Es wird immer schwerer, beim Einkauf ein Mr. Anonym zu bleiben. Überall lauern sie einem mit der Geheimwaffe des Geizes auf. Diese pralle, außerordentlich gut gebaute Ananas zum Beispiel zwinkert mir zu und flötet: „Ich bin eine ganz Süße, und du kannst mich für 1.99 Euro haben. Hier und jetzt. Aber nur, wenn du die richtige Card hast, sonst zahlst du den Vollpreis, und das nicht zu knapp.“
Die Geldttasche ist schwach
Verdammt! Das ist nach dem um 40 Cent verbilligten Käse heute schon die zweite Versuchung. Fehlt gerade noch, dass sie auch noch ein Nudel-Angebot auf mich ansetzen. Mein Geist ist zwar voll Widerwillen, doch meine Geldtasche ist schwach . . . Nichts da, reiß dich gefälligst zusammen, Anonym! Du wirst ohnehin deine ganze Kraft brauchen, wenn du zur Kassa kommst.
Agentin vom Card-Kartell
Dort steht wieder die Agentin vom Card-Kartell, und die kennt alle psychologischen Tricks. Früher hat sie „Guten Morgen“ gesagt, jetzt sagt sie nur mehr „Kundenkarte?“. Und auf mein Kopfschütteln reagiert sie mit einem Blick, als hielte sie mich für einen Versager. Wenn sie mich quälen will, fragt sie zum dreißigsten Mal „Wolln's ane?“ und preist die Vorteile an. Die Frau steht wahrscheinlich schon unter Druck, weil sie noch immer keine Akte über mich haben.
Nur beim Alkohol ist ihm nichts zu teuer
Ich kann mir gut vorstellen, was sie sich da zusammenreimen würden: „Hält sich für einen harten Mann (Pitralon!), kauft jedoch regelmäßig Gummibärli. Will vermutlich Potenzprobleme mit hohem Verbrauch an Spargel bekämpfen. Besonders auffällig: kauft Ölsardinen immer nur bei zunehmendem Mond. Sehr preisbewusst, nur beim Alkohol ist ihm nichts zu teuer.“ Das hätten sie wohl gern, aber nicht mit mir. Und wenn ich der Letzte bin, der ohne Kundenkarte überlebt.
Auch wenn es verdammt hart ist, anonym zu bleiben.
Hier zum [Test "Kundenkarten" 6/2009] |