Interview mit dem Autor und Saunaexperten Dr. Harald Maruna. Er setzt sich seit mehr als 40 Jahren mit Fragen rund um das Thema Sauna und Wärmeanwendung auseinander.
Gibt es Unterschiede zwischen Sauna und Infrarotkabine und worin bestehen diese?
Dr. Harald Maruna: Natürlich besteht ein großer Unterschied zwischen Sauna und Infrarotkabine. Bei der Sauna gibt es einen Aufguss und die Abkühlung danach. Die Abfolge Wärme – Frischluft – Kälte ist eine uralte Formel für Anspannung, Entspannung, Erfrischung und Erholung. Das vegetative Nervensystem wird angekurbelt und der Körper für Kaltreize trainiert. Die Kreislaufbelastung fällt in der Infrarotkabine dafür etwas geringer aus. Hier wird ein Puls von etwa 90 erreicht, in der Sauna kann es beim Aufguss auch auf 120 oder mehr gehen.
Das sind Werte, die man bei vielen Sportarten, so auch beim Nordic Walking, leicht erreichen kann. Damit ist aber auch klar, dass man in der IR-Kabine nie in den Bereich kommen kann, bei dem Fettverbrennung stattfindet. Die Erwärmung des Körpers verläuft etwas schonungsvoller, dafür ist nichts über die Langzeitwirkung der Infrarotstrahlen auf die betroffenen Hautpartien bekannt, etwa was eine mögliche Hautalterung angeht. Die Forschung steht hier erst am Anfang, mit Aussagen muss man also vorsichtig sein.
Wie bewerten Sie den Entspannungseffekt in einer IR-Kabine im Vergleich zur Sauna?
Maruna: Die Entspannung kommt für mich in einer Infrarotkabine in verschiedener Hinsicht zu kurz. In der kleinen Kabine können durchaus klaustrophobische Gefühle aufkommen, man kann in der Regel nicht darin liegen und die kalten Anwendungen fehlen. Mir ist das zu wenig. Aber wer in einer Infrarotkabine entspannen kann, soll dies tun, es ist sicherlich eine individuelle Frage. Egal ob Sauna oder Infrarotkabine, man sollte im Anschluss auf jeden Fall eine Ruhephase einlegen. Wenn ich danach gleich zum nächsten Geschäftstermin hetze, ist die ganze Entspannung dahin.
Verschiedene Infrarotkabinenvertreiber bieten zusätzlich ein Aufgussgerät an. Was ist davon zu halten?
Maruna: Mir ist das zu unromantisch. Ich brauche einen Kübel Wasser und einen Schöpfer zum Aufgießen.
Was halten Sie von kombinierten IR-/Saunakabinen?
Maruna: Wer ein Fan von Sauna und Infrarot ist, kann sich ja beides anschaffen. Dann muss ich mich aber entscheiden was ich möchte, denn beides gleichzeitig geht nicht.
Wie beurteilen Sie den Sinn und Nutzen von Extras wie Musikbeschallung und Farblicht?
Maruna: Farblicht in der Kabine ist ein lustiges Spiel. Wer sich damit wohlfühlt, soll es sich anschaffen. Einen gesundheitlichen Effekt hat es wohl kaum. Was Radio oder mp3-Player angeht: Musik gehört für mich zum Leben, man sollte halt etwas Passendes, etwas Beruhigendes, auflegen. Bei Hardrock oder Heavy Metal könnte ich mich nicht entspannen.
Gibt es Empfehlungen, wie oft man sich in der Woche in eine Infrarotkabine setzen kann und wie lange man sich darin aufhalten sollte?
Maruna: Das ist ebenfalls sehr individuell zu handhaben. Ich persönlich würde ein bis zwei Mal pro Woche in die Kabine gehen und ein bis zwei Sitzungen von 20 bis 30 Minuten mit einer Ruhephase dazwischen absolvieren. Die Ruhephase sollte dabei immer mindestens genauso lang sein wie die Warmphase.
Worauf sollte ich achten, wenn ich eine IR-Kabine benutze?
Maruna: Wie bei der Sauna sollte man auf jeden Fall den Flüssigkeitshaushalt im Auge behalten. Die Flüssigkeitsmenge, die ich ausschwitze, sollte ich dem Körper wieder zuführen, und zwar bevor der Organismus sich mit einem Durstgefühl meldet. Während der Gänge sind in moderater Menge Fruchtsäfte oder isotonische Getränke vorzuziehen. Am Ende darf es dann ruhig mehr sein, Mineralwasser oder Tee; auf Alkohol würde ich dagegen verzichten.
IR-Kabinen werden als Flächenstrahler oder als sogenannte Tiefenwärmestrahler, die auf bestimmte Körperpartien fokussieren, angeboten. Wie beurteilen Sie diesen Unterschied?
Maruna: Mir bietet die Infrarotkabine prinzipiell zu wenig Rundumwärme. Eine punktuelle Wärme mag im Sinne einer Muskelentspannung sinnvoll sein, doch das allgemeine Wohlgefühl ist für mich geschmälert. Wer hat schon gern kalte Füße in einer saunaähnlichen Kammer, wie ich das kürzlich erlebt habe.
In Zusammenhang mit der Sauna aber auch mit Infrarotkabinen wird man immer wieder mit dem Begriff der Entschlackung konfrontiert. Was hat es damit auf sich?
Maruna: Die Sauna hat zweifelsfrei eine psychosoziale Dimension. Ich tue etwas für meinen Körper, reinige mich innerlich, schwitze den Dreck heraus, der sich angesammelt hat. Dies hat irgendwann zu dem Begriff der Entschlackung geführt. Es wurden auch angeblich Schwermetalle im abgesonderten Schweiß entdeckt. Die Studien dazu kommen aus Industriegebieten im Osten. Doch diese Veröffentlichungen sind kritisch zu betrachten, denn möglicherweise wurden von außen auf die Haut gelangte Substanzen gemessen. Zwar werden Schwermetalle in Knochen und andere Abfallprodukte des Stoffwechsels im Fettgewebe eingelagert, dass diese jedoch herausgeschwitzt werden, ist höchst unwahrscheinlich. Ebenso ist in Zusammenhang mit Entschlackung häufig von einer Einweißüberfrachtung des Organismus die Rede. Doch diese existiert nicht. Die Wissenschaft kennt den Begriff der Entschlackung nicht. Für mich verbirgt sich dahinter ein Mythos.
Manche Anbieter werben gerne mit angeblichen gesundheitlichen Wirkungen. Wie sehen Sie das?
Maruna: Inserate von Anbietern, die mit Heilserwartungen werben, haben mich schon sehr erstaunt. Infrarot hat gewisse Verdienste, denn Wärme ist zweifelsfrei wichtig. Wir fühlen uns wohl und behaglich. Ich habe mich aber schon gewundert, gegen was Infrarotwärme so alles helfen soll, etwa Ischias-, Unterleibs- und Prostatabeschwerden. Oder nehmen wir Cellulite. Wer wirklich etwas Wirksames gegen Cellulite entwickelt hätte, der hätte für immer ausgesorgt.
Der VKI hat einen Hersteller erfolgreich wegen gesundheitsbezogener Werbung verklagt, da es keine wissenschaftlichen Beweise für die versprochenen Wirkungen gibt.
Maruna: Und das ist gut so, denn es besteht ja die Gefahr, dass sich ernsthaft kranke Menschen in die Infrarotkabine setzen anstatt zum Arzt zu gehen und es zu einer Verschleppung der Krankheit mit ernsthaften Konsequenzen kommen kann. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Sauna. Wer krank ist, gehört zum Arzt, nicht in die Sauna und nicht in die Infrarotkabine!
Wann sollte man auf keinen Fall in die Infrarotkabine bzw. Sauna gehen?
Maruna: Bei der Infrarotkabine gibt es dazu noch zu wenige Studien. Ich würde aber auf jeden Fall dieselben Kontraindikationen wie bei der Sauna beachten, als da wären: akute entzündliche, infektiöse oder bösartige Erkrankungen wie z.B. eine Grippe, Krebs- oder sonstige Tumorerkrankungen und viele andere. Bei chronischen Gebrechen oder etwa Bluthochdruck sollte man sich unbedingt vom Arzt grünes Licht geben lassen.
Was spricht aus Ihrer Sicht für die Anschaffung einer Infrarotkabine?
Maruna: Ein geringer Platzbedarf, der den nachträglichen Einbau in Wohnungen leichter möglich macht, und ein im Vergleich zur Sauna geringerer Energieverbrauch. Und Infrarotwärme ist besser als nichts. Was mir noch fehlt, sind wissenschaftliche Grundlagen, da stehen wir erst am Anfang. Leider wird in der Werbung teilweise überzogen. Etwas salopp formuliert ist eine Infrarotkabine nichts anderes als eine Infrarotlampe, um die man ein Kasterl gebaut hat. Und klar ist außerdem: Die Infrarotkabine gehört in den Bereich Wellness, sie ist kein Medizinprodukt und schon gar nicht ein Therapieprinzip, mit dem man die ärztliche Diagnose und Behandlung von Krankheiten ersetzen kann!