Wir wollten wissen was ein Patient zu erwarten hat, der mit einem bestimmten Symptomkomplex in einer Apotheke vorstellig wird und sich nach Schüßler Salzen zur Behandlung erkundigt. Dazu haben wir sieben zufällig ausgewählte Apotheken in Wien aufgesucht, die Schüßler Salze im Angebot haben.
Unsere Testperson gab vor, im Bekanntenkreis davon gehört zu haben und unter einem Reizmagen-, Reizdarm- bzw. Reizblasensyndrom zu leiden. Als Symptome wurden Verstopfung und Durchfall, erhöhter Harndrang und Nervosität genannt.
Konkret interessierten uns folgende Fragestellungen: Erfolgt die Beratung nach einem bestimmten Schema, wird etwa zu einer Antlitzanalyse geraten? Welche Mittel werden empfohlen? Wird zu einem Arztbesuch geraten bzw. wird nachgefragt, ob eine ärztliche Untersuchung bereits erfolgt ist und ob Medikamente eingenommen werden?
Urania Apotheke, Stubenring 2, 1010 Wien
Eine Antlitzanalyse wurde nicht angeboten. Die Apothekerin nahm eine Liste zur Hand und suchte entsprechend den geschilderten Symptomen nach geeigneten Salzen.
Verkauft wurden Nr. 9 (Natrium phosphoricum D6 gegen Übersäuerung), Nr. 3 (Ferrum phosphoricum D12 gegen Entzündungen), Nr. 8 (Natrium chloratum für die Blase); jeweils 10 Tabletten über den Tag verteilt einzunehmen.
Die Einnahme von mehr als drei Salzen sei, so die Apothekerin, nicht sinnvoll. Die Tabletten solle man im Mund zergehen lassen, danach nichts essen oder trinken, da die Mineralstoffe über die Mundschleimhaut aufgenommen würden. Zudem wurde eine Informationsbroschüre ausgehändigt.
Gesamtkosten 23,25 Euro
St. Anna Apotheke, Meidlinger Hauptstraße 86, 1120 Wien
Eine Antlitzanalyse wurde nicht angeboten. Die Angestellte kehrte nach etwa zehn Minuten mit einer Liste zurück und erklärte, dass sie sich mit einer Kollegin besprochen habe, die sich mit Schüßler Salzen auskenne.
Verkauft wurden Nr. 3 (Ferrum phosphoricum D12 gegen Schmerzen; 7 Tabletten täglich), Nr. 7 (Magnesium phosphoricum D6 gegen Krämpfe; 2 x 10 Tabletten täglich), Nr. 8 (Natrium chloratum D6 gegen Blasenbeschwerden; 7 Tabletten täglich). Die Verkäuferin bot Packungen zu 20 und zu 100 Gramm an. Unsere Testperson entschied sich für die kleineren Packungen.
Gesamtkosten 10,65 Euro
Adler Apotheke, Kirchstetterngasse 36, 1160 Wien
Eine Antlitzanalyse wurde nicht angeboten. Die Apothekerin empfahl gegen die Beschwerden Nr. 7 (Magnesium phosphoricum, im Schüßler-Jargon die heiße Sieben genannt) einzunehmen; 3 bis 4 x täglich ein bis zwei Tabletten. Die Tabletten sollten in heißem Wasser aufgelöst und das Gemisch solle schluckweise getrunken werden, da die Mundschleimhaut gut benetzt werden müsse.
Die Apothekerin erkundigte sich, ob eine Lactoseintoleranz vorliege und fragte nach, ob die Beschwerden bereits ärztlich abgeklärt worden seien und Medikamente eingenommen würden. Zur Behandlung der nervösen Beschwerden empfahl sie, homöopathische Beruhigungstropfen (Relax) einzunehmen.
Gesamtkosten 17,80 Euro
Thalia Apotheke, Lerchenfelder Gürtel 27, 1160 Wien
Der Apotheker gab an, Schüßler Salze zu führen, und erkundigte sich, welche Nummern benötigt würden. Auf die Bemerkung der Testperson, dies nicht zu wissen, wies der Apotheker darauf hin, dass eine Empfehlung nicht so einfach möglich sei. Er schlug in der Schüßler-Fibel der Deutschen Homöopathie Union nach, wurde dort jedoch nicht fündig und empfahl, einen Homöopathen aufzusuchen, der sich mit Schüßler Salzen auskennt. Verkauft wurde nichts.
Gesamtkosten 0 Euro
Apotheke zur Kaiserkrone, Mariahilfer Straße 110, 1070 Wien
Es wurde eine Antlitzanalyse für 40 Euro empfohlen, zudem wurde eine Informationsbroschüre überreicht und um eine Terminvereinbarung mit der zuständigen Mineralstoffberaterin gebeten. Da sich diese jedoch im Urlaub befand, war aus Zeitgründen kein Besuch mehr möglich.
Gesamtkosten 0 Euro
Apotheke in der Wiesen, Erlaaer Platz 1, 1230 Wien
Es wurde eine Antlitzanalyse um 25 Euro (für Kunden der Apotheke 10 Euro) angeboten, die in einem separaten Raum ausgeführt wurde. Vor Beginn wies die Mineralstoffexpertin darauf hin, dass die Analyse keine ärztliche Untersuchung darstelle und diese auch nicht ersetzen könne. In einem Formular musste die Testperson zudem bestätigen, dass eine Aufklärung darüber erfolgte, dass durch eine Antlitzanalyse ausschließlich Mineralstoffmängel im Körper festgestellt werden können und dass bei ernsthaften und länger andauernden Erkrankungen ein Arzt aufzusuchen sei.
Es wurde nach einer bereits bestehenden Medikation sowie einer Laktoseunverträglichkeit gefragt. Die Mineralstoffexpertin diagnostizierte eine starke Übersäuerung des Körpers und riet zu einem Basenbad zweimal wöchentlich.
An Schüßler Salzen wurden empfohlen: Nr. 1 (Calcium fluoratum D12; 10 Tabletten täglich) gegen Schwielen, Hornhaut an den Fußsohlen und rissige Lippen, Nr. 3 (Ferrum phosphoricum D12; 10 Tabletten täglich) für Nerven und Schlaf, Nr. 4 (Kalium chloratum D6 gegen zähen Schleim; 10 Tabletten täglich), Nr. 5 (Kalium phosphoricum D6 für die Nerven; 10 Tabletten täglich), Nr. 6 (Kalium sulfuricum D6 gegen Angst vor engen Räumen und Völlegefühl; 10 Tabletten täglich), Nr. 7 (Magnesium phosphoricum D6 gegen Krämpfe, Schmerzen, Schlafstörungen; 10 Tabletten täglich), Nr. 8 (Natrium chloratum D6 gegen Schwitzen, dient der Nierenreinigung und wirkt entgiftend; 10 Tabletten täglich), Nr. 9 (Natrium phosphoricum D6 gegen Sodbrennen und Übersäuerung; 20 Tabletten täglich), Nr. 10 (Natrium sulfuricum D6 gegen Durchfall und zur Ausleitung von Schadstoffen; 10 Tabletten täglich), Nr. 11 (Silicea D12 gegen gereizte Nerven, Licht- und Geräuschempfindlichkeit; 20 Tabletten täglich), Nr. 12 (Calcium sulfuricum D12 zur Säureausscheidung; 10 Tabletten täglich) sowie Ergänzungsmittel Nr. 23 (Natrium bicarbonicum D 12 für den Säureabbau).
Als Empfehlung riet die Mineralstoffberaterin dazu, die insgesamt 140 täglich einzunehmenden Tabletten in einen Behälter abzufüllen und im Laufe des Tages einzunehmen. Die Tabletten sollten keinesfalls in der Nähe von Computern oder Handys aufbewahrt werden.
Gesamtkosten 189 Euro
Haydn-Apotheke, Margaretengürtel 98, 1050 Wien
Es wurde eine Antlitzanalyse um 15 Euro angeboten, die in einem separaten Raum ausgeführt wurde. Die Mineralstoffberaterin diagnostizierte „viele Schlacken im Körper“, die ausgeleitet werden müssten. Sie erkundigte sich danach, ob bereits eine ärztliche Untersuchung erfolgt sei und fragte, ob und welche Medikamente eingenommen würden.
Es wurden folgende Schüßler Salze empfohlen: Nr. 2 (Calcium phosphoricum gegen Schlafstörungen, Nervosität und übermäßiges Schwitzen; 7 Tabletten täglich), Nr. 5 (Kalium phosphoricum gegen Platzangst; 10 Tabletten täglich), Nr. 6 (Kalium sulfuricum gegen Klaustrophobie; 12 Tabletten täglich), Nr. 7 (Magnesium phosphoricum, „die heiße 7“, gegen Krämpfe, Schlafstörungen, Globusgefühl im Hals und zum Aufwachen am Morgen; 10 Tabletten täglich), Nr. 8 (Natrium chloratum gegen Sodbrennen und mit positiver Wirkung auf Blase und Nieren; 10 Tabletten täglich), Nr. 9 (Natrium phosphoricum gegen Sodbrennen und Übersäuerung sowie zur Entschlackung; 10 bis 15 Tabletten täglich), Nr. 10 (Natrium sulfuricum gegen Durchfall und zur Entschlackung; 20 Tabletten täglich), Nr. 11 (Silicea gegen Licht- und Geräuschempfindlichkeit; 7 Tabletten täglich).
In der ersten Woche solle, so die Beraterin, nur die halbe Dosis eingenommen werden. Die Einnahme solle über den Tag verteilt erfolgen. Zum Abfüllen der Tabletten wurde dem Patienten ein Behälter ausgehändigt. Zusätzlich zu den Schüßler Salzen wurde der Kauf eines Stoffwechseltees empfohlen.
Gesamtkosten 118,75 Euro