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Videoüberwachung - Achtung, Kamera!

Kameras sind in unserem Alltag fast allgegenwärtig. Sie sollen Sicherheit vermitteln, lösen aber auch Unbehagen aus. Welche Anwendungen sind erlaubt?

Mein Nachbar überwacht seinen Garten mit einer Videoanlage, darf er dabei auch mein Grundstück erfassen?

Systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung stellt immer einen Eingriff in das geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar. Nachbarn dürfen weder durch tatsächliche noch durch vermeintliche Überwachungsmaßnahmen gestört oder ­belästigt werden. Der Oberste Gerichtshof beurteilt selbst den durch eine Kamera-­Attrappe geschaffenen Überwachungsdruck auf einen Nachbarn als Eingriff in die Privatsphäre.

Wie kann ich mich dagegen wehren?

Wenn – ohne Ihre Zustimmung – die Videoanlage Ihres Nachbarn in seinem Garten auch Ihr Grundstück erfasst, ist Ihr Interesse an einer Unterlassung legitim. Der Klage ­sollte aber außergerichtlich der Versuch ­einer gütlichen Lösung, z.B. durch Gespräch und (anwaltliches) Aufforderungsschreiben, vorausgehen. In diesem Zusammenhang sollte auch in Erfahrung gebracht werden, ob die Kamera tatsächlich derart montiert ist, dass der Blickwinkel der Kamera in Richtung Ihres Gartens gerichtet ist und sie ­Aktivitäten auf Ihrem Grundstück erfasst. Überdies können Sie den Nachbarn auf ­Unterlassung gemäß § 32 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes klagen, verbunden mit einer einstweiligen Verfügung nach Abs. 3. Durch die einstweilige Verfügung wird die Mög­lichkeit eingeräumt, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch kein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil vorliegt, eine Rechtsverletzung zu verhindern oder zumindest in ihrem Umfang einzuschränken.

Dürfen im Bereich der Probierkabinen in Kaufhäusern Videokameras angebracht sein?

Videoüberwachung in höchstpersönlichen Lebensbereichen ist grundsätzlich nicht zulässig. Ausdrücklich verboten ist das in § 50a Abs. 5 Datenschutzgesetz. Eine solche Videoüberwachung kann auch strafbar sein. Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre schützt insbesondere gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person. Eine Verletzung der Geheimsphäre stellen geheime Bildaufnahmen im Privatbereich und fortdauernde unerwünschte Überwachung dar. Der Schutz der Privatsphäre erfasst besonders geschützte Räume wie etwa Toiletten, Umkleidekabinen und ärztliche Behandlungszimmer. Eine Videoüberwachung in Umkleideräumen oder Toiletten von Kaufhäusern ist damit unzulässig.

Umkleide, Actionkameras

Dürfen im Pausenraum/im Umkleide­bereich einer Firma Videokameras ins­talliert sein?

Hier gilt gleichermaßen: § 50a Abs. 5 Datenschutzgesetz verbietet eine Videoüber­wachung an Orten, die dem höchstpersön­lichen Lebensbereich zuzuordnen sind, z.B. Privatwohnungen, Umkleide- oder WC-­Kabinen. Untersagt ist ferner ausdrücklich die Videoüberwachung an Arbeitsstätten zur Kontrolle der Leistung von Arbeitnehmern. Eine Überwachung zu anderen Zwecken (Überwachung von Kassenräumen, Über­wachung gefährlicher Maschinen) ist dadurch aber nicht ausgeschlossen.

In unserer Kirche wird der Opferstock mit einer Videokamera überwacht. Ist das erlaubt, zumal ich mich dabei auch in der Andacht gestört fühle?

Videoüberwachungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn ein rechtmäßiger Zweck für die Videoüberwachung (z.B. Schutz des überwachten Objekts oder der überwachten Person oder Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten) vorliegt. Darüber hinaus dürfen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der von der Videoaufzeichnung Betroffenen nicht verletzt werden. Es gilt dabei aber der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Die durch die Videoüberwachung verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz dürfen nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen.

Neben der nicht meldepflichtigen Echtzeit­überwachung (d.h. Überwachung ohne Aufzeichnung) kommt auch die meldepflichtige Aufzeichnung von Bilddaten durch eine Überwachungsanlage infrage. Im letzteren Fall ist die Videoüberwachung zum Eigenschutz in der ­Regel zulässig, entweder aufgrund beson­derer Ereig­nisse in der Ver­gangenheit (erfolgte Straf­taten, Vorfallstatistik, Schadenshöhe) oder wegen einer beson­de­ren ­Gefährdung der zu überwachenden Örtlichkeiten.

Darf ich mit einer Actionkamera fremde Personen aufnehmen (etwa beim ­Mountainbiken oder Skifahren)?

Bei „Helmkameras“ ist davon auszugehen, dass es sich nicht um die gezielte Dokumentation von Straftaten, sondern (prinzipiell) um touristische Aufnahmen handelt. Grundlage ist § 45 Abs. 1 Datenschutzgesetz (DSG), das von der (meldepflichtigen) Videoüberwachung die Datenanwendungen für ausschließlich persönliche oder familiäre ­Tätigkeiten ausnimmt. Dazu gehören etwa übliche Hochzeits- oder Urlaubsaufnahmen bzw. das Festhalten von Urlaubserinne­rungen oder sportlicher Betätigung wie ­etwa Skifahren mit Helmkamera. Wenn es Ihnen jedoch gerade darum geht, das Geschehen auf der Piste aufzuzeichnen, um ein etwai­ges Fehlverhalten anderer (z.B. „Pisten­rowdys“) festzuhalten oder das Verschulden an diversen Unfallgeschehen klären zu ­können, könnte die Beweissicherung und Weitergabe der Daten an Sicherheitsbehörden (also Staatsanwaltschaften und Gerichte) als erheblicher Teilzweck der Datenanwendung gesehen werden und dadurch die „ausschließliche“ Verwendung für private Zwecke im Sinn des Paragrafen 45 DSG nicht mehr gegeben sein.

Drohnen, TV-Aufzeichnungen

Darf ich mit einer Drohne Aufnahmen von Personen machen? Wofür darf ich diese Aufnahmen verwenden?

Für den reinen Privatgebrauch dürfen der­artige Aufnahmen gemacht werden. Darü­ber hinaus ist Folgendes zu beachten: Mit einer Drohne können Bereiche gefilmt ­werden, die von der Straße nicht zugänglich sind. Niemand muss aber hinnehmen, dass seine Privatsphäre unter Überwindung bestehender Hindernisse mit entsprechenden Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv, Leiter, Flugzeug) gleichsam ausgespäht wird. Entscheidend ist, ob konkret in fremde Rechte einge­griffen wird. Wenn mit dem Anfertigen und dem Verkauf der Luftbildaufnahmen weder der Kernbereich der Privatsphäre ­berührt noch Ihr Schutzbereich nachhaltig beeinträchtigt wird, dann ist die Intensität des ­Eingriffs in die Privatsphäre gering. Voraussetzung ist, dass die Bilder nicht mit einem Namen und/oder einer Adresse verknüpft werden und auch keine persön­lichen Gegenstände auf dem Lichtbild zu sehen sind.

Ich habe mich plötzlich in einem Beitrag im TV gesehen, wurde nie nach meiner Zustimmung gefragt. Darf das sein?

Im Grundsatz gilt: Wenn Sie als abgebildete Person bloß „Beiwerk“ einer Landschaft oder Örtlichkeit sind, greift bei einem TV-Beitrag der urheberrechtliche Schutz des ­eigenen Bildes nicht. Entscheidend ist, dass es bei der Abbildung von Ihnen erkennbar nicht um die Person als Motiv gegangen sein darf, sondern Sie „aus Versehen“, „durch Zufall“ oder „weil sie gerade dort waren“ neben oder innerhalb eines anderen Motivs abgebildet wurden. Nur dann muss das Recht am eigenen Bild hinter anderen Interessen zurückstehen.

An der Skiliftstation wird bei der Karten­kontrolle mitgefilmt, ist das ohne meine Zustimmung erlaubt?

In Bereichen, in denen sich die Betroffenen regelmäßig nur kurzfristig aufhalten, ist nicht von einem Überwiegen von deren schutzwürdigen Interessen auszugehen, ­sodass die Überwachung des Kassen- oder Kartenkontrollbereichs bei Skiliftstationen als im Regelfall erlaubt angesehen werden kann.

Eingangstore, Fast-Food-Ketten

Immer öfter sind Videokameras an Eingangstoren zu sehen, ist das erlaubt?

Das Eingangstor ist normalerweise eine ­Allgemeinfläche. Eine fortdauernde unerwünschte Überwachung und Verfolgung stellt hier einen Eingriff in die Privatsphäre dar. Dem durch eine Videokamera begrün­deten Eingriff in das Recht auf Achtung der Privatsphäre (Geheimsphäre) kann aber aufseiten des Hauseigentümers ein diesen Eingriff aufwiegender Grund entgegenstehen. Die Rechtsfrage lautet daher: Hat der Haus­eigentümer ein berechtigtes Interesse, sein Eigentum gegen unbefugtes Eindringen und Sachbeschädigung zu schützen? Die ­vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten des Eigentümers aus, wenn es ­bereits Verletzungen des Eigentums gab (z.B. Verschmutzungen, Einbrüche), nur der Eingang zum Gebäude (und keine Wohnungstür) überwacht wird und keine konkret drohende Gefahr einer unbefugten Ver­wendung der Bildaufzeichnungen besteht. Ist aber aufgrund der beengten Verhältnisse in einem Stiegenhaus das Mitfilmen des ­Stiegenhauses und der Eingangstür der Nachbarwohnung unvermeidlich, so ist die Kamera nicht legitim. Ebenso unzulässig ist eine Kamera im Eingangsbereich einer ­Wohnung, um Beweise für ein Kündigungsverfahren zu sammeln. Irrelevant ist hierbei, ob die Kamera betriebsbereit oder gar nur eine Attrappe ist.

Ich habe kürzlich eine Videokamera in ­einem Fast-Food-Lokal entdeckt. Ist das erlaubt?

Soweit es um Flächen für den Aufenthalt der Gäste (Tische, Stühle, Barhocker) geht, kann von schutzwürdigen Interessen der Besucher ausgegangen werden. Dies liegt in der ­generellen Zweckbestimmung gastronomischer Einrichtungen als Freizeiteinrichtung begründet. Hier ist eine Videoüberwachung demnach also unzulässig. Die berechtigten Betreiberinteressen müssen insoweit zurücktreten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründet den Anspruch, dass Menschen sich in Restaurants unbefangen verhalten und unbeobachtet bleiben können. Entsprechend ausgebildetes Personal sollte durchaus in der Lage sein, einen ausreichenden Überblick über die Situation im eigenen ­Zuständigkeitsbereich zu behalten und Vorfälle wie Diebstahl oder Zechprellerei so ­zeitnah zu erkennen, dass diese entweder noch vor Ort unterbunden oder aber zu­mindest mit Hilfe anderer – zulässiger – ­Kameras im Eingangsbereich aufgeklärt werden können.

Der Grad der Schutzwürdigkeit der Inter­essen der Gäste hängt davon ab, wo (d.h. an welchen Orten) die Überwachung stattfindet. In Bereichen, die rasch passiert werden – ­etwa Gänge, Eingangsbereich, Garderoben, Treppenhäuser oder Fahrstühle –, ist die Schutzbedürftigkeit niedriger als in den Sitzbereichen eines Lokals (also für den Daueraufenthalt bestimmten Bereichen). Zulässig wäre damit beispielsweise die Videoüber­wachung des Eingangsbereichs oder der Garderobe. Gleiches gilt für gegebenenfalls vorhandene zentrale Kassenbereiche, in ­denen der Zahlungsverkehr konzentriert ist. An dieser gerade für Zechprellerei bzw. Diebstahl besonders bedeutsamen Stelle besteht ein besonderer Schutzbedarf. Eine Videoüberwachung ist daher insoweit zulässig. Hier ist auch nicht von überwiegenden schutzwürdigen Interessen von Betroffenen auszugehen, da es sich nicht um Bereiche handelt, in denen sich die Gäste längerfristig aufhalten.

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