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Antifaltencremen - Märchen vom Jungbrunnen

  • Werbung verspricht Unmögliches
  • Wirkung mit freiem Auge nicht erkennbar
  • Nur kurzfristige Effekte

Festigt und strafft die Haut mit sofortiger und nachhaltiger Wirkung“, verspricht der Hersteller Clinique mit seiner Anti-Gravity Firming Lift Cream. „Schon nach einer Woche sind die Gesichtskonturen klarer, zarte Falten und Linien weniger sichtbar“ behauptet auch Helena Rubinstein mit Face Sculptor.

Nicht besser als Normalos

Wer die Werbung für solche Hautcremen verfolgt, meint die Kosmetikindustrie habe das Rezept für die ewige Jugend schon gefunden. Doch weit gefehlt: Gemeinsam mit der Stiftung Warentest haben wir  die Wirkung von 12 der neuesten Cremen unter die Lupe genommen. Durchwegs Produkte, die damit beworben werden, Falten mindern zu können. Je 30 Frauen zwischen 32 und 78 Jahren cremten sich mit jedem Produkt vier Wochen lang eine Hälfte ihres Gesichts ein. Die andere wurde zum Vergleich mit einer pflegenden Standard-Emulsion behandelt. Das Ergebnis: die Haut wurde etwas praller und glatter, weil die untersuchten Cremen sie mit Fett und Feuchtigkeit anreichern konnten. Doch – und da ist die Crux: Das kann fast jede Hautcreme.

Nur unter dem Mikroskop

Mit freiem Auge war die Wirkung nicht wahrnehmbar, erst spezielle Messgeräte brachten sie an den Tag. Fünf der insgesamt 12 Testkandidaten schafften es nicht einmal, in der Kategorie „messbare Hautglättung“ besser abzuschneiden als die zu Vergleichszwecken verwendete Emulsion und wurden daher nur mit „durchschnittlich“ bewertet. Das Produkt von Biotherm war diesbezüglich das schlechteste von allen, es pflegte nicht einmal gleich gut wie die Emulsion. Für mehr Feuchtigkeit sorgten gerade einmal vier Cremen (Eucerin, Helena Rubinstein, Nivea Vital und Oil of Olaz). Ein „Sehr gut“ im Konsument-Endurteil gab es natürlich für keine Creme, denn das Versprechen, die Falten sichtbar zu glätten, konnte niemand einlösen.

Die Erklärung für das Versagen ist: Richtigen Falten kann eine solche Creme kaum auf den Leib rücken, denn die sitzen in der Tiefe der Lederhaut. Die Wirkstoffe von Hautpflegeprodukten reichern sich in der obersten Hautschicht an und die Wirkung ist nur von kurzer Dauer. Unser letzter Test in Konsument 6/2000 (siehe dazu: Weitere Artikel - "Antifaltencremen") zeigte das selbe Ergebnis.

Werbung bedient sich der Illusion

Dass altersbedingte Fältchen nicht einfach wieder auszubügeln sind, hat sich schon herumgesprochen. Auch in der Werbung klingen die Versprechen schon etwas gedämpfter. Die Aussagen sind jedoch noch immer im Grenzbereich zwischen Dichtung und Wahrheit. Vielfach wird nur ein Teil der Wirkung dargestellt. Aus diesem Grund mit Vorsicht zu genießen sind auch werbewirksam aufbereitete Studien in Hochglanzmagazinen.

Die ganze Werbung für Antifaltencremen bedient sich auch in anderer Hinsicht der Illusion: Die schönsten Fotomodelle lächeln von den Plakaten und wollen jeden glauben machen: So jung können auch Sie aussehen. Diese hinreißenden Schönheiten sind meist entweder im zarten Teenageralter oder allenfalls stark computergeglättete Stars. Obwohl die Hautalterung erst mit 30 Jahren einsetzt, überschreitet kaum eines dieser Models diese magische Grenze. Doch diese Bilder zeigen Wirkung: Hauptsächlich Frauen geben Unsummen für Gesichtspflege aus. So betrug der Anteil, der auf Gesichtspflege entfiel, rund ein Fünftel jener 14 Milliarden Schilling, die im Jahr 2000 in Österreich für Kosmetika ausgegeben wurden. Und Cremen gegen das Altern sind oft um ein Vielfaches teurer als andere. So kostet die Antifaltencreme von Nivea mehr als doppelt so viel wie die Tagescreme und noch um einiges mehr als jene in der einfachen blauen Dose.

Glaube an die Wirkung

Dabei geht es ja auch um den Glauben an eine Wirkung. Die Befragung unter den am Test mitwirkenden Frauen zeigte höchst interessante Ergebnisse: Ein Drittel nahm allein durch den Glauben an die Wirkung dieser Wundercremen ein verjüngtes Abbild im Spiegel wahr. Dabei waren sie nicht darüber informiert worden, welche die richtige Creme war. Zwei Drittel sogar würden das von ihnen verwendete Produkt kaufen, darunter auch jene, die gar nicht an eine Wirkung geglaubt hatten.

Hoffen auf die Wissenschaft

Seit Jahren herrscht in der Kosmetikbranche ein Wettrennen um die besten Wirkstoffe. Galt in den Anfängen der Antifaltencremen noch Kollagen als Rezept für die ewige Jugend, wurde es bald durch die Fruchtsäuren abgelöst. Mittlerweile wird das Coenzym Q 10 als Faltenfresser Nummer eins gehandelt. Die ständige Suche nach immer neuen, werbeträchtigeren Wirkstoffen überschlägt sich. Noch im Laufe dieses Tests brachte Nivea eine Creme mit Coenzym R auf den Markt. Außerdem kündigte man für Mai 2002 eine neue Rezeptur der getesteten Creme an.

Viel Wind um nichts

Bis jetzt kann man nur feststellen: Viel Wind um nichts. Ein schwacher Trost am Rande war, dass bei einigen Testpersonen eine Minderung der Falten bis zu 50 Prozent gemessen wurde. Aber das waren absolute Ausnahmen. Und wo eine Abweichung zum Positiven auftaucht, ist selbstverständlich auch eine im Negativen möglich. Bei einzelnen Frauen waren die Falten tiefer als zuvor. Hoffnung gibt es aber für zukünftige Falten: Zurzeit gibt es durchaus Wirkstoffe, die vor freien Radikalen schützen und somit das Altern der Haut hinauszögern können. Die Rede ist vom oben erwähnten Coenzym Q 10, von Vitamin E (Tocopherol) oder von Retinol (Vitamin A). Diese sind auch in den getesteten Cremen enthalten. Doch ob dies auf lange Zeit hinaus möglich ist, steht mangels entsprechender Studien noch offen.

Dick aufgetragen. Die Falten verschwinden lassen kann keine der Cremen. Möglich ist etwas Aufpolsterung der Haut, aber auch dies nur kurzfristig. Am besten abgeschnitten haben Eucerin und Nivea aus dem unteren Preisfeld und der Luxus-Tiegel von Helena Rubinstein.

Vorbeugender Effekt möglich. Wer frühzeitig und regelmäßig in den Cremetopf greift, kann unter Umständen die Hautalterung hinauszögern.

Gute Pflege wichtig. Die Hautpflege sollte auf den Hauttyp abgestimmt werden. Und es muss nicht unbedingt eine Antifaltencreme sein.

Empfindliche Haut. Nicht jede Haut verträgt jede Zutat. Über mögliche Reizungen gibt es zu wenig Information. Und täglich Parfum, Konservierungsstoffe und Sonnenschutzfilter sind sicher nicht das Beste.

Im Test: 12 Gesichtscremen, von denen eine positive Wirkung auf Falten versprochen wurde. Der Test wurde gemeinsam mit der Stiftung Warentest durchgeführt.

Jeweils 30 Testpersonen verwendeten die Produkte vier Wochen lang morgens und abends. Gemessen wurde vor der ersten und 12 Stunden nach der letzten Anwendung. Ermittelt wurden Hautglättung (Fast Optical in VivoTopometry of Human Skin) und Feuchtigkeitsanreicherung (Corneometer).

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