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Haftung - Umgefallen

Es gibt Fälle, wo auch wir nicht helfen können.

Verursachen oder verschulden? Der feine Unterschied kann viel Geld kosten.

„Und das soll gerecht sein? Sie müssen was unternehmen!“ Frau Riedl 1) war ganz außer sich, wie sie da ins „Konsument“-Beratungszentrum stürmte. In der Hand schwenkte sie ein Bündel Papier: Akten zu einem Prozess, den sie verloren hatte.

Begonnen hatte es vor einiger Zeit auf dem Neustifter Friedhof. Familie Riedl besaß dort ein Familiengrab. Sehr gepflegt, der Stein mit Madonnenbildnis. Doch als Frau Riedl sich der Ruhestätte näherte, glaubte sie, ihren Augen nicht zu trauen. Der Grabstein lag zerbrochen neben dem Grab.

Rasch war eruiert, wie es dazu gekommen war: Eine Dame hatte in der Nähe Erinnerungsfotos bei einem Begräbnis gemacht. Dabei hatte sie einen kleinen Hügel hinter dem Grab erstiegen, um alles besser im Blick zu haben. Beim Abstieg war diese Frau Berger 1) dann an den Grabstein von Familie Riedl angestreift. Der fiel um und zerbrach.

Der Steinmetz wurde konsultiert. Die Wiederherstellung der Grabstätte würde 28.000 Schilling kosten. Weil Verhandlungen mit Frau Berger keinen Erfolg brachten, kam es zu einem Prozess vor dem Bezirksgericht. Denn schließlich, meinte Familie Riedl, geht es doch nicht an, dass jemand fremde Grabsteine umwirft, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Die Richterin machte sich die Sache nicht leicht. Sie vernahm mehrere Zeugen, um sich ein Bild über den genauen Hergang zu machen: Hatte sich die Beklagte vielleicht mutwillig mit vollem Gewicht an den Grabstein gelehnt? Oder war sie zu schwungvoll den Hügel hinabgestürmt?

Nein, entschied das Gericht. Frau Berger habe sich zwar beim Gehen leicht mit der Hand auf den Grabstein gestützt. Aber so ein Abstützen sei normal. Frau Berger musste nicht damit rechnen, dass der Grabstein so labil war, dass er bei dieser sachten Berührung schon umfiel. Zwar habe Frau Berger den Schaden verursacht. Damit Familie Riedl aber Schadenersatz bekommen könne, sei ein Verschulden notwendig. Und ein Verschulden könne Frau Berger nicht angelastet werden. Auch ein Verschulden anderer (etwa des Steinmetzes, der den Grabstein einst angefertigt hatte) sei auszuschließen. Wahrscheinlich hatten Zeit und Witterung die Befestigung beschädigt. Die Klage wurde abgewiesen.

Das hatte die Familie nicht erwartet. Nicht nur, dass die Reparaturkosten nicht ersetzt werden, sind auch mehr als 10.000 Schillling für den Rechtsstreit zu bezahlen.

Kein Wunder, dass Frau Riedl nun energisch verlangte, wir mögen sie bei der Berufung gegen dieses Urteil unterstützen. Nun sind wir grundsätzlich keine Rechtshilfeagentur. Wir beschränken uns auf Belange des Verbraucherrechts. Dieses war hier nicht anzuwenden. Es wäre ein Ding der Unmöglichkeit, dem Steinmetz nachzuweisen, dass er den Stein schlecht befestigt hatte. Immerhin war das schon fast 20 Jahre her.

So bitter es für Frau Riedl ist, dass für den zerbrochenen Grabstein keiner zuständig ist: Eine Berufung hätte nur geringe Aussicht auf Erfolg. Und danach hätte sie auch die Kosten für den nächsten verlorenen Prozess auf dem Hals. So rieten wir davon ab, die Sache weiterzuverfolgen. Auch wenn das wirklich nicht ganz gerecht ausschaut.

1) Namen von der Redaktion geändert.

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