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Mogelpackungen: Vitameer, L’ORÉAL und Pharmawell - Viel Geld für Luft

Die Kosmetikindustrie neigt dazu, ihre Produkte allzu großzügig zu verpacken. Wir klagen nun gegen Mogelpackungen von L´Oreal, Pharmawell und Vitameer.

Produkte deren Verpackung mehr Inhalt ­suggeriert, als tatsächlich vorhanden ist, ­regen Konsumentinnen und Konsumenten besonders auf. Fast täglich erreichen uns Beschwerdemails. Neben Lebensmitteln ­stehen vor allem Kosmetika in der Kritik. Wie sehr in dieser Sparte immer wieder getrickst wird, belegen auch unsere Tests. So verdienten sich etwa sieben von acht Antifaltencremen (KONSUMENT 3/2016) und sechs von zwölf Gesichtscremen (KONSUMENT 4/2015) das Prädikat „Mogelpackung“.

Fällt auf

Dreist treibt es die Industrie gerne bei Spezial­produkten, beispielsweise Antifaltencremen für die Augen. Bei einer Recherche in der Drogerie fielen uns drei Anbieter besonders auf: neben dem Branchenriesen L’Oréal (Youth Code Anti-Falten Pflege Auge, ­Revitalift ­Spezialpflege Auge, Youth Code Spezial­pflege Auge) auch noch Pharmawell (Novaroyal Supreme Lift & Repair Augen­creme) und Vitameer (Lift & Repair Augencreme).

Gleich groß, aber auch gleich viel drin?

Warum wir gegen alle drei ­Anbieter nun mit einer Klage vorgehen, erläutert VKI-Juristin Ulrike Docekal: „Die Ver­packungen der Augencremen sind teilweise genauso groß wie die von Gesichtscremen, die im Regal gleich daneben stehen. Man geht klarer­weise davon aus, dass überall gleich viel drin ist. Das ist aber nicht der Fall. Bei den Gesichtscremen sind 50 ml drin, bei den Augen­cremen nur 15 ml.“ 

Mogelpackung von Vitameer

Das Röntgenbild zeigt: große Verpackung, kleiner Tiegel, wenig Inhalt

Irreführung pur

Gewitzte Verpackungstechnik

Auch am Gewicht des Produktes lässt sich der Unterschied nicht erkennen, denn die ­beanstandeten Augencremen sind zum Teil in schwere, dickwandige Tiegel abgefüllt. Dass der Behälter wie bei der Revitalift Augen­pflege von L‘Oréal nicht einmal 50 Prozent des Verpackungsvolumens einnimmt, lässt sich selbst dann nicht feststellen, wenn man das Produkt schüttelt.

Mogelpackung von Revitalift
Behälter hat nicht einmal 50 Prozent des Verpackungsvolumens

Doppelter Boden

Der Glastiegel ist nämlich auf einem doppelten Boden im Karton fixiert. Auch bei der Novaroyal Supreme Lift & Repair Augencreme von Pharmawell ist die Umverpackung deutlich größer als der Behälter mit dem eigentlichen Produkt. Dazu ist im dickwandigen Tiegel noch ein kleiner Plastikeinsatz eingelassen, in dem sich die Creme befindet. Am Ende bleibt ein Volumen übrig, das nicht einmal ein Drittel der Verpackung ausmacht. „Zwar muss der Grundpreis am Regal angegeben sein, damit die Kunden einen Vergleich ­haben, aber selbst vom aufmerksamen Durchschnittsverbraucher kann man nicht erwarten, dass er bei verhältnismäßig billigen Waren das Kleingedruckte studiert. ­Umso weniger dann, wenn die Packung auf mehr Menge schließen lässt, als enthalten ist“, so Docekal.

Irreführende Darstellung

Dabei täuscht nicht nur die Größe der Verpackung, sondern teilweise auch, wie die Produkte auf der Verpackung dargestellt werden. Bei den L’Oréal Cremen etwa sind Bilder der enthaltenen Tiegel zu sehen. Diese wurden allerdings so aufgenommen, dass sie um einiges größer erscheinen, als sie ­tatsächlich sind. Auch auf der Verpackung aufgedruckte strichlierte Linien, die auf die tatsächliche Größe des Cremetiegels hin­weisen sollen, können diesen Eindruck nicht korrigieren. Denn um die Hilfslinien überhaupt erkennen zu können und auch noch deren Sinn zu verstehen, müsste man sich schon sehr genau mit dem Produkt aus­einandersetzen. 

Klage gegen Pharmawell und Hipp

Klage gegen Pharmawell

Es ist nicht das erste Mal, dass wir gegen Firmen vorgehen, die ihre Produkte in Mogelpackungen anbieten. Die Firma Pharmawell klagten wir bereits wegen der Verpackung ihrer Phyto Deluxe Augenlifting Creme. In einem Unterlassungsvergleich verpflichtete sich Pharmawell, das Produkt nicht mehr in Verpackungen anzubieten, die erheblich größer sind, als es die Menge der darin enthaltenen Creme erfordert.

Mogelpackung von Novaroyal  

Novaroyal von Pharmawell

Hipp Babykekse

Im Lebensmittelbereich zog der VKI gegen den Babynahrungshersteller Hipp vor Gericht. Anlass war die allzu großzügige ­Verpackung von Babykeksen. Die Schachtel enthielt zur Hälfte Luft. Der Hersteller ­brachte vor, dass die Art der Verpackung „produktionstechnisch“ bedingt sei. Das Oberlandesgericht Wien folgte dem nicht und stützte unsere Auffassung, dass bei den Hipp Babykeksen durch die Verpackung eine Füllmenge vorgetäuscht wird, die nicht vorhanden ist.

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