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Patientenverfügung - Selbstbestimmt bis zum Ende

Auch wenn das Thema unangenehm ist: Je früher man ­darüber nachdenkt, welche medizinischen Behandlungen man am Ende seines Lebens möchte – oder nicht möchte –, desto besser.

Vor der Entscheidung, was passieren soll, wenn man nicht mehr selbst entscheiden kann, steht eine umfassende Vorsorge­planung, auch "Advance Care Planning" genannt. Gemeinsam mit Ärztinnen und ­Ärzten, dem Pflegepersonal, der Haus­kranken­pflege, Sozialarbeiterinnen und Sozial­arbeitern wird erarbeitet, welche ­Wünsche jemand für seinen letzten ­Lebensabschnitt hat.

Vorsorgegespräche und Vollmachten

Bei diesen Vorsorge­ge­sprächen sind idealerweise auch die ­nächsten Verwandten dabei. In weiterer ­Folge können dann Vollmachten erteilt oder Ver­fügungen errichtet werden.

Juristisch festgelegte Instrumente zur Vorsorge auf diesem Gebiet sind:

  • die verbindliche Patientenverfügung,
  • die beachtliche Patientenverfügung,
  • die Vorsorgevollmacht.

Die einzelnen Formen unterscheiden sich durch den Umfang dessen, was geregelt werden kann, und die formalen Vorschriften.

Genau definierte medizinische Behandlungen

Mit einer verbindlichen Patientenverfügung können Sie genau definierte medizinische Behandlungen wie z.B. eine Ernährung ­mittels Magensonde ablehnen. Vor allem Personen, die bereits an einer tödlichen ­Erkrankung leiden, können gemeinsam mit dem Arzt ihres Vertrauens sehr genau auf die zu erwartenden Symptome und deren Behandlung bzw. Nichtbehandlung eingehen.

Verbindliche Patientenverfügung

Die Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung unterliegt strengen Formvorschriften. Vor dem Verfassen des Dokuments muss eine umfassende ärztliche Aufklärung eingeholt und auch dokumentiert werden. Errichten können Sie eine solche weit­reichende Verfügung nur bei einem Notar, einem Anwalt oder bei einer Patienten­anwaltschaft. Die Registrierung der verbind­lichen Patientenverfügung ist möglich, aber nicht vorgeschrieben.

Kopien an Vertrauenspersonen bzw. Pflegepersonal

Allerdings: Selbst eine Registrierung ist keine Gewähr dafür, dass den in der Verfügung getroffenen Anordnungen auch immer nachgekommen wird. Medizinisches Personal ist nämlich nicht ­verpflichtet, die Register abzufragen.

Deponieren Sie daher Kopien des Dokuments bei Vertrauenspersonen. Leben Sie in einer stationären Einrichtung, lassen Sie die Ver­fügung Ihrem Akt im Pflegeheim beilegen. Dasselbe gilt, wenn Sie ins Spital müssen. Werden Sie zu Hause gepflegt, instruieren Sie Ihre Heim­pflege, was im Fall des Falles zu tun ist.

Nach fünf Jahren bestätigen

Solange der Anlassfall für die verbindliche Patientenverfügung nicht eintritt, gilt sie für fünf Jahre und muss dann wieder bestätigt werden. Bleibt die Bestätigung aus, wandelt sich die verbindliche Patientenverfügung in eine beachtliche um. Grundsätzlich ruht die Verfügung, solange Sie selbst Ihren Willen artikulieren können. Erst wenn Sie geistig oder physisch dazu nicht mehr in der Lage sind, wird die Patientenverfügung wirksam und "spricht" an Ihrer Stelle.

Beachtliche Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht

Beachtliche Patientenverfügung

Im Gegensatz zur verbindlichen kann die ­beachtliche Patientenverfügung formlos ­erstellt werden. Sie können Ihre Wünsche einfach niederschreiben oder sie Ihrem ­Pflegepersonal mitteilen, das in diesem Fall zur Dokumentation verpflichtet ist.

Auch inhaltlich gibt es für Sie keine Vorschriften. Sie können ganz konkrete Maßnahmen ablehnen oder nur allgemein verfügen, dass z.B. im Endstadium einer tödlichen Krankheit keine Behandlungen mehr vorgenommen werden, die vielleicht das Leben verlängern, aber keine Verbesserung der Lebensqualität mehr bringen.

Ermessenspielraum von Ärzten

Gedacht ist die beachtliche Patientenver­fügung als ein Instrument, das dem behandelnden medizinischen Personal die von ­Ihnen gewünschte Richtung vorgibt. Die Ärztinnen und Ärzte kommen Ihren Wünschen dann so gut wie möglich nach, haben aber einen Ermessenspielraum. Dieser wird umso kleiner, je genauer Sie beschreiben, was Sie wollen bzw. ablehnen.

Auch für die beachtliche Patientenverfügung gilt: Hinterlegen Sie Kopien davon bei Vertrauens­personen. Sorgen Sie zeitgerecht dafür, dass das Dokument im Spital oder Pflegeheim Ihrem Akt beigelegt wird.

Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie ­bestimmen, wer für Sie entscheiden soll, wenn Sie es selber nicht mehr schaffen. Das betrifft nicht nur bestimmte medizinische und pflegerische Belange, sondern auch Alltagsgeschäfte. Selbstverständlich können Sie die Aufgaben Ihres Bevollmächtigten ­genau definieren und eingrenzen. Vorsorgevollmachten sind auch für mehrere Personen und für jeweils unterschiedliche Tätigkeiten möglich. Die Vollmacht gilt unbefristet, kann aber jeder­zeit widerrufen werden.

Formvorschriften

Für die Erstellung einer Vorsorgevollmacht gibt es mehrere Möglichkeiten: Sie können sie selbst handschriftlich verfassen und unter­schreiben. Erstellen Sie sie am Com­puter bzw. auf der Schreibmaschine oder schreibt sie jemand anderer für Sie, muss ­Ihre Vollmacht von drei Zeugen unterschrieben werden.

Die Vorsorgevollmacht muss als solche ­bezeichnet sein. Sie muss Name, Geburts­datum und Wohnanschrift von Vollmacht­geber und Bevollmächtigten enthalten und es muss genau definiert sein, wer welche Aufgaben übernimmt.

Sie können eine Vorsorgevollmacht natürlich auch bei einem Notar, einem Rechtsanwalt oder bei Gericht errichten.

Kosten

Pauschalhonorar vereinbaren

Das Verfassen einer Patientenverfügung oder einer Vorsorgevollmacht kann ganz schön teuer werden. Manche Rechtsanwälte bieten ein Beratungspaket um 120 Euro an, was aber nicht immer bedeutet, dass damit auch die eigentliche Errichtung abgegolten ist. Für das ärztliche Beratungsgespräch und eine allfällige Registrierung der Patientenverfügung können noch bis zu 200 Euro dazu­kommen. Besprechen Sie die Kosten­frage daher unbedingt vorab und verein­baren Sie eventuell ein Pauschalhonorar.

Billiger beim Patientenanwalt

Billiger geht es bei den Patientenanwaltschaften, wo meist gar nichts verlangt wird. In der Steiermark, in Kärnten und Oberösterreich ist die Errichtung einer Patientenver­fügung lediglich dann kostenfrei, wenn es sich um sozial bedürftige Personen handelt.

Lassen Sie Ihre Vorsorgevollmacht vom Notar niederschreiben, so kann das je nach Umfang bis zu 500 Euro kosten. Bringen Sie ein rechtskonformes Schreiben selber mit, etwa das ausgefüllte Formular, welches das Justiz­ministerium auf seiner Homepage zur Verfügung stellt, so ­reduziert sich der Satz bis um die Hälfte.

Selbst aktiv werden

Wie eine Studie des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin vom Herbst 2014 ergab, erkundigen sich noch nicht allzu viele Ärzte, ob eine Patientenverfügung vorliegt. Sorgen Sie also dafür, dass das medizinische Personal im Fall des Falles weiß, dass Sie Ihre Wünsche schriftlich hinterlegt haben. Vor geplanten Operationen können Sie ­selber darauf hinweisen. Oder Sie bitten ­Vertrauenspersonen darum, Ihre Verfügung im Notfall für Sie vorzulegen.

Ablage in ELGA

Geplant ist, dass mit Einführung der elektronischen Gesundheitsakte ELGA auch die Patientenverfügung dort abgelegt werden kann. Wann die politische Einigung zur Einführung von ELGA zustande kommt, ist aber derzeit noch nicht abzu­sehen.

Weiterführende Informationen sowie Formulare finden Sie bei der Patientenanwaltschaft Ihres Bundeslandes, im Internet beispielsweise unter Patientenanwalt Wien oderPatientenanwalt Niederösterreich sowie beim Dachverband der Hospizbe­we­gungen unterHospiz.

Zusammenfassung

  • Achtung, Formvorschriften! Halten Sie sich genau an die jeweiligen Formvorschriften, damit die Papiere gültig sind. Beachten Sie, dass es eine verbindliche und eine beachtliche Patientenverfügung gibt.
  • Auch für nahe Verwandte. Auch Ehegatte und Kinder brauchen von Ihnen Vollmachten. Sie sind niemals automatisch berechtigt, für Sie Entscheidungen zu treffen oder ärztliche Auskunft zu erhalten.
  • Vertrauenspersonen einbinden. Stellen Sie niemanden vor vollendete Tatsachen! Sprechen Sie vor dem Abfassen einer Patientenverfügung oder einer ­Vorsorgevollmacht mit den Personen Ihres Vertrauens. Übergeben Sie ihnen alle nötigen Unterlagen und Informationen. Benennen Sie allenfalls auch jene Personen, von denen Sie nicht möchten, dass sie für Sie tätig werden.

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Aus dem Inhalt

  • Gesetzliche Grundlagen
  • Wie man ein Testament verfasst
  • Was zur Verlassenschaft zählt
  • Die Aufgaben des Notars
  • Die Kosten eines Verlassenschaftsverfahrens
  • Nützliche Vollmachten und Verfügungen

172 Seiten, 19,90 € + Versand

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