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E-Scooter zum Leihen - Wie funktioniert das System?

Rechtlich gelten E-Roller ab 1. Juni 2019 als Fahrräder. Auf der Straße sorgen sie oft für Unmut. Vandalismus und Unfälle trüben das Mobilitätskonzept.

Immer mehr E-Scooter zum Leihen werden in den innerstädtischen Bereichen angeboten. Das Jahresende 2018 gilt als Geburtsstunde des Leih-Systems für Scooter in Österreich, seitdem werden es stetig mehr. „Bird“ und „Lime“ haben die ersten Scooter in Wien aufgestellt. Dann kam im Oktober 2018 „Tier“ dazu. Aktuell gibt es schon sechs Anbieter in Wien. Das sind neben den Genannten die Marken „Wind“, „Flash“ und „Hive“. Mittlerweile sind in Wien ungefähr 4.500 bis 5000 Roller unterwegs. Pro Anbieter sind maximal 1500 Roller zugelassen. In Linz ist seit ein paar Wochen zusätzlich „VOI“ am Markt.  

Die Leih-Scooter werden dort aufgestellt, wo es für das Geschäft ideal ist. Zum Beispiel an zentralen U-Bahn-Haltestellen. Da stehen ein paar Birds, daneben ein Grüppchen Limes, Hives und Flashs … morgens noch geordnet, doch das ändert sich durch die Nutzung schnell. 

Wie funktioniert das Leih-System?

Das Sharing, also Teilen oder gemeinsame Nutzen der Scooter spart Anschaffungskosten und Wartung. Via App werden ähnlich wie bei anderen Sharing-Diensten auf einer Karte verfügbare Scooter angezeigt. Nach dem Free Floating System werden die Roller aufgestellt, d.h. die Roller sind nicht an feste Stationen gekoppelt und können (bislang) prinzipiell überall (bis auf Sehenswürdigkeiten und speziell markierte Gebiete) abgestellt werden. Ist man angemeldet und in unmittelbarer Nähe, kann man den Roller mittels Barcode-Scan entsperren und losfahren. Bezahlt wird pro Fahrt über die Kreditkarte – und mit der Bekanntgabe seiner Mobilitätsdaten, denn es wird aufgezeichnet, wer wann und wo unterwegs ist.

Kosten pro Fahrt

Die Kosten liegen pro Fahrt bei einem Grundpreis von 1 Euro, dazu kommen zusätzlich 15 Cent pro genutzter Minute. Eine 10-minütige Fahrt kostet also 2,50 Euro auch nicht gerade billig. In der Nacht ist Pause, denn da werden die Scooter aufgeladen, gereinigt und bei Bedarf auch repariert.

Last Mile

Mit den Mietrollern wird oft das letzte Wegstück zurückgelegt. Kunden nutzen sie für den Weg von öffentlichen Verkehrsmitteln zum Ziel. Oder einfach zum Spaß. Die Wege, die zu weit zu Fuß sind, für die sich öffentliche Verkehrsmitteln oder das Auto aber nicht auszahlen, stehen im Fokus. Die so genannte „Last Mile“ wird mit den Scootern zurückgelegt. Im Schnitt sind Nutzer laut dem Anbieter Bird rund 10 Minuten mit dem E-Scooter unterwegs.

Die Reichweite der elektrischen Roller beträgt ca. 20 bis 30 km; auf dem jeweiligen Gerät kann abgelesen werden, wie voll der Akku ist. Die Geschwindigkeit der elektrisch betriebenen Klein- und Miniroller beträgt ca. 20 km/h und darf keinesfalls höher als 25 km/h sein. Andernfalls sind es Kraftfahrzeuge, für die sowohl Führerschein als auch Kfz-Haftpflichtversicherung nötig wären.

Charger und Bird-Watcher

Die Scooter sind mit GPS-Modulen ausgestattet und können geortet werden. Um Vandalismus vorzubeugen und sie aufzuladen, werden sie täglich wieder eingesammelt. Das machen sogenannte „Charger“, „Juicer“ oder „Hunter“. Sie werden per Honorar entlohnt, wenn sie die Roller einsammeln, über Nacht bei sich zu Hause oder in angemieteten Räumlichkeiten aufladen und am Morgen rechtzeitig an den vordefinierten Standorten (sog. „Nestern“) wieder aufstellen. Pro Roller und Nacht kann man z.B. bei Bird zwischen 6 und 9 Euro verdienen. Laut Bird gibt es auch „Bird-Watcher“, die auf den Straßen unterwegs sind, um sicherzustellen, dass die Roller verantwortungsbewusst gefahren und nicht achtlos zurückgelassen werden.

Kritische Stimmen

Das zusätzliche Mobilitätsangebot sorgt allerdings nicht nur für Freude unter Konsumenten und Konsumentinnen. Einigen Verkehrsteilnehmern ist das Fahrverhalten der Scooter-Nutzer ein Dorn im Auge. Die Beschwerden beziehen sich auf die Fahrlässigkeit mancher Fahrer. So wird beispielsweise kritisiert, dass einige Fahrer auf Gehsteigen fahren und möglicherweise andere Verkehrsteilnehmer – oder sich selbst – in Gefahr bringen. Auch über herumstehende  und -liegenden Roller gibt es viele Beschwerden.

Dass sie am Gehweg aufgestellt werden (dürfen), sei laut Falter-Bericht ein Versäumnis der Stadt Wien. Für jeden Schanigarten bedürfe es einer eigenen Genehmigung, dafür müsse auch bezahlt werden – für das Aufstellen der Scooter gäbe es keine Regulierung oder Gebühren. Rechtlich war die Benutzung auch bislang nicht genau definiert; eine Gesetzesnovelle der Straßenverkehrsordnung soll nun Klarheit verschaffen.  

Rechtlich gleichgestellt mit Fahrrädern

Rechtlich gleichgestellt mit Fahrrädern

Um österreichweit einheitliche Regeln für E-Scooter sicherzustellen, wird in die Straßenverkehrsordnung (StVO) ein neuer Paragraph: §88b "Rollerfahren" eingefügt. Damit haben die E-Roller-Fahrer die gleichen Rechte und Pflichten wie Fahrradfahrer. Elektrisch betriebene Roller müssen mit einer wirksamen Bremsvorrichtung, mit Rückstrahlern oder Rückstrahlfolien (vorne weiß, hinten rot, zur Seite gelb) und bei Dunkelheit mit weißem Licht nach vorne und rotem Rücklicht ausgerüstet sein. Die StVO enthält nun ein Verbot, Gehsteige, Gehwege und Schutzwege mit einem elektrisch betriebenen Klein- und Miniroller zu benutzen. Ausnahme: wenn die Behörde das in diesem Abschnitt ausdrücklich gestattet.

Sie verpflichtet E-Scooter-Lenker auch dazu, alle für Radfahrer geltenden Verhaltensvorschriften zu beachten.
Darunter fällt etwa auch das Verbot, ohne Freisprecheinrichtung zu telefonieren. Auch was das Abstellen oder auch das Alkohollimit betrifft, gelten die gleichen Regeln wie für Fahrräder. Während beim Abbiegen mit einem Fahrrad immer ein Handzeichen geben werden muss, ist das beim E-Scooter zu gefährlich – hier wird der Gesetzgeber noch eine andere Lösung präsentieren müssen, die verkehrstauglich ist. Kinder unter zwölf, die keinen Radfahrausweis haben, dürfen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (ausgenommen sind Wohnstraßen) mit dem eigenen Scooter nur unter Aufsicht einer Person unterwegs sein, die älter als 16 Jahre alt ist. Ein Verstoß dagegen ist künftig strafbar.

No-Parking-Areale

Schon heute sind Areale, an denen man nicht parken darf, markiert. Das Gebiet ist in der App rot eingezeichnet (siehe das Beispiel von Lime).Außerhalb des Geschäftsgebietes zu parken, kann unter Umständen auch teuer werden. So könnten zukünftig beispielsweise Gebühren für Falschparken anfallen oder der Account könnte gesperrt werden. 

No-Parking-Zones sind rot markiert. (Screenshot aus der Lime-App)

Sollten Sie keine Fahrradabstellanlage finden, sind E-Roller wie Fahrräder der StVO nach so abzustellen, dass sie weder umfallen können noch verkehrsbehindernd sind. Nur auf Gehsteigen, die breiter als 2,5 Meter sind, dürfen E-Roller abgestellt werden. Auch in der Parkspur dürfen E-Roller abgestellt werden. Es ist allerdings immer wichtig, den E-Roller gesetzeskonform abzustellen und vor allem Fußgängerinnen und Fußgänger nicht zu behindern. 

Versicherungsschutz

Pflichtversicherung in Deutschland

In Österreich gibt es keine verpflichtende Versicherung für E-Scooter. Anders ist die Situation in Deutschland, wo es mit Juni 2019 wie für andere Kraftfahrzeuge eine Pflichtversicherung für E-Scooter geben wird. Vom Versicherer würde eine Plakette ähnlich wie ein Nummernschild zugeschickt, die auf das Schutzblech des Rollers geklebt wird. Aktuell gibt es noch wenig konkrete Angebote, ein Anbieter spricht von einer Jahresprämie von 29 Euro für eine Versicherungssumme von 10 Mio. Euro.

VOI: Versicherungsschutz inkludiert

VOI, ein skandinavischer Anbieter bietet erstmals einen automatischen Versicherungsschutz mit der Miete – aktuell nur in Linz. Wer sich dort einen Scooter leiht, ist haftpflichtversichert. Der Grundpreis von 1 Euro und 15 Cent pro Minute ist gleich wie bei den anderen Anbietern, der Versicherungsschutz der Wiener Städtischen ist inkludiert. 

Grundsätzlich sollte die üblicherweise in der Haushaltsversicherung inkludierte private Haftpflichtversicherung für Schäden aufkommen, die unabsichtlich mit dem E-Scooter passieren. Das gilt sowohl für private Geräte als auch für gemietete Scooter. Wer gerne E-Scooter leiht oder auch weiß, dass die studierenden Kinder gerne Scooter nutzen, sollte das gleich zum Anlass nehmen und den Versicherungsschutz der eigenen Polizze prüfen.

Private Haftpflicht generell wichtig

Die private Haftpflichtversicherung deckt Schadenersatzansprüche, die gegen die versicherte Person gerichtet werden oder wehrt unberechtigte Forderungen ab. Haben Sie also unabsichtlich einen Schaden bei anderen angerichtet, sollte die Haftpflichtversicherung eintreten. Anders ist die Sache natürlich, wenn Sie fahrlässig gehandelt haben oder beispielsweise alkoholisiert mit dem E-Scooter gefahren sind und einen Schaden verursacht haben. 

Die von VOI gemeinsam mit der Wiener Städtischen angebotene Versicherung ist ein Zusatzzuckerl und bietet jenen Leuten Schutz, die keine private Haftpflichtversicherung haben oder für Schadensfälle, die sehr, sehr teuer sind (weil hier die Versicherungssumme 10 Mio. Euro beträgt). Sie gilt nur für die Fahrten mit dem geliehenen VOI-Scooter.

Eine private Haftpflichtversicherung ist aber generell absolut empfehlenswert – für alle und jederzeit. Nicht nur bei der Fahrt mit dem geborgten E-Scooter.
 

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