Die Cocktailtomate ist eine rätselhafte Frucht, allein schon wegen des Namens. Wer isst schon Tomaten zum Cocktail? Außer vielleicht zu einer Bloody Mary. Namen sind Schall und Rauch, aber andere Früchte beweisen, dass es treffender auch geht. Man denke nur an die Baby-Ananas und den Bier-Radi. Eine österreichische Cocktailtomate müsste außerdem Cocktailparadeiser heißen, und auch das hört sich unpassend an. Paradeiser kommt von Paradiesapfel, was für so ein kleines Kugerl wahrlich zu bombastisch ist. Es ist übrigens nicht wahr, dass der erste Cocktailparadeiser in Minimundus gewachsen ist.
Eine rätselhafte Frucht - Cocktailtomaten
Die steigende Beliebtheit der roten Zwerge dürfte daran liegen, dass sie dem Trend zum Fertiggericht entgegenkommen. Man braucht nicht einmal ein Messer, um sie zu teilen, sie werden von der Staude in mundgerechte Happen vorportioniert. Damit entsprechen sie einer Lebensweise, die auch in anderen Bereichen um sich greift. Beim Haarshampoo heißt es "Wash and go!", beim Zwergparadeiser "Beiß zu und weg!" Damit erspart sich der moderne Mensch die Zeit, die er dann anderweitig totschlagen kann.
So gesehen wäre "Red Snack" ein zeitgemäßer Name. Eines der größten Paradeiser-Rätsel ist die Sache mit den Rispen. Wenn die Früchte nicht einzeln, sondern in Trauben geerntet werden, sinken die Kosten fürs Pflücken. Aber ausgerechnet die Rispentomaten sind teurer, und das Gewicht der Stängel zahlt man auch noch mit. Es gibt nur eine Erklärung: Wir zahlen für die Rispen, weil sie das Gefühl verstärken, dass die Paradeiser an einer echten Pflanze gewachsen sind. Und nicht an irgendwelchen Schläuchen mit Nährlösung – man hört ja einiges von Anti-Matsch-Tomaten etc., die von Gentechnikern zusammengebastelt werden.
Ihr Alois Grasböck