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HPV-Impfberatung beim Kinderarzt - Defizite bei der Aufklärung

Beratungstest: Wie gut informieren Kinderärzte über die HPV-Impfung? Die Impfung gegen die Gebärmutterhalskrebs auslösenden HPV-Viren ist seit Februar im österreichischen Impfplan verankert.

Diese Kinderärzte finden Sie in der Testtabelle:

  • Dr. Susanne Bernhardt
  • Dr. Ecatarina Bertalan-Fenyö
  • Dr. Horatiu Cornea
  • Dr. Grace Hayek
  • Dr. Robert Holzer vertreten durch Dr. Nazak Dadgar
  • Dr. Marianne Lippert
  • Dr. Georg Maiwald
  • Dr. Hannes Mayer
  • Dr. Stefan Pelzl
  • Dr. Johann Sommer
  • Dr. Stefan Thalhammer
Geprüft wurden der telefonische Erstkontakt, das Arztgespräch sowie der Gesamteindruck des Arztgespräches.
  

 
Und hier unser Testbericht: Seit Februar dieses Jahres wird die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) für alle Schülerinnen und Schüler der vierten Schulstufe (vollendetes neuntes Lebensjahr) mit Wohnsitz in Österreich im Rahmen des bestehenden Schulimpfprogramms für 9- bis 12-Jährige kostenfrei angeboten. Je nach Bundesland können die Kinder entweder in der Schule oder bei öffentlichen Impfstellen beziehungsweise bei niedergelassenen ­Kinderärzten geimpft werden. Der Impfstoff gegen Humane Papillomviren wird in zwei Teilimpfungen im Mindest­abstand von sechs Monaten verabreicht.

Falsche Zahlen und Fakten

Vor der Aufnahme der HPV-Impfung in den österreichischen Impfplan wurde eine emotionale und mit teilweise falschen Zahlen unterfütterte Debatte geführt. So war etwa von jährlich 700 Todesfällen durch von HPV verursachten Gebärmutterhalskrebs die ­Rede und davon, dass durch die Impfung Tausende unnötige Operationen vermieden werden könnten. Laut Statistik Austria erkranken in Österreich pro Jahr rund 400 Frauen an Gebärmutterhalskrebs (Cervixkarzinom), 150 davon sterben. Da die Impfung jedoch nicht gegen alle krebsauslösenden HPV-Viren schützt, lassen sich durch die Impfung auch nicht alle Todesfälle verhindern.

 
Auswirkung der Impfung erst in 20 Jahren

Auch die ­Erwartung, dass die Impfung eine unmittelbare Auswirkung auf die Zahl der Todesfälle haben wird, kann nicht erfüllt werden. Eine Modellrechnung des Wiener Ludwig Boltzmann Institutes ergab, dass sich selbst bei konsequenter Durchimpfung aller Mädchen ein diesbezüglicher Effekt in Österreich erst in 20 Jahren abzeichnen würde. Dann könnte die HPV-Impfung pro Jahr rund 7 Frauen das Leben retten; in 50 Jahren wären es 33 Frauen.

 


 

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PAP-Abstrich trotzdem nötig

Wichtige Information

Eltern entscheiden darüber, ob ihre Kinder (unmündige Minderjährige) gegen HPV geimpft werden oder nicht. Für den Erfolg der Impfkampagne ist es deshalb unabdingbar, dass sie über Wirkung und Nutzen der Impfung informiert werden. Dazu gehört etwa das Wissen, dass die Impfung idealerweise prophylaktisch (vorbeugend) – in diesem Fall unbedingt vor Beginn der sexuellen Aktivität – erfolgen sollte. Hat schon ein sexueller Kontakt stattgefunden, könnte es bereits zu einer Infektion gekommen sein, die später zum Ausbruch der Krebserkrankung führen kann. Wichtig ist auch, zu wissen, dass die Impfung wie bereits erwähnt nicht gegen alle HPV-Typen schützt, die Cervixkarzinome verursachen können.

Eine Immunisierung wird nur gegen die Viren HPV 16 und 18, die für etwa 70 Prozent aller Gebärmutter­halskrebsfälle verantwortlich sind, sowie gegen die Feigwarzen auslösenden Stämme 6 und 11 erreicht. Deshalb müssen in ihrer Kindheit geimpfte Frauen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung später genauso ein Karzinomscreening (PAP-Abstrich) vornehmen lassen wie ungeimpfte Frauen, damit ein eventuell vorhandenes Karzinom entdeckt und frühzeitig entfernt werden kann.

Kinderärzte in der Verantwortung

Neben den Schulärzten kommt auch den Kinderärzten eine besondere Verantwortung bei der Aufklärung zu. In unserem aktuellen Test haben wir den Wissensstand von Kinderärzten in Wien unter die Lupe genommen. Unsere Testperson besuchte insgesamt elf zufällig ausgewählte Ordinationen in verschiedenen Wiener Bezirken. Sie gab an, eine neunjährige Tochter und einen zwölfjährigen Sohn zu haben. Laut österreichischem Impfplan wird folglich für beide eine Impfung empfohlen.

Erkrankungen und Todesfälle

Dies war auch allen besuchten Kinderärzten klar. Als unsere Mutter jedoch Genaueres zur Impfung wissen wollte, offenbarten sich schnell gröbere Wissenslücken. Lediglich drei Ärzte kannten die korrekte Zahl der jährlichen Neuerkrankungen in Österreich (zirka 400), drei Mediziner schossen teilweise weit übers Ziel hinaus und die anderen fünf ­hatten dazu entweder keine konkrete Vorstellung („sehr viele“) oder schlicht keine Ahnung. Unsere Testperson musste sich Sätze an­hören wie: „Schauen Sie im Internet nach.“ Auch die Zahl der Todesfälle ist weitgehend unbekannt. Lediglich ein Arzt wusste hier Bescheid.

Bei den wichtigen Fragen zur Impfung selbst wussten vier Ärzte, dass die Schutzrate bei rund 70 Prozent liegt, die anderen lagen teilweise deutlich über diesem Wert; einmal (Dr. Bertalan-Fenyö) wurde sogar eine hundertprozentige Wirkung ­attestiert. Kein einziger Arzt konnte hin­gegen mit der Frage etwas anfangen, wie viele Frauen pro Jahr durch die Impfung gerettet werden könnten und wann sich erste Erfolge der Impfkampagne zeigen werden.

Mehrfacher Schutz

Tochter und Sohn

Alle Ärzte waren sich einig, dass die neun Jahre alte Tochter geimpft werden sollte, und empfahlen die Impfung. Auch waren sich alle einig, dass die Impfung deswegen erfolgen sollte, weil sie das Kind vor Gebärmutterhalskrebs schützen kann. Dass die Impfung auch vor Analkarzinomen und Karzinomen im Mund- und Rachenbereich schützt, ­wusste lediglich unser Testsieger Dr. Pelzl. Auch beim 12-jährigen Sohn waren sich alle Ärzte einig, dass eine Impfung erfolgen ­sollte. Eigenartig mutet allerdings die Empfehlung von zwei Ärzten (Dr. Thalhammer und Dr. Bertalan-Fenyö) an, die Impfung erst vor dem ersten Geschlechtsverkehr vor­nehmen zu lassen.

Das ist nicht praktikabel und zudem ärgerlich, da bis zum 13. Lebensjahr noch zwei Impfdosen für eine aus­reichende Immunisierung genügen, wohingegen ältere Jugendliche drei Impfdosen benötigen. Völlig abstrus wirkt der Rat von Frau Dr. Bertalan-Fenyö, man solle ­Kindern aufgrund der Ansteckungsgefahr beibringen, niemanden auf den Mund zu küssen.

Einmal die Note gut

Die teilweise doch sehr dürftigen Ergebnisse spiegeln sich auch in der Gesamtbewertung wider. Lediglich ein Arzt (Dr. Stefan Pelzl) ­informierte unsere Testperson wirklich gut, bei Dr. Hannes Mayer reichte es noch zu ­einem „durchschnittlich“. Bei den anderen neun Ärzten ließ die Impfberatung deutlich zu wünschen übrig. Immerhin waren zumindest die gegebenen Erklärungen für unsere Testperson verständlich und sie hatte auch in allen Fällen das Gefühl, ausreichend Fragen stellen zu können. Die Beratungsdauer fiel höchst unterschiedlich aus. Zwischen 10 und 36 Minuten nahmen sich die Ärzte Zeit. Auch beim Honorar ergaben sich deutliche Unterschiede. Vier Mal war die Beratung gratis, am teuersten (90 Euro) war sie bei unserem Testsieger.

Testtabelle: HPV-Impfberatung beim Kinderarzt

Zusammenfassung

HPV-Impfung. Seit Februar 2014 wird die HPV-Impfung für alle in Österreich lebenden Kinder der vierten Schulstufe (vollendetes 9. Lebensjahr) kostenfrei angeboten. Die Impfung erfolgt in der Schule, in einigen Bundesländern auch bei öffentlichen Impfstellen und niedergelassenen Kinderärzten.

Erwartungen. Die Erwartungen an die HPV-Impfung sind bereits jetzt hoch. Ein Erfolg ist jedoch erst in rund 20 Jahren absehbar. Dann könnte die Impfung in Österreich jährlich sieben Frauen das Leben retten, später werden es jedes Jahr mehr.

Aufklärung. Die Aufklärung zur HPV-Impfung ist vielfach lückenhaft. Eine gute Basisinformation bietet das Internet unter www.gesundheitsinformation.de  (Suche: hpv-impfung).

Testkriterien

Eine Mutter vereinbart einen Termin bei 11 zufällig ausgewählten Kinderärzten in Wien zur Beratung für eine HPV-Impfung. Sie gibt an, zwei Kinder zu haben (12-jähriger Sohn, 9-jährige Tochter). Es wird überprüft, ob eine evidenzbasierte Impfaufklärung stattfindet. Die Dokumentation erfolgt auf standardisierten Fragebögen. Die Testerin wurde auf die korrekten Antworten eingeschult.

Anbieter

Dr. Bernhardt Susanne
Hetzendorfer Straße 52-54
A-1120 Wien
01 804 70 23
 
Dr. Bertalan-Fenyö Ecaterina
Miltnerweg 32/4/1
A-1110 Wien
01 767 23 64
 
Dr. Cornea Horatiu Ioan
Rotenhofgasse 70-72/1/6
A-1100 Wien
01 615 02 82
 
Dr. Hayek Grace
Rennbahnweg 27/7/6+7
A-1220 Wien
01 256 18 08
 
Dr. Holzer Robert
Heiligenstädter Straße 51/1/1B
A-1190 Wien
01 368 45 39
 
Dr. Lippert Marianne
Weyprechtgasse 3
A-1160 Wien
01 402 52 00
 
Dr. Maiwald Georg
Pastorstraße 2A
A-1210 Wien
01 258 21 39
 
Dr. Mayer Hannes
Gaußplatz 6/3
A-1200 Wien
01 333 15 77
 
Dr. Pelzl Stefan
Sechskrügelgasse 1/4
A-1030 Wien
01 712 47 88
 
Dr. Sommer Johann
Anton-Baumgartner-Straße 44A
A-1230 Wien
01 667 32 01
 
Dr. Thalhammer Stefan
Schweglerstraße 24
A-1150 Wien
01 982 42 05

Reaktionen

Anbietern mit dem Testergebnis „nicht zufriedenstellend“ geben wir an dieser Stelle Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Zwei der betroffenen Ordinationen haben diese Möglichkeit genutzt, zudem gingen zwei Reaktionen aus der Ärztekammer Wien bei uns ein.

Dr. Marianne Lippert: Es tut mir sehr leid, dass meine Antworten nicht Ihren Kriterien genügt haben. Während meiner 21jährigen Tätigkeit in der Praxis habe ich gelernt, dass sich ein Erfolg der Impfberatung am besten einstellt, wenn ich allgemein verständlich informiere und Fallzahlen und Statistiken ausspare. Fragestellungen wie im Test kommen in meinem Praxisalltag so nicht vor.

Dr. Nazak Dadgar (Ordinationsvertretung Dr. Holzer): Es ist keineswegs Aufgabe einer kompetenten Impf­beratung, einzelne Zahlen im Detail zu reproduzieren Für die Entscheidung die Impfung anzunehmen oder nicht, ist die statistische Bewertung und epidemiologisches Detailwissen aus dem Bereich der Gynäkologie zwar ein gutes Argument für die Impfung, aber weiter nicht von wesentlicher Relevanz.

Dr. Thomas Szekeres (Präsident der Ärztekammer für Wien): Die vom VKI an die Ärzte gestellten Fragen sind nicht geeignet zu einer Überprüfung einer Beratungsqualität eines Arztes Die Bewertung dieser Beratung in einer konstruierten Situation kann aus Sicht der Ärztekammer für Wien keineswegs als unzureichend bezeichnet werden. Abschließend möchte die Ärztekammer für Wien generell festhalten, dass wir derartige Befragungen und gestellte Überprüfungen nicht geeignet erachten, um eine ärztliche Qualität einer objektiven Beurteilung zuzuführen.

DDr. Peter Voitl (Impfreferent der Ärztekammer für Wien): Ausgangspunkt der Befragung war eine sogenannte EBPI, also „Evidence-based patient information“ als Grundlage für die Patienten, Entscheidungen treffen zu ­können. Dabei handelt es sich um standardisierte Patienteninformationen, die nach definierten Kriterien unter Beteiligung der Patienten selbst erstellt werden sollen und für deren Erstellung es genaue Kriterien gibt.

Diese Informationen sind derzeit in Österreich für die Impfberatung (noch) nicht erarbeitet und daher auch nicht ver­fügbar; EBPI können sinnvollerweise auch nicht vom einzelnen Arzt erstellt werden. Hier wären standardisierte Vorgaben für die Impfaufklärung seitens des Ministeriums gefordert, die es in dieser Form noch nicht gibt

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