Der Ethik-Test wurde im Auftrag des VKI von der Forschungsgruppe unternehmen & gesellschaft am Institut für Internationales Management der Universität Graz durchgeführt. Ausgewählt wurde alle Lebensmittel-Einzelhandelsunternehmen mit einem Marktanteil über 3 Prozent österreichweit bzw. 10 % in einem Bundesland. Die Erhebungsphase dauerte von Juni bis August 2011.
Folgende Instrumente kamen dabei zum Einsatz:
- schriftliche Befragung zur Nachhaltigkeitspolitik & -performance der Unternehmen
- Dokumentenanalyse von Leitbildern, Berichten, Unternehmenskommunikation, Werbung usw.
- fallweise ergänzende Interviews mit Repräsentanten der Unternehmen
- Interviews mit Experten bzw. Vertretern von Anspruchsgruppen (Gewerkschaften, umwelt- und entwicklungspolitische NGOs, Innungen, Wissenschaft)
- Analyse internationaler Beispiele guter Praxis
- Sekundäranalyse relevanter wissenschaftlicher Untersuchungen
"Feedback-Runde" mit den teilnehmenden Unternehmen: Vor der abschließenden Bewertung und Erstellung des vorliegenden Berichts wurde den Unternehmen Gelegenheit gegeben, zu zusammenfassenden Einschätzungen ihrer Politik in den unterschiedlichen Nachhaltigkeitsbereichen schriftlich Stellung zu nehmen. Alle Retailer machten von dieser Möglichkeit Gebrauch. Diese Stellungnahmen wurden in begründeten Fällen bei der Endauswertung berücksichtigt.
Zentrales Erhebungsinstrument der Studie war ein umfassender Fragebogen zu "Nachhaltigkeit und CSR im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel". Damit wurden über 30 thematische Bereiche zur nachhaltigen Sortiments- und allgemeinen Unternehmenspolitik anhand von mehr als 100 Einzelfragen erhoben.
Dazu wurde ein umfassendes Kriterienset erstellt. Dieses sollte Forderungen zivilgesellschaftlicher Anspruchsgruppen, unternehmensethische Konzepte verantwortungsbewussten Managements und Praxiserfahrungen vereinen und beruhte
- auf gängigen Schemen zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Unternehmen;
- auf Gesprächen mit Verantwortlichen von Handelsunternehmen (im Rahmen einer Vorstudie);
- auf Gesprächen mit Experten aus Forschung, Wirtschaft, NGOs und Gewerkschaften.
Die Kriterien sind in drei Bereiche gegliedert:
1) Sortiment: Hier wurde die Sortimentspolitik nach ökologischen und nach sozialen Kriterien beurteilt; weiters die Einkaufs- und die Vertriebspolitik. Das beinhaltet den Umgang mit Lieferanten, die Beziehungen zu Geschäftspartnern u.Ä.m. sowie die Verantwortung gegenüber den Kunden, Marketingmethoden, Kennzeichnung und Information über Nachhaltigkeitsthemen.
2) Unternehmen: Betrieblicher Umweltschutz und Personalpolitik wurden beurteilt, weiters das gesellschaftliche Engagement. Darunter ist zu verstehen: karitative Projekte, Sponsoring, Dialogbereitschaft mit gesellschaftlichen Anspruchsgruppen (Stakeholdern) wie Umweltschutz- oder Menschenrechtsorganisationen, Sicherstellung der Nahversorgung, Transparenz von Investitionstätigkeit und Finanzpolitik.
3) Institutionelle Verankerung: Dieser Punkt soll die Bedeutung einer Integration des Themas in Kerngeschäft und Strategie des Unternehmens berücksichtigen. Dabei wurde insbesondere Wert auf eine transparente und glaubwürdige Informationspolitik gelegt. Berücksichtigt wurde hier neben Verfügbarkeit und Qualität öffentlicher Informationen auch die Auskunftsbereitschaft im Zuge der Erhebung.
Die Bewertung erfolgt durch eine fünfstufige Skala – von A bis E. Stufe A bedeutet, dass fast alle Kriterien erfüllt wurden, Stufe E, dass fast keine Kriterien erfüllt wurden. Zur weiteren Differenzierung werden diese Bewertungen im Bedarfsfall mit einem "+" oder "–" auf- bzw. abgewertet. Jede Stufe außer A und E kann somit in drei Unterstufen untergliedert werden, z.B.: B–, B, B+.
Die Bewertungen basieren auf einem dreifachen Vergleich:
- mit internationalen Vorreitern;
- mit den Mitbewerbern im österreichischen LEH;
- mit der individuellen Performance der Retailer in anderen Bereichen.
Als Bewertungsmaßstab wurde für jedes Kriterium eine spezielle Skala mit einer individuellen "Benchmark" (einem quantitativen oder qualitativen Zielwert) definiert. Diese "Benchmark" wurde nicht allein durch die "beste Praxis" in der Branche definiert, sondern normativ begründet. Norm war dabei aber nicht ein "absolutes Nachhaltigkeitsziel" (z.B. die 100%ige Umstellung des relevanten Angebots auf Bioprodukte oder umfassend CO2-neutrale Prozesse), sondern die Vorstellung eines Zustands, der aus heutiger Sicht innerhalb der nächsten 5 Jahre als wünschbar und als erreichbar erachtet werden kann. Die formulierten Zielwerte bringen somit die Zielvorstellung eines mittelfristig nachhaltiger wirtschaftenden Lebensmitteleinzelhandels zum Ausdruck. Sie wurden für jedes Kriterium gesondert definiert. Zweck der Bewertung war der Vergleich im Hinblick auf eine realistische Zielvorstellung ("Benchmark").
Internationale Beispiele "guter Praxis" im Lebensmitteleinzelhandel dienten als eine wesentliche Grundlage zur Ermittlung nachvollziehbarer, realistischer Zielwerte. Konkret handelt es sich dabei um die Schweizer Handelsunternehmen COOP und Migros und um die britischen Handelsunternehmen Marks&Spencer, The Co-operative und Sainsbury's. Diese Retailer wurden auch in einem aktuellen Ranking von oekom research zu den nachhaltigsten der Branche gezählt. Als Datenbasis dienten die aktuellen Nachhaltigkeitsberichte der genannten Retailer.