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Abführmittel - Oft unnötig

Viele Menschen wollen mit Abführmitteln den Darm möglichst oft entleeren.
Auf lange Sicht stellt sich damit genau das ein, was sie überwinden wollten:
Darmträgheit.
Jeder achte Erwachsene leidet an seltenem Stuhlgang, hartem Stuhl, Problemen beim Pressen oder unter dem Gefühl, sich nicht völlig entleert zu haben. Doch erst, wenn mindestens zwei dieser Probleme länger als drei Monate bestehen bleiben, sprechen Mediziner von einer behandlungsbedürftigen, chronischen Verstopfung. Weit entfernt davon ist die Selbsteinschätzung vieler Menschen, hinter der eine völlig falsche Vorstellung vom „normalen“ Stuhlgang steckt. Was ist normal? Dafür gibt es keine Regel: Zwei Entleerungen am Tag sind ebenso normal wie zwei in einer Woche. Der individuelle Spielraum ist groß – doch das ist wenigen bewusst.

Furcht vor Selbstvergiftung unbegründet

Verbreitet ist der alte Irrglaube, dass der Darminhalt den Körper vergifte. Schon in der Antike sollten durch „Entschlacken“, „Entgiften“ und „Reinigen“ Störungen beseitigt und die Gesundheit wieder hergestellt werden. Seit zweitausend Jahren setzen Naturheiler und Alternativmediziner fälschlich Abführ- und Entwässerungsmittel zum Zweck der Darmreinigung ein. Auch die Pharmafirmen werben mit „blutreinigender“ Wirkung, zum Beispiel bei „Thé Chambard“ oder „Abführtee EF-EM-ES“. Entschlackender Abführtee EF-EM-ES enthält zusätzlich harntreibende Heilpflanzen. Auch werden so genannte Frühjahrskuren empfohlen, zum Beispiel Maykur-Tee oder frische Teemischungen aus der Apotheke, die suggerieren, dass der Körper regelmäßig von „Schlacken“ und „Giften“ befreit werden sollte. Weder das ist richtig noch die frühere Vermutung, dass Verstopfung ein erhöhtes Darmkrebsrisiko bringt. Leider verbreiten die Medien die veralteten Ideen weiter und halten die unbegründete Furcht vor der Selbstvergiftung am Leben.

Fehlbehandlung und Missbrauch

So kommt es aus Unwissenheit häufig zu Fehlbehandlung. In Österreich wandern jährlich nahezu 3,5 Millionen Packungen Abführmittel (Laxantien) über den Ladentisch. Obwohl ihr Absatz allmählich zurückgeht, haben sie einen festen Platz in der Selbstbehandlung und sind für die Pharmaindustrie und den Arzneihandel ein attraktiver Posten. Gefährlich ist es, wenn Abführmittel überdosiert oder ohne triftigen Grund angewendet werden. Häufig nehmen junge Frauen Abführmittel, um schlank zu bleiben. Doch dafür sind Laxantien gar nicht geeignet. Menschen mit psychischen Problemen und Essstörungen wie Mager- oder Brechsucht (Anorexie, Bulimie) greifen oft zu Abführmitteln. Langfristig schädigt Missbrauch den Körper: Der Wasserhaushalt wird gestört, es kommt zu Kalium- und Magnesiummangel. In der Folge erschlafft der Darm – manchmal bis zur Lähmung –, und Hämorrhoiden können sich verschlimmern. Kindern sollte man ohne ärztliche Verordnung überhaupt keine Abführmittel verabreichen.

Eine falsche Lebensführung – zum Beispiel zu viele Süßigkeiten, zu wenig Ballaststoffe, Trägheit – ist viel seltener Ursache, als gemeinhin unterstellt wird. Häufig beeinflussen die gesellschaftlichen Lebensumstände das Stuhlverhalten: Wenn Kinder nur in der „Klopause“ Stuhl absetzen dürfen oder Erwachsene den Drang zurückhalten müssen, weil die Stechuhr oder fixe Termine es verlangen, bleibt der Stuhldrang schließlich aus. Nicht selten schlagen sich Probleme und Stress im Arbeitsumfeld oder dramatische emotionale Ereignisse auf die Verdauung. Auch Reisende kennen das Phänomen: Auf fremden Toiletten will es oft tagelang nicht klappen. Bei älteren Menschen sind die Ursachen oft stopfende Medikamente (zum Beispiel Beruhigungs- und Schlafmittel, aluminiumhaltige Säurebinder, krampflösende Mittel und Opioide) oder Bettlägrigkeit.

Wer ein anhaltendes Problem mit erschwertem Stuhlgang hat, sollte Rat beim Arzt suchen. Dieser wird die Ursachen abklären und möglichst ausschalten: Gegen milde Verstopfung helfen Verhaltensänderungen (siehe Kasten Vorbeugen). Bei akuter Verstopfung durch Hämorrhoiden, Nervenverletzungen oder Tumore muss operiert werden. Gegen Stuhlabsetzprobleme kann Biofeedback-Training, bei Stress eine psychotherapeutische Behandlung helfen. Bei chronischer Verstopfung sind Abführmittel angebracht: Je nach dem Schweregrad richtig dosiert, entsteht weicher, nicht flüssiger Stuhl.

Hilfe in milderen Fällen

Bei milderen Formen von Verstopfung und als Erstversuch sollten Leinsamen, Weizenkleie oder Ballaststoff-Präparate probiert werden, zum Beispiel die Feigen-Fenchel-Kombination Sinolax, oder ein Mittel mit indischem Flohsamen, wie Pascomucil-Pulver. Geduld: Erfolg tritt erst nach einigen Tagen ein. Verwendet man solche oder synthetische Quellmittel, wie zum Beispiel Bulk-Tabletten, sollte man unbedingt ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen.

Nur wenn das nicht ausreicht, sollte man kurzfristig zusätzlich ein Mittel mit darmreizendem oder osmotisch wirkendem Stoff (etwa Bisacodyl, enthalten zum Beispiel in Dulcolax, Laxbene, Purgazen) anwenden, das die Darmbewegungen anregt. Diese Präparate sind auch für stillende Mütter geeignet. In der chemischen Zusammensetzung und in der Wirkung ähnlich ist Natriumpicosulfat, enthalten unter anderem in Agaffin, Gutalax. Bei Mitteln mit Lactulose, zum Beispiel Bifiteral, Duphalac, Lactulose Arcana, Lactulose Genericon, Laevolac-Lactulose, können als Nebenwirkungen Blähungen, Übelkeit und Erbrechen auftreten. Als Akutmaßnahme sind auch Zäpfchen wie Laxbene oder Klistiere sinnvoll.

Bei schweren Verstopfungen sind standardisierte Präparate mit Sennesblättern und -früchten, zum Beispiel Bekunis, sinnvoll. Diese Mittel sollten abends nach dem Essen eingenommen werden, höchstens jedoch zwei Wochen lang. Denn die Sennespflanze enthält Anthrachinone, die im Verdacht stehen, krebserregend zu wirken. „Pflanzlich“ ist eben nicht gleich „ungefährlich“, wie häufig vermutet. Auch die Anthranoide in Aloe und Faulbaumrinde werden verdächtigt, krebserregend und erbgutverändernd zu wirken. Als Nebenwirkung von Aloe-Extrakt, zum Beispiel in Abführdragees Waldheim, können Bauchkrämpfe auftreten. Da dieses Mittel überdies Phenolphtalein enthält, das Darmblutungen, allergische Reaktionen und Atemstörungen auslösen kann, ist davon überhaupt abzuraten. Abzuraten ist auch von allen lose verkauften, unstandardisierten Pflanzenmitteln und von Kombinationen.

Glyzerin ist besser als Rizinus

Zur schnellen Entleerung eignen sich Mittel mit Glyzerin: zum Beispiel Zäpfchen von Sanova oder Rösch oder Mittel mit salinischen Stoffen (wie Clysmol, F.X.-Sprudelsalz, Relaxy) sowie Mittel, die Kohlensäure entwickeln (wie Lecicarbon Zäpfchen, Mikroklist). Das altbekannte Rizinusöl ist eine sehr drastische Maßnahme und gilt wegen starker Hautreaktionen und Schädigung der Darmschleimhaut heute als überholt – ebenso das gefährliche Paraffinöl.

Abführmittel, die die Darmtätigkeit anregen, sollen nicht täglich eingenommen werden, denn nach gründlicher Stuhlentleerung ist am folgenden Tag ohnehin kein Stuhl zu erwarten. Wichtig ist das Absetzen auch, um zu testen, ob überhaupt ein Abführmittel gebraucht wird. Manche Packungsgrößen suggerieren eher das Gegenteil: Packungen zu 80 Stück wie bei Abführdragees Waldheim sind absurd, wenn ein Mittel – wie es im Beipackzettel heißt – „ohne ärztliche Anordnung maximal 1 – 2 Wochen lang“ angewendet werden soll. Die Packungen sind bei vielen Präparaten zu groß angelegt, wie etwa Agaffin Abführgel: 500 ml, Agiolax Granulat: 1000 Gramm, Pursennid 12 mg: 40 und 100 Stück. In vielen Fällen fehlt auf dem Beipackzettel der Hinweis, dass Abführmittel nicht länger als vierzehn Tage eingenommen werden sollen. Bei Agiolax fehlt sogar der Beipackzettel selbst und damit auch jeder Hinweis über Einnahme, Dosierung und Risiken. Nur bei angemessener Behandlung sind Laxantien sichere Arzneimittel, allerdings muss die Notwendigkeit der Behandlung immer wieder überprüft werden.

  • Regelmäßig Obst und Gemüse, eventuell Vollkornprodukte, essen; morgens ein Glas Fruchtsaft, tagsüber ein paar Gläser Wasser trinken
  • und regelmäßige Bewegung regen die Darmtätigkeit an.
  • Weizenkleie und Leinsamen, dreimal täglich 2 – 5 Gramm, Zwetschken und Rhabarber fördern Stuhlabgang.
  • Regelmäßig zur gleichen Tageszeit Sitzungen auf der Toilette. Gelassen bleiben, auch wenn nicht gleich Erfolg eintritt.

  • um Bauchpressen, zum Beispiel bei schwerem Bluthochdruck, nach Herzinfarkt, zu vermeiden
  • zur Darmentleerung vor Röntgenuntersuchungen im Darmbereich und vor chirurgischen Eingriffen
  • bei schmerzhaften Leiden in der Aftergegend
  • kurzfristig bei stopfend wirkenden Medikamenten und Krankheiten
  • unter ärztlicher Kontrolle bei chronischer Verstopfung
  • nicht länger als zwei Wochen!

Gleit-, Füll- und Quellmittel wie Leinsamen, Flohsamen, Kleien, Agar-Agar, Methylcellulose vergrößern das Stuhlvolumen, was die Darmbewegung anregt – aber nur, wenn ausreichend getrunken wird. Schleimstoffe mancher pflanzlichen Mittel fördern die Gleitwirkung.

Die Darmbewegung anregende Mittel fördern darüber hinaus die Aufnahme von Wasser in den Darm. Dazu gehören synthetische Stoffe wie Bisacodyl und Natriumpicosulfat sowie Pflanzendrogen (Sennesblätter und -früchte, Faulbaumrinde, Aloe, Rhabarberwurzel. Diese enthalten Anthranoide – Stoffe, die im Verdacht stehen, das Erbgut zu verändern).

Osmotische Laxantien halten Wasser im Stuhl zurück, sodass weichere Stühle entstehen: Salze (wie Bittersalz, Glaubersalz) oder zuckerähnliche Stoffe, die der Körper nicht aufnimmt (wie Sorbit, Lactose u.a.).

Entleerungsmittel lösen den Reflex zum Stuhlabsetzen aus und werden als Zäpfchen und Miniklistiere, im Not- fall auch bei Kindern, eingesetzt: Glycerin und Sorbitol.

Wirkung: Abführmittel wirken nach etwa 8 Stunden, salinische Zubereitungen mit Rizinusöl nach 2 – 4 Stunden, Miniklistiere nach 5 – 15 Minuten. Bei längerem Gebrauch lässt die Wirkung nach.

Warnung vor chronischem Gebrauch: Alle Abführmittel – Füllmittel ausgenommen – führen bei längerfristigen Anwendung zu Störungen im Wasserhaushalt. Der Darm wird schlaff, Kaliumverlust kann außerdem die Wirkung von Herzmitteln (-glykosiden) in lebensbedrohlichem Ausmaß verstärken.

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