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Medikamente: Magenmittel - Wirksam oder nicht?

Wer unter Sodbrennen und Verdauungsproblemen leidet, greift häufig zu ­rezeptfreien ­Medikamenten, Tees oder Nahrungsergänzungsmitteln. Doch nicht von allen Präparaten ist Linderung zu erwarten.

Diese Magenmittel haben wir einem Eignungstest unterzogen:

Mittel bei Sodbrennen/Reizmagen/Reizdarm

  • Antra 20 mg Tabletten
  • Gaviscon Liquid Sachets    Mittel bei Sodbrennen Reizmagen Reizdarm (Bild: VKI)
  • Gaviscon Mint Kautabletten
  • Iberogast Tinktur  
  • Pantozol Control 20 mg Tabletten    
  • Raninorm Genericon 75 mg Filmtabletten    
  • Ranitidin ratiopharm 75 mg Filmtabletten    
  • Rennie Antacidum Freshmint Lutschtabletten    
  • Riopan 800 mg Kautabletten    
  • Riopan Magengel 1600 mg Sachets    
  • Talcid 500 mg Kautabletten

Mittel bei Blähungen & Verdauungsbeschwerden Mittel bei Blähungen und Verdauungsbeschwerden (Bild: VKI)

  • Antiflat Kautabletten
  • Aurita Magen-Darm-Entspannung Kautabletten
  • Buscopan Dragees 10 mg
  • Buscopan Zäpfchen 10 mg
  • Lefaxin Kautabletten
  • Lefaxin Tropfen
  • Medicaldoc Kapseln
  • Pankreoflat DrageesMagenmittel: Tees (Bild: VKI)
  • SAB Simplex Tropfen

Tees

  • Dr. Kottas Pfefferminz
  • Sidroga Schafgarbe
  • Sidroga Wermut

Lesen Sie auch unseren Rezeptfreie Medikamente - Bestseller mit Mängeln. Nachfolgend unser Testbericht "Wirksamkeit von Magenmitteln".


Unserem Verdauungsapparat muten wir tagtäglich eine Menge zu. Magen, Darm und Leber müssen bei jeder Mahlzeit Schwerst­arbeit leisten. Eine besondere Herausforderung bedeutet es für die Organe, wenn sie mit zuckerhaltiger und fettreicher Kost, Alkohol oder Nikotin fertigwerden müssen.

Auch Stresssituationen können dazu beitragen, dass es nicht mehr ganz so rund läuft mit unserer Verdauung. Dyspepsie – darunter fallen vom Sodbrennen über Völlegefühl bis hin zur Übelkeit Symptome, die ihren Ausgang im Magen-Darm-Trakt haben – ist eine der häufigsten körperlichen Beschwerden.

Test: Rezeptfreie Magenmittel aus Apotheke oder Drogerie

Entsprechend vielfältig ist auch das Angebot an rezeptfreien Medikamenten, Tees und Nahrungsergänzungsmitteln, die gegen Sodbrennen oder Verdauungsbeschwerden auf dem Markt sind. Doch nicht alles, was uns in Apotheken und Drogerien verkauft wird, erfüllt seinen Zweck.

Im besten Fall können die Mittel Symptome wirkungsvoll bekämpfen, die wahren Auslöser für die dyspeptischen Beschwerden erreichen sie hingegen nicht. Neben falscher Ernährung und Stress können dies auch gefährliche Krankheiten sein. Deshalb sind solche Medikamente allenfalls zum kurzfristigen Gebrauch geeignet. Wer mehrere Wochen hindurch beziehungsweise immer wieder unter Beschwerden wie Sodbrennen oder Blähungen leidet, sollte unbedingt eine Abklärung beim Arzt vornehmen lassen.

Sodbrennen, Reizmagen, Reizdarm

Sodbrennen entsteht, wenn Magensaft oder Speisebrei in die Speiseröhre aufsteigt ­(Reflux). Normalerweise verhindert der Schließmuskel am Mageneingang das Zurück­­fließen des Mageninhaltes in die Speise­röhre. Ist die Funktion dieses Muskels beeinträchtigt oder wird der Druck auf den Mageninhalt zu hoch, kann Reflux entstehen.

Symptome sind häufig drückende und ­brennende Schmerzen hinter dem Brustbein. Gelegent­liches Sodbrennen ist normal und in der Regel harmlos, doch wenn die ­Beschwerden länger anhalten, kann dies zu oberflächlichen Gewebsschädigungen oder Geschwüren in der Speiseröhre führen. Wird die Reflux­krankheit nicht behandelt, kann sich daraus auch Speiseröhrenkrebs entwickeln.

Faktoren, die Sodbrennen auslösen können, sind unter anderem Übergewicht, fette Speisen, Nikotin, Alkohol und säurehaltige ­Getränke oder Stress. Auch eine Schwangerschaft kann Reflux begünstigen. Treten die Beschwerden für länger als drei Monate auf und gibt es dafür keine organbedingte Erklärung, so spricht man von einem Reizmagen.

Wirkstoffe gegen Sodbrennen

Ernährungsgewohnheiten umstellen

Wer unter Sodbrennen oder einem Reiz­magen leidet, sollte zunächst seine Ernährungsgewohnheiten auf den Prüfstand ­stellen und gegebenenfalls ändern. Ratsam ist es etwa, auf große Mahlzeiten zu verzichten und stattdessen mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt zu sich zu nehmen. Die Kost sollte fett- und zuckerarm sowie eiweiß­reich sein.

Auch säurehaltige ­Getränke wie Kaffee, Limonaden mit Kohlensäure und Alkohol sind tabu. Ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen sollte man nichts mehr zu sich nehmen. Empfehlenswert ist es auch, nachts mit erhöhtem Oberkörper zu schlafen. Körperliche Entspannung und Sport ­können darüber hinaus helfen, Stress abzubauen und die Beschwerden zu lindern.

Antazida gegen Sodbrennen

Kurzfristig können auch rezeptfreie Medikamente und Medizinprodukte aus der Apotheke hilfreich sein. Die Präparate sind jedoch wie bereits erwähnt nicht zur Dauertherapie geeignet und sollten keinesfalls länger als zwei Wochen angewendet werden. Häufig zur Anwendung kommen etwa sogenannte Antazida. Diese enthalten basische Wirkstoffe und können die Säure des Magensaftes neutralisieren und somit zur Linderung von Sodbrennen oder ähnlichen Beschwerden beitragen. Zur Behandlung ­eines Reizmagens sind Antazida nicht geeignet, da die therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen ist.

Carbonatverbindungen

Darüber hi­naus sind auch Carbonate im Einsatz. In der Regel handelt es sich um Kalziumcarbonat und Magnesiumcarbonat. Präparate mit Natrium­hydrogencarbonat sind zwar noch im Handel, dieser Wirkstoff wird jedoch nicht mehr empfohlen. Diese Carbonatverbindung neutralisiert die Säure sehr schnell, was zu einem starken Anstieg des pH-Wertes im Magen führt. Wird es allerdings zu alkalisch, reagiert der Magen mit verstärkter Säureproduktion. Zudem wird CO2 produziert, was unangenehme Nebenwirkungen wie etwa Blähungen verursacht.

Weniger Nebenwirkungen

Modernere Präparate enthalten häufig eine Kombina­tion aus ­aluminium- und magnesiumhaltigen Verbindungen, die weniger unerwünschte Nebenwirkungen aufweisen. Ebenfalls häufig ­angewendet werden säurehemmende (H2-Rezeptorantagonisten) oder säureblockierende (Protonenpumpenhemmer) Präparate. Letztere sollten erst dann eingenommen werden, wenn andere Medikamente keine Wirkung zeigen. Darüber hinaus sind auch Pflanzenextrakte auf dem Markt.

Verdauungsbeschwerden

Verdauungsbeschwerden

Neben Sodbrennen gehören Blähungen zu den häufigsten Verdauungsbeschwerden. Die Gasbildung (vor allem Kohlendioxid) im Darm ist ein normaler Vorgang. Das CO2 wird aus dem Dünndarm ins Blut aufge­nommen und über die Lunge abgeatmet. Wenn sich jedoch zu viel Gas bildet, kann es zu den bekannten schmerzhaften Darm­blähungen kommen.

Verdauungsbeschwerden im ­oberen Magen-Darm-Trakt machen sich da­gegen als Magendrücken, Bauchschmerzen oder Völlegefühl bemerkbar. Grundsätzlich wird zwischen anfallsartigen und länger anhaltenden Schmerzen unterschieden. In den meisten Fällen ist ein überlastetes Verdauungssystem die Ursache, im Extremfall kann jedoch auch ein Magen- oder Darm­tumor dahinterstecken.

Ab zum Arzt

Unbedingt zum Arzt gehen sollte man, wenn ­folgende Symptome auftreten: aufgeblähter und harter Bauch, extremes Schmerzempfinden bei Berührung des Bauches, heftiges ­Erbrechen mit Blut oder Stuhl im Erbrochenen, zusätzlich zu den Bauchschmerzen ­heftige Schmerzen in der Brust, Gelbfärbung der Haut, zusätzlich hohes Fieber, wenn Schweißausbrüche verbunden mit Schwin­delgefühl oder Ohnmachtsanfällen auftreten.

Ebenfalls in ärztliche Behandlung gehören Patienten, bei denen der Stuhlgang über ­Tage ausbleibt, die nicht mehr urinieren ­können beziehungs­weise bei denen sich Blut im Urin findet.

Vorbeugen, pflanzliche Präparate

Verdauungsbeschwerden vorbeugen

In den allermeisten Fällen sind Verdauungsbeschwerden jedoch harmloserer Natur und können zu Hause auskuriert werden. Noch besser ist es freilich, sie erst gar nicht aufkommen zu lassen. Das lässt sich häufig mit einer Umstellung der Ernährungsgewohnheiten erreichen. Wer eine ausgewogene Mischkost bevorzugt, die Mahlzeiten immer zur gleichen Zeit einnimmt, dabei langsam und sorgfältig kaut, hat deutlich weniger Probleme.

Zusätzlich sehr hilfreich sind Bewegung sowie Entspannung und Ruhe. ­Medikamente sollten grundsätzlich zurückhaltend eingesetzt werden. Krampflösende Mittel können dann dazu beitragen, die Muskulatur im Magen-Darm-Trakt zu entspannen. Sogenannte Entschäumer sollen etwa helfen, die Gase schneller aus dem Darm zu entfernen.

Pflanzliche Präparate

Neben herkömmlichen Medikamenten ist auch eine Vielzahl von pflanzlichen Präparaten auf dem Markt, die häufig in Form von Auszügen oder Tees angeboten werden. Ihre Wirksamkeit ist allerdings begrenzt; für die meisten dieser Mittel liegen keine wissenschaftlichen Studien vor, die eine Wirksamkeit belegen.

Auch was im Handel befind­liche Nahrungsergänzungsmittel angeht, ist die Studienlage eher bescheiden. Abgesehen davon, dass derartige Flüssigpräparate nicht selten Alkohol enthalten, fehlt es auch an wissenschaftlichen Belegen für die Wirksamkeit. Eine Anwendungsempfehlung kann deshalb nicht abgegeben werden.

Testtabelle: Magenmittel bei Sodbrennen/Reizmagen/Reizdarm

Testtabelle: Magenmittel bei Blähungen & Verdauungsbeschwerden

Testabelle: Magenmittel - Tee

Pflanzliche Präparate, Teedrogen, Nahrungsergänzung

Pflanzliche Präparate

Kamillosan Tropfen: Innerliche Anwendung bei Krämpfen im Bauchbereich, Geschwüren im Magen- und Darmbereich sowie Gallenblasenleiden. Zur unterstützenden Therapie empfehlenswert.

Cynarix Dragees, Cynarix liquid: Extrakte aus Artischockenblättern. Anwendung bei dyspeptischen Beschwerden. Artischocke regt die Gallen- und Leberfunktion an. Für Verdauungsbeschwerden liegen Studienergebnisse vor, bei denen von einer Wirksamkeit auszugehen ist. Bei Reizdarm wird eine Wirksamkeit lediglich aufgrund von Erfahrung angenommen.

Mariazeller Magentropfen: Alkoholischer Auszug aus 25 verschiedenen Pflanzen; dazu kommen sonstige Bestandteile wie Pfefferminzöl. Anwendung bei Völlegefühl, Blähungen und Appetitlosigkeit.

Montana Haustropfen: Flüssiger Auszug in Alkohol aus 8 Pflanzen. Montana Haus­tropfen werden angewendet zur Behandlung von Magenübelkeit, Krämpfen und Schmerzen im Magen-Darm-Trakt, ­Gallenbeschwerden, gestörter Fettverdauung, Völlegefühl, ­Blähungen, Appetitlosigkeit, Stuhlver­stopfung, Magenschleimhautent­zündungen durch zu wenig Magensäure (anacide bzw. subacide Gastritis).

Teedrogen

Kamille: Weist eine entzündungshemmende Wirkung auf und kommt äußerlich wie innerlich bei Entzündungen von Haut und Schleimhaut (etwa Mund, Darm und Genitalbereich) zum Einsatz. Auch bei milderen Magen-/Darmbeschwerden wie Krämpfen und Blähungen ist Kamille nützlich. Eine beruhigende Wirkung wurde ebenfalls nachgewiesen.

Pfefferminze: Wird bei Magen-Darm-Koliken, Verdauungsstörungen, Reizdarm, Blähungen, Aufstoßen oder Gallenbeschwerden angewendet. Verstärkt die Sekretion von Magensäure und soll daher bei Reflux keinesfalls eingesetzt werden.

Schafgarbe: Empfohlen bei Appetitmangel und geringfügigen Verdauungsbeschwerden (Dyspepsie, leichte Krampfbeschwerden im Magen-Darm-Bereich). Krampflösende Wirkung.

Wermut: Besonders nützlich ist Wermut als ­Mittel zur Anregung des Appetits und der Verdauungssäfte sowie bei Verdauungsstörungen.

Malve (Käsepappel): Wird verwendet, um Reizungen und Entzündungen der Haut und Schleimhaut zu lindern.

Melisse: Wird bei nervösen Beschwerden bis hin zu Verdauungsbeschwerden lindernd eingesetzt. Antimikrobielle und antivirale Eigenschaften wurden nachgewiesen.

Tausendgüldenkraut: Wirkung auf den gesamten Bereich des Verdauungstrakts. Bitterstoffe regen die Magen- und Darmaktivität an.

Kalmus: Wirkt krampflösend und wird traditionell bei Asthma, Krampfhusten und Magen-Darm-Krämpfen eingesetzt.

Salbei: Wird bei Entzündungen im Mund-Rachen-Raum, bei Verdauungsbeschwerden und übermäßigem Schwitzen angewendet.

Nahrungsergänzungsmittel

Schwedenbitter: In unterschiedlichsten Zusammensetzungen und unter verschiedenen Bezeichnungen erhältlich. Soll nach üppigen Mahlzeiten, bei Völlegefühl und zur Anregung der Verdauung eingenommen werden. Die Wirkung ist jedoch wissenschaftlich nicht belegt.

Klosterfrau Melissengeist: Destillat aus 13 Heilpflanzen und Alkohol. Soll helfen, wenn man zu viel und zu fett gegessen hat. Eine Wirksamkeit wurde wissenschaftlich nicht festgestellt.

Carmol Magen Galle Darm Kräuter Tropfen (Extrakte aus Löwenzahn, Pfefferminze und Artischocke) zur diätetischen Behandlung von Magen-Darm-Beschwerden: Sollen auf natürliche Weise bei der Fettverdauung helfen und für Wohlbefinden sorgen. Unangenehme Symp­tome wie z.B. Blähbauch, Völlegefühl, Magendrücken oder Übelkeit werden laut Angabe gemildert und sollen meist rasch verschwinden. Nur unter ärztlicher Aufsicht anwenden. Es ­liegen keine wissenschaftlichen Studien vor.

Terrapoint Magen Darm: Nahrungsergänzungsmittel mit Extrakten aus 5 Pflanzen. Das Präparat soll magenstärkend wirken. Es liegen keine wissenschaftlichen Belege vor.

Zusammenfassung

  • Medikamente. Rezeptfreie Medikamente gegen Verdauungsbeschwerden sind nur zur kurzfristigen Anwendung geeignet. Bei länger anhaltenden Beschwerden oder wenn die Beschwerden immer wieder auftreten, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
  • Tees & Co. Bei Kräutertees, Kräuterextrakten oder Nahrungsergänzungsmitteln fehlt großteils ein Nachweis der Wirksamkeit. Tees können bei der unterstützenden Behandlung hilfreich sein. Sie sollten jedoch nicht mehr als drei Wirkstoffe enthalten.

Testkriterien

Hinweise zur Bewertung

Grundlage dieses Tests ist unser Handbuch "Medikamente: Vom Arzt verordnet" sowie das "Handbuch Rezeptfreie Medikamente" der Stiftung Warentest, für die ein Expertengremium die Eignung der Präparate auf Basis von Literaturrecherchen beurteilte.

Geeignet sind Mittel (Standardtherapeutika), deren therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachgewiesen ist. Ihre Nutzen-Risiko-Abwägung fällt positiv aus. "Geeignet" sind auch Kombinationsmittel, deren Wirkstoffe sich sinnvoll ergänzen.

Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber Konservierungsmittel enthalten oder noch nicht lange genug erprobt sind.

Mit Einschränkung geeignet sind Mittel, die therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standardtherapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen.

Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind, deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist sowie Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, deren Wirkstoffe sich nicht sinnvoll ergänzen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

Testkriterien bei Medikamenten

So bewerten wir Medikamente.

Grundlagen der Bewertung

Basis unserer Arzneimittelbewertungen ist die veröffentlichte internationale und nationale Literatur. Anhand von allgemein anerkannten und aktuellen Werken der klinisch-pharmakologischen und medizinisch-therapeutischen Standardliteratur wurde die Eignung der jeweiligen Arzneimittel für die Indikationen beurteilt, die der Hersteller für sein Mittel beansprucht. Die Bewertung wurde auch mit Blick auf die übrigen in dem jeweiligen Anwendungsbereich angebotenen Arzneimittel vorgenommen und daraufhin, ob die Behandlung mit einem Arzneimittel überhaupt sinnvoll ist.

Zusätzlich zur Standardliteratur wurden veröffentlichte und geeignete klinische Studien ausgewertet, um die Aktualität der Bewertung sicherzustellen. Diese „Primärliteratur“ konnte aber nur dann genutzt werden, wenn die Studien in anerkannten medizinischen Zeitschriften veröffentlicht wurden, in denen vor der Veröffentlichung ein Expertengremium (Review Board) die Qualität der Publikation geprüft hat.

Wirksamkeitsnachweis

Der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit eines Präparats gilt in klinischen Studien dann als erbracht, wenn mehrere Institutionen unabhängig voneinander unter wissenschaftlich anerkannten und reproduzierbaren Bedingungen in kontrollierten Studien zu gleichartigen Ergebnissen gelangt sind. Klinische Studien, die zur Bewertung herangezogen werden, müssen

  • prospektiv,
  • randomisiert,
  • kontrolliert,
  • mit vorab definierten und
  • der Fragestellung angemessenen Endpunkten sowie
  • mit einer adäquaten statistischen Auswertung versehen sein.

Dabei bedeutet prospektiv, dass die Studien als Verlaufsstudien „in die Zukunft“ hinein durchgeführt werden, und randomisiert, dass die Patienten den Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zugeteilt werden müssen.

Kontrollierte Studien sind Untersuchungen, in denen eine Patientengruppe das neu zu prüfende Arzneimittel (Verum) erhält und weitere Patientengruppen ein bereits lange in seinem Nutzen bestätigtes, gleichartig wirkendes Mittel (Standard) oder ein wirkstofffreies Scheinmedikament (Plazebo). Aus den Unterschieden der therapeutischen Effekte – sowohl bezüglich der erwünschten als auch der unerwünschten Wirkungen – können dann die therapeutische Wirksamkeit, aber auch der Stellenwert des geprüften Mittels in der Therapie der Krankheit insgesamt bestimmt werden.

Doppelblindstudien

Prüfungen ohne Kontrollgruppe können bis auf wenige Ausnahmen – zum Beispiel wenn sich eine Plazebobehandlung aus ethischen Gründen verbietet – nicht als Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit anerkannt werden. Eine besonders sichere Basis zur Bewertung bieten Doppelblindstudien, in denen zunächst weder die behandelnden Ärzte noch die Patienten wissen, ob ein wirkstoffhaltiges oder wirkstofffreies Mittel angewendet wird.

Die Fragestellung, die untersucht wird, muss therapeutisch relevant sein und vorab definiert werden. Möglicherweise werden im Studienverlauf positive Effekte erkennbar, die zu prüfen gar nicht beabsichtigt war. Diese können nachträglich nicht als durch die Studie nachgewiesen geltend gemacht werden.

Schließlich müssen auch noch die untersuchten Endpunkte der Studie der Fragestellung angemessen sein (zum Beispiel die Reduzierung der Sterblichkeit an definierten Folgeerkrankungen durch die Senkung des zu hohen Blutdrucks).

Statistik allein genügt nicht

Ein Wirksamkeitsnachweis kann auf der Basis der statistischen Auswertung als Aussage mit einer geringen, nach internationaler Übereinkunft festgelegten Irrtumswahrscheinlichkeit (weniger als 5 Prozent) formuliert werden. Statistisch gesicherte Ergebnisse von Effekten, deren medizinisch-therapeutischer Nutzen umstritten ist, können zum Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit nicht als ausreichend anerkannt werden. Die klinische Relevanz ist höher zu bewerten als die alleinige statistische Signifikanz.

Plazeboeffekt

Um die therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels zu prüfen, werden so genannte randomisierte kontrollierte klinische Studien durchgeführt. In diesen werden die Testpersonen nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen verteilt: Die einen werden mit dem zu prüfenden Arzneistoff behandelt, die anderen bekommen ein Mittel, das sich von dem Medikament äußerlich nicht unterscheidet, aber keinen Wirkstoff enthält – ein Scheinmedikament (Plazebo).

Weder die Patienten noch die Ärzte wissen, wer das richtige und wer das Scheinmedikament erhält. Alles andere jedoch, was zur Behandlung dazugehört, ist bei beiden Gruppen gleich: die Art der Betreuung durch die Ärzte, die Zeit, die die Behandelnden aufwenden und so weiter. Erst wenn die Effekte der Therapie ermittelt und dokumentiert sind, wird aufgedeckt, wer den Arzneistoff und wer das Scheinmedikament bekommen hat.

Mit dieser Vorgehensweise soll geklärt werden, welcher Anteil der beschriebenen Effekte tatsächlich dem Arzneimittel zuzuschreiben ist und was auf dem Prozess des Behandelns an sich beruht. Schließlich kann bereits das Gefühl, behandelt zu werden, Beschwerden lindern, und die Hoffnung, dass nun alles besser wird, kann die Heilung vorantreiben. All dies gehört zu dem so genannten Plazeboeffekt; dieser ist also mehr als die Wirkung des Scheinmedikaments.

Das Ausmaß des Plazeboeffekts schwankt je nach Art der Krankheit und Anordnung der Studie erheblich. Er kann zwischen 20 und 70 Prozent liegen. Das bedeutet, dass manchmal 20 Prozent der Kranken nach einer Scheinbehandlung eine Besserung vermelden, manchmal sogar 70 Prozent. In ähnlicher Häufigkeit treten auch unerwünschte Wirkungen nach Plazebos auf

Kombinationspräparate

Arzneimittel mit mehreren Wirkstoffen (Kombinationspräparate) bieten im Vergleich zu solchen mit nur einem Wirkstoff (Monopräparate) nur selten Vorteile. Die Arzneimitteltherapie erfordert aber in der Regel die individuelle Dosierung einzelner Wirkstoffe. Für die Bewertung solcher fixen Kombinationen muss daher zunächst beurteilt werden, ob die Mischung der einzelnen Komponenten zweckmäßig ist. Wenn dieses Urteil nicht positiv ausfällt, erübrigt sich ein Wirksamkeitsnachweis, da die jeweilige Kombination grundsätzlich nicht als sinnvolles Arzneimittel anerkannt werden kann, gleich, in welchem Anwendungsbereich.

Für die Bewertung fixer Kombinationen haben sich international als Standard die so genannten Crout’schen Kriterien bewährt. (J. R. Crout war in den 70er Jahren Direktor der amerikanischen Zulassungsbehörde Food and Drug Administration.) Diese Kriterien tragen den Erfordernissen der praktischen Anwendung von Arzneimitteln Rechnung: Sie werden der Forderung nach Unbedenklichkeit und Sicherheit von Arzneimitteln ebenso gerecht wie dem Problem des Missbrauchs und der möglichen Vorteile im Hinblick auf die richtige Anwendung (Compliance).

Wenn zum Beispiel ältere Menschen im Verlauf eines Tages mehrere Wirkstoffe einnehmen müssen, kann es hilfreich sein, sie als Kombination zu verabreichen, um damit die Einnahme der notwendigen Arzneimittel zu vereinfachen. Die Crout’schen Kriterien beabsichtigen also keineswegs, jegliche Anwendung von fixen Kombinationspräparaten zu verhindern. Nach diesen Kriterien gilt die Kombination von Inhaltsstoffen in Arzneimitteln als sinnvoll, wenn nachgewiesen ist, dass

  • jeder einzelne Inhaltsstoff in Bezug auf das beanspruchte Anwendungsgebiet therapeutisch wirksam ist und
  • die Dosierung jedes einzelnen Inhaltsstoffs im Hinblick auf die Höchstdosierung, die Anwendungshäufigkeit und -dauer so bemessen ist, dass eine nennenswerte Patientenanzahl einer solchen fixen Kombination bedarf und sie wirksam und unbedenklich (im Sinne des Verhältnisses von Nutzen zu Risiko) ist, und
  • die zugefügten Inhaltsstoffe die Wirksamkeit und/oder Unbedenklichkeit des Hauptinhaltsstoffs erhöhen oder die Möglichkeit des Missbrauchs des Hauptinhaltsstoffs verringern oder
  • die fixe Kombination von Inhaltsstoffen einen größeren therapeutischen Effekt hervorruft oder größere Unbedenklichkeit bietet als jeder einzelne Inhaltsstoff für sich.

Crout´sche Kriterien

Diese Aspekte sind im deutschen Arzneimittelgesetz berücksichtigt. Die Crout’schen Kriterien wurden auch bei unseren Bewertungen angewendet, um Kombinationspräparate auf ihre zweckmäßige Zusammensetzung zu prüfen. Erst wenn das Ergebnis dieser Prüfung positiv war, kam die möglicherweise nachgewiesene Wirksamkeit des Mittels für die therapeutische Behandlung zum Tragen. Dass zum Beispiel eine Kombination aus zwei Schmerzwirkstoffen schmerzdämpfend wirkt, kann nicht erstaunen. Die Frage aber, ob es sinnvoll ist, diese Schmerzwirkstoffe zu kombinieren, muss über die Anwendung der Crout’schen Kriterien geprüft werden. Die Antwort spiegelt sich in den Bewertungen der einzelnen fixen Arzneimittelkombinationen wider.

Aus unserer Sicht gelten diese Kriterien für Präparate mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen und Präparate mit pflanzlichen Extrakten gleichermaßen. Vor allem, wenn für einzelne Komponenten Negativurteile vorliegen, muss durch vergleichende klinische Studien nachgewiesen werden, dass die Kombination mit der negativ bewerteten Komponente ein therapeutisch besseres Ergebnis erzielt als eine Kombination ohne diese Komponente. Nur dann kann der therapeutische Wert der Kombination möglicherweise anerkannt werden.

Darüber hinaus gibt es bei Kombinationspräparaten noch eine Sichtweise, die auf pharmakologischen Sachverstand gründet. Der Aufbau einer Studie, die die therapeutische Wirksamkeit eines Mittels mit mehr als drei Wirkstoffen belegen soll, ist derart kompliziert, dass sie kaum je durchgeführt werden wird. Darum haben sich die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland darauf geeinigt, Kombinationspräparate mit mehr als drei Wirkstoffen als nicht verordnungsfähig anzusehen.

Unterschiede zu anderen Beurteilungen

Es ist denkbar, dass mit anderen Methoden und durch die Beschränkung auf die Zulassungsanforderungen des Arzneimittelgesetzes oder mit anderen Prüfkriterien sich auch andere Beurteilung ergeben als die hier nachlesbaren. Dies kann sich auch auf die Arbeit des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte beziehen, das unter Betrachtung der Daten zu Einzelarzneimitteln Zulassungsentscheidungen trifft. Das Institut berücksichtigt vor allem den Nachweis der Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutischen Qualität sowie die Zweckmäßigkeit der Kombination bei einem einzelnen Arzneimittel (absoluter Nutzen). Es darf weder geprüft werden, ob dieses neue Mittel in Relation zum verfügbaren Markt aus therapeutischen Gründen überhaupt erforderlich ist, noch welchen Rang es unter den Alternativen einnimmt.

STIFTUNG WARENTEST und Verein für Konsumenteninformation berücksichtigen mit ihren Bewertungen aber auch die therapeutische Stellung der Arzneimittel bestimmter Indikationsbereiche zueinander (relativer Nutzen) und gehen damit über die Zulassungskriterien des Bundesinstituts hinaus, sind also strenger.

Für bestimmte Arzneimittelgruppen, so zum Beispiel für viele pflanzliche Mittel, liegen nur vereinzeltes Erfahrungswissen und andere kaum prüfbare Therapieberichte vor, die zudem in Zeitschriften unterschiedlicher Qualität veröffentlicht sind. Die von uns verwendete Methodik lässt dann kaum eine positive Bewertung dieser Mittel zu.

Bewertung gemäß Anwendungsgebiet

Es besteht der Grundsatz, dass jedes Produkt für das Anwendungsgebiet bewertet wird, für das es laut Herstellerangaben eingesetzt werden soll. Im Idealfall sollte es also so sein, dass die Bezeichnung der Krankheit oder Störung, die der Hersteller in der Packungsbeilage angibt, und die, unter der der Wirkstoff in dieser Datenbank abgehandelt wird, identisch sind. Leider sind – vor allem im Bereich der Mittel für die Selbstbehandlung – die Bezeichnungen der Hersteller keineswegs so präzise und eindeutig, wie es für eine klare Zuordnung notwendig wäre. So fassen die Hersteller ihre Indikationsansprüche zum Beispiel sehr weit. Wir haben versucht, diese Vielfalt in einer Ihnen – unserer Meinung nach – bekannten und einheitlichen Überschrift zusammenzufassen.

Darüber hinaus kommt es nicht selten vor, dass sich ein Hersteller – vielleicht aufgrund neuer Forschungsergebnisse – entscheidet, die Anwendungsgebiete seines Produkts neu zu formulieren. Dann können Präparate mit demselben Namen im Handel sein, die sich oft nur durch einen kleinen Zusatz unterscheiden, aber andere Anwendungsgebiete für sich beanspruchen und dementsprechend anders bewertet werden müssen.

Wenn in der Fachinformation einer Salbe mit Heparin steht: „Zur unterstützenden Behandlung bei akuten Schwellungszuständen nach stumpfen Traumen (zum Beispiel Zerrung, Prellung, Quetschung, Bluterguss, Verstauchung), oberflächlicher Venenentzündung, sofern diese nicht durch Kompression behandelt werden kann“, wird dieses Mittel sowohl im Abschnitt Bewegungsapparat bei „Verstauchung, Schwellung, Entzündungen“ als auch im Abschnitt Herz und Kreislauf bei „Venenerkrankungen“ besprochen und dafür bewertet. Nennt ein heparinhaltiges Produkt aber außerdem noch Frostschäden (zum Beispiel „Frostbeulen“) als Anwendungsgebiet, bleibt das unberücksichtigt, weil wir hierfür kein eigenes Anwendungsgebiet definiert haben.

Hilfsstoffe üblicherweise nicht bewertet

Hinweis: Bei der Bewertung wurden nur jene Inhaltsstoffe des Arzneimittels berücksichtigt, von denen eine therapeutische Wirksamkeit erwartet wird. Hilfsstoffe, wie sie zum Beispiel notwendig sind, um Tabletten herzustellen, gingen in die Bewertung nicht mit ein. Von dieser Regel gibt es eine Ausnahme: Augen- und Nasentropfen sind häufig mit Konservierungsmitteln versetzt. Produkte mit einem solchen Hilfsmittel wurden um eine Stufe abgewertet, wenn Konservierungsmittel an der Schleimhaut der Augen und Nase solche unerwünschten Wirkungen auslösen können, es aber Produkte gibt, die ohne einen solchen Zusatz auskommen.

Bewertungsstufen

Der Bewertung der hier aufgeführten Medikamente liegen vier Stufen zu Grunde.

  1. Geeignet für die Behandlung des jeweiligen Krankheitsbilds sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit bei der betreffenden Indikation ausreichend nachgewiesen ist, die ein positives Nutzen-Risiko- Verhältnis und einen hohen Erprobungsgrad aufweisen. Der therapeutische Nutzen dieser Mittel ist hoch, sie gehören bei dieser Indikation zu den Standard-Therapeutika, soweit solche definiert werden können. Geeignet sind auch Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe sinnvoll ergänzen.
  2. Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber noch nicht so lange erprobt sind wie die als „geeignet“ bewerteten. In diese Kategorie fallen vor allem neue und weniger gut untersuchte Wirkstoffe. Mit der gleichen Bewertung wurden Arzneimittel versehen, die zum Beispiel Konservierungsstoffe enthalten, wenn allgemein die Überzeugung vorherrscht, dass Arzneimittel ohne Konservierungsstoffe die geeignete Alternative darstellen. Dies kann in ähnlicher Weise auch für andere Zusatzstoffe gelten. In diese Bewertungskategorie fallen auch Arzneimittel, die zwar noch immer als Standardpräparate gelten, in der Zwischenzeit aber von neuen, besser verträglichen Mitteln in ihrem Rang als Mittel der Wahl „abgelöst“ wurden.
  3. Mit Einschränkung geeignet sind Mittel, die zwar therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standard-Therapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen. Sie zählen daher nicht zu den Standardarzneimitteln bei den besprochenen Krankheitsbildern und werden nur unter bestimmten Bedingungen verwendet (zum Beispiel bei ganz bestimmten oder schwerwiegenden Krankheitskonstellationen). Mit dieser Bewertung werden auch jene Mittel belegt, für die nach den vorliegenden Studien die therapeutische Wirksamkeit noch nicht ausreichend nachgewiesen ist und bei denen weitere Studien erforderlich sind.
  4. Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind und/oder deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist, sodass die wahrscheinlichen Risiken mehr Gewicht haben als der mögliche Nutzen. Wenig geeignet sind darüber hinaus Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe nicht sinnvoll ergänzen oder keinen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

Quelle: Handbuch Medikamente

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