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Allergien - Neue Waffen gegen rinnende Nasen

Wie Sie Allergien erkennen, behandeln und damit leben: In unserem neuen Ratgeber finden Sie dazu die besten Tipps, basierend auf den aktuellen medizinischen Erkenntnissen. Außerdem Auszüge aus ­einem Gespräch mit dem Allergie-Experten Univ.Prof. Werner Aberer.

Werner AbererTriefende Nase, tränende Augen, ­juckende Haut. Leider nehmen immer noch ­viele ­Allergiker die anfänglichen Symptome auf die leichte Schulter und riskieren damit, dass der Heuschnupfen sich zu chroni­schem Asthma ausweitet. Aber dazu braucht es nicht zu kommen. Die typische Allergikerkarriere lässt sich stoppen, wenn man möglichst frühzeitig gegensteuert. Voraussetzung dafür ist die exakte Diag­nose durch den allergologisch geschulten Facharzt. Doch dabei ergibt sich bereits für viele Patienten eine Schwierigkeit: Wie erkennt man, ob ein HNO-, Lungen-, Haut- oder Kinderarzt fundiertes allergologisches Wissen besitzt? – Am Ordinationsschild ­jedenfalls nicht.

Prof. Aberer:  
Das Fehlen eines Facharztes für Allergologie ist ein österreichspezifisches Prob­lem. Es leitet Patienten gelegentlich auf Irrwege, im schlimmsten Fall resultieren daraus Fehldiagnosen und falsche Behandlungsempfehlungen. 

Qualitätskriterien fehlen

Bedauerlicherweise wenden manche österreichischen Ärzte bei allergischen Erkran­kungen Diagnose- und Therapieverfahren an, die nicht dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Gleichzeitig existieren für das Führen eines Allergie-Ambulatoriums hierzulande keine spezifischen Qualitätskrite­rien. Bleibt dem Patienten also nur, auf ­seinen Hausverstand zu vertrauen. Aber gerade der wird bei den oft durch mehrere Auslöser bedingten Allergien auf die Probe gestellt. Die gängige Erwartungshaltung: „Der Arzt verschreibt mir ein Medikament, und dann werde ich gesund“ erfüllt sich bei derart komplexen Leiden leider nicht. Bei dieser Enttäuschung setzen die Anbieter von Alter­nativmethoden an. Deren Palette reicht von Bioresonanz über Kinesiologie bis hin zum Auspendeln. Die Patienten müssen dafür freilich tief in die Tasche greifen.

Prof. Aberer:
Gerade bei schwer zu behandelnden chronischen Erkrankungen werden immer wieder unkonventionelle Heilverfahren versucht. Ihre Wirkung bei Allergien ist aber nicht erwiesen, und leider geht dabei häufig kostbare Zeit für sinnvolle Behandlungsformen verloren – Zeit, in der die Erkrankung sich weiter ausdehnt.

Gezielt gegen Allergien

Eigentlich wäre es ja ganz einfach: Geht man den auslösenden Stoffen aus dem Weg, vermeidet man damit das Auftreten von ­allergischen Beschwerden. Ein auf ­ Kiwi Allergischer etwa hat es vergleichs­weise leicht, er kann die Früchte von ­seinem Speiseplan streichen. Symptome ent­wickelnde Katzenliebhaber müssen sich gegebenenfalls von ihrem Haustier trennen oder – sollten sie das gar nicht übers Herz bringen – wenigstens einen möglicher­weise faulen Kompromiss eingehen und den Stubentiger einmal wöchentlich mit einem Spezialshampoo waschen. Pollenallergiker hingegen haben es schwerer, denn um dem krank machenden Blütenstaub vollständig zu entgehen, wäre in der Blütezeit ein ­wochenlanger Aufenthalt im Hochgebirge oder am Meer nötig. Für die meisten aber ist das schlichtweg nicht machbar. Und für einen auf Hausstaubmilben Reagierenden gleicht die sogenannte Allergenkarenz überhaupt dem Versuch des Unmöglichen. Dennoch gibt es auch für sie Maßnahmen, den Kontakt mit den Auslösern zu verringern.

Prof. Aberer:
Die Lebensqualität eines Allergikers lässt sich durch gezielte Allergenkarenz deutlich verbessern. Bereits Schwangere und Eltern von Kindern mit hohem Al­lergierisiko können wirksam vorbeugen. Einer der wichtigsten Schritte ist, auf das ­Rauchen zu verzichten und für eine nikotinfreie Atemluft zu sorgen.

Wirksame Medikamente

Eine Allergie kann vorbeugend und akut behandelt werden. Welches Mittel in welcher Darreichungsform sich im individuellen Fall am besten eignet, hängt davon ab, wo im Körper die Allergie auftritt, wie lange sie dauert und wie stark die Beschwerden sind. Seit langem bewährt haben sich Antihistaminika: Die Wirkstoffe der neueren Generation dieser Medikamentengruppe machen kaum mehr müde. Rechtzeitig ­angewandt können auch Mastzellstabili­satoren eine schwache bis mittelschwere allergische Reaktion unterdrücken. Glukokortikoide (Medikamente mit Kortison) wiederum hemmen in erster Linie die ­Bildung entzündungsfördernder Stoffe. Werden sie aber sehr lange in hoher Dosierung angewandt, können sie Nebenwir­kungen verursachen und die körpereigene Abwehr schwächen. Doch auch hier gilt: Moderne Präparate wirken besser und ­haben deutlich weniger unerwünschte ­Effekte als ältere Produkte.

Prof. Aberer:
Die heute zur Behandlung von Aller­gien zugelassenen Medikamente sind bei rich­tiger Anwendung weitgehend sicher. Der Respekt vor Kortison ist berechtigt, übertriebene Angst jedoch nicht gerechtfertigt.

Spezifische Immuntherapie

Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ist die Spezifische Immuntherapie die einzige Behandlungsmethode, die auf die Ursache von allergischen Erkrankungen einwirkt. Gute Erfolge erzielt man bei einer Allergie auf Bienen- und Wespengift sowie bei einer Empfindlichkeit auf Pollen und Hausstaubmilbenallergene, wenn diese allergischen Schnupfen hervorrufen. Schlechtere Erfahrung hat man bei Tierhaarallergikern und Asthmapatienten gemacht. Im Normalfall werden bei dieser, auch Hyposensibilisierung genannten Therapie, sehr geringe Mengen des Allergens unter die Haut gespritzt – zunächst einmal pro Woche, später in größeren Abständen. Die Dosierung wird allmählich gesteigert, damit der Körper nach und nach unempfindlicher gegen die Substanz wird. Oft kommt es schon nach ­einem Jahr zu einer fühlbaren Verbesserung der Symptome und zu einem geringeren Medikamentenbedarf. Da jede Spritze die Gefahr einer verstärkten Reaktion bis hin zum anaphylaktischen Schock birgt, muss der Patient noch für 30 Minuten in der Arztordination bleiben und sollte körperliche Anstrengung am Behandlungstag vermeiden, um den Kreislauf nicht zusätzlich zu belasten.

Prof. Aberer:
Entscheidend für den Erfolg einer Spezifischen Immuntherapie sind eine exakte Diagnose, die Entscheidung für das ­ideale Produkt für die jeweilige Person, eine ­gute Kooperation zwischen Arzt und ­Patient sowie nicht zuletzt Geduld, denn die ­Behandlung sollte sich mindestens über drei Jahre erstrecken.

Sublinguale Immuntherapie und Gräsertablette

Eine neue, patientenfreundlichere Alternative bietet die Hyposensibilisierung in Form von Tropfen, Schmelztabletten oder Sprays, die drei Jahre lang einmal täglich eingenommen werden müssen. Wenn überhaupt Nebenwirkungen auftreten, so sind diese meist auf Zungen- und Gaumenjucken sowie leichte Schleimhautschwellungen beschränkt. Die Wirksamkeit der Sublingualen Immuntherapie bei durch Pollen und Hausstaubmilben verursachtem allergischen Schnupfen ist nachgewiesen. Langzeiterfahrungen fehlen aber noch. Alles in allem erachten Mediziner diese ­Behandlungsform nicht als gleichwertig mit der Spritzentherapie. Positiver beur­- teilen Fachleute die seit Ende 2006 für ­erwachsene Gräserpollenallergiker zur Verfügung stehende sogenannte Gräsertablette, da sie höher dosiert ist als die Tropfen. Bald könnte es ähnliche Tabletten auch gegen eine Allergie auf Hausstaubmilben, Birke- und Ragweedpollen geben. Die Zulassung einer Tablettenbehandlung für Kinder mit Gräserpollenallergie ist soeben erfolgt.

Prof. Aberer:
Die Sublinguale Immuntherapie ist ­wesentlich patientenfreundlicher als die Injektionsbehandlung. Sie erspart die zeitaufwendigen Arztbesuche und die damit verbundenen lästigen Spritzen. Die Wirksamkeit bei der Gräserallergie scheint kurzfristig gut und vergleichbar mit der Injektionsbehandlung. Lang­zeitergebnisse stehen naturgemäß noch aus.

Begleitende Maßnahmen wie die Atem­therapie, die Psychotherapie und verschiedene Entspannungsmethoden können sich bei allergischen Erkrankungen durchaus als sinnvoll erweisen, eventuell senken sie sogar den Arzneimittelbedarf. Diese Verfahren können jedoch die von Ärzten empfohlene Therapie nicht ersetzen, sondern nur ergänzen

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