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Pflege: Sterbebegleitung und Beruf vereinbaren - Letzte Wege

Unser "Pflege-Ratgeber" bereitet pflegende Angehörige auf alle Situationen vor, in denen man zunächst nicht weiterweiß. Etwa auf die Herausforderung, Beruf und Sterbebegleitung zu vereinbaren.

Rechtsanspruch

Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf Herabsetzung bzw. Änderung der Normalarbeitszeit oder Freistellung zur Begleitung sterbender ­Angehöriger (Familienhospizkarenz). Während dieser Zeit gebührt Pflegekarenzgeld und der Arbeitnehmer ist kranken- sowie pen­sionsversichert. Die Herabsetzung der Arbeitszeit ist sowohl für Vollzeit- als auch für Teilzeitbeschäftigte möglich, wobei kein zeitliches Mindest- oder Höchstausmaß festgelegt ist. Eine Änderung der Normal­arbeitszeit kann innerhalb der gesetzlichen Grenzen sowohl hinsichtlich der Zahl der Arbeitstage als auch hinsichtlich der Stunden­einteilung während eines Arbeitstages vorgenommen werden. Schließlich kann auch eine Kombination aus Herabsetzung und Änderung der Normalarbeitszeit gewählt werden.

Die Sterbebegleitung kann für eine Dauer von maximal drei Monaten beansprucht werden, eine Verlängerung auf insgesamt sechs Monate ist möglich. Sollte es erforderlich sein, kann die Sterbebegleitung auch ­ an die Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit ­anschließen. Achtung: Im Gegensatz zur Sterbebegleitung gibt es auf Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit keinen Rechtsanspruch. Hier muss der Arbeitgeber zustimmen, was erfahrungsgemäß nicht immer der Fall ist.

Für wen?

Als nahe Angehörige gelten ­Ehegatten, eingetragene Partner, Lebens­gefährten sowie jeweils deren Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder, Eltern, Adoptiv-, Stief- und ­Pflegeeltern, Großeltern, Enkelkinder, Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder. Das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts ist nicht erforderlich. Es ist auch zulässig, dass mehrere Angehörige – sogar wenn sie im selben Betrieb tätig sind – die Karenz gleichzeitig in Anspruch nehmen.

Formalitäten

Der Arbeitnehmer muss die Inanspruchnahme der Sterbebegleitung dem Arbeitgeber schriftlich bekannt geben. Die Meldung muss spätestens fünf Arbeitstage vor dem beabsichtigten Antritt beim Arbeitgeber einlangen. In der Meldung muss die Maßnahme (Karenz, Hospizteilzeit, Änderung der Lage der Normalarbeitszeit) und deren Beginn und Dauer angeführt ­werden. Der Grund für die Maßnahme muss glaubhaft gemacht werden, beispielsweise durch eine schriftliche oder telefonische ­Bestätigung des Arztes, dass eine lebens­bedroh­liche Erkrankung besteht. Der Arbeitgeber hat aber nicht das Recht, detaillierte ­Befunde des nahen Angehörigen einzu­sehen. Ist der Arbeitgeber nicht einverstanden, muss er innerhalb von fünf Arbeits­tagen ab Zugang der schriftlichen Bekanntgabe Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht erheben. Das Gericht entscheidet unter Berücksichtigung der betrieblichen ­Erfordernisse und der Interessen des Arbeitnehmers.

Verlängerung, Rückkehr und besonderer Schutz

Verlängerung

Auch die Verlängerung der Familienhospizkarenz um maximal drei Monate ist dem Arbeitgeber schriftlich bekannt zu geben und der Grund dafür ist glaubhaft zu machen. Die Meldung muss spätestens zehn Arbeitstage vor der Verlängerung beim Arbeitgeber einlangen. Ist der Arbeitgeber nicht einverstanden, kann er binnen zehn Arbeitstagen ab Zugang der Meldung eine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einbringen. Der Arbeitnehmer ist ­berechtigt, die Sterbebegleitung bis zur Entscheidung des Gerichts zu verlängern, es sei denn, das Gericht hat auf Antrag des Arbeitgebers eine einstweilige Verfügung erlassen.

Rückkehrrecht

Nach dem Ende der ­Familienhospizkarenz besteht das Recht auf Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit sowie auf Beschäftigung in der Verwendung, die dem Arbeitsvertrag entspricht. Endet die Sterbebegleitung vorzeitig, muss der Arbeitnehmer dies dem Arbeitgeber unverzüglich bekannt geben.

Besonderer Schutz

Ab Bekanntgabe einer Inanspruchnahme der Sterbebegleitung bis vier Wochen nach deren (vorzeitigem) Ende besteht ein Kündigungs- und Entlassungsschutz. Eine Kündigung oder Entlassung kann nur dann rechtwirksam ausgesprochen werden, wenn vorher die Zustimmung des zuständigen Arbeits- und Sozialgerichts eingeholt wurde.

Buchtipp: "Der Pflege-Ratgeber"

Der Pflege-Ratgeber, 2. Auflage

www.konsument.at/pflege-ratgeber

Etwa 450.000 Menschen beziehen in Österreich Pflegegeld, sind also auf Betreuung und Hilfe angewiesen. Ihre Angehörigen stehen vor der Herausforderung, deren Pflege zu organisieren. Doch welche Möglichkeiten gibt es? Kann der oder die Betroffene zu Hause betreut werden oder ist ein Heim die bessere Lösung? Wie findet man einen guten Pflegedienst oder das passende Heim? Wo erhält man Rat und Hilfe? Und schließlich: Was kostet das alles? Der "Pflege-Ratgeber“ unterstützt Betroffene und ihre Angehörigen bei allen Fragen rund um dieses schwierige Thema.

Aus dem Inhalt

  • Pflege organisieren und finanzieren
  • Unterstützung für Angehörige
  • Pflegegeld und private Vorsorge 
  • Pflegeheim und Heimvertrag 
  • 24-Stunden-Betreuung
  • Das neue Erwachsenenschutzrecht 
  • Sterbehilfe

320 Seiten, € 24,90 + Versand; ISBN 978-3-7093-0630-7

 

 

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