Ein Amtsweg: Insiderwissen benötigt
Nächste Etappe: das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit. Einladend
großzügig ist der Eingang, die Glastüre geht automatisch auf. Dann stehe ich vor
dem Treppenaufgang. Kein Lift weit und breit. Erst nach langem Suchen sehe ich
draußen im Hof, wo die Autos parken, ein Rollstuhlsymbol. Aber die Tür zum Hof
stoppt mich: Es ist unmöglich, sie mit einer Hand aufzuhalten und mit der
anderen das Rad zu drehen – sofort steht der Rollstuhl schief. Die automatische
Schließvorrichtung drückt zu stark gegen mich, und ich bin auf fremde Hilfe
angewiesen.
Treppenheber nur für Behinderte
Dasselbe beim Treppenheber: Er ist versperrt. Wer einen Behindertenausweis
hat, weiß, dass man beim ÖAR (Adresse siehe "Hindernisse abbauen") einen
„Euroschlüssel“ bekommen kann, mit dem sich alle Treppenlifte aufsperren lassen.
Für Menschen, die nur schlecht gehen können oder bewegungseingeschränkt sind,
ist das nicht vorgesehen. Zu meiner Rettung kommen zwei Küchengehilfen vorbei
und heben mich über die Treppe – ihnen sei Dank. Denn ich muss mittlerweile
dringend auf die Toilette. Mit meinem Gefährt komme ich beinahe nicht in das
Behindertenklo hinein: Der Raum dient als Rumpelkammer und ist mit Tafeln
verstellt. Ich bin heilfroh, dass ich selbstständig aufstehen kann, um das Klo
zu benützen. Hier fehlt ein Bügel als Umsteighilfe.
Keine Hinweisschilder
Den Verbindungsgang entlang rolle ich hinüber ins Sozialministerium, wo ich
den nächsten Lift hinunter zum Ausgang nehmen will. Rechtzeitig rät mir ein
Haustechniker, den anderen Fahrstuhl zu wählen, der mit allem ausgerüstet ist,
was Menschen mit Mobilitätseinschränkung brauchen, mit diesem hier käme ich nur
zur Eingangstreppe. Weil ein Wegweiser fehlt, begleitet er mich. Zum Glück, denn
irgendwer lädt gerade Material aus oder ein, und der Lift ist blockiert. Der
Helfer interveniert, und sieben Minuten später geht’s endlich hinab und hinaus.
Nur die Rampe zur Ausfahrt macht mir noch Probleme – sie hat mehr Steigung als
die empfohlenen sechs Prozent.
1 Stunde: Das wäre nicht nötig!
Eine Stunde hat mein Testlauf gedauert, und alle Menschen sind mir freundlich
begegnet. Trotzdem war es unangenehm, auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Das
wäre nicht nötig. Beispiel U3 Station Stubenring: Ich schließe die Augen als
wäre ich blind und kann mithilfe des Leitsystems die drei Lifte leicht finden.
Ich höre auch die Klingel, die anzeigt, dass sich eine der Türen öffnet. Aber
welche? Doch bis man das herausgefunden hat, ist der Lift längst wieder weg…
P.S.: Das Sozialministerium hat inzwischen den Auftrag erteilt, alle
Bundessozialämter und das Regierungsgebäude vermessen zu lassen.