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Mittel bei Depressionen - Wege aus dem Tief

, aktualisiert am

  • Depressionen sind eine ernsthafte Erkrankung.
  • Betroffene sollten frühzeitig einen Arzt aufsuchen.
  • Verschriebene Medikamente sind unbedingt einzunehmen.

Gedrückt, abgespannt und müde

Die meisten von uns kennen die Symptome: Tagelang läuft man in gedrückter Stimmung herum, fühlt sich abgespannt und müde. Im Beruf lässt der Elan nach und eigentlich würde man sich am liebsten den ganzen Tag im Bett verkriechen. Meistens verflüchtigen sich die depressiven Anwandlungen, die uns vor allem in der kalten Jahreszeit heimsuchen, nach kurzer Zeit wieder.

Für Tausende sind sie jedoch Alltag. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsbehörde (WHO) leiden drei bis fünf Prozent der Weltbevölkerung an Depressionen. Die Tendenz ist steigend.

Unerkanntes Leiden

Mittlerweile nimmt die Krankheit bereits den vierten Platz in der Liste der häufigsten Krankheiten ein. Bei fast jeder vierten Frau wird einmal im Leben eine Depression diagnostiziert. Bei Männern äußert sich die Krankheit oftmals nicht in ihren klassischen Symptomen wie Traurigkeit oder Passivität, sondern sie manifestiert sich in Aggression oder Suchtverhalten und wird deshalb weniger häufig erkannt.

Ähnliches gilt für Kinder und Jugendliche, bei denen sich die Erkrankung von Eltern und Ärzten unerkannt hinter Auffälligkeiten im Spiel-, Ess- und Schlafverhalten verbirgt.

Therapie zu spät begonnen

In vielen Fällen wird deshalb zu spät mit einer wirksamen Therapie begonnen, durch die viele der jährlich zirka 1400 Suizidfälle in Österreich wohl hätten vermieden werden können. Selbstmordgedanken von Angehörigen, Freunden oder Bekannten sollten deshalb nie – aus Angst, man könne den Depressiven erst recht auf falsche Gedanken bringen – bagatellisiert oder totgeschwiegen werden.

Depressive Menschen mit Suizidphantasien benötigen dringend und rasch medizinische Hilfe. Sie sollten zum Arztbesuch motiviert und falls nötig in die Ordination begleitet werden.

Ursachen der Depression

Eine erhöhte Wahrscheinlichkeit an einer Depression zu erkranken besteht, wenn bereits ein Elternteil betroffen war. Physiologischer Erklärungsansatz ist eine gestörte Konzentration von bestimmten Botenstoffen im Gehirn. Hauptbeteiligte sind die „Glückshormone“ Serotonin und Noradrenalin, die für die Informationsübertragung zwischen den Nervenzellen zuständig sind.

Partnerschaftpropleme, Verlust des Arbeitsplatzes

Auch länger anhaltende Stress-Situationen wie Partnerschaftpropleme, der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Tod eines nahen Angehörigen sind mögliche Auslöser. Eine weitere Theorie geht davon aus, dass schmerzliche Erfahrungen, die ein Mensch im Lauf seines Lebens macht, „abgespeichert“ werden. Erlebt er zu einem späteren Zeitpunkt ähnliche Situationen, können die Erinnerungen aus dem Unterbewusstsein wachgerufen werden und depressive Störungen verursachen.

Chronische Schmerzen, Schilddrüsenprobleme 

Nicht selten treten Depressionen auch als Folge von chronischen Schmerzen und chronischen Erkrankungen, etwa Diabetes, Epilepsie oder Fehlfunktionen der Schilddrüse, auf. In diesen Fällen erfolgt die Heilung über eine wirkungsvolle Therapie der ursprünglichen Erkrankung. Die dabei eingesetzten Medikamente müssen allerdings sorgsam ausgewählt werden, denn bestimmte Wirkstoffe in Arzneimitteln können Depressionen auslösen oder verstärken.

Wer sich wegen einer Depression in Behandlung begibt, sollte deshalb schon beim ersten Gespräch mit dem Arzt auf momentan eingenommene Medikamente verweisen. Schon eine Umstellung der Arzneimittel kann bereits Besserung bringen.

Medikamente nicht zu früh absetzen

Wichtig ist auch die Unterstützung aus dem Freundes- und Familienkreis. Depressive sind antriebs- und entscheidungsschwach und auf Zuspruch angewiesen. Jede Aktivität, egal ob es sich um körperliche Bewegung oder einfach nur das Zeitunglesen handelt, ist für den Genesungsprozess förderlich. Allerdings sollte dabei niemals Druck auf den Patienten ausgeübt werden, gut gemeinte „Beschäftigungstherapien“ können schnell zur Überforderung führen.

Am besten mit Psychotherapie

In vielen Fällen kommt der Patient jedoch um die Einnahme eines Antidepressivums, am besten in Kombination mit einer Psychotherapie, nicht herum. Bei der richtigen Einstellung des Medikaments spielt die Erfahrung des Arztes eine wichtige Rolle, um aus einem Angebot von rund 300 Präparaten (siehe Kasten „Hinweise zur Bewertung/Medikamentenauswahl“) das passende Medikament herauszufinden. Je nach Symptomen, Krankheitsverlauf und Verträglichkeit sind verschiedene Wirkstoffgruppen geeignet.

Zehn Tage bis zur Wirkung

Dabei handelt es sich allerdings nicht um Wundermittel, die sofort wirken. Bis die Störung im Stoffwechsel des Gehirns wieder ausgeglichen ist, vergehen in der Regel zehn Tage bis mehrere Wochen. Wichtig ist, dass der Patient sein Medikament über den verordneten Zeitraum in der verordneten Dosis einnimmt. Bei frühzeitigem Absetzen besteht die Gefahr eines Rückfalls.

Wie gehe ich mit einer Depression um?

  • Raus aus dem Haus. Schließen Sie sich nicht in Ihrer Wohnung ein, wenn sich depressive Gefühle breitmachen. Kurze Spaziergänge hellen die Stimmung auf und vermindern Angstgefühle.
  • Treiben Sie Sport . Auch jede noch so geringe körperliche Betätigung setzt im Gehirn Endorphine frei – Sie fühlen sich besser.
  • Gesunde Ernährung trägt zum Wohlbefinden bei und schafft die Voraussetzungen für eine ausgewogene Stimmungslage.
  • Vermeiden Sie Stress .
  • Konsultieren Sie einen Arzt , wenn typische Symptome mehr als zwei Wochen andauern.
  • Selbsthilfegruppe. Nehmen Sie Kontakt zu Selbsthilfegruppen auf.
  • Echte Krankheit. Akzeptieren Sie, dass Sie an einer Krankheit leiden. Depressionen sind keine Frage mangelnder Disziplin oder schicksalsgegeben. Eine Kombination aus professioneller Psychotherapie und Psychopharmaka bietet eine hochwirksame Behandlungsmöglichkeit.
  • Nicht zu früh absetzen. Nach einer länger andauernden medikamentösen Therapie kann es zu sogenannten Absetzphänomen kommen, wenn die Einnahme abrupt gestoppt wird. Die meisten dieser Symptome treten ein bis zwei Tage nach dem Absetzen des Medikaments auf. Als Gegenmaßnahme wird es wieder in der vorher üblichen Dosis gegeben und diese langsam reduziert.
  • Anonyme Hilfe kann man über das Internet in Newsgroups und Chats oder bei der Telefonseelsorge (Tel. 142) erhalten.

Bewertungen in der Testtabelle

Grundlage dieses Tests ist das Handbuch „Medikamente “, für das ein Expertengremium der Stiftung Warentest Arzneimittel auf Basis von Literaturrecherchen beurteilte (die Methoden sind  unter „ Medikamententests “ zu finden). Es gibt vier Stufen der Bewertung, wobei sich die Aussage über die Eignung ausschließlich auf die angeführten Anwendungsgebiete bezieht.

Geeignet
sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachgewiesen ist. Ihre Nutzen-Risiko-Abwägung fällt positiv aus, sie sind gut erprobt. Der therapeutische Nutzen dieser Mittel ist hoch, sie gehören zu den Standardtherapeutika. „Geeignet“ sind auch Kombinationsmittel, deren Wirkstoffe sich sinnvoll ergänzen.

Auch geeignet
sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber entweder Konservierungsmittel enthalten oder noch nicht so lange erprobt sind wie die als „geeignet“ bewerteten. In diese Kategorie fallen vor allem neue oder weniger gut untersuchte Wirkstoffe.

Mit Einschränkung geeignet
sind Mittel, die zwar therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standardtherapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen. Diese Bewertung gilt auch für Mittel, bei denen noch weitere Studien erforderlich sind, um ihre therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachzuweisen.

Wenig geeignet
sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind und deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist, sodass die wahrscheinlichen Risiken mehr Gewicht haben als der mögliche Nutzen. „Wenig geeignet“ sind darüber hinaus Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe nicht sinnvoll ergänzen oder keinen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

Auswahl der Medikamente

Aufgrund der Vielzahl an Präparaten (Generika) sahen wir uns zu einer Reduzierung der Medikamentenauswahl gezwungen. In der Tabelle finden sich unter dem jeweiligen Wirkstoff nur die jeweils erstzugelassenen Präparate. Im Fall des Wirkstoffs Amitriptylin war nicht nachvollziehbar, welches der beiden genannten Präparate zuerst auf dem Markt war. Im Fall von Johanniskraut (8 Präparate) haben wir Jarsin ausgewählt, da zu diesem Präparat die meisten Studien vorliegen.

Nicht bewertet wurden Kombinationspräparate sowie Präparate mit den Wirkstoffen Dibenzepin, Duloxetin, Milnacipran, Tianeptin.

Formen der Depression

Depressionen werden den sogenannten affektiven Störungen zugerechnet, deren Hauptsymptome sich in einer Veränderung der Stimmungslage in Richtung Depression oder Manie zeigen. Stark vereinfacht unterscheidet man heute:

Bipolare affektive Störungen (früher „manisch-depressiv“) . Einem Stimmungshoch mit gesteigertem Antrieb und erhöhter Aktivität folgt eine Phase der Stimmungssenkung, mit vermindertem Antrieb und Aktivität.

Depressive Episoden. Dabei wird zwischen leichten, mittelgradigen, schweren ohne psychotische Symptome, schweren mit psychotischen Symptomen und sonstigen depressiven Episoden unterschieden.

Rezidivierende depressive Störung. Gekennzeichnet durch wiederholte depressive Episoden. Der Unterschied zu bipolaren affektiven Störungen ist, dass keine manischen Episoden auftreten. Die schweren Formen der rezidivierenden depressiven Störungen wurden früher als „manische Depression“, „Melancholie“, „vitale Depression“ oder „endogene Depression“ bezeichnet.

Bei Müttern stellen sich häufig nach der Entbindung Gemütsveränderungen ein. Diese werden in drei Kategorien unterteilt:

Postpartales Stimmungstief. Depressive Verstimmung, labile Stimmungslage zwischen dem dritten und zehnten Tag nach der Geburt. Symptome: gesteigerte Empfindsamkeit Ängstlichkeit, Unruhe, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Weinen und Stimmungsschwankungen.

Postpartale Depression (Wochenbettdepression). Psychische Störung im Wochenbettverlauf, meist in den ersten Monaten nach der Entbindung. Symptome: Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, häufiges und scheinbar grundloses Weinen, Grübeln, Hoffnungslosigkeit, Dauermüdigkeit, Erschöpfung, Energieverlust, Konzentrationsstörung, Desinteresse am Alltäglichen, sexuelles Desinteresse, „Gefühllosigkeit“, Appetitlosigkeit, Zerschlagenheitsgefühl, Konzentrationsschwäche, Ängste, Ruhelosigkeit, Minderwertigkeitsgefühle, Schuldgefühle, „gemischte“ Gefühle/Abwehr gegenüber dem Kind und dem Partner, Kreislaufprobleme, Kopf- und Rückenschmerzen, Herzrasen, Magenschmerzen, Verdauungsprobleme, Sehprobleme/„trockene“ Augen, Schmerzen im Brustkorb, Panikattacken bis hin zu Selbstmordgedanken.

Postpartale Psychose (Wochenbettpsychose). Schwere psychische Störung im Wochenbettverlauf und darüber hinaus, meist innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt. Verstärkte Form der Wochenbettdepression, extreme Stimmungsänderungen, extreme Angstzustände, Verzweiflung, Verwirrtheit, geringes Schlafbedürfnis und Schlafstörungen, starke Unruhe, Halluzinationen, Wahnvorstellungen (Angst, sich und/oder dem Kind etwas anzutun), Selbstmordgefahr.

Depressionen: Kompetent mit Konsument

  • Krankheit nicht bagatellisieren . Eine Depression ist eine ernsthafte Erkrankung, die viele Menschen in den Selbstmord treibt. Patienten sollten möglichst früh einen Arzt aufsuchen.
  • Auf Medikamente hinweisen . Auch Medikamente, die gegen eine andere Krankheit eingenommen werden, können depressiv machen und zudem eine Wechselwirkung mit dem Antidepressivum eingehen. Wer wegen einer Depression zum Arzt geht, sollte deshalb unbedingt auf alle eingenommenen Präparate hinweisen.
  • Antidepressiva nicht zu früh absetzen . Antidepressiva sind starke Medikamente, die häufig Nebenwirkungen verursachen. Wer ein Antidepressivum nicht verträgt, sollte sofort den Arzt aufsuchen und das Präparat nicht einfach absetzen. Bei zu früh beendeten Therapien besteht die Gefahr eines Rückfalls.

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