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Rezeptfreie Medikamente - Bestseller im Eignungstest

, aktualisiert am

Medikamente müssen wirken, ihre möglichen unerwünschten Wirkungen kalkulierbar sein. Wir haben uns 150 der meistverkauften rezeptfreien Präparate näher angeschaut – geeignet sind längst nicht alle zugelassenen Mittel.

Rezeptfreie Medikamente: Bestseller für Sie bewertet! (Bild: VKI)

In unserem Eignungstest wurden z.B. folgende Mittel bewertet: Adolorin Ibuforte, Aeromuc, Ascorbisal, Aspirin, Bronchostop, Buscopan, Chlorhexamed, Hirudoid Gel, Iberogast, Nasic pur Nasenspray, Sinupret, Tussastopp, Voltadol, uvm. (Das Bild oben zeigt nur eine Auswahl)

Eine vollständige Übersicht der getesteten Arzneien finden Sie in unseren Testtabellen. Folgende Indikationen deckten die Medikamente ab:

  • Abszesse
  • Allergie
  • Alterserscheinungen
  • Arthrose/ Gelenksbeschwerden
  • Atemwegsinfekte
  • Augenbefeuchtung
  • Bindehautentzündung
  • Blähungen
  • Bronchitis
  • Depressionen
  • Desinfektion
  • Durchblutungsstörungen
  • Durchfall
  • Erkältungskrankheiten
  • Fieberblasen
  • Fußpilz
  • Gallenbeschwerden
  • Gelenksentzündungen/ Prellungen/ Zerrungen/ Verstauchungen
  • Haarausfall
  • Halsentzündungen
  • Hautentzündungen/Schwitzen
  • Herzschwäche
  • Husten
  • Insektenstiche
  • Juckreiz/ Ekzem
  • Lebererkrankungen
  • Mundschleimhaut-/ Zahnfleisch-/ Mandelentzündungen
  • Narben
  • Nebenhöhlenentzündung
  • Pflege trockener Haut
  • Pille danach
  • Pilzinfektionen
  • Raucherentwöhnung
  • Reisekrankheit
  • Schnupfen
  • Schmerzen & Fieber
  • Schlafstörungen
  • Sodbrennen
  • Venenerkrankungen
  • Verdauungsbeschwerden
  • Verstopfte Nase
  • Verstopfung
  • Wechseljahresbeschwerden
  • Wundheilung

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Plagen uns Kopfschmerzen oder eine Er­kältung, holen wir uns gern ein rezeptfreies Medikament aus der Apotheke. Besonders gefragt sind Schmerz- und Erkältungsmittel. Manche der Präparate sind echte Bestseller. Sie gehen jedes Jahr millionenfach über den Ladentisch.

Wirkstoffe schon lange am Markt

Die meisten der eingesetzten Wirkstoffe sind bereits seit langer Zeit auf dem Markt. Bevor ein Mittel in den Verkauf gelangen kann, muss es ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Dabei hat der Hersteller im Wesentlichen den Nachweis zu erbringen, dass das Medi­kament wirksam und die Einnahme für den Patien­ten unbedenklich ist.

Klinische Studien als Grundlage

Grundlage für diese Beurteilung sind ­kli­nische Studien. Im Rahmen der Unter­suchungen soll belegt werden, dass Erkrankungen oder Symptome durch das Präparat deutlich gelindert werden. Aus den Ergebnissen muss auch hervorgehen, dass die Risiken einer Einnahme nicht zu hoch sind und unerwünschte Wirkungen sich im Rahmen halten, der Nutzen also ­höher ist als das Risiko.

Schwere Erkrankung oder Bagatell­erkrankung

Bei der Einschätzung spielt zudem eine Rolle, ob die Erkrankung, gegen die ein Mittel helfen soll, schwer­wiegender ist oder ob es sich eher um eine Bagatell­erkrankung handelt, die nach wenigen ­Tagen ohnehin wieder vorbei wäre. Die Unter­lagen müssen auch Aufschluss darüber ­geben, wie die eingesetzten Wirkstoffe sich im Körper verhalten. Die Zulassungs­behörde muss darüber hinaus abschätzen können, welche Personengruppe das Medikament in welcher Dosis einnehmen darf.

Strengere Maßstäbe

Strengere Maßstäbe

Dass in unseren Tests dennoch längst nicht alle zugelassenen Mittel mit "geeignet" abschneiden, hat damit zu tun, dass wir sehr strenge Maßstäbe anlegen. Wesentlich ist für uns nicht nur die Frage nach der Wirksamkeit eines Medikaments, sondern auch, ob es im Vergleich zu einem Standardtherapeutikum besser oder schlechter wirkt und wie lange diese Wirkung anhält.

Ebenfalls essenziell ist das Risiko für unerwünschte Wirkungen. Ist es etwa bei ­Mittel A deutlich ­größer als bei Mittel B, kann A nicht die gleich gute Bewertung wie B erhalten, auch wenn beide Präparate gegen die Erkrankung grundsätzlich wirksam sind.

Monopräparate vorzuziehen

Ein ­Beispiel: Ist in einem Schmerzmittel ein Wirkstoff enthalten, der gegen einfache Kopfschmerzen hilft, wird dieses Mittel nicht dadurch ­besser, dass man ihm einen zweiten Schmerz­wirkstoff beimengt. Im Gegenteil: Da sich die potenziellen unerwünschten ­Wirkungen der beiden Subs­tanzen addieren, steigt das Risiko für den Patienten. Daher sind Monopräparate in diesem Fall besser geeignet.

Zusätze ohne Wirkung

Kritisch betrachten wir auch den Zusatz ­ von Substanzen, die keine Wirkung haben. So wollen uns Pharmahersteller seit Jahrzehnten einreden, dass Vitamin C als Zusatz in Erkältungsmitteln einen Nutzen hat – ­etwa den, das Immunsystem zu stärken. Dabei ist mittlerweile zur Genüge wissenschaftlich belegt, dass unsere Vitamin-C-Speicher ohnehin durch die Nahrung gefüllt sind.

Eine zusätzliche Aufnahme von synthe­tischem Vitamin C ist nutzlos, weil es sofort wieder ausgeschieden wird. Das ist natürlich auch den Herstellern bewusst. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass der Zusatz von Vitamin C ein Präparat attraktiver erscheinen lassen soll, damit die Kunden ­bereit sind, mehr dafür zu bezahlen.

Konservierungsmittel als Allergieauslöser

Ebenfalls fragwürdig sind Konservierungsmittel, wie sie etwa Augentropfen oder Schnupfenmitteln beigemengt werden. Da derartige Medikamente ohnehin nicht lange aufgehoben und nach dem Anbrechen rasch aufgebraucht werden sollten, ist der Zusatz von Konservierungsmitteln meist verzichtbar – zumal die eingesetzten Subs­tanzen wie etwa Benzalkoniumchlorid ­als Allergieauslöser bekannt sind.

Die Bewertungen

Mangelhafte Studien

Eine Rolle bei der Bewertung spielt auch, wie aussagekräftig die Ergebnisse der vorgelegten Studien zur Wirksamkeit eines Medikaments sind. Nicht wenige der ­Arbeiten weisen nämlich Mängel auf; sei es, dass ihre Laufzeit zu kurz war oder dass zu wenige Probanden daran teilgenommen haben. So werden viele Studien bereits nach einem Jahr abgeschlossen.

Treten ­unerwünschte Wirkungen erst nach längerer Einnahmezeit auf, werden diese im Zuge der Zulassung gar nicht erfasst. Zudem stammen die Probanden häufig aus einem eingeschränkten Kreis. So werden etwa viele Medikamente an Männern mittleren Alters getestet. Wie das Mittel bei anderen Personen wirkt, denen es später ebenfalls verordnet wird – etwa älteren Frauen –, ist unklar.

Hersteller-Finanzierung, Fachmagazine

Uns interessiert zudem, ob die Studie vom Hersteller finanziert wurde oder ob sie unabhängig vom Hersteller entstand und ob sie in einem ­anerkannten Fach­magazin ver­öffentlicht wurde. Zahlt der Hersteller, kann er auch Einfluss auf die ­Fragestellung nehmen und er kann eine Veröffentlichung verhindern, wenn die ­Ergebnisse seinen Erwartungen nicht entsprechen.

Die Bewertungen

Damit ein Präparat als "geeignet" bewertet werden kann, muss seine therapeu­tische Wirksamkeit für das betreffende Anwendungsgebiet ausreichend nach­gewiesen sein. Es müssen also aussage­kräf­tige Studien vorliegen, die sowohl eine langfristige Wirksamkeit als auch eine gute Verträglichkeit belegen. Der Nutzen der Einnahme muss das Risiko deutlich überwiegen. Für Kombinationspräparate gilt als Grundvoraussetzung, dass die Wirkstoffe sich sinnvoll ergänzen.

Mit "auch geeignet" schneiden Medikamente ab, die noch nicht so lange erprobt sind. Ebenfalls unter diese Bewertung ­können Medikamente fallen, die Kon­ser­vierungsmittel enthalten, obwohl aus ­wissenschaftlicher Sicht gute Gründe ­dafür sprechen, Präparate zu verwenden, die frei von Konservierungsstoffen sind.

Arzneien, für die zwar in einigen Studien positive Ergebnisse vorliegen, deren thera­peutische Wirksamkeit jedoch noch nicht eindeutig nachgewiesen ist, bewerten wir als "mit Einschränkung geeignet". Darunter fallen auch Mittel, bei denen die Wirksamkeit zwar belegt ist, deren Ein­nahme im Vergleich zu Standardtherapeutika jedoch ein höheres Risiko bedeutet. Gleiches gilt, wenn ein Medikament für ein breites Anwendungsgebiet beworben wird, seine therapeutische Wirksamkeit jedoch nur für einen Teil der genannten Erkrankungen bewiesen ist.

"Wenig geeignet" sind schließlich Präparate, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind oder bei denen das Risiko einer Einnahme nicht im Verhältnis zur Wirksamkeit steht. Auch Kombinationspräparate, die zwar wirksam sind, deren Wirkstoffe sich jedoch nicht sinnvoll ergänzen oder bei denen die Kombination keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen gegenüber einem Produkt mit nur einem Wirkstoff aufweist, bewerten wir als "wenig geeignet".

Testtabelle: Rezeptfreie Medikamente - geeignet

Testtabelle: Rezeptfreie Medikamente - auch geeignet

Testtabelle: Rezeptfreie Medikamente - mit Einschränkung geeignet

Testtabelle: Rezeptfreie Medikamente - wenig geeignet

VKI-Tipps

  • Bestseller. Auch wenn ein Medikament häufig verkauft und zum Bestseller (Blockbuster) wird, bedeutet das nicht, dass es zur Behandlung der Erkrankung, für die es zugelassen wurde, geeignet ist. In unserem Test schnitt immerhin knapp ein Drittel der Medikamente mit "wenig geeignet" ab.
  • Kombinationspräparate. Alle Subs­tanzen, die eine bestimmte erwünschte Wirkung haben, haben auch potenzielle unerwünschte Wirkungen. Das Risiko dafür steigt folglich mit der Anzahl der in einem Medikament enthaltenen Wirkstoffe. Monopräparate, also Mittel mit nur einem Wirkstoff, sind daher prinzipiell vorzuziehen.
  • Zusatzstoffe. Viele an sich geeignete Medikamente enthalten Zusatzstoffe, die keinen therapeutischen Nutzen bringen. Sie können allerdings sehr wohl unerwünschte Wirkungen haben – etwa allergieaus­lösende Konservierungsmittel. Ein anderes Beispiel ist der Zusatz von Vitamin C, der ebenfalls keinen therapeutischen Wert hat. Derartige Präparate erhalten deshalb von uns die Bewertung "auch geeignet".

Bewertungsschema

Hinweise zur Bewertung

Grundlage dieses Tests ist unser Handbuch "Medikamente: Vom Arzt verordnet" sowie das "Handbuch Rezeptfreie Medikamente" der Stiftung Warentest, für die ein Expertengremium die Eignung der Präparate auf Basis von Literaturrecherchen beurteilte.

Geeignet sind Mittel (Standardtherapeutika), deren therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachgewiesen ist. Ihre Nutzen-Risiko-Abwägung fällt positiv aus. "Geeignet" sind auch Kombinationsmittel, deren Wirkstoffe sich sinnvoll ergänzen.

Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber Konservierungsmittel enthalten oder noch nicht lange erprobt sind.

Mit Einschränkungen geeignet sind Mittel, die therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standardtherapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen.

Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksmakeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind, deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist sowie Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, deren Wirkstoffe sich nicht sinnvoll ergänzen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

 

Testkriterien bei Medikamenten

So bewerten wir Medikamente.

Grundlagen der Bewertung

Basis unserer Arzneimittelbewertungen ist die veröffentlichte internationale und nationale Literatur. Anhand von allgemein anerkannten und aktuellen Werken der klinisch-pharmakologischen und medizinisch-therapeutischen Standardliteratur wurde die Eignung der jeweiligen Arzneimittel für die Indikationen beurteilt, die der Hersteller für sein Mittel beansprucht. Die Bewertung wurde auch mit Blick auf die übrigen in dem jeweiligen Anwendungsbereich angebotenen Arzneimittel vorgenommen und daraufhin, ob die Behandlung mit einem Arzneimittel überhaupt sinnvoll ist.

Zusätzlich zur Standardliteratur wurden veröffentlichte und geeignete klinische Studien ausgewertet, um die Aktualität der Bewertung sicherzustellen. Diese „Primärliteratur“ konnte aber nur dann genutzt werden, wenn die Studien in anerkannten medizinischen Zeitschriften veröffentlicht wurden, in denen vor der Veröffentlichung ein Expertengremium (Review Board) die Qualität der Publikation geprüft hat.

Wirksamkeitsnachweis

Der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit eines Präparats gilt in klinischen Studien dann als erbracht, wenn mehrere Institutionen unabhängig voneinander unter wissenschaftlich anerkannten und reproduzierbaren Bedingungen in kontrollierten Studien zu gleichartigen Ergebnissen gelangt sind. Klinische Studien, die zur Bewertung herangezogen werden, müssen

  • prospektiv,
  • randomisiert,
  • kontrolliert,
  • mit vorab definierten und
  • der Fragestellung angemessenen Endpunkten sowie
  • mit einer adäquaten statistischen Auswertung versehen sein.

Dabei bedeutet prospektiv, dass die Studien als Verlaufsstudien „in die Zukunft“ hinein durchgeführt werden, und randomisiert, dass die Patienten den Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zugeteilt werden müssen.

Kontrollierte Studien sind Untersuchungen, in denen eine Patientengruppe das neu zu prüfende Arzneimittel (Verum) erhält und weitere Patientengruppen ein bereits lange in seinem Nutzen bestätigtes, gleichartig wirkendes Mittel (Standard) oder ein wirkstofffreies Scheinmedikament (Plazebo). Aus den Unterschieden der therapeutischen Effekte – sowohl bezüglich der erwünschten als auch der unerwünschten Wirkungen – können dann die therapeutische Wirksamkeit, aber auch der Stellenwert des geprüften Mittels in der Therapie der Krankheit insgesamt bestimmt werden.

Doppelblindstudien

Prüfungen ohne Kontrollgruppe können bis auf wenige Ausnahmen – zum Beispiel wenn sich eine Plazebobehandlung aus ethischen Gründen verbietet – nicht als Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit anerkannt werden. Eine besonders sichere Basis zur Bewertung bieten Doppelblindstudien, in denen zunächst weder die behandelnden Ärzte noch die Patienten wissen, ob ein wirkstoffhaltiges oder wirkstofffreies Mittel angewendet wird.

Die Fragestellung, die untersucht wird, muss therapeutisch relevant sein und vorab definiert werden. Möglicherweise werden im Studienverlauf positive Effekte erkennbar, die zu prüfen gar nicht beabsichtigt war. Diese können nachträglich nicht als durch die Studie nachgewiesen geltend gemacht werden.

Schließlich müssen auch noch die untersuchten Endpunkte der Studie der Fragestellung angemessen sein (zum Beispiel die Reduzierung der Sterblichkeit an definierten Folgeerkrankungen durch die Senkung des zu hohen Blutdrucks).

Statistik allein genügt nicht

Ein Wirksamkeitsnachweis kann auf der Basis der statistischen Auswertung als Aussage mit einer geringen, nach internationaler Übereinkunft festgelegten Irrtumswahrscheinlichkeit (weniger als 5 Prozent) formuliert werden. Statistisch gesicherte Ergebnisse von Effekten, deren medizinisch-therapeutischer Nutzen umstritten ist, können zum Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit nicht als ausreichend anerkannt werden. Die klinische Relevanz ist höher zu bewerten als die alleinige statistische Signifikanz.

Plazeboeffekt

Um die therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels zu prüfen, werden so genannte randomisierte kontrollierte klinische Studien durchgeführt. In diesen werden die Testpersonen nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen verteilt: Die einen werden mit dem zu prüfenden Arzneistoff behandelt, die anderen bekommen ein Mittel, das sich von dem Medikament äußerlich nicht unterscheidet, aber keinen Wirkstoff enthält – ein Scheinmedikament (Plazebo).

Weder die Patienten noch die Ärzte wissen, wer das richtige und wer das Scheinmedikament erhält. Alles andere jedoch, was zur Behandlung dazugehört, ist bei beiden Gruppen gleich: die Art der Betreuung durch die Ärzte, die Zeit, die die Behandelnden aufwenden und so weiter. Erst wenn die Effekte der Therapie ermittelt und dokumentiert sind, wird aufgedeckt, wer den Arzneistoff und wer das Scheinmedikament bekommen hat.

Mit dieser Vorgehensweise soll geklärt werden, welcher Anteil der beschriebenen Effekte tatsächlich dem Arzneimittel zuzuschreiben ist und was auf dem Prozess des Behandelns an sich beruht. Schließlich kann bereits das Gefühl, behandelt zu werden, Beschwerden lindern, und die Hoffnung, dass nun alles besser wird, kann die Heilung vorantreiben. All dies gehört zu dem so genannten Plazeboeffekt; dieser ist also mehr als die Wirkung des Scheinmedikaments.

Das Ausmaß des Plazeboeffekts schwankt je nach Art der Krankheit und Anordnung der Studie erheblich. Er kann zwischen 20 und 70 Prozent liegen. Das bedeutet, dass manchmal 20 Prozent der Kranken nach einer Scheinbehandlung eine Besserung vermelden, manchmal sogar 70 Prozent. In ähnlicher Häufigkeit treten auch unerwünschte Wirkungen nach Plazebos auf

Kombinationspräparate

Arzneimittel mit mehreren Wirkstoffen (Kombinationspräparate) bieten im Vergleich zu solchen mit nur einem Wirkstoff (Monopräparate) nur selten Vorteile. Die Arzneimitteltherapie erfordert aber in der Regel die individuelle Dosierung einzelner Wirkstoffe. Für die Bewertung solcher fixen Kombinationen muss daher zunächst beurteilt werden, ob die Mischung der einzelnen Komponenten zweckmäßig ist. Wenn dieses Urteil nicht positiv ausfällt, erübrigt sich ein Wirksamkeitsnachweis, da die jeweilige Kombination grundsätzlich nicht als sinnvolles Arzneimittel anerkannt werden kann, gleich, in welchem Anwendungsbereich.

Für die Bewertung fixer Kombinationen haben sich international als Standard die so genannten Crout’schen Kriterien bewährt. (J. R. Crout war in den 70er Jahren Direktor der amerikanischen Zulassungsbehörde Food and Drug Administration.) Diese Kriterien tragen den Erfordernissen der praktischen Anwendung von Arzneimitteln Rechnung: Sie werden der Forderung nach Unbedenklichkeit und Sicherheit von Arzneimitteln ebenso gerecht wie dem Problem des Missbrauchs und der möglichen Vorteile im Hinblick auf die richtige Anwendung (Compliance).

Wenn zum Beispiel ältere Menschen im Verlauf eines Tages mehrere Wirkstoffe einnehmen müssen, kann es hilfreich sein, sie als Kombination zu verabreichen, um damit die Einnahme der notwendigen Arzneimittel zu vereinfachen. Die Crout’schen Kriterien beabsichtigen also keineswegs, jegliche Anwendung von fixen Kombinationspräparaten zu verhindern. Nach diesen Kriterien gilt die Kombination von Inhaltsstoffen in Arzneimitteln als sinnvoll, wenn nachgewiesen ist, dass

  • jeder einzelne Inhaltsstoff in Bezug auf das beanspruchte Anwendungsgebiet therapeutisch wirksam ist und
  • die Dosierung jedes einzelnen Inhaltsstoffs im Hinblick auf die Höchstdosierung, die Anwendungshäufigkeit und -dauer so bemessen ist, dass eine nennenswerte Patientenanzahl einer solchen fixen Kombination bedarf und sie wirksam und unbedenklich (im Sinne des Verhältnisses von Nutzen zu Risiko) ist, und
  • die zugefügten Inhaltsstoffe die Wirksamkeit und/oder Unbedenklichkeit des Hauptinhaltsstoffs erhöhen oder die Möglichkeit des Missbrauchs des Hauptinhaltsstoffs verringern oder
  • die fixe Kombination von Inhaltsstoffen einen größeren therapeutischen Effekt hervorruft oder größere Unbedenklichkeit bietet als jeder einzelne Inhaltsstoff für sich.

Crout´sche Kriterien

Diese Aspekte sind im deutschen Arzneimittelgesetz berücksichtigt. Die Crout’schen Kriterien wurden auch bei unseren Bewertungen angewendet, um Kombinationspräparate auf ihre zweckmäßige Zusammensetzung zu prüfen. Erst wenn das Ergebnis dieser Prüfung positiv war, kam die möglicherweise nachgewiesene Wirksamkeit des Mittels für die therapeutische Behandlung zum Tragen. Dass zum Beispiel eine Kombination aus zwei Schmerzwirkstoffen schmerzdämpfend wirkt, kann nicht erstaunen. Die Frage aber, ob es sinnvoll ist, diese Schmerzwirkstoffe zu kombinieren, muss über die Anwendung der Crout’schen Kriterien geprüft werden. Die Antwort spiegelt sich in den Bewertungen der einzelnen fixen Arzneimittelkombinationen wider.

Aus unserer Sicht gelten diese Kriterien für Präparate mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen und Präparate mit pflanzlichen Extrakten gleichermaßen. Vor allem, wenn für einzelne Komponenten Negativurteile vorliegen, muss durch vergleichende klinische Studien nachgewiesen werden, dass die Kombination mit der negativ bewerteten Komponente ein therapeutisch besseres Ergebnis erzielt als eine Kombination ohne diese Komponente. Nur dann kann der therapeutische Wert der Kombination möglicherweise anerkannt werden.

Darüber hinaus gibt es bei Kombinationspräparaten noch eine Sichtweise, die auf pharmakologischen Sachverstand gründet. Der Aufbau einer Studie, die die therapeutische Wirksamkeit eines Mittels mit mehr als drei Wirkstoffen belegen soll, ist derart kompliziert, dass sie kaum je durchgeführt werden wird. Darum haben sich die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland darauf geeinigt, Kombinationspräparate mit mehr als drei Wirkstoffen als nicht verordnungsfähig anzusehen.

Unterschiede zu anderen Beurteilungen

Es ist denkbar, dass mit anderen Methoden und durch die Beschränkung auf die Zulassungsanforderungen des Arzneimittelgesetzes oder mit anderen Prüfkriterien sich auch andere Beurteilung ergeben als die hier nachlesbaren. Dies kann sich auch auf die Arbeit des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte beziehen, das unter Betrachtung der Daten zu Einzelarzneimitteln Zulassungsentscheidungen trifft. Das Institut berücksichtigt vor allem den Nachweis der Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutischen Qualität sowie die Zweckmäßigkeit der Kombination bei einem einzelnen Arzneimittel (absoluter Nutzen). Es darf weder geprüft werden, ob dieses neue Mittel in Relation zum verfügbaren Markt aus therapeutischen Gründen überhaupt erforderlich ist, noch welchen Rang es unter den Alternativen einnimmt.

STIFTUNG WARENTEST und Verein für Konsumenteninformation berücksichtigen mit ihren Bewertungen aber auch die therapeutische Stellung der Arzneimittel bestimmter Indikationsbereiche zueinander (relativer Nutzen) und gehen damit über die Zulassungskriterien des Bundesinstituts hinaus, sind also strenger.

Für bestimmte Arzneimittelgruppen, so zum Beispiel für viele pflanzliche Mittel, liegen nur vereinzeltes Erfahrungswissen und andere kaum prüfbare Therapieberichte vor, die zudem in Zeitschriften unterschiedlicher Qualität veröffentlicht sind. Die von uns verwendete Methodik lässt dann kaum eine positive Bewertung dieser Mittel zu.

Bewertung gemäß Anwendungsgebiet

Es besteht der Grundsatz, dass jedes Produkt für das Anwendungsgebiet bewertet wird, für das es laut Herstellerangaben eingesetzt werden soll. Im Idealfall sollte es also so sein, dass die Bezeichnung der Krankheit oder Störung, die der Hersteller in der Packungsbeilage angibt, und die, unter der der Wirkstoff in dieser Datenbank abgehandelt wird, identisch sind. Leider sind – vor allem im Bereich der Mittel für die Selbstbehandlung – die Bezeichnungen der Hersteller keineswegs so präzise und eindeutig, wie es für eine klare Zuordnung notwendig wäre. So fassen die Hersteller ihre Indikationsansprüche zum Beispiel sehr weit. Wir haben versucht, diese Vielfalt in einer Ihnen – unserer Meinung nach – bekannten und einheitlichen Überschrift zusammenzufassen.

Darüber hinaus kommt es nicht selten vor, dass sich ein Hersteller – vielleicht aufgrund neuer Forschungsergebnisse – entscheidet, die Anwendungsgebiete seines Produkts neu zu formulieren. Dann können Präparate mit demselben Namen im Handel sein, die sich oft nur durch einen kleinen Zusatz unterscheiden, aber andere Anwendungsgebiete für sich beanspruchen und dementsprechend anders bewertet werden müssen.

Wenn in der Fachinformation einer Salbe mit Heparin steht: „Zur unterstützenden Behandlung bei akuten Schwellungszuständen nach stumpfen Traumen (zum Beispiel Zerrung, Prellung, Quetschung, Bluterguss, Verstauchung), oberflächlicher Venenentzündung, sofern diese nicht durch Kompression behandelt werden kann“, wird dieses Mittel sowohl im Abschnitt Bewegungsapparat bei „Verstauchung, Schwellung, Entzündungen“ als auch im Abschnitt Herz und Kreislauf bei „Venenerkrankungen“ besprochen und dafür bewertet. Nennt ein heparinhaltiges Produkt aber außerdem noch Frostschäden (zum Beispiel „Frostbeulen“) als Anwendungsgebiet, bleibt das unberücksichtigt, weil wir hierfür kein eigenes Anwendungsgebiet definiert haben.

Hilfsstoffe üblicherweise nicht bewertet

Hinweis: Bei der Bewertung wurden nur jene Inhaltsstoffe des Arzneimittels berücksichtigt, von denen eine therapeutische Wirksamkeit erwartet wird. Hilfsstoffe, wie sie zum Beispiel notwendig sind, um Tabletten herzustellen, gingen in die Bewertung nicht mit ein. Von dieser Regel gibt es eine Ausnahme: Augen- und Nasentropfen sind häufig mit Konservierungsmitteln versetzt. Produkte mit einem solchen Hilfsmittel wurden um eine Stufe abgewertet, wenn Konservierungsmittel an der Schleimhaut der Augen und Nase solche unerwünschten Wirkungen auslösen können, es aber Produkte gibt, die ohne einen solchen Zusatz auskommen.

Bewertungsstufen

Der Bewertung der hier aufgeführten Medikamente liegen vier Stufen zu Grunde.

  1. Geeignet für die Behandlung des jeweiligen Krankheitsbilds sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit bei der betreffenden Indikation ausreichend nachgewiesen ist, die ein positives Nutzen-Risiko- Verhältnis und einen hohen Erprobungsgrad aufweisen. Der therapeutische Nutzen dieser Mittel ist hoch, sie gehören bei dieser Indikation zu den Standard-Therapeutika, soweit solche definiert werden können. Geeignet sind auch Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe sinnvoll ergänzen.
  2. Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber noch nicht so lange erprobt sind wie die als „geeignet“ bewerteten. In diese Kategorie fallen vor allem neue und weniger gut untersuchte Wirkstoffe. Mit der gleichen Bewertung wurden Arzneimittel versehen, die zum Beispiel Konservierungsstoffe enthalten, wenn allgemein die Überzeugung vorherrscht, dass Arzneimittel ohne Konservierungsstoffe die geeignete Alternative darstellen. Dies kann in ähnlicher Weise auch für andere Zusatzstoffe gelten. In diese Bewertungskategorie fallen auch Arzneimittel, die zwar noch immer als Standardpräparate gelten, in der Zwischenzeit aber von neuen, besser verträglichen Mitteln in ihrem Rang als Mittel der Wahl „abgelöst“ wurden.
  3. Mit Einschränkung geeignet sind Mittel, die zwar therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standard-Therapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen. Sie zählen daher nicht zu den Standardarzneimitteln bei den besprochenen Krankheitsbildern und werden nur unter bestimmten Bedingungen verwendet (zum Beispiel bei ganz bestimmten oder schwerwiegenden Krankheitskonstellationen). Mit dieser Bewertung werden auch jene Mittel belegt, für die nach den vorliegenden Studien die therapeutische Wirksamkeit noch nicht ausreichend nachgewiesen ist und bei denen weitere Studien erforderlich sind.
  4. Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind und/oder deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist, sodass die wahrscheinlichen Risiken mehr Gewicht haben als der mögliche Nutzen. Wenig geeignet sind darüber hinaus Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe nicht sinnvoll ergänzen oder keinen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

Quelle: Handbuch Medikamente

Leserreaktionen

Korrektur

In der Tabelle ist uns leider ein Fehler passiert. Kaloba Tropfen hatten wir den „wenig geeigneten“ Medikamenten zugeordnet, Kaloba Filmtabletten den „mit Einschränkung geeigneten“. Es ist jedoch genau umgekehrt. Kaloba Tropfen sind „mit Einschränkung geeignet“, Kaloba Filmtabletten sind „wenig geeignet“.

Bei den Tabletten ist die Studienlage wesentlich dürftiger als bei den Tropfen. Im Vergleich mit einem Scheinmedikament (Placebo) ließ sich die Krankheitsdauer bei akuter Bronchitis damit nicht wesentlich verkürzen. Wir bedauern diesen Fehler, in unserer Online-Ausgabe haben wir ihn sofort korrigiert.

Die Redaktion
(aus KONSUMENT 5/2018)

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