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Wein: Kunde König - Von der Südseite des Regals

Die Weinabteilungen in den Supermärkten werden immer größer. Ein satirischer Kommentar von Alois Grasböck.

Das ist ein uralter Witz: Im Wein liegt die Wahrheit, denn die Lügen stehen auf dem Etikett. Relativ neu hingegen ist das atemberaubende Wein-Angebot in den Supermärkten.

Welt muss in Wein ersaufen

Sobald man eine dieser riesigen Wein-Abteilungen betritt, stellt sich als erster Gedanke dieser ein: Die Welt muss in Wein ersaufen. Rund um den Globus wird gerebelt und gewinzert, was das Zeug hält. Man kann sich von Amerika bis Australien durchtrinken und den Burgenländer mit dem Südafrikaner vergleichen.

Die Konkurrenz ist global und gewaltig, und man kann sich vorstellen, dass mancher Winzer heimlich zum Himmel fleht: Schick bitte endlich einen, der Wein in Wasser verwandelt – natürlich nur den Wein der anderen.

Der passende Wein zur Maurerforelle

Große Konkurrenz ist für den Kunden gut, und die Kundin kann sich in der supermärktlichen Weinstraße wie eine Weinkönigin fühlen. Selbst wer nur von einem Super-Sonderangebot für Knacker angelockt wurde, kann sicher sein: Hier findet er auch den passenden Wein zur Maurerforelle.

Dunkel und kühl? Hell und warm!

Nur ein kleiner Wermutstropfen fällt in den weltumspannenden Weingenuss. Wein sollte, wie der Kenner weiß, kühl und dunkel gelagert werden, und im Supermarkt geschieht genau das Gegenteil. Bei einem edlen Tropfen, der allein schon wegen des stattlichen Preises längere Zeit auf Käufer wartet, könnte die Beurteilung also so ausfallen:

Nachgeschmack von Neonröhren

„98er Bordeaux, sehr gehaltvoll mit hoher Gerbsäure. Dürfte längere Zeit an der Südseite des Regals nachgereift sein. Bei den Aromen drängt sich die nahe gelegene Wurstabteilung etwas vor, man schmeckt auch eine Ahnung von 14.000 schwitzenden Kunden, die in den Sommermonaten daran vorbeigegangen sind. Sehr langer Abgang, mit einem Nachgeschmack von Neonröhren.“

Spätlese um 2,99?

Was nicht heißen soll, dass man nur den allerbilligsten Wein nehmen soll. Als Mahnung diene ein Wort von Werner Schneyder, der nach dem großen Weinskandal gesagt hat: „Menschen, die für 2,99 Mark eine Spätlese trinken wollen, gehören vergiftet“.

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