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Tablet-Hersteller - Auf halbem Weg

Die Markenkonzerne haben längst erkannt, dass sie Verantwortung übernehmen müssen – auch für ihre Lieferanten. Leider bleibt es in vielen Fällen bei einem bloßen Bekenntnis.

In unserer Testtabelle finden Sie diese Tablet-Hersteller:

  • Acer
  • Apple
  • Asus
  • Google
  • HP
  • Lenovo
  • Microsoft
  • Samsung
  • Sony
  • Toshiba

Getestet wurden soziale Kriterien (z.B. Unternehmenspolitik, Praxis in der Umsetzung, etc.), Umweltkriterien, das Stakeholder-Engagement sowie die Transparenz der Tablet-Hersteller. Lesen Sie nachfolgend unseren Testbericht.


In den letzten Jahren waren negative Schlagzeilen über die Elektronikindustrie an der Tagesordnung: Selbstmordserien in Zulieferbetrieben (Foxconn), Häufung von Krebs­erkrankungen durch mangelnden Schutz vor giftigen Chemikalien, Einsatz von Rohstoffen aus dubiosen Quellen (aus Bürgerkriegsgebieten).

Billiger als China: Vietnam

Die Markenkonzerne haben da­raus gelernt und ihre Beschaffungspolitik überdacht. Aber im Wesentlichen hat sich der bestehende Trend eher noch verschärft. Die Unternehmen wollen immer schneller neue Entwicklungen auf den Markt bringen (BeispielSmartwatches - In den Kinderschuhen) oder mit immer ­billigeren Modellen den Absatz ankurbeln. Der Kostendruck zwingt dazu, die – ohnehin bereits Großteils ausgelagerte – Produktion in noch billigere Länder auszulagern, nach China wird Vietnam zum neuen Hoffnungsgebiet (siehe: "Die Republik von Samsung“).

Kurze Zyklen, neue Technik, schärferer Wettbewerb

Die kürzeren Produktzyklen und die wachsende Nachfrage nach neuen Technologien erhöhen den Druck auf die Zulieferindustrie. Die Markenkonzerne zwingen ihre Lieferanten, immer schneller und billiger zu produzieren – die Arbeitsbedingungen leiden entsprechend darunter.

Die Folge davon: Trotz der verstärkten Bemühungen der Unter­nehmen, ihre Verantwortung für soziale und umweltgerechte Produktionsbedingungen (CSR – Corporate Social Responsibility) unter Beweis zu stellen, werden die Probleme kaum kleiner. Im Zweifelsfall setzt sich der Einkaufsmanager (der billig und schnell beliefert werden will) gegenüber dem CSR-Manager durch.

Google lässt bei Asus fertigen

In Unternehmenspolitik verankert

Wie sieht die aktuelle Lage in der Tablet-Produktion aus? Eine Untersuchung, die von zehn Verbraucherorganisationen (darunter dem VKI) in Auftrag gegeben wurde, kommt zu folgendem Ergebnis: Alle Markenkon­zerne haben Menschenrechtsbestimmungen in ihre Politik integriert. Es gibt einen frei­willigen Verhaltenskodex, allerdings nicht sehr ambitioniert. Im Umweltbereich gehen die Verpflichtungen kaum über die gesetz­lichen Bestimmungen hinaus. Vielfach verlassen sich die Unternehmen auf die Kontrolltätigkeit der EICC (Electronics Industry Citizenship Coalition), eines Zusammenschlusses von 100 Unternehmen der Elek­tronikindustrie. Doch was die EICC herausfindet, bleibt geheim, der Öffentlichkeit wird nichts ­berichtet.

Zwangsarbeit in Malaysia

Selbst eklatante Verletzungen des Arbeitsrechts sind keine Seltenheit. In Malaysia ­arbeiten rund 200.000 Wanderarbeiter aus Bangladesch, Indien, Nepal oder Vietnam in der dortigen Elektronikindustrie. Ein Drittel von ihnen unter Zwangsarbeitsbedingungen: Ihnen werden die Pässe abgenommen, sie müssen mindestens ein Jahr schuften, um die Gebühr für den Arbeitsvermittler ­abzuzahlen. Zu den Kunden malaysischer Unternehmen zählen unter anderem Apple, Samsung und Sony ...

(Arbeits-)Bedingungen weitgehend unbekannt

Die Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette ist nach wie vor Utopie. Nur über die letzte Stufe der Produktion, das Assembling (Zusammenbau), wissen die Markenkonzerne einigermaßen Bescheid. Über die Bedingungen in den Betrieben, die die verschiedenen Komponenten der Tablets produzieren oder die die Logistik und andere Dienstleistungen zur Verfügung stellen, ­gelangt fast nichts an die Öffentlichkeit – ausgenommen die Berichte von Nichtregierungs-Organisationen (NGO), in der Missstände angeprangert werden.

Note C überwiegt bei Testergebnissen

Trotz teilweise lobenswerter Fortschritte ist also das Engagement der Markenfirmen als mäßig zu bezeichnen. Der Durchschnitt ­(Note C) überwiegt. Lediglich Acer und Samsung haben ein B erreicht. Doch selbst bei den Spitzenreitern sind Missstände nicht auszuschließen – siehe das "Beispiel Samsung".

Und Japans Vertreter? Sony und Toshiba sind am unteren Ende der Tabelle zu finden. Nur unterboten vom Softwareunternehmen Google, der die Tablets von Asus fertigen lässt.

Kurzbeschreibungen der Unternehmen

Acer - Logo   

Acer

Zeigt relative hohe Verantwortung für die ­Zulieferkette. Engagiert im Bemühen, die Lebensdauer von Tablets zu erhöhen. Intensiver Dialog mit Stakeholdern. Teils unzureichende Zielsetzungen im Umweltbereich. Transparenz lässt zu wünschen übrig.

Apple - Logo  

Apple

Strenge Anforderungen an die Lieferanten, Überprüfungsergebnisse werden publiziert. Detailliertes Berichtswesen über Missstände in der Zulieferkette. Keine messbaren Ziele im Umweltbereich. Geringe Kooperationsbereitschaft beim Test.

Asus - Logo  

Asus

Klare Verantwortlichkeit für CSR-Politik. Jährliche Audits aller Assemblingwerke. Aber schwache Menschenrechts-Leitlinien, Zielsetzungen im Umweltbereich nur beschränkt. Unzureichende Information über Monitoring-Ergebnisse.

Google - Logo  

Google

Außer einer klar formulierten Menschenrechtspolitik liegt nichts im positiven Bereich, kein System zur Überprüfung der Lieferkette. Google rechtfertigt sich damit, dass nicht sie selbst sondern Asus Hersteller der Tablets wären.

HP - Logo  

HP

Grundsätzlich engagierte CSR-Politik, aber etwas schwach in der Umsetzung, vor allem im Umweltbereich bescheidene Anforderungen. Nachhaltigkeitsberichte erstrecken sich auch auf die Zulieferkette (erstmals Bericht über Wasser-Fußabdruck).

Lenovo - Logo  

Lenovo

Klare CSR-Politik, strenge Umwelt-Anforderungen; aber keine Folgenabschätzung bezüglich Menschenrechte, unzureichende Analyse der Umweltaudit-Ergebnisse. Kein Dialog mit Zulieferern und Zivilgesellschaft. Nachhaltigkeitsreports ohne Bezug zur Zulieferkette.

Microsoft - Logo  

Microsoft

Engagierte CSR-Politik, gute Programme zum Recycling der Tablets. Aber keine messbaren Umweltziele für die Zulieferkette. Jährliche Nachhaltigkeitsberichte, Offenlegung der Hauptzulieferfirmen. Aber ungenügende Information über die Zulieferkette.

Samsung - Logo  

Samsung

Der einzige Hersteller, der freigiebig Auskunft erteilte und einen Werksbesuch ermöglichte. Strenge Umweltanforderungen für Tablets. Verbesserte Kommunikation mit der Zivil­gesellschaft. Glaubwürdig in Maßnahmen gegen Korruption und Bestechung.

Sony - Logo  

Sony

Ambitionierter Umweltaktionsplan „Road to Zero“: starke Reduktion der Umweltbelastungen bis 2050. Allerdings keine Information über Seltene Erden. Durchaus strikte Anforderungen auch im Sozialbereich, aber kaum unabhängige Kontrolle.

Toshiba - Logo  

Toshiba

Wirksame Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensdauer von Tablets, aber nur minimale Anforderungen an die Zulieferkette. Im Sozialbereich keine Audits von Zulieferfirmen. Ausführliche, jährliche Berichterstattung vor allem im Umweltbereich.

 

Testtabelle: Tablet-Hersteller im Ethik-Test

Die Republik von Samsung

Der südkoreanische Konzern Samsung ist der zweitgrößte Hersteller von Mikrochips für Tablets und Smartphones. Er produziert auch für die Konkurrenz, selbst in den iPads des Hauptkonkurrenten Apple befinden sich die elektronischen Bauteile von Samsung.

500 bis 1.000 Chemikalien für Herstellung eingesetzt

Die Herstellung ist höchst brisant. 500 bis 1.000 verschiedene Chemikalien werden eingesetzt, darunter krebserregende Substanzen wie Lösungsmittel oder Arsen und Schwermetalle wie Cadmium oder Blei.

Krankheiten und auch Todesfälle stiegen an

In den letzten Jahren sind die Leukämiefälle in Südkorea dramatisch angestiegen. Im März 2014 wurde an fast 300 Arbeitern in der Elektronikindustrie Formen von Leukämie, Multipler Sklerose und/oder Anämie diagnostiziert. Die überwiegende Mehrheit war in Samsung-Werken beschäftigt. Mindestens 92 frühere Samsung-Mitarbeiter sind nach Angaben der Hilfsorganisation SHARPS an Krebs gestorben.

Entschädigungen trotz Unschuldsgeständnisse

Nach langem Zögern hat Samsung Verhandlungen über eine Entschädigung der Opfer begonnen, erst im Mai 2014 hat sich die Konzernführung bei den Opfern entschuldigt. Gleichzeitig beharrt sie darauf, dass die Krebsfälle nicht durch die Arbeit bedingt seien.

In Südkorea herrscht die "Republik von Samsung"

Samsung ist ein Machtfaktor in Südkorea. Der Konzern zeichnet für 20 Prozent der Exporte verant­wortlich, nicht umsonst spricht man auch von der „Republik von Samsung“. Von Beginn an verfolgte das Unternehmen eine strikt gewerkschaftsfeindliche Politik. „Nur über seine Leiche“ werde es eine Gewerkschaft geben, so die markante Aussage des Unternehmensgründers Lee Byung-chul. Die Regierung unterstützt dieses Verhalten, bis heute hat Südkorea die internationalen Konventionen für Gewerkschaftsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen nicht ratifiziert.

Gewerkschaftsaktivisten unter Druck

Gewerkschafts­aktivisten werden bedroht, überwacht, verprügelt und gar gekidnappt. Im Oktober 2013 hat sich ein Gewerkschaftsmitglied, Jong-Beom, aus Verzweiflung das Leben genommen. Doch die Protest­bewegung im Land wird immer stärker und so hat Samsung im Dezember 2013 begonnen, große Teile seiner Produktion nach Vietnam zu verlagern, wo die Löhne nur ein Drittel des Niveaus erreichen, das in China üblich ist ...

Testkriterien

Die Untersuchung wurde im Rahmen einer internationalen Kooperation durchgeführt. Daneben fanden Felduntersuchungen durch die dänische Organisation Danwatch in Südkorea statt. Im Fokus: soziale und ökologische Aspekte bei der Produktion. Ausgewählt wurden in Österreich aktive Markenfirmen.

Fragebogen, Unterlagen, Field-Studies

Die Untersuchung basiert auf einer Erhebung mittels Fragebogen und einer Analyse von Sekundärmaterial. Im Fragebogen wurden umfassende Kriterien zur gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung (CSR) abgefragt. Sekundäre Quellen waren die interne Dokumentation der Unternehmen, Jahresberichte, Untersuchungsberichte sowie Interviews mit Experten und Stakeholdern.
Außerdem führten Reporterteams von Danwatch Field-Studies (Vor-Ort-Untersuchungen) in Südkorea durch.

Erhebungszeitraum: Mai bis September 2014.

So wird beurteilt

Die Erfüllung jedes einzelnen Kriteriums wird in 5 Abstufungen beurteilt – von „umfassend erfüllt“ bis „unzureichend erfüllt.“
Zusätzlich wird eine Gewichtung durchgeführt: Je nach Nachweisbarkeit der zur Verfügung stehenden Informationen werden die Beurteilungen der Einzelkriterien mit einem Faktor zwischen 0 und 1 gewichtet. Gibt es seriöse Quellen, die den Angaben klar widersprechen, so wird mit Faktor 0 gewichtet, d.h. das Kriterium gilt als nicht erfüllt. Gibt es keine Belege (Dokumentation, Reports, Experteninterviews) für die eigenen Angaben des Unternehmens, wird mit Faktor 0,5 gewichtet. Nur wenn die Angaben zur Gänze bestätigt werden können, gehen sie mit vollem Gewicht (Faktor 1) in die Bewertung ein.

Dargestellt werden die Gruppenurteile und das Gesamturteil in einer fünfstufigen Skala von A bis E. Stufe A bedeutet, dass zumindest 80 Prozent aller Kriterien erfüllt sein müssen; E am anderen Ende der Skala steht für ein Ergebnis, bei dem unter 20 Prozent der Kriterien erfüllt wurden.

Die Kriterien im Einzelnen (Auswahl):

Soziales

Unternehmenspolitik: Menschenrechtspolitik inkl. Arbeitnehmerrechte (ILO-Konventionen).

Praxis im Unternehmen: Umsetzung innerhalb des Unternehmens; Erfassung von und Umgang mit Menschenrechtsverletzungen, Präventionsmaßnahmen.

Anforderungen an die Lieferanten: freiwilliger Verhaltenskodex, Verpflichtung zur Einhaltung internationaler Standards (EICC, SA8000, UN Guiding Principles, OECD Guidelines …). Mitgliedschaft bei unabhängigen Initiativen (FLA, SA8000). Maßnahmen zur Einhaltung von Mindeststandards. Verpflichtung zum Einsatz zertifizierter und rückverfolgbarer Mineralien, Teilnahme an der Initiative konflikt-freie Mineralien (EICC-GeSI).

Monitoring der Lieferanten: Durchführung von Sozial-Audits, Beauftragung von unabhängigen Sozial-Audits, Corrective Action Plan (Plan zur systematischen Durchführung von Korrekturmaßnahmen), Ausstiegs-Prozedere für den Fall, dass der Lieferant Missstände nicht abstellt.

Antikorruption: Integrität, Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung sind Bestandteil der Unternehmenspolitik, die Einhaltung wird überprüft.

Umwelt

Unternehmenspolitik: Gibt es eine unternehmenseigene Umweltpolitik? Grundsätze, öffentliche Bekenntnisse, Verpflichtung zur Einhaltung internationaler Standards (UN Global Compact, Carbon Disclosure Project – freiwillige Information über CO2-Emissionen), Leitlinien für die Wertschöpfungskette, Managementsysteme, Öko-Design der Produkte, quantitative und qualitative Ziele.

Praxis im Unternehmen: Umsetzung innerhalb des Unternehmens; Einbeziehung und Training der Beschäftigten. Anreizysysteme zu umweltgerechtem Verhalten. Umweltzertifizierung oder unabhängige Überprüfungen.

Anforderungen an die Lieferanten: umweltrelevante Beschaffungsrichtlinien, Definition von Mindeststandards, spezifische Anforderungen bezüglich Energieverbrauch, Recyclierbarkeit, Beachtung einer Verbotsliste für chemische Substanzen, … Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensdauer von Tablets, Recycling-Programme …

Monitoring der Lieferanten: regelmäßiges Monitoring, interne und externe Überprüfungen, schriftliche Bestätigung der Einhaltung, Durchführung von Umweltaudits bei neuen Zulieferern vor Auftragserteilung.

Stakeholder-Engagement

Dialogbereitschaft: Information und Konsultation von Organisationen der Zivilgesellschaft, Interessengruppen der Gemeinden, die sich im Nahebereich der Produktionsstätten befinden.

Unterstützung des Gemeinwesens: Unterstützung der Gemeinden im Umfeld der Produktionsstätten – Programme zur Verbesserung von Qualität und Produktivität, Entwicklungsprogramme, Projekte zur Steigerung der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, Spenden, …

Transparenz

Teilnahme an der Untersuchung: Bewertung der retournierten Fragebögen in Bezug auf Vollständigkeit, Zusatzangaben, Unterlagen.

Öffentliches Berichtswesen: Vorliegen von Nachhaltigkeitsreports, regelmäßiges Erscheinen, Informationstiefe, Informationsbreite.

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