? Bei einer solchen Einstellung werden gelegentliche Erektionsprobleme zur Katastrophe. Kein Wunder, dass der Mann sich zurückzieht. Das aber bringt die Gefahr mit sich, dass Impotenz zum Dauerproblem wird. Ab 50 gilt: „Use it or loose it“ – ohne Sex bilden sich am Penis allmählich die Schwellkörper zurück, und das Problem verschärft sich.

Warnsignal für ernsthafte Erkrankungen

Anhaltende Potenzstörungen, die als Verlust empfunden werden, rechtfertigen in jedem Alter den Gang zum Arzt: Sie können auch Warnsignal für ernsthafte Erkrankungen sein, die dringender Behandlung bedürfen. Zuständig für Potenzprobleme ist der Facharzt für Urologie. Manche Urologen haben zusätzlich eine Spezialausbildung für Andrologie, in manchen Krankenhäusern gibt es spezielle Abteilungen für Andrologie. Diese Fachärzte sind kompetente Ansprechpartner; sie können die Ursachen von Potenzproblemen feststellen und gezielt behandeln.

Meist sind es körperliche Gründe

Eine Erektion gelingt durch das Zusammenspiel des Nervensystems, der Blutgefäße, der Hormone und der Psyche. Entsprechend vielfältig können die Ursachen der Impotenz sein. Nur zu etwa einem Fünftel und überwiegend in jungen Jahren sind Stress, Depressionen und Partnerprobleme Auslöser für Erektionsstörungen. Allerdings leiden immer mehr 30- bis 50-Jährige unter Stress am Arbeitsplatz und verlieren deshalb die Lust am Sex. Meist sind die Gründe für Impotenz jedoch körperlicher Natur. Bei längerer Dauer hat die Störung Auswirkungen auf Selbstwertgefühl, Lebensqualität und Partnerschaft der Betroffenen.

Potenzstörungen: mögliche Ursachen

Gelegentlich beeinträchtigt der Lebensstil – mangelnde körperliche Aktivität, Übergewicht, Alkohol- und Nikotinsucht – die Erektionsfähigkeit. Potenzprobleme können aber auch die ersten Symptome ernsthafter Gesundheitsstörungen wie Bluthochdruck, Arterienverkalkung, erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes mellitus sein. Sie können eine Folge von Nierenschäden, Wirbelsäulenerkrankungen oder einer Operation im kleinen Becken (etwa bei Prostatakrebs) sein oder auf Erkrankungen des Nervensystems oder auf einem Testosteronmangel beruhen.

Medikamente können Potenz beeinträchtigen

Auch Medikamente können die Potenz beeinträchtigen, dazu gehören Mittel gegen Bluthochdruck (Betablocker), Entwässerungsmittel, Mittel gegen Depressionen und gegen Psychosen, Lipidsenker, entzündungshemmende Mittel, Mittel gegen Magengeschwüre (H2-Blocker), Aufputschmittel (Amphetamine), und Krebsmittel. Gelegentlich gelingt es, das Problem durch Umstei-gen auf ein anderes Medikament zu lösen.

Psyche, Nerven, Adern, Hormone

Vor der Behandlung ist eine gezielte Diagnose notwendig, wobei in mehreren Schritten geklärt wird, ob Probleme der Psyche, des Nervensystems, der Blutgefäße oder Hormone zur Impotenz beitragen.

Gewohnheiten ändern

Gelegentliche Potenzstörungen lassen sich meist durch veränderte Gewohnheiten und Verhaltensweisen beheben. In vielen Fällen kann schon eine psychologische Beratung die sexuelle Begegnung entkrampfen. Anhaltende Störungen, die auf seelischen Ursachen beruhen, sollten aber auf jeden Fall behandelt werden. Bei tiefer liegenden psychischen Problemen kann eine psychotherapeutische Behandlung eine umfangreiche Besserung bringen. Es gibt Psychotherapeuten, die eine spezielle Ausbildung zum Sexualtherapeuten haben und mit Paaren in bestehender Partnerschaft arbeiten.

Pumpen und operieren

Für die medizinische Behandlung stehen Medikamente, mechanische Hilfen und Operationen zur Verfügung. Mechanische Erektionshilfen haben sich hier zu Lande kaum durchgesetzt. Dazu gehört unter anderem die Vakuumpumpe, die bei Bedarf über den Penis gestülpt wird und durch Unterdruck die Blutgefäße auffüllt. Ein Gummiring an der Peniswurzel hindert das Blut daran, frühzeitig abzufließen, und hält ihn steif. Auch mit dem Ergebnis der Implantation einer aufblasbaren oder steifen Penisprothese sind die meisten Männer unzufrieden. In seltenen Fällen, etwa bei Verletzungen und Gefäßverschlüssen, kann eine Bypassoperation eine Umleitung für den Blutfluss in das Glied schaffen.

Spritze in den Schwellkörper

Eine wirkungsvolle Methode, auch bei schweren organischen Schäden, ist das SKAT-Verfahren. Dabei wird Papaverin oder Prostaglandin in den Schwellkörper injiziert. Unter Anleitung des Arztes erlernen Männer, sich selbst die Spritze zu setzen. Bei sachgerechter Anwendung sind die Nebenwirkungen – Schwindel, Blutdruckabfall, Erröten, Schmerzen am Penis – gering. Reicht die Wirkung nicht aus, kann eine Mischung mit Phentolamin gespritzt werden, die als Fertigarznei (Androskat) zugelassen ist. Diese Mittel lassen mehr Blut in die Schwellkörper fließen und verengen die Venen, sodass es nicht gleich wieder abfließen kann.

Gutes Timing, richtige Dosis

Die Injektion muss etwa eine Viertelstunde vor dem geplanten Geschlechtsverkehr gesetzt werden. Ist die Dosis richtig gewählt, erschlafft das Glied nach der Erektion wieder. Wurde zu hoch dosiert, kann eine schmerzhafte Dauererektion (Priapismus) die Folge sein. Dies trifft 0,5 bis 4 Prozent der Männer. Ein Priapismus muss unbedingt behandelt werden. SKAT hat den Vorteil, dass es auch ohne erotische Anregung zu einer Versteifung des Gliedes führt.

Testosteron - auf die Haut geklebt

Muse (Apostadil): Das Mittel wird mit einem Applikator in die Harnröhre eingeführt. Das Verfahren ist etwas weniger erfolgreich als SKAT.

Wenn die Diagnose einen Mangel an männlichen Hormonen ergibt – und nur dann –, kann Testosteron als Medikament (Andriol) eingenommen, als Pflaster (Androderm) auf die Haut geklebt oder als Gel (Androtop, Testogel) in die Haut eingerieben werden. Wegen möglicher Gefahr von Krebs muss die Prostata regelmäßig fachärztlich kontrolliert werden.

Viagra & Co: bei zwei Drittel erfolgreich

Mittel zum Einnehmen wirken, anders als SKAT, nur bei sexueller Anregung. Mittel mit Sildenafil und verwandten Stoffen verbessern die Penisdurchblutung, steigern aber nicht die Lust. Als erstes wirksames Medikament bei erektiler Dysfunktion wurde 1998 Viagra zugelassen. Nur für dieses Mittel liegt schon Langzeiterfahrung vor. Inzwischen sind weitere Medikamente aus verwandten Stoffen auf dem Markt. Sie sorgen für gesteigerte Durchblutung und Versteifung des Glieds, wodurch Stärke und Dauer der Erektion verbessert werden. Bei etwa jedem dritten Mann bleiben sie aber wirkungslos.

Viagra (Sildenafil), Levitra (Vardenafil): Die Tablette wird eine Stunde vor dem geplanten Geschlechtsverkehr eingenommen. Nach etwa einer halben Stunde tritt die Wirkung ein. Die normale Dosis – bei Viagra 50 mg, bei Levitra 10 mg – kann bei Bedarf gesteigert werden.

Kopfschmerz, Durchfall, Herzinfarkt

Je höher die Dosis, desto stärker die Nebenwirkungen: Sehr häufig sind Kopfschmerzen, Gesichtsrötung, Durchfall, Verdauungsstörungen; häufig treten Muskelschmerzen, Schnupfen und Sehstörungen auf. Gelegentlich, bei weniger als einem Prozent, kommt es zu Erbrechen, Muskelzittern, Schwindel, Ohrgeräuschen, allergischen Reaktionen, Blutarmut und zu Priapismus. Bei einem von 200 Anwendern von Viagra tritt eine akute Durchblutungsstörung am Herzen auf. Das am schwersten wiegende Risiko ist das von Herzinfarkt und Herzstillstand: Weltweit sind bereits weit mehr als 1000 Todesfälle bekannt geworden.

Riskante Wechselwirkung mit anderen Arzneien

Besonders gefährlich ist die Wechselwirkung mit Nitraten, die zur Vorbeugung von Herz-Zwischenfällen eingenommen werden („-nitrat“ am Ende der Wirkstoffnamen), und dem ähnlich wirkenden Stoff Molsidomin sowie mit dem Aidsmittel Ritonavir. Die Anwendung dieser Medikamente schließt eine Einnahme von Viagra aus. Manche Medikamente treten mit Viagra in Wechselwirkung: Magenmittel (H2-Blocker), das Antibiotikum Erythromycin sowie Pilzmittel zum Schlucken mit Ketokonazol verstärken die Wirkung von Potenzmitteln, Alkohol schwächt sie.

Bei Frauen wenig Erfolg

Viagra ist übrigens auch an Frauen getestet worden – mit wenig Erfolg. Das Mittel kann zwar die Durchblutung von Klitoris und Vagina steigern, die Lust kehrt jedoch allein dadurch nicht zurück. Sexuelle Störungen bei Frauen sind komplexer als jene von Männern.

Andere Mittel

Cialis (Tadalafil): Der Hersteller wirbt mit dem Vorteil, dass Cialis etwa 24 Stunden lang wirke, weshalb der Sex nicht so genau geplant werden müsse. Dafür fehlen zwar eindeutige Belege, aber Cialis mindert jedenfalls Potenzschwierigkeiten. Von schweren Nebenwirkungen wie Priapismus, Herzrhythmusstörungen, Schock, Blutdruckabfall und Todesfällen wird berichtet. Durch tägliche Anwendung wird möglicherweise die Spermienproduktion vermindert. Ausschlussgründe sind die gleichen wie bei Viagra.

Uprima, Ixense (Apomorphin): Der Inhaltstoff dieser Mittel setzt – anders als Viagra & Co – im Schaltzentrum im Gehirn an und verstärkt die zur Erektion nötigen Nervenimpulse im Gehirn. Das Mittel wird 20 Minuten vor dem Verkehr unter die Zunge gelegt und aufgelöst. Sein Nutzen ist fraglich; es löst bei jedem sechsten Mann Übelkeit und nicht selten bedrohliche Nebenwirkungen aus.

Yokon Glenwood Tabletten (Yohimbin): Einer neuen Studie gemäß hat Yohimbin keine bessere Wirksamkeit als ein Placebo. Bei Leber- und Nierenschwäche darf es nicht eingenommen werden.

Kassen zahlen selten

Um Risiken auszuschließen, sind die Potenzmittel rezeptpflichtig und sollten nur unter ärztlicher Kontrolle angewendet werden. Pro Tag darf jeweils nur eine Tablette – und zusätzlich auch kein anderes Potenzmittel – eingenommen werden. Bei den wirksamen Tabletten kostet die Einstiegsdosis zwischen rund 12 und 15 Euro, teure Ausnahme ist Cialis mit 18,28 Euro.

Tabletten zerschneiden

Weil Viagra & Co in höherer Dosierung nicht wesentlich teurer als niedrig dosiertes ist, lassen sich viele Patienten von ihren Ärzten gleich die Packung mit den hoch dosierten Tabletten verschreiben und zerschneiden diese daheim in die gewünschten Portionen – so lässt sich der Preis für die benötigte Dosis spürbar senken. Einen Tablettenschneider kann man in der Apotheke besorgen.

Fälschungen: Vorsicht bei illegalen Internetangeboten

Nur in Ausnahmefällen erstatten die Krankenkassen die Kosten. Unbedingt widerstehen sollte man den unzähligen illegalen Angeboten in Internet, wo verschreibungspflichtige Potenzmittel auch ohne Rezept und oft billiger erstanden werden können: Bei Problemen mit dem Medikament gibt es keine Haftung; der Zoll kann die Lieferung beschlagnahmen – dann hat man bezahlt und steht mit leeren Händen da. Und schließlich muss nicht drin sein, was auf der Packung steht: Viagra ist weltweit das meistgefälschte aller Medikamente.

Weiterführende Informationen

Potenzmittel nicht anwenden ...

  • unter 18 
  • nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall
  • bei schweren Herz-Kreislauf-Beschwerden
  • bei zu niedrigem Blutdruck
  • bei schweren Leberfunktionsstörungen
  • bei angeborener Netzhauterkrankung
  • nicht öfter als einmal pro Tag

Hände weg von Aphrodisiaka

Zu allen Zeiten und in allen Kulturen haben Männer in Not nach Hilfsmitteln gegriffen. Doch Liebeszaubermittel sind im besten Fall unwirksam, im schlechtesten lebensgefährlich.

Naturheilmittel. Yohimbin, ein Rindenextrakt, der in Westafrika gewonnen wird, wirkt gefäßerweiternd auf die Schwellkörper, worauf sein Ruf als potenzförderndes Mittel beruht. Ähnliche Wirkungen werden Extrakten des Gingko-Baumes zugeschrieben. Im asiatischen Raum gilt die Ginseng-Wurzel als Stärkungsmittel, ist aber kein Potenzmittel für den Mann.

Bei Frauen kann sie die sexuelle Empfänglichkeit steigern und die Brustwarzen anschwellen lassen. Allerdings kann Ginseng zahlreiche unerwünschte Wirkungen auslösen: Bluthochdruck, Durchfall, Hautausschlag, Ödeme, Nervosität, Schlaflosigkeit, Euphorie und Depression.

Aus dem Amazonasbecken Brasiliens ist das Potenzholz Muira puama bekannt. Für die genannten Naturheilmittel fehlen jedoch eindeutige Erfolgsbelege.

„Spanische Fliege“: Einige Arten dieses Insekts enthalten den Wirkstoff Cantharidin. Das getrocknete Tier wird zerrieben, das Pulver reizt Haut und Schleimhäute. Zur Steigerung der Lust werden die Genitalien damit eingerieben. Wird es eingenommen, kann es bei Männern zu einer schmerzhaften Erektion ohne erhöhtes sexuelles Verlangen kommen.

Bei hoher Dosierung greift Cantharidin das Zentralnervensystem wie Senfgas an, führt zu Lebervergiftung, Herz-Kreislauf-Zusammenbruch sowie Nieren- und Herzversagen.

Nahrungsergänzungsmittel. Für Nahrungsergänzungsmittel, wie etwa Avena sativa, das Hafer enthält, oder Libido, das aus befruchteten Hühnereiern gewonnen wird, müssen keine Wirksamkeitsnachweise vorgelegt werden.

Die Ginseng-Wurzel

Die Ginseng-Wurzel gilt fälschlicherweise als Potenzmittel, hat jedoch zahlreiche unerwünsche Wirkungen.

Foto: Archiv

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