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Antidepressiva - Welches Präparat wann?

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Bei der Behandlung einer Depression spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Wir haben uns angesehen, welche Präparate wann geeignet sind.

Folgende Antidepressiva finden Sie in den Testtabellen:

  • Adjuvin 50 mg Filmtabletten
  • Agomelatin Generika 25 mg Filmtabletten
  • Anafranil 25 mg Dragees, retard 75 mg Filmtabletten
  • Aurorix 150 mg Filmtabletten
  • Bupropion Generika Tabletten
  • Cipralex 5 mg Filmtabletten
  • Citalopram Generika Filmtabletten
  • Citalostad 10 mg Filmtabletten
  • Cymbalta 30 mg Hartkapseln
  • Dogmatil 50 mg Kapseln, 200 mg Tabletten
  • Dulasolan 30 mg Hartkapseln
  • Duloxehexal 30 mg Hartkapseln
  • Duloxetin Generika Hartkapseln
  • Efectin ER 75 mg Hartkapseln
  • Ennos 20 mg Filmtabletten
  • Escitalopram Generika Filmtabletten
  • Felicium 20 mg Kapseln, 20 mg Tabletten
  • Floxifral 50 mg Filmtabletten
  • Fluctine 20 mg Kapseln
  • Flux Hexal 20 mg Kapseln, 20 mg Tabletten
  • Fluoxetin Generika Kapseln, Generika Tabletten
  • Fluxomed 20 mg Kapseln
  • Gerolamic 5 mg lösliche Tabletten
  • Ixel 25 mg Kapseln
  • Lamictal 5 mg Tabletten
  • Lamotrigin Generika Tabletten
  • Ludiomil 25 mg Filmtabletten
  • Mianserin Arcana 30 mg Filmtabletten
  • Milnacipran rivopharm 25 mg Hartkapseln
  • Mirtabene Generika Filmtabletten
  • Mirtazapin Generika Schmelztabletten, Generika Filmtabletten
  • Mirtel 30 mg Filmtabletten
  • Mutan 20 mg Filmtabletten, 20 mg Kapseln
  • Neurolepsin Tabletten
  • Neurotop 200 mg Tabletten, retard 300 mg Tabletten
  • Paroxetin Generika Filmtabletten
  • Paroxetin ratiopharm 40 mg Tabletten
  • Parozat Hexal 10 mg Filmtabletten
  • Pram 10 mg Filmtabletten
  • Pramulex 5 mg Filmtabletten
  • Positivum Kapseln
  • Saroten 10 mg Filmtabletten
  • Seropram 10 mg Filmtabletten
  • Seroxat 20 mg Filmtabletten, Suspension zum Einnehmen
  • Sertralin Generika Filmtabletten
  • Stablon Dragees
  • Tegretol 200 mg Tabletten, orale Suspension
  • Tegretol retard 200 mg Filmtabletten
  • Tolvon 30 mg Filmtabletten
  • Tranylcypromin Aristo 10 mg Filmtabletten
  • Tresleen 50 mg Filmtabletten
  • Trittico retard 75 mg Tabletten
  • Valdoxan 25 mg Filmtabletten
  • Velostad 75 mg Hartkapseln
  • Venlafab 75 mg Tabletten, 37,5 mg Retardkapseln
  • Venlafaxin Generika Kapseln
  • Wellbutrin XR 150 mg Retardtabletten
  • Quilonorm retard 450 mg Filmtabletten

Johanniskrautpräparate:

  • Dr. Böhm Johanniskraut 425 mg Kapseln, 600 mg Filmtabletten
  • Johanniskraut Hexal 425 Kapseln
  • Neurapas Filmtabletten

In den Testabellen finden Sie Informationen zu: Beurteilung, Wirkstoff, Verpackungsgröße und Preis.

Nachfolgend unser Testbericht.


Verstimmung oder Depression

Die Stimmung ist gedrückt. Dinge, die man bisher gern gemacht hat, interessieren einen plötzlich nicht mehr und man fühlt sich zunehmend lethargisch. Vielen von uns sind die Symptome einer depressiven Verstimmung bekannt. Meistens ist sie nach wenigen Tagen vorbei. Bei manchen ent­wickelt sich daraus jedoch eine Depression mit körperlichen Symptomen wie Schlaf- und Appetitlosigkeit, Magengeschwüren, Migräne bis hin zu Herzerkrankungen. 

Ärztliche Behandlung 

Eine Depression darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es handelt sich um eine schwerwiegende Krankheit. Vergehen depressive Verstimmungen nicht binnen zwei Wochen, sollte man unbedingt medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Im Gespräch mit einem Psychotherapeuten oder einem fachlich entsprechend geschulten Arzt lässt sich herausfinden, ob sich ­bereits eine tiefer gehende depressive Störung entwickelt hat. Bei leichten und mittelschweren Depressionen können Psycho­therapien eine Alternative oder Ergänzung zur Behandlung mit Medikamenten sein. Bei einer schweren Depression ist sowohl eine psychotherapeutische als auch eine medikamentöse Behandlung erforderlich. 

Beschwerden beseitigen, neuerliches Auftreten verhindern

Die Medikamente sollen depressive Beschwerden wie starke Niedergeschlagenheit, innere Unruhe, Angstzustände und Erschöpfung beseitigen und ein erneutes Auftreten der Symptome verhindern.

Antidepressiva im Eignungs-Test

Welches Mittel angewendet wird, hängt in ­erster Linie davon ab, welche Symptome den Patienten am meisten belasten. Ebenfalls eine Rolle spielen Stärke und Art der Depression, das Alter des Betroffenen, ob er schon einmal mit Antidepressiva behandelt wurde und ob andere Medikamente eingenommen werden müssen. Wir haben uns die in der Apotheke erhältlichen Präparate genauer angesehen.

Geeignete Medikamente

Geeignete Medikamente 

Bei Depressionen mit großer Unruhe gelten sogenannte trizyklische Antidepressiva wie der Wirkstoff Amitriptylin, als „geeignet“. Diese Mittel bieten auch dann Vorteile, wenn die depressive Störung von chronischen Schmerzen begleitet ist. 

Mirtazapin zählt zu den tetrazyklischen Antidepressiva. Diese haben eine deutlich dämpfende Komponente. Mirtazapin zeigt eine gute antidepressive Wirksamkeit. Bei der Behandlung muss aber relativ häufig mit einer Appetitsteigerung und Gewichtszunahme gerechnet werden.

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)

Für ältere Personen sowie für Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen oder Männer mit gutartiger Prostatavergrößerung können die unerwünschten Wirkungen der trizyklischen Antidepressiva sehr belastend sein. In diesen Fällen sowie bei Patienten mit Angstzuständen sind sogenannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) die bessere Wahl. Im Test sind dies Clomi­pramin, Citalopram, Escitalopram, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin.

Selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI)

Für an Depression Erkrankte, denen jeglicher innere Antrieb zu Aktivitäten fehlt, sind Wirkstoffe zu bevorzugen, die nicht oder kaum dämpfend wirken. Darunter fallen die selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) mit den Wirk­stoffen Duloxetin und Venlafaxin

Einsatz von Lithium

Zusätzlich zu einem Antidepressivum kann noch Lithium eingenommen werden. Die Behandlung wird als Augmentation bezeichnet und in der Regel vom Facharzt durchgeführt. Wenn die Symptomatik sich verbessert, sollte die Behandlung für mindestens sechs Monate beibehalten werden. Lithium ist das einzige Medikament, das bei einer Langzeitbehandlung nachweislich das Selbsttötungsrisiko wesentlich senkt. Ein­­gesetzt wird Lithium als Mittel der ersten Wahl, um eine akute Manie bei bipolar ­depressiven Patienten zu behandeln. 

Bei chronisch verlaufenden und mit Symptomen wie vermehrtem Schlafbedürfnis, gesteigertem Appetit und Stimmungsschwankungen einhergehenden Depres­sionen oder wenn geeignetere Mittel nicht wirksam sind, können sogenannte Mono­aminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) eingesetzt werden. Der Wirkstoff Moclobemid gilt dabei als „auch geeignet“.

Zu wenig erprobte Medikamente, unerwünschte Neben- od. Wechselwirkungen

Weitere Medikamente 

Die therapeutische Wirksamkeit von Tianeptin (Stablon) sollte noch besser belegt werden. Der Wirkstoff scheint zwar weniger unangenehme unerwünschte Wirkungen zu haben als andere Antidepressiva, kann aber möglicherweise abhängig machen. 

Der Wirkstoff Fluoxetin wird aufgrund seiner längeren Wirkungsdauer und weil er ausgeprägte Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln aufweist als „mit Einschränkung geeignet“ bewertet. 

Milnacipran ist noch weniger gut in Studien untersucht. Wirksamkeit und Verträglichkeit des Wirkstoffes sind deshalb nicht abschließend einzuschätzen. 

Tranylcypromin weist ausgeprägte Wechselwirkungen mit bestimmten Lebensmitteln auf. Bei der Einnahme müssen viele Nahrungsmittel gemieden werden, da sonst Herz-Kreislauf-Komplikationen drohen. 

Die Einnahme des Wirkstoffs Mianserin ist mit einem erhöhten Risiko für schwere Blutbildungsstörungen verbunden. 

Maprotilin wiederum verursacht zwar relativ wenig unerwünschte Wirkungen, es wirkt aber durchschnittlich 60 Stunden lang. Mit kürzer wirkenden Mitteln lässt sich eine Behandlung besser steuern. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf ein höheres Risiko für Krampfanfälle. 

Die antidepressive Wirksamkeit des Wirkstoffs Trazodon (Trittico) sollte noch besser nachgewiesen werden. Außerdem hält seine müde machende Wirkung den ganzen Tag über an und er kann bei Männern schwere Sexualstörungen auslösen. 

Der Wirkstoff Bupropion ist noch wenig erprobt, scheint aber schwächer zu wirken als andere Mittel. Seine therapeutische Wirksamkeit und seine Verträglichkeit sollten noch besser belegt werden. 

Der Wirkstoff Agomelatin (Valdoxan) ist mit dem körpereigenen Hormon Melatonin verwandt, das den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen beeinflusst. Bei diesem ­Mittel sind weitere Studien erforderlich, um seinen therapeutischen Stellenwert bei der Behandlung von Depressionen besser einschätzen zu können. Das Mittel ist im Vergleich mit anderen Antidepressiva zwar gut verträglich, kann aber die Leber schädigen. 
Vorbeugend bei bipolaren Störungen wird Lamotrigin angewendet. Der Wirkstoff kommt vor allem für Patienten infrage, bei denen eine Lithiumprophylaxe nicht möglich oder nicht erwünscht ist. 

Bei Carbamazepin, welches bei bipo­laren Störungen vorbeugend eingesetzt wird, ist die therapeutische Wirksamkeit zur Vorbeugung gegen manische Phasen nicht ausreichend belegt. 

Sulpirid (Dogmatil) gehört im engeren Sinn nicht zu den Antidepressiva, sondern ist eher ein Neuroleptikum, das bei Psychosen ein­gesetzt wird. Bei Depressionen soll Dogmatil eingenommen werden, wenn andere Anti­depressiva wirkungslos waren. Die therapeutische Wirksamkeit ist nicht ausreichend nachgewiesen. Sulpirid hat zudem unerwünschte Wirkungen auf das Hormonsystem.

Johanniskraut

Präparate mit Johanniskraut

Nach Rücksprache mit einem Arzt kann ­eine vorübergehende depressive Störung zunächst mit einem Extrakt aus Johanniskraut behandelt werden. Derartige Mittel bewerten wir unter der Voraussetzung, dass sie ausreichend hoch dosiert sind, als für die Selbstbehandlung von leichten depressiven Verstimmungszuständen „geeignet“. Aufgrund vorliegender Studien ist es auch ­vertretbar, Johanniskrautextrakt bei einer mittelschweren depressiven Phase unter ärztlicher Betreuung versuchsweise anzuwenden.

Keine Untersuchungen für längeren Zeitraum

Für eine längerfristige Behandlung ist der Extrakt „mit Einschränkung geeignet“. Es fehlen Untersuchungen zur Behandlung über einen längeren Zeitraum. Zudem bestehen problematische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Kombinationen von Johanniskraut mit Pflanzenextrakten, etwa Baldrian und Passionsblume, sind aufgrund der nicht sinnvollen Zusammensetzung „wenig geeignet“.

Testtabelle: Antidepressiva

Testtabelle: Johanniskrautpräparate

Testkriterien bei Medikamenten

So bewerten wir Medikamente.

Grundlagen der Bewertung

Basis unserer Arzneimittelbewertungen ist die veröffentlichte internationale und nationale Literatur. Anhand von allgemein anerkannten und aktuellen Werken der klinisch-pharmakologischen und medizinisch-therapeutischen Standardliteratur wurde die Eignung der jeweiligen Arzneimittel für die Indikationen beurteilt, die der Hersteller für sein Mittel beansprucht. Die Bewertung wurde auch mit Blick auf die übrigen in dem jeweiligen Anwendungsbereich angebotenen Arzneimittel vorgenommen und daraufhin, ob die Behandlung mit einem Arzneimittel überhaupt sinnvoll ist.

Zusätzlich zur Standardliteratur wurden veröffentlichte und geeignete klinische Studien ausgewertet, um die Aktualität der Bewertung sicherzustellen. Diese „Primärliteratur“ konnte aber nur dann genutzt werden, wenn die Studien in anerkannten medizinischen Zeitschriften veröffentlicht wurden, in denen vor der Veröffentlichung ein Expertengremium (Review Board) die Qualität der Publikation geprüft hat.

Wirksamkeitsnachweis

Der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit eines Präparats gilt in klinischen Studien dann als erbracht, wenn mehrere Institutionen unabhängig voneinander unter wissenschaftlich anerkannten und reproduzierbaren Bedingungen in kontrollierten Studien zu gleichartigen Ergebnissen gelangt sind. Klinische Studien, die zur Bewertung herangezogen werden, müssen

  • prospektiv,
  • randomisiert,
  • kontrolliert,
  • mit vorab definierten und
  • der Fragestellung angemessenen Endpunkten sowie
  • mit einer adäquaten statistischen Auswertung versehen sein.

Dabei bedeutet prospektiv, dass die Studien als Verlaufsstudien „in die Zukunft“ hinein durchgeführt werden, und randomisiert, dass die Patienten den Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zugeteilt werden müssen.

Kontrollierte Studien sind Untersuchungen, in denen eine Patientengruppe das neu zu prüfende Arzneimittel (Verum) erhält und weitere Patientengruppen ein bereits lange in seinem Nutzen bestätigtes, gleichartig wirkendes Mittel (Standard) oder ein wirkstofffreies Scheinmedikament (Plazebo). Aus den Unterschieden der therapeutischen Effekte – sowohl bezüglich der erwünschten als auch der unerwünschten Wirkungen – können dann die therapeutische Wirksamkeit, aber auch der Stellenwert des geprüften Mittels in der Therapie der Krankheit insgesamt bestimmt werden.

Doppelblindstudien

Prüfungen ohne Kontrollgruppe können bis auf wenige Ausnahmen – zum Beispiel wenn sich eine Plazebobehandlung aus ethischen Gründen verbietet – nicht als Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit anerkannt werden. Eine besonders sichere Basis zur Bewertung bieten Doppelblindstudien, in denen zunächst weder die behandelnden Ärzte noch die Patienten wissen, ob ein wirkstoffhaltiges oder wirkstofffreies Mittel angewendet wird.

Die Fragestellung, die untersucht wird, muss therapeutisch relevant sein und vorab definiert werden. Möglicherweise werden im Studienverlauf positive Effekte erkennbar, die zu prüfen gar nicht beabsichtigt war. Diese können nachträglich nicht als durch die Studie nachgewiesen geltend gemacht werden.

Schließlich müssen auch noch die untersuchten Endpunkte der Studie der Fragestellung angemessen sein (zum Beispiel die Reduzierung der Sterblichkeit an definierten Folgeerkrankungen durch die Senkung des zu hohen Blutdrucks).

Statistik allein genügt nicht

Ein Wirksamkeitsnachweis kann auf der Basis der statistischen Auswertung als Aussage mit einer geringen, nach internationaler Übereinkunft festgelegten Irrtumswahrscheinlichkeit (weniger als 5 Prozent) formuliert werden. Statistisch gesicherte Ergebnisse von Effekten, deren medizinisch-therapeutischer Nutzen umstritten ist, können zum Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit nicht als ausreichend anerkannt werden. Die klinische Relevanz ist höher zu bewerten als die alleinige statistische Signifikanz.

Plazeboeffekt

Um die therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels zu prüfen, werden so genannte randomisierte kontrollierte klinische Studien durchgeführt. In diesen werden die Testpersonen nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen verteilt: Die einen werden mit dem zu prüfenden Arzneistoff behandelt, die anderen bekommen ein Mittel, das sich von dem Medikament äußerlich nicht unterscheidet, aber keinen Wirkstoff enthält – ein Scheinmedikament (Plazebo).

Weder die Patienten noch die Ärzte wissen, wer das richtige und wer das Scheinmedikament erhält. Alles andere jedoch, was zur Behandlung dazugehört, ist bei beiden Gruppen gleich: die Art der Betreuung durch die Ärzte, die Zeit, die die Behandelnden aufwenden und so weiter. Erst wenn die Effekte der Therapie ermittelt und dokumentiert sind, wird aufgedeckt, wer den Arzneistoff und wer das Scheinmedikament bekommen hat.

Mit dieser Vorgehensweise soll geklärt werden, welcher Anteil der beschriebenen Effekte tatsächlich dem Arzneimittel zuzuschreiben ist und was auf dem Prozess des Behandelns an sich beruht. Schließlich kann bereits das Gefühl, behandelt zu werden, Beschwerden lindern, und die Hoffnung, dass nun alles besser wird, kann die Heilung vorantreiben. All dies gehört zu dem so genannten Plazeboeffekt; dieser ist also mehr als die Wirkung des Scheinmedikaments.

Das Ausmaß des Plazeboeffekts schwankt je nach Art der Krankheit und Anordnung der Studie erheblich. Er kann zwischen 20 und 70 Prozent liegen. Das bedeutet, dass manchmal 20 Prozent der Kranken nach einer Scheinbehandlung eine Besserung vermelden, manchmal sogar 70 Prozent. In ähnlicher Häufigkeit treten auch unerwünschte Wirkungen nach Plazebos auf

Kombinationspräparate

Arzneimittel mit mehreren Wirkstoffen (Kombinationspräparate) bieten im Vergleich zu solchen mit nur einem Wirkstoff (Monopräparate) nur selten Vorteile. Die Arzneimitteltherapie erfordert aber in der Regel die individuelle Dosierung einzelner Wirkstoffe. Für die Bewertung solcher fixen Kombinationen muss daher zunächst beurteilt werden, ob die Mischung der einzelnen Komponenten zweckmäßig ist. Wenn dieses Urteil nicht positiv ausfällt, erübrigt sich ein Wirksamkeitsnachweis, da die jeweilige Kombination grundsätzlich nicht als sinnvolles Arzneimittel anerkannt werden kann, gleich, in welchem Anwendungsbereich.

Für die Bewertung fixer Kombinationen haben sich international als Standard die so genannten Crout’schen Kriterien bewährt. (J. R. Crout war in den 70er Jahren Direktor der amerikanischen Zulassungsbehörde Food and Drug Administration.) Diese Kriterien tragen den Erfordernissen der praktischen Anwendung von Arzneimitteln Rechnung: Sie werden der Forderung nach Unbedenklichkeit und Sicherheit von Arzneimitteln ebenso gerecht wie dem Problem des Missbrauchs und der möglichen Vorteile im Hinblick auf die richtige Anwendung (Compliance).

Wenn zum Beispiel ältere Menschen im Verlauf eines Tages mehrere Wirkstoffe einnehmen müssen, kann es hilfreich sein, sie als Kombination zu verabreichen, um damit die Einnahme der notwendigen Arzneimittel zu vereinfachen. Die Crout’schen Kriterien beabsichtigen also keineswegs, jegliche Anwendung von fixen Kombinationspräparaten zu verhindern. Nach diesen Kriterien gilt die Kombination von Inhaltsstoffen in Arzneimitteln als sinnvoll, wenn nachgewiesen ist, dass

  • jeder einzelne Inhaltsstoff in Bezug auf das beanspruchte Anwendungsgebiet therapeutisch wirksam ist und
  • die Dosierung jedes einzelnen Inhaltsstoffs im Hinblick auf die Höchstdosierung, die Anwendungshäufigkeit und -dauer so bemessen ist, dass eine nennenswerte Patientenanzahl einer solchen fixen Kombination bedarf und sie wirksam und unbedenklich (im Sinne des Verhältnisses von Nutzen zu Risiko) ist, und
  • die zugefügten Inhaltsstoffe die Wirksamkeit und/oder Unbedenklichkeit des Hauptinhaltsstoffs erhöhen oder die Möglichkeit des Missbrauchs des Hauptinhaltsstoffs verringern oder
  • die fixe Kombination von Inhaltsstoffen einen größeren therapeutischen Effekt hervorruft oder größere Unbedenklichkeit bietet als jeder einzelne Inhaltsstoff für sich.

Crout´sche Kriterien

Diese Aspekte sind im deutschen Arzneimittelgesetz berücksichtigt. Die Crout’schen Kriterien wurden auch bei unseren Bewertungen angewendet, um Kombinationspräparate auf ihre zweckmäßige Zusammensetzung zu prüfen. Erst wenn das Ergebnis dieser Prüfung positiv war, kam die möglicherweise nachgewiesene Wirksamkeit des Mittels für die therapeutische Behandlung zum Tragen. Dass zum Beispiel eine Kombination aus zwei Schmerzwirkstoffen schmerzdämpfend wirkt, kann nicht erstaunen. Die Frage aber, ob es sinnvoll ist, diese Schmerzwirkstoffe zu kombinieren, muss über die Anwendung der Crout’schen Kriterien geprüft werden. Die Antwort spiegelt sich in den Bewertungen der einzelnen fixen Arzneimittelkombinationen wider.

Aus unserer Sicht gelten diese Kriterien für Präparate mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen und Präparate mit pflanzlichen Extrakten gleichermaßen. Vor allem, wenn für einzelne Komponenten Negativurteile vorliegen, muss durch vergleichende klinische Studien nachgewiesen werden, dass die Kombination mit der negativ bewerteten Komponente ein therapeutisch besseres Ergebnis erzielt als eine Kombination ohne diese Komponente. Nur dann kann der therapeutische Wert der Kombination möglicherweise anerkannt werden.

Darüber hinaus gibt es bei Kombinationspräparaten noch eine Sichtweise, die auf pharmakologischen Sachverstand gründet. Der Aufbau einer Studie, die die therapeutische Wirksamkeit eines Mittels mit mehr als drei Wirkstoffen belegen soll, ist derart kompliziert, dass sie kaum je durchgeführt werden wird. Darum haben sich die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland darauf geeinigt, Kombinationspräparate mit mehr als drei Wirkstoffen als nicht verordnungsfähig anzusehen.

Unterschiede zu anderen Beurteilungen

Es ist denkbar, dass mit anderen Methoden und durch die Beschränkung auf die Zulassungsanforderungen des Arzneimittelgesetzes oder mit anderen Prüfkriterien sich auch andere Beurteilung ergeben als die hier nachlesbaren. Dies kann sich auch auf die Arbeit des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte beziehen, das unter Betrachtung der Daten zu Einzelarzneimitteln Zulassungsentscheidungen trifft. Das Institut berücksichtigt vor allem den Nachweis der Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutischen Qualität sowie die Zweckmäßigkeit der Kombination bei einem einzelnen Arzneimittel (absoluter Nutzen). Es darf weder geprüft werden, ob dieses neue Mittel in Relation zum verfügbaren Markt aus therapeutischen Gründen überhaupt erforderlich ist, noch welchen Rang es unter den Alternativen einnimmt.

STIFTUNG WARENTEST und Verein für Konsumenteninformation berücksichtigen mit ihren Bewertungen aber auch die therapeutische Stellung der Arzneimittel bestimmter Indikationsbereiche zueinander (relativer Nutzen) und gehen damit über die Zulassungskriterien des Bundesinstituts hinaus, sind also strenger.

Für bestimmte Arzneimittelgruppen, so zum Beispiel für viele pflanzliche Mittel, liegen nur vereinzeltes Erfahrungswissen und andere kaum prüfbare Therapieberichte vor, die zudem in Zeitschriften unterschiedlicher Qualität veröffentlicht sind. Die von uns verwendete Methodik lässt dann kaum eine positive Bewertung dieser Mittel zu.

Bewertung gemäß Anwendungsgebiet

Es besteht der Grundsatz, dass jedes Produkt für das Anwendungsgebiet bewertet wird, für das es laut Herstellerangaben eingesetzt werden soll. Im Idealfall sollte es also so sein, dass die Bezeichnung der Krankheit oder Störung, die der Hersteller in der Packungsbeilage angibt, und die, unter der der Wirkstoff in dieser Datenbank abgehandelt wird, identisch sind. Leider sind – vor allem im Bereich der Mittel für die Selbstbehandlung – die Bezeichnungen der Hersteller keineswegs so präzise und eindeutig, wie es für eine klare Zuordnung notwendig wäre. So fassen die Hersteller ihre Indikationsansprüche zum Beispiel sehr weit. Wir haben versucht, diese Vielfalt in einer Ihnen – unserer Meinung nach – bekannten und einheitlichen Überschrift zusammenzufassen.

Darüber hinaus kommt es nicht selten vor, dass sich ein Hersteller – vielleicht aufgrund neuer Forschungsergebnisse – entscheidet, die Anwendungsgebiete seines Produkts neu zu formulieren. Dann können Präparate mit demselben Namen im Handel sein, die sich oft nur durch einen kleinen Zusatz unterscheiden, aber andere Anwendungsgebiete für sich beanspruchen und dementsprechend anders bewertet werden müssen.

Wenn in der Fachinformation einer Salbe mit Heparin steht: „Zur unterstützenden Behandlung bei akuten Schwellungszuständen nach stumpfen Traumen (zum Beispiel Zerrung, Prellung, Quetschung, Bluterguss, Verstauchung), oberflächlicher Venenentzündung, sofern diese nicht durch Kompression behandelt werden kann“, wird dieses Mittel sowohl im Abschnitt Bewegungsapparat bei „Verstauchung, Schwellung, Entzündungen“ als auch im Abschnitt Herz und Kreislauf bei „Venenerkrankungen“ besprochen und dafür bewertet. Nennt ein heparinhaltiges Produkt aber außerdem noch Frostschäden (zum Beispiel „Frostbeulen“) als Anwendungsgebiet, bleibt das unberücksichtigt, weil wir hierfür kein eigenes Anwendungsgebiet definiert haben.

Hilfsstoffe üblicherweise nicht bewertet

Hinweis: Bei der Bewertung wurden nur jene Inhaltsstoffe des Arzneimittels berücksichtigt, von denen eine therapeutische Wirksamkeit erwartet wird. Hilfsstoffe, wie sie zum Beispiel notwendig sind, um Tabletten herzustellen, gingen in die Bewertung nicht mit ein. Von dieser Regel gibt es eine Ausnahme: Augen- und Nasentropfen sind häufig mit Konservierungsmitteln versetzt. Produkte mit einem solchen Hilfsmittel wurden um eine Stufe abgewertet, wenn Konservierungsmittel an der Schleimhaut der Augen und Nase solche unerwünschten Wirkungen auslösen können, es aber Produkte gibt, die ohne einen solchen Zusatz auskommen.

Bewertungsstufen

Der Bewertung der hier aufgeführten Medikamente liegen vier Stufen zu Grunde.

  1. Geeignet für die Behandlung des jeweiligen Krankheitsbilds sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit bei der betreffenden Indikation ausreichend nachgewiesen ist, die ein positives Nutzen-Risiko- Verhältnis und einen hohen Erprobungsgrad aufweisen. Der therapeutische Nutzen dieser Mittel ist hoch, sie gehören bei dieser Indikation zu den Standard-Therapeutika, soweit solche definiert werden können. Geeignet sind auch Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe sinnvoll ergänzen.
  2. Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber noch nicht so lange erprobt sind wie die als „geeignet“ bewerteten. In diese Kategorie fallen vor allem neue und weniger gut untersuchte Wirkstoffe. Mit der gleichen Bewertung wurden Arzneimittel versehen, die zum Beispiel Konservierungsstoffe enthalten, wenn allgemein die Überzeugung vorherrscht, dass Arzneimittel ohne Konservierungsstoffe die geeignete Alternative darstellen. Dies kann in ähnlicher Weise auch für andere Zusatzstoffe gelten. In diese Bewertungskategorie fallen auch Arzneimittel, die zwar noch immer als Standardpräparate gelten, in der Zwischenzeit aber von neuen, besser verträglichen Mitteln in ihrem Rang als Mittel der Wahl „abgelöst“ wurden.
  3. Mit Einschränkung geeignet sind Mittel, die zwar therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standard-Therapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen. Sie zählen daher nicht zu den Standardarzneimitteln bei den besprochenen Krankheitsbildern und werden nur unter bestimmten Bedingungen verwendet (zum Beispiel bei ganz bestimmten oder schwerwiegenden Krankheitskonstellationen). Mit dieser Bewertung werden auch jene Mittel belegt, für die nach den vorliegenden Studien die therapeutische Wirksamkeit noch nicht ausreichend nachgewiesen ist und bei denen weitere Studien erforderlich sind.
  4. Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind und/oder deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist, sodass die wahrscheinlichen Risiken mehr Gewicht haben als der mögliche Nutzen. Wenig geeignet sind darüber hinaus Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe nicht sinnvoll ergänzen oder keinen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

Quelle: Handbuch Medikamente

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