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Lippenherpes: Rezeptfreie Mittel im Test - Pure Lippenbekenntnisse

Alle getesteten Präparate sind wenig geeignet - Fieberblasen sind medikamentös nicht heilbar - Empfindliche Lippen vor UV-Strahlung schützen

Petra S. leidet seit früher Jugend an Fieberblasen. Die Plagegeister kommen und gehen wie sie wollen. Mal hat die 40-Jährige wochenlang Ruhe, mal sprießen immer wieder neue Bläschen aus Lippen, Nase oder in der Mundhöhle. Warum und wie es dazu kommt ist rätselhaft. Probiert hat Petra S. bereits so ziemlich alles, was gegen Fieberblasen helfen soll, von pharmazeutischen Präparaten bis hin zu Hausmitteln. Doch egal ob sie vom Arzt verschriebene oder in der Apotheke eingekaufte Mittel anwendet, ob sie Salz oder Zahnpasta aufträgt, die Wirkung ist höchst bescheiden.

Als Schläfer im Organismus

So wie Petra S. geht es vielen Menschen. Etwa neun von zehn haben das Virus Herpes simplex labialis im Blut. Rund ein Drittel von ihnen wird mehr oder weniger regelmäßig von Fieberblasen geplagt. Herpesviren haben die Fähigkeit, sich als Schläfer im Organismus einzunisten. Sie werden zwar vom Immunsystem in Schach gehalten, erwachen jedoch hin und wieder. Auslöser können bestimmte Reize wie fieberhafte Erkrankungen, intensive Sonnenbestrahlung, zahnärztliche Eingriffe, Abschürfungen an den Lippen, Lebensmittelallergien, psychischer Stress oder auch die Menstruationsblutung sein.

Übertragung durch direkten Kontakt

Es gibt zwei Typen von Herpes-simplex- Viren: Herpes simplex labialis, welches Lippenherpes verursacht, und Herpes simplex genitalis, welches in erster Linie beim Sexualverkehr übertragen wird. Zudem existieren zahlreiche weitere Herpesviren, die unterschiedliche Erkrankungen verursachen, etwa Gürtelrose, Windpocken oder das Karposi-Sarkom, eine im Zusammenhang mit Aids häufig auftretende Krebserkrankung. Die Übertragung von Herpes simplex labialis erfolgt durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch (z.B. beim Küssen), meist schon im Kindesalter.

Schmerzenden Bläschen an den Lippen

Eine Erkrankung äußert sich in Form von schmerzenden Bläschen an Lippen oder Mundschleimhaut. Meist kündigen sie sich durch Jucken, Spannen und Kribbeln an den betroffenen Stellen an. Der durchsichtige Bläscheninhalt trübt sich im Laufe der Zeit, bevor die Bläschen eintrocknen. Der Wundschorf fällt meist innerhalb von zehn Tagen ab.

Alle Präparate wenig geeignet

  

Schwere Komplikationen selten  

So unangenehm Lippenherpes auch sein mag, in der Regel sind damit keine schwerwiegenden Komplikationen verbunden. Bei Patienten mit stark beeinträchtigtem Immunsystem kann es jedoch zu einer gefährlichen Ausbreitung kommen, in deren Verlauf eine Hirnhaut- oder Lungenentzündung auftreten kann oder Herpes simplex keratitis, eine Hornhautentzündung, die im schlechtesten Fall zum Verlust der Sehkraft führt.

Wir haben insgesamt sieben in Österreichs Apotheken rezeptfrei erhältliche Mittel zur Behandlung von Fieberblasen getestet. Dabei handelt es sich um fünf Präparate mit dem antiviralen Wirkstoff Aciclovir, ein Kombinationspräparat aus Heparin und Zinksulfat sowie ein Phytopharmakon mit Melissenkrautextrakt als Wirkstoff.

Wirkstoff Aciclovir

Aciclovir tötet die Viren nicht ab, soll allerdings ihre Vermehrung hemmen. Die untersuchten Präparate zur äußerlichen Anwendung dringen jedoch nicht tief genug in die Hautzellen ein, daher ist die Wirkung von Salben und Cremen sehr gering. Die Nervenknoten, von denen die Herpesinfektion ihren Ausgang nimmt, werden von Aciclovircremen nicht erreicht. Diese Arzneimittel können die Dauer einer Erkrankung mit Bläschen und Krusten im Vergleich zu wirkstofffreien Placebos nicht verkürzen. Lediglich Symptome wie Juckreiz und Schmerzen können eventuell leicht gemindert werden.

Wenn Aciclovircremen überhaupt eine Wirkung haben sollen, so muss die Anwendung gleich bei den ersten Kribbelsymptomen erfolgen, zudem müssen die Präparate sehr häufig aufgetragen werden. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass die Mittel ihrerseits Juckreiz und Hautausschlag verursachen können. Wir beurteilen alle Aciclovirpräparate im Test (Acic Fieberblasencreme, Aciclobene ‚ratiopharm’ Fieberblasencreme, Activir plus Dimethicon Fieberblasencreme, Aciclostad Fieberblasencreme und Herpomed 5 % Creme) als wenig geeignet zur Linderung von Schmerzen und Juckreiz bei Lippenherpes, weil die therapeutische Wirksamkeit selbst bei rascher Anwendung nur gering ist.

Heparin und Melisse

Nicht besser schneiden die beiden anderen Präparate im Test, Widmer Lipactin Gel sowie Lomaherpan Fieberblasencreme, ab. Widmer Lipactin Gel basiert auf einer Wirkstoffkombination aus Zinksulfat und Heparin. Zinksulfat hat gewisse austrocknende und antiseptische Eigenschaften, Heparin hemmt die Blutgerinnung und wirkt antiviral. Heparin kann zudem Wasseransammlungen und Blasen im Gewebe verhindern. Die therapeutische Wirksamkeit dieser Kombination bei Lippenherpes ist jedoch nicht ausreichend belegt.

Wir beurteilen das Mittel deshalb als wenig geeignet bei Lippenherpes zur Linderung von Schmerzen und Juckreiz. Das pflanzliche Präparat Lomaherpan Fieberblasencreme beurteilen wir als wenig geeignet bei Lippenherpes zur Linderung von Schmerzen und Juckreiz, weil die therapeutische Wirkung selbst bei rascher Anwendung gering ist. In Kultur zeigt die an ätherischen Ölen und Gerbstoffen reiche Droge antibakterielle, antivirale und antioxidative Wirkung. Aussagekräftige Studien an Menschen, die die antivirale Wirkung bei Herpes labialis fundiert belegen, liegen allerdings nicht vor.

Kein geeignetes Präparat

Die getesteten Präparate sind zur Behandlung von Beschwerden bei Lippenherpes praktisch ungeeignet. Das Versprechen, dass die Präparate den Krankheitsverlauf verkürzen und den Juckreiz und die Schmerzen lindern, wird von keinem der Präparate erfüllt. Wie bereits bei vorangegangenen Medikamententests fiel uns auch hier eine merkwürdige Interpretation der Rezeptpflicht auf. So sind Präparate mit gleichem Wirkstoff in gleicher Dosierung sowohl rezeptfrei als auch als rezeptpflichtige Arzneispezialität erhältlich. Dies betrifft konkret Präparate mit 50 mg Aciclovir/g; die fünf hier untersuchten Produkte gehen rezeptfrei über den Ladentisch, während das Originalpräparat Zovirax, aber auch andere Generika, die wir ebenfalls mit „wenig geeignet“ bewerten, der Rezeptpflicht unterliegen.

Keine Heilung

Unkomplizierter Lippenherpes ist äußerlich auf medikamentösem Wege nicht heilbar, es bleibt nur Geduld. Man muss das Ende der Erkrankung abwarten. Allenfalls lassen sich die Symptome etwas lindern. Bei sehr schwerem Krankheitsverlauf kann eine Therapie mit oral oder per Injektion bzw. als Infusion zu verabreichenden Virenmitteln (Virostatika) erforderlich sein. Bei Bläschen auf der Mundschleimhaut kann das Spülen mit Salbeitee ein wenig Linderung verschaffen. Bei Bläschen im Bereich der Lippen und auf angrenzenden Hautarealen kann das Auftragen von zinkoxidhaltigen Salben (Zinksalbe, Zinkpaste) oder Schüttelmixturen (Cutimix Schüttelmixtur), die austrocknend wirken, die Beschwerden ein wenig mildern.

Eine Vorbeugung ist ebenfalls kaum möglich. Empfindliche Personen sollten allerdings Lippen und Mundregion mit einem Sonnenschutzmittel vor UVStrahlung schützen. Sind Hautareale über die Mundregion hinaus betroffen oder halten die Beschwerden über eine Dauer von zehn Tagen hinaus an, ist die Konsultation eines Arztes unbedingt erforderlich.

Tabelle: Rezeptfreie Mittel bei Lippenherpes

Zusammenfassung

Rezeptfreie Mittel bei Lippenherpes im Test

  • Lippenherpes. Fieberblasen sind weder durch rezeptfreie noch durch rezeptpflichtige äußerlich anzuwendende Medikamente heilbar.
  • Vorbeugung. Eine Vorbeugung gegen Fieberblasen ist kaum möglich. Empfindliche Personen sollten Lippen und Mundregion mit Sonnenschutzmitteln vor UV-Strahlung schützen.
  • Arzt konsultieren. Dauert die Erkrankung länger als zehn Tage an, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.

Testkriterien

Hinweise zur Bewertung

Grundlage dieses Tests ist das Handbuch „Medikamente“, für das ein Expertengremium der Stiftung Warentest Arzneimittel auf Basis von Literaturrecherchen beurteilte. Hier finden Sie die Methoden.

Geeignet sind Mittel (Standardtherapeutika), deren therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachgewiesen ist. Ihre Nutzen-Risiko-Abwägung fällt positiv aus. „Geeignet“ sind auch Kombinationsmittel, deren Wirkstoffe sich sinnvoll ergänzen.

Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber Konservierungsmittel enthalten oder noch nicht lange genug erprobt sind.

Mit Einschränkung geeignet sind Mittel, die therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standardtherapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen.

Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind, deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist sowie Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, deren Wirkstoffe sich nicht sinnvoll ergänzen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

Keine Bewertung

Anthroposophische, homöopathische und traditionell angewendete Mittel lassen sich nach den Grundsätzen unseres Tests nicht bewerten.

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